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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.02.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120203014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912020301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912020301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-03
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Drzuq»-Pre14 kl» L»tv»ta »»d d,»ch «ns«« Trüa», «,d Sp«»u«„« r««l «äZItch U>» va», „dracki » V1. m»na«U LN> «il. »t»n»lISd,U V«» »n>»n« NUial»« ». »„ «hxluÜ»!' ad-'d-l« /» «. »»mttl, L»*«- »»«»»«llvhu. »«ch M« ».»! Umertzald votichiand, »od der d««t!L«« »«»Neliädrl. L« »tt.. monatl. LS»«t. «i,schl. V»ftd,ft<lla«ld ß«rn« i» DLn'marl de» d-nauft,-!««. 2taU«>. Ni«d<i>aiid«. «,r» »<a»i>, ^>«Il»rr«ich . Uoaori, «uftiond. Schweden, <r»«ru « kooi»»«. 2, all,» iiLn»r« kio«><« ,u, »,„n durch d« »«>chan,ft,lt« »— «rtzütUlch. Da, U«IpU„r Taardlatt »mal tilUch. Soun. «. «orarnn. >d»nn»»«ni^0nnavm, tz d«, »n>„»n Iranern. Filialen.Spediteure» >t»d NaaLtzmefteUen. to«,« Uoitämt«» und vnettrapen». 10 VI. llr. S1. MorKen-Ansgabe. KipMerTagtblaN » . -u s"«S2 M«ch1«»schUch) Lel.-Anschl. r i« «ss ll-«s- Handelszeitung. Cel.-Anschl. 11KS2 M-chtanI-In» 14 693 14 691 Ämlsvlatt -es Nates und -es NoNzeiamtes -er Lladt Leipzig. Sonnsbenü, üen 3. /evrusr lS!2. Anzeigen PreiS f>r Jnler,,« au, Uiwtia un» Umgebunr tzt» lipaltia« PettUeil« »P^die Reklame. zettel Mr oona«,wari,L>Pt,«»ilamen UV Mi. Snterat« o«n «edorden ,m amt. ltchen len o„ Petttzetl« SN Pt L«tchäkt,ant,in,n mtl PIatzo«Nft>Nft«» im Preit« »rdühl «abatl iwch taris Beilageaedüdr Setamt» austag« L Mr o tauiend »ikt. Ppstgedithi. Lritdeilon« döber. Feftertellt» Ouitrau» können ntidt aej,,«n «erden !rür da» ckrtchetnen an veilimmien lagen und Planen wird leine ibaranlie üdernammen. Lnteiaen . »lnnodm« 2»d,n»i,«ag« L der lomilxtien Filialen » allen Bnnancen- Elpediiianen de» 2n» and «»»lande». Druck und Verla, »an Micher - RLrßchl 3ndader Pan« Mckriten. Ne»aNl,n ,n» »elchlNalteckar 2»oanni»galt« L HanPt-Miial, Dre»d«>: Seejtras« < t ileleptza» ckSK .— . 106. Istzrgklny. L4 Seiten Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 1k Seiten, zusammen Vas Wichtigste. * Die sächsisch« Erste Kammer erledigte am Freitag mehrere Kapitel des außerordentlichen und ordentlichen Etats. (S. Landtagsber. Seite 9.) * Die Zweite sächsische Kammer be ¬ schäftigte sich am Freitag mit Rechenschafts sachen und Petitionen. (S. Landtagsbericht Seite 9.) * Im Sptonageprozeß Stewart wurde Freitag nachmittag um 2 Uhr die Verhandlung fort- gesetzt. Es waren noch eine Reihe Zeugen zu ver- nehmen. Voraussichtlich wird der Prozeß heute zum Abschluß kommen. * Di« Aufrührer von Juarez (Mexiko) haben Vasquez Comez zum vorläufigen Präsi denten ausgerufen. (S. L. bes. Art. Seite 2.) * Professor Adolf Harnack veröffentlicht einen hoch interessanten Bericht über die Erfolge und Pläne der K a iser- W i lhel ms-Geseli sch a f t. (S. Feuill. Seite 2.) * Zur Popularisierung deutscher Musik in England finden vom Februar bis April in englischen Hauptstädten Festauffüh- rungen deutscher Meisteropern statt. s§. K. u. W. Seite 2.) * Das englische Unterseeboot 3" ist gesunken. (S. Tageschr. Seite 10.) . * Das neue Luftschiff „P. L. H." ist am ^Freitag früh auf dem Tegeler Schießplatz zur Höhenprüfung aufgestiegen. Bei der Landung ist dem Luftschiff ein Unfall zugestoßen, bei dem die Hülle beschädigt worden ist. (S. Sport Seite 8.) Steuerehrlichkeit. Seit einigen Jahren ist der Verdacht rege, daß sich der ländliche Grundbesitz, na mentlich der große, seinen vollen Steuerpflichlen entziehe. Sollte es so sein, so wäre die Er regung begreiflich. Der Vorwurf der Unehr lichkeit, der