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Seite 2. Nr. 183. 106. Istzcyany. Lerpr.ger Lagedlstt. Vonnerstsg, l l. NprU 1912. . Mawr-Lriegslchilke. L. T. Kaum hat sich die Dampfturbine nach hartem Kampfe gegen di« Kolbenmaschine Eingang in sämtliche Schinsklasscn -der Kriegsmarine ver schafft, La tritt ein neuer Motor als erfolgreicher ttonknrrent auf den Plan, und das Ringen um die Borke crschait dürste damit aufs neue cinsetzen. Noch vor Jahresfrist hätte wohl niemand die Behauptung nuszustellen gewagt, daß man heut« bereits würde große Schisse mit Verbrennungsmotoren ausrüsten löttuen. Wohl verwendet« man damals schon in der Kleinschiffahrt den Motor, doch schienen sich dem Bau großer Zchrffsmotorcn zu große technische Sckwierig- teiten in den Weg zu stellen. Heute sind nun bereits die ersten Hochsee schiffe mit Verbrennungsmotoren in der Er probung, und es steht außer allem Zweifel, das; sich die Gasmaschine auch im Tchisfsbetriebe so gut de währen wird, wie cs im stationären Betriebe seit Jahren der Fall ist. Waren doch gerade die in den letzten Jahren mit stationären Rohölmaschinen er zielten Erfolge die Veranlassung dazu, da» der artige Maschinen ebensogut für den 'Antrieb von Schissen geeignet tonstruiert wurden. Da indessen Maschinen für den Antrieb der Schiffsschrauben um steuerbar sein müssen, so entwickelte sich in der Schiffs, maschine «ine von der Landmaschine vollständig ver schiedene Maschinengattung Lehr cnogilch hat man in Italien das Problem Les Motor-Kriegsschiffes zu lösen gesucht, und es beweisen die erzielten guten Resultate, daß - man der Lösung des Problems schon sehr nahe ge kommen ist. Nachdem man erst auf kleineren Torpedobooten Gasmaschinen mit kleineren Lei stungen cinbaute, soll bereits einer der im vorigen Jahre auf Stapel gelegten Torpcdodootszersibrer von 6ö0 Tonnen Wasserverdrängung mit Fiat- Schwerölmotoren ausgerüstet werden, die gegen 12 000 bis 14 000 )?. 8. leisten sollen. Man rechnet mit einer Geschwindigkeit von 00 Seemeilen bet Len Probefahrten. Angesichts dieser gewaltigen Maschrnenleistung ist cs kein zu gen agtes Unter nehmen, daß man gleichzeitig auch noch 20 kleine Torpedoboote von 120 Tonnen Wasserverdrängung mit Verbrennungsmotoren ausrüflet, die bei ca. 0000 I>. 8. Leistung den Fahrzeugen gegen 27 , bis 20 Seemeilen Geschwindigkeit verleihen sollen. Erfüllt der Motor auch hier alle Erwartungen, so hatte gerade di« Gattnng der Torvedoboote ganz bedeutenden Vorteil von dem neuen Antrieb. Durch den Wegfall der Kessel wird nicht nur Raum gespart, scnoern es tritt auch eine Verminderung des Per sonals ein. Wichtiger jedoch ist der Umstand, daß mit den Verbrennungsmotoren auch ein rauchloses Fahren ermöglicht wird, was insbesondere für Tor pedoboote von nicht zu unterschätzendem Vorteil ist, weil sich diese Fahrzeuge bei ihren Angriffen auf feindliche Kriegsschiffe schon in gröberen Fernen durch ihren Rauch verraten. Da die Abgase am Heck auotretcn, so kommen die Schornsteine in Wegfall, wodurch die Boote wiederum eine größere Stabilität erhalten, und auch die Geschwindigkeit durch den ge- ringeren Luftwiderstand günstig beeinflußt wird. Ein weiterer Vorteil, der allen Motorfahrzeugen zugute kommt, ist der, daß die Menge des mitzufuh- rrnden flüssigen Brennstoffes eine wett längere un> unterbrochene Reise gestattet, als wie bei Kohlen- feuerung, und demgemäß würde der augenfällige Vor- teil bei den Motorkriegsschiffen darin bestehen, daß der Aktionsradius drei- dis viermal so groß wie der - den gegenwärtigen Kriegsschiffen ist. Zu erwähnen wäre ferner noch die weit bequemere Brennstossvcr« sorgung der Schiffe bei dem neuen Antrieb, da man das Del nur au§ den Basims dnrch SlhIauMtungen,^ in d,e Tanks der Schiffe lausen lassen Brauchs. > In den französischen Ereuzot-Werken wird gegenwärtig ein Nerbrennnngsmotor mach dem System Diesel von 1200 Pferdestärken erbaut. Für den Fall des Gelingens soll ein Motor von 0000 bis 10 000 ?. 8. konstruiert werden. Für ein modernes Linienschiff würden drei solcher Gas maschinen bereits genügen. — Daß die Versuche in England schon ziemlich weit vorgeschritten sind, geht aus Mitteilungen in der Fachpresse hervor, nach denen aus einer Werft Motoren fertigaestellt sind, die aus 40 Einheiten in vier Gruppen bestehen und 20 000 I>. 8. leisten sollen. Zur Erprobung soll der Motor in einen alten Kreuzer eingebaut werden. Daß man in der englischen Marine nach den Er fahrungen, die man bei Gelegenheit des Kohlen, arbeiterstreiks sammeln konnte, nunmehr mit aller Kraft an die Lösung des Problems Herangehen wird, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Trotzdem die englische Admiralität kurz vor Ausbruch des Kon flikt» große Kohlenvorräte in den Marinestationen hatte anhäufen lassen, sah sie sich doch genötigt, für die Mittclmeerflott« Kohlen aus Amerika zu be ziehen. Auch die an die Geschwader gerichtete Auf- fordcrung, möglichst sparsam im Kohlenvcrbrauch zu sein und von Hebungen, die sich ausschieben lassen, Abstand zu nehmen, zeigt, welche heiklen Verhält nisse eine Unterbrechung der Kohlenförderung hat. Unter diesen Umstanden ist es zu verstehen, wenn man jetzt in der englisä-en Marine mit Eifer an die Konstruktion geeigneter Kriegsschiffsmotoren herangeht, um in Zukunft gegen derartige Zwischen fälle, die im Kriegsfall« zu einer Katastrophe führen können, gewachsen zu s«in. In Deutschland ist bisher lediglich in der Handelsmarine mit der Erprobung größerer Motoren begonnen worden-, doch scheint jetzt auch das Reich», marineamt dem Motor größere Aufmerksamkeit zu widmen als bisher. Vor einigen Wochen ging dir Nachricht durch die Presse, daß >ür die neu zu bauen den Pinassen statt der bisherigen Dampfmaschinen nur noch Motoren eingebaut werden sollen. — Für di« österreichische Marine wurde auf der Werft von Danubius in Fiume ein Bergungsschiff für Untersee boote «rbaut, das bei ik'>0 Tonnen Wasserver drängung Dieselmotoren von 2000 l'. 8. eingebaut erhielt, womit cc ca. 1ö Seemeilen Geschwindigkeit entfallet. 'Während nun so in allen Kriegsmarinen die Ver such in kleinerem Maßstabe aufgenommen werden, sind inzwischen einige Schiffahrtsgesellschaften einen Schritt weitergcgangen, indem sie einige Hochsee- damp,er von größerem Waiserverdrang ebenfalls mir Dieselmotoren ansrüsteten. So befindet sich z. B. auf der Werft von Barclay k Co. in Whiteinch ein Ueverseedumpfer im Bau. der bei 116 Meter 2ängc einen Brutto-Tonnen?,chalt von 7000 Tonnen erhalten soll. Als Antrisbsmafchinen dienen direkt umsteuerbare Dieselmotoren. Von besonderem Inter epe ist es, daß nran bei diesem Schiss die Abgase in