Unwahrhaftigkcit bei dec Angabe des Einkommens, des Mangels an Staatsgcsin- nung und der Uebervortcilung der ehr lichen Steuerzahler wäre berechtigt. Ge legentlich ist mit Hingern auf bestimmte Groß grundbesitzer als Sleuerbetrügec hingewicsen worden; diese haben sich dann meist energisch zur Wehe gesetzt und, soviel wir bemerkt Haven, ist eine öffentliche Ueberführung nicht gelungen. Die Grundsätze aber, von denen aus der Steuer betrug gcbrandmarkt wurde, waren zweifellos berechtigt; es waren einfach die deS anständigen Menschen. Um so mehr mußte man sich wun dern, welche Anschauungen zutage gefördert wur den, als von der preußischen Negierung im Rah men einer Steucrnovelle dem preußischen Landtage Maßregeln zur besseren Erfassung des Steuersoll und zur Ausschaltung von Betrag vorgeschlagen wurden. Es soll — wir stellen die Bestimmungen noch einmal zusammen — den Arbeitgebern zur Pflicht gemacht werden, der Steuerbehörde Angaben über ihre Angestell ten, die ein Einkommen über 3000 Mark haben, zu machen. Es soll ferner der Versuch gemacht werden, eine eigene Erklärung des Steuerpflich tigen, die bisher nur für das Einkommen vor geschrieben war, auch für das Vermögen ein- zuführen; auch die Erben sollen auf Anforderung dazu gehalten sein. Endlich sollen die Strafen für absichtliche Steuerhinterziehung ver schärft werden; im Rückfall soll auf Gefängnis strafe erkannt werden. Es leuchtet sofort ein, daß die letzten Maßregeln geeignet sind, auch die behauptete Steuerhinterziehung von länd lichen Grundbesitzern hintanzuhalten. Die übri gen Bestimmungen der preußischen Steuernovelle mögen strittig sein, und es mag auch für Er wägungen Platz bleiben, ob sich noch bessere Maß regeln zur Bekämpfung der unehrlichen Steuer zahler und zum Schutze der ehrlichen erdenken lassen. Merkwürdigerweise wurde aber die Re form von einem ganz anderen Gesichtspunkte aus kritisiert. Ein vielgelesenes, freisinniges Ber liner Blatt hat Gift und Galle gerade gegen die Maßregeln zur Vermeidung von Hinterziehungen gespien, hat über Bedrückung der Angestellten und unerhörte Steuerpresse geklagt. Das Blatt hat sich damit offen zum Anwalt des Steuer betruges gemacht. ES hat eS als Unrecht ge kennzeichnet, dem Betrug entgcaenzuireten. Die Steuerzahler haben also das Recht zu betrü gen, und daS soll ihnen nicht verkümmert werden. Der lelbstsnüige MtteMsnü unü üss Wahlergebnis. Zu dem Ausfälle der Reichstagswahl äußert sich der Kesamtoorstand des Reichsdeutschen Mittelstands- Verbandes (Sitz Leipzig) wie folgt: „Don den neuaewählten Reichstagsabaeordneten haben sich 103 zustimmend zu dem wirtschaftlichen Programm des Reichsdeutschen Mittelstands-Ver- bandes geäußert. Sie verteilen sich auf die einzelnen Parteien wie folgt: Konservative 36, National liberal« 25. Zentrum 21, Wirtschaftliche Ver einigung 8, Reichspartei 7, Reformpartei 2. bei keiner Fraktion 2, Bayrischer Bauernbund 1, Fortschrittliche Volkspartei 1 (mit gewißen Einschränkungen). Die Zahl der Zustimmungserklärungen würde noch oeockutend größer sein, wenn dem Vorstande des Man traute seinen Augen nicht, wenn man das las. Das also ist der freil-eitliche Sinn, von )em man in demselben Blatte viel vernHmnt; ;as ist die Auffassung von Bürgerpflicht. So teht es um die städtischen Bürgertugenden (denn )ie falsche Staatssteucr zieht bekanntlich auto matisch oie falsche städtische Steuer nach sich). So faßt man den Spruch: Alle für einen und einer für alle und die andern schönen Bürger sprüche auf. Man vergaß zudem ganz, daß wir die Stcuerangaben des Arbeitgebers für Per sonen mit Einkommen unter 3000 Mark bereits haben, und daß es unrecht gegen die Arbeiterund unsozial wäre, die gleichen Maßregeln gegenüber dem höheren Einkommen da zu unterlassen, wo man sie technisch einführen kann, nämlich bei den Angestellten; wenn es für die selb ständigen Steuerzahler außer der strengeren Be strafung noch ein gleich wirksames technisches Mittel gäbe, wäre das natürlich am allergerech testen. Aber eS kam noch schlimmer. Der „Berliner Lokalanzeiger" — wir müssen hier das Blatt nennen — veröffentlichte an hervorragender Stelle einen. Artikel, der nichts anderes als eine Verteidigung der Steuermogelei vor den Angrif fen des Staates bedeutete. Es hieß da: „Die Erweiterung des DcklarationSzwangcs und die Verschärfung der Strafen für Steuersünder sind höchst bedenkliche Ausdrücke eines unzeitgemäßen staatlichen Machtwillens". Es wird dann gut mütig scherzhaft von ..hartgesottenen Sündern" gesprochen die sich auch weiterhin „in ihrer Weise mit der Deklaration abfinden" werden; damit waren diejenigen gemeint, die auch in Zukunft weiter unehrlich sein werden. Und dann wurde von dem Begriff der Steucrdefraudation wört lich gesagt: „Er hat nichts mit den all gemein sittlichen Grundsätzen zu tun". Uns liegt ein pharisäisches Urteil fern. Wir verurteilen den Mangel an Wahrheitsliebe, an aufrechtem, stolzem Sinn und an ethischem Empfinden btt hem Steuerpflichtigen, der, über seine Rechnungsbücher gebeugt, nut raschem Fe derzuge aus der Zehn eme Eins macht; aber der ALann tritt docl^ wenigstens nicht als Volks führer auf die Straße. Hier dagegen, in dem hauptstädtischen Blatte, wird die deutsche Schrift und das gedruckte Wort dazu verwandt, um die sittlichen Begriffe auf den Kopf zu stellen und eine Lehre der umgekehrten Sittlichkeit zu ver- künden. Wohlgemerkt: der Kampf richtet sich nicht gegen unangemessenes Auftreten von Steuerbehörden und gegen bureankratische Aus wüchse die auch wir verurteilen, sondern gegen den Gedanken der Steuerehrlichkeit an sich. Von der Höhe des sittlichen Niveaus, auf dem der Artikel steht, legt auch noch folgen der Satz Zeugnis ab: „Warum läßt man' die Zuschläge, wenn sie denn einmal weiter nötig sind, nicht als solche fortbestehen? Tut das der Fiskus, so hat er zwar sein Wort, das er im Jahre 1909 gab, nicht gehalten. Aber diesen Bruch heiligt'die Gewöhn- hci t." Solche Anschauungen von Steuerehrlichkeit und Bürgersinn finden sich in einem hauptstädti schen Blatte, das zu maßgebenden Stellen Be ziehungen unterhält. Angesichts derartiger Er scheinungen fragt es sich doch, ob wir mit den gro ßen Worten von deutscher Treue, deutscher Wahr haftigkeit und deutscher Redlichkeit nicht ciLvaS zurückhaltender sein müssen, und ob manche Worte über Pflichterfüllung und Hingabe an den Staat, die bei der Feier für den Alten Fritzen gesprochen sind, nicht leere Worte waren. Es fragt sich auch, ob wir mit einer Staatsgcsinnuna von der gekennzeichneten Art in dem großen Ringen der Völker Ehre einlxgen können. Ob wohl ein Tokioter Organ über die Pflichten des einzelnen gegenüber der Gemein- scl)aft so §u reden wagt? Nach dem, was man von dem überragenden Gemeinschaftssinn der Ja paner hört, schwerlich. Es fragt sich auch, waS aus einer Jugend werden soll, der solche Gedan ken von Volkspädagogen eingeflößt werden. Wenn die Drückebergerei in den Steuerlcistungen ein ängstlich zu schützendes Recht des Preußen und Deutschen ist, so ist nicht einzusehen, warum man sich nicht auch vom Heeresdienst und von der Blutstcucr nach Kräften drücken soll. „Drücke dich und laß den andern bluten", oder „Sucht euch allesamt zu drücken" sind die neuen pädagogischen Grundsätze, die von der Reichshauptstadt aus durch eiu deutsches Schrifttum verbreitet werden. —v. Reichsdeutschen Mittelstands-Verbandes rechtzeitig die Kandidatenlisten aller bürgerlichen Parieren zur Verfügung gestanden hätten. Der Inhalt der ein gegangenen Antworten läßt jedoch erkennen, daß der elbständige Mittelstand das Wohlwollen aller rechts- rehenden Parteien sowie das der Nationalnberalen und des Zentrums als sicheren Poften in Rechnung stellen darf. Unsere Freunde können deshalb der Zuversicht leben, daß im kommenden Reichs- tage, so unbefriedigend er auch sonst zujammen gesetzt sein mag, «ine mittel standsfreund liche Mehrheitvorhandenseinwlrd. Der selbständige deutsche Mittelstand erwartet mit Bestimmtheit, daß verbündete Regle- rungen und bürgerliche Parteien die nötigen praktischen Folgerungen aus dieser Sachlage ziehen werden Er halt sich hierzu aus mehrfachen Gründen berechtigt: Die berufenen Regierungsstellen machen schon längst kein Hohl mehr daraus, daß auch nach ihrer Meinung die staatlich« Fürsorge für den Mittelstand weniger ge- leistet hat als für die anderen großen Stände. Dieser Gedanke gelangt auch in den meisten Antworten der vom Reichsdeutschen Mittelstands-Verbands befragten bürgerlichen Reichstagskandidaten aller Partei richtungen zum Ausdruck: fast alle sind auf den Grundton gestimmt, daß zweifellos die Ge setzgebung der letzten Fahrzehntedem selbständigen Mittel Mnde gegenüber zurückhaltender gewesen ist als wohl recht und billig war, und fast alle folgern daraus, daß hier unbedingt das Versäumte nach geholt werden müße — und zwar aus Gründen des allgemeinen Wohles, um dem Staate und dem monarchischen Gedanken ein« der zuverlässigsten Stützen zu erhalten. Von verschiedenen konservativen und national liberalen Reichstagskandidaten wird darauf hin gewiesen, daß die Ursache dieser gesetz geberischen Zurückhaltung nicht etwa in dem bösen Willen der Parteien oder der Negierungen zu suchen sei, sondern in dem Umstande, daß der deutsche Mittelstand sich später organisiert hat wie ander« Stände. Er habe viel zu spät erkannt, Laß er unmöglich Erfolge erzielen könne, wenn in ein und derselben Frage von Dutzenden oder gar Hunderten von Verbanden und Vereinen Petitionen an den Reichstag und di« Reichsrcgierung gelangen, von denen die eine Bittschrift der anderen direkt widerspricht. Dadurch sei vom Mittelstände nicht die von ihm beabsichtigte Klärung der Sachlage herbei geführt worden, sondern er habe bei den Stellen, die ihm helfen sollten, lediglich die Meinung erweckt, daß die oetreffende Forderung noch nicht spruchreif sei, weil im Mittelstände selber noch keine Klarheit darüber herrsche und man doch unmöglich wissen könne, welche von den vielen einander gegenüber stehenden Anschauungen die richtige sei. Auch habe der selbständige Mittelstand bisher zu seinem Schaden nie begriffen, daß bei dem Wettbewerbe der großen Wirtschaftsgruppen nur die Stände oben bleiben, die nach außen als geschloffene, machtvolle Einheit auf- zutreten vermögen. In seiner seitherigen Zerrissen heit habe ihm ein« mit der nötigen Autorität aus gerüstete Zentralstelle gefehlt. Nur eine solche könne die zur Durchsetzung seiner wirt ä>aftlichen Ansprüche unentbehrliche Fühlung mit den in Frage kommenden Parteien und jenen ausschlaggebenden Faktoren unseres Wirtschaftslebens Herstellen, die mit ihm auf wirtschaftlichem oder sozialem Gebiete gemeinsame Interessen verfolgen. Es leuchtet wohl ein, daß Par teien oder große, mächtige Wirtschaftsgruppen keine bindenden Vereinbarungen mit einem Stande ab schließen können, der in sich uneinig ist und zu dessen Sachverwaltern sich Hunderte einander bekämpfende Organisationen aufspielen. Wenn der Reichsdeutsche Mittelstands-Verband hier für wirksame Abhilfe sorge und in den Reichsdeutschen Mittelstandstagen ein freiwilliges Parlament schaffe zur Ausgleichung und Klarstellung ter wirtschaftlichen Wünsch« innerhalb des deutschen Gesamtmittelstandes, so sei dies eine Tat, die nicht allein von den bürgerlichen Parteien und den maßgebenden wirtschaftlichen Organisationen, sondern auch von den verbündeten Negierungen mit Freuden begrüßt werde, weil erst dann die Möglich keit für die Durchführung einer großzügigen Mittel standspolitik gegeben sei. Mit großer Sorge erfüllt es den selbständigen Mittesstand, daß durch die unverantwortliche Ver hetzung der Berufsstände, die doch trotz mancher äußerlicher Gegensätze in schwerer Zeit aufeinander angewiesen sind, das Bürgertum, wehrlos gemacht wurde gegen seinen sozialdemokratischen Todfeind. 110 sozialdemokratische Neichstagsabgeordnete bilden eine Gefahr für die ruhig« Weiterentwicklung unseres Wirtschaftslebens. Die Fortführung unserer bis. herigen Wirtschaftspolitik, der wir den Aufschwung unserer Volkswirtschaft verdanken, wird in bedenk licher Weise erschwert. Auf neue, das Unternehmer tum im allgemeinen und den Mittelstand ganr be sonders belastende Ausgaben für die soziale Gesetz gebung muß man gefaßt sein. Der alte Streit, ob in den Werkstätten und auf den Arbeitsplätzen die sozialdemokratischen Arbeiter organisationen oder die das Risiko allein tragenden Unternehmer das Bestimmungsrecht haben, wird wahrscheinlich mit rapid steigender Erbitterung ge führt werden und für die Arbeitgeber solch demütigende Formen annehmcn, daß die Unter nehmungslust in gefahrdrohender Weise herabgeörückt wird. Und bei alledem wird das Unternehmertum auf wirksamen Schutz gegen Streikterrorismus und Boykott kaum rechnen können. Dagegen werden Machtdünkel und Uebermut d«r Arbeiterorgani sationen bis zur Unerträglichkeit anschwellen, und die Folgen werden weitere unerfüllbare Ansprüche an di« Arbeitgeber sein. Die einzelnen Gewerbe müssen sich auf schwer« Lohnkämpke gefaßt machen, die den selb ständigen Mittelstand härter als di« finanziell leistungsfähigeren Berufsstände treffen werden. Mit Bedauern müssen die selbständigen bürger lichen Berufsstände erkennen, daß der überwuchernde Parteihader auf ihre Lebensinteressen nicht die Rück sicht nimmt, di« sie kraft ihrer großen Bedeutung für unser Volksleben fordern müssen. Um sich vor weiteren schweren Schädigungen zu bewahren, müssen alle selbständigen Produktiv stände, große und kleine Unternehmer, ohne Unter schied d«r Parteistellung, sich zur gemeinsamen Verteidigung ihrer Interessen gegen di« zusehends wachsende sozialdemokratische Enteignungs gefahr zusammenfinden. Was bis jetzt un möglich erschien, den verderblichen Auflösungsprozeß im Bürgertum zum Stillstand zu bringen, wird dann vielleicht gelingen. Reich unü Lunüesstaaten. Wiederum hat der badische Finanzminister in der Oessentlichkeit das Wort ergriffen, um sich über die finanziellen Beziehungen des Reiches zu den Bundes staaten zu äußern. Daß von d«n Finanzministern der deutschen Bundesstaaten es gerade der jetzig« Leiter des badischen Finanzwesens ist, d«r immer von neuem die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen Reich und Ein-el- staaten betont, dürfte seinen Grund darin haben, daß er als früherer vortragender Rat des Reichsschatzamts dort das Bedürfnis nach gesetzlicher Regelung auch vom Standpunkt des Reiches aus kennen gelernt hat. Der badische Minister hat aber diesmal seinen Aus- fllhrungen noch einen neuen Gesichtspunkt hinzu gefügt, der wohl beachtet zu werden verdient. Denn er hat der Auffassung die Berechtigung bestritten, nach der die Kreditfähigkeit des Reiches aus der Institutton der Matrikularbeiträge beruhen soll. Nach seiner An- sicht müsse di« Kreditfähigkeit d«s Reiches allein auf den ihm zur Verfügung stehenden Steuerquellen basiert sein, di« er noch lang« nicht als erschöpft an- sicht. Die direkten Steuern hat er wiederum als die ausschließliche Domäne der Bundesstaaten reklamiert. Die Anschauung, daß die Kreditfähigkeit des Reiches durch das Bindeglied der Matrikularbeiträge in der Finanzkraft der Bundesstaaten ein« feste Stütze finden, galt früher allerdings als durchaus berechtigt und wurde gerade in den Zeiten der Finanznot des Reiches ins Feld geführt, wenn das Ausland aus politischen Gründen unsere Kreditfähigkeit in Frage, zog. Artikel 70 der Verfassung des Deutschen Reiches bestimmt nun einmal, daß die Ausgaben des Reiche», inwnxit sie durch eigene Einnahmen nicht gedeckt werden können, durch Beiträge der einzelnen Bundes staaten auszubringen sind. Und auch die Tatsache, daß im Jahr« 1909 die Bundesstaaten sich außerstande er klärten, die rückständioen Matrikularbeiträge zu zahlen, ändert an der Tatsache nichts, daß die un bedingt« Zahlungsfähigkeit des Reiches am letzten En^e aur der Financkraft der Bundesstaaten beruht. Der badische Finanzmvnister hat alo wähl mit seinen Ausführungen nur der Auffassung wehren wollen, daß die Matrikularbeiträge als ein wesentlicher Faktor für die Bewertung der Kreditfähigkeit des Reiches anzusehen sind. Daß er im übrigen jetzt zum dritten Male auf die Not wendigkeit einer gesetzlichen Regelung des finmv- ziellcn Verhältnisses zwischen R«ich und Bundes staaten öffentlich Hinwerst, ist höchst verdienstvoll. Es wäre in dieser Beziehung sehr zu wünschen, daß sich der neue Reichstag der Auffassung seines Vor- gängers auf diesem Gebiet anschließt. In diesem Fall würde sich zweifellos eine Verständigung finden lassen. Man braucht in dieser Beziehung nur von den Erwägungen ausgugehen, aus denen heraus der Reichstag in di« letzten Etatsgesetze die Bestimmung aufp«nommen hat, daß die Verwendung der Ueber- schüffe im Sinne der lox-Stengel solange nicht ein treten soll, als noch im Extraordinarium des Reichs etats nichtwerbend« Ausgaben enthalten sind. Das wäre allerdings nur der Ausgang für «ine Regelung der Frage, nicht di« Regelung selbst. Denn das Reichsschatzamt hat es zustande- gebracht, schon für d«n nächsten Etat einen großen Posten nich^werbender Ausgaben auf das Ordi- narium zu übernehmen. Und da man annehmen kann, daß diese Energie auch für das Etatsjahr 1913 anhalten wird, so ist «s nicht ausgeschlossen, daß bereits dann das Extraordinarium von allen nicht werbenden Ausgaben entlastet ist. Dann aber würde der Zustand eintreten, daß nach der Be stimmung der lax-Stengel die jährlichen Ueberschüsse in der vollen Höhe der Matriku- larbeiträg« in die Kassen der Bundes staaten fließen. Und das zu einer Zeit, wo das Reich für seinen Schuldendienst jährliche Auf wendungen von 180 Millionen zu machen hat! Eine solche Regelung wäre aber mit einer gesunden Finanzpolitik unvereinbar. Gewiß besteht das BIs- marcksche Ideal der völligen finanziellen Unab hängigkeit des Reiches von den Bundesstaaten auch heut« noch zu Recht. Aber der erste Kanzler ahnte damals nicht, daß das Reich es einst auf eine Schuldenlast von mehr als fünf Milliarden bringen würde. Wenn also eine gesetzliche Regelung des finan ziell«» Verhältnisses zwischen Reich und Bundes staaten eintreten soll, so muß diese darin bestehen, daß di« Matrikularbeiträge durch «ine feste Begrenzung nach oben und auch nach unten zu einem regelmäßigen Einnahmeposten der Neichssinanyon werden, der aus dem Reichsetat nicht verschwinden darf, solange das Reich noch die Schuldenlast der vergangenen Jahrzehnte abzu bürden hat. Der Krieg um Tripolis. Die italienische« Fi«a»ze«. Zu den Gerüchten über eine bevorstehend« Anleihe Italiens schreibt die offiziöse „Agcnzia S-tefani": Wieder wird zum Zwecke der Spekula tion daS (tzerücbt verbreitet, die Regierung habe die Absicht, eine Anleihe auszugeben. Diese- Ge rücht entbehrt jeder Begründung. Da- Schatzamt
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