ungefähr 1 !,'L Meter Hol»« über Deck durch den hohlen mittleren Mast abfükfren will. Nach dem Jahresbericht von „Lloyds Register" sind gegenwärtig zwölf Handelsschiffe im Ban, die mir Oelmaschinen ausgerüstet werden sollen. Das größte wird ein Deplacement von bOOO Tonnen er halten, während fünf andere 4500 Tonnen und mehr bekommen. Die Maschinen sind nach den verschieden sten Systemen erbaut, jedoch sind die meisten einfach wirkend. In nicht zu langer Zeit werden die ersten lüersuchsergebnisse von Motorkrieasschiffcn vorliegcn, und es wird nur von dem Ausfall der Probefahrts ergebnisse abhängcn, ob man auch bei den größeren Fahrzeugen zum Motor übergel-cn wird. Es darf jedoch schon heut« mit ziemlicher Sicherheit voraus gesagt werden, daß dem Motor eine große Zukunft im gesamten Kriegs- und Handelsschisssbctriebe be schicken sein wird. Bund für Reform ües Kellgiousunterrichts. (:) Dresden, 10. April. Der Bund für Reform des Religionsunterrichts hält gegenwärtig in Dresden icine Haupt versammlung ab. Anläßlich derselben ver anstaltete er gestern abend im Saale des Neustädter Kasinos eine öffentliche Kundgebung, die stark besucht war. Nam der Begrüßung der Versamm lung durch den Vorsitzenden der Dresdner Rcligivns- kommission, Herrn Lehrer Arzt, dankte dieser dem Vorstande, das; Sachsen, wo gegenwärtig ein ncnes Vvlksschulgcsctz vorbereitet werde, siir die erste Tagung des Bundes nuscrschen worden sei. Hierauf sprach der Vorsitzende des Sächsischen Lchulvereins für die Resonn des Religionsunterrichts, Herr Rechts anwalt Dr. Kloeppel-Dresden. Er beglück wünschte den Bund zu seiner Tätigkeit und dankte der Hocl)- nnd Bolksfchullehrerschcist sür die Lpscr- heL sic sich für den Mdanlen der Reform eingesetzt haben. Im Ranzen der, liberalen Pastoren SVchskkts richtete Herr Pastor Men sing bc» grüßende Worte an Vie Versammlung. Er wies darauf hin, daß die Kirche selbst die Reform dcS Religionsunterrichtes sehr erschwere. Tie sächsischen liberalen Pastoren legten jedoch die bestimmte Hoff nung, daß bei der Reform eine größere religiöse Vertiefung des Religionsunterrichtes herbeigcführt werde. Sie stellten aber die Bedingung, daß der Religionsunterricht konfessionell bleiben müsse. Wenn dieser Grundsatz nicht zngegeben werde, tonne die liberale Pastorenschaft nicht mehr mitmachen. Herr Lehrer Arzt konstatierte hierauf, daß die Lehrerschaft allerdings aus einem anderen Stand punkt stel-e. Herr Stadtschulrat Tr. P e n s i g - Charlotten» bürg begrüßte die Versammlung als Vertreter des Deutschen Bundes für weltliche Schule und Moral unterricht. Hieraus sprach der Vorsitzende des Dres dener Lchrcrvereins, Herr Lehrer Rudert. Er vertrat die Meinung, baß die Zwickauer Thesen einen Mittelweg für die Reform des Religionsunterrichts bilden, auf dem ruhig weitcrgearbcitct werden könne. Für die zahlremM Begrüßungen dankte im Namen des engeren Bundesvorstandes Herr Direktor S p a nn o t-Hamburg. Er betonte, daß nach seiner Meinung der allgemeine Religionsunterricht noch in der Ferne stehe; eS handle fick gegenwärtig nur um eine Reform des evangelischen Religion-- umerrichteS. Tann ergriff Pastor v. Sülze da- Wvrt, um daraus hinzuweisen, daß Luther den Weg der Reform erst halb gegangen sei. Wir müßten ihn jedoch ganz gehen. ES handle sich darum, Reste aus der römischen Ueberlieseruna, die von Luther im 1V. Jahrhundert nicht überwunden werden lonnten, zu beseitigen Ein« konfessionslose Schule wünsche er nicht. In begeistert aufgenommenen Aus führungen behandelte Herr Professor Niebergall die r c l i g i ös e 1ln t e r w c i s u n g der Kinder durch den Familienvater. Der Selbstwert des Christentums sei ein tiefer innerer Friede und Froh- sinn, sowie die Unsähigkeit, dauernd Böses zu tun. In diesem Sinne müsse auch der Religionsunterricht in der Familie betrieben werden, lieber den inne ren Betrieb des Religionsunterrichtes sprach Herr Lehrer Janitz. Man müsse sich ans den gemeinsamen Boden stellen, der durch die modernen Theologen nnd durch die moderne Pädagogik be reitet worden sei. Tic Hauptfrage sei die, wie kann in nuferer heutigen Zeit dem Volke die rechte reli giöse Forderung zu teil werden. Tie Bibel sei entwicklungsgeschichtlich zu betrachten, und die GolteSvorslellung sei wandelbar. In seinen, Schlußworte behandelte Herr Professor O. Weinet nochmals die Aufgaben und Ziele des Bundes, wobei er besonders auf die Ausführungen der Vorredner verwies. 5. vervanöstsg sksüemllch yeüilüeter tehrrr OeuMlsnüs. ii. Dresden, 10. April. Die Beratungen des V. Verbanostages akademisch gebildeter Lchrcr Deutschlands (Deutscher Ober- lchrenagf wurden heute vormittag forrgejetzt. Zuerst sprech Rektor Proscssor Dr. Polanö (Dresden) über „Die freiere Gestaltung de» Unterrichts". Besonders schwierig sei die Frage der freieren Ge staltung des Unterrichts dadurch, daß sich mit ihr säst notwendig eine Menge anderer Fragen verbinden, z. B. die Fragen der Schulreform, der Betonung bis her zurücktretender Unterrichtszweige, der Ueberbür- v'.ing, der Kurzstunde, der Gestaltung der Reifeprü fung u. a. Der Redner stützte seine weiteren Aus lührungen hauptsächlich aus sächsische Verhältnisse. Eine Gabelung der beiden Primen in eine sprachlich historische und eine mathematisch-naturwissenschaft- liche Abteilung erscheint ihm wichtiger und wün schenswerter als andere Weg« einer freieren Gestal tung, besonders quch deshalb, weil so wieder ein« größere Konzentration des Unterrichts erreicht wird. Der zweite Redner Oberlehrer Rösel (Biele feld) ging in seinem Referat über dis Bedeutung der Mädchenjchulresorm für die akademisch gebildeten Lehrer Deutschland» von dem Gedanken aus, daß di« Mädchenlchulreform nicht nur für das gesamte deutsche Schulleben, son dern auch für das ganze sozial« Leben von der größ ten Wichtigkeit sei. Er führte weiter folgendes ans: Die Mitarbeit der Frauen könne an den Mädchen schulen natürlich nicht entbehrt werben, m t aller Entschiedenheit aber müsse gegen die Möglichkeit einer amtlichen Unter st ellung von Oberlehrern unter FrauenEinspruch erhoben werden, und mit allen Mitteln müsse versucht werden, das Gesetz zur Anerlennun« zu dringen, daß jm öffentlichen deut schen Dienst unter keinen Umständen eine Frau di« Vorgesetzt« eines Mannes sein darf. Dies« Forderun gen wurden eingehend von weiten Gesichtspunkten aus begründet und in Leitsätze zusammengesaßt, di« ebenso wie eine darauf fußende Entschließung von der Vertretervcrsammlung anzenommen wurden. In seinem Bericht über den Anteil von Oberlehrern an Disziplinarkammern führt Professor Dr. Bünger (Görlitz) u. a. aus: Im Interesse der vollen Gerechtigkeit für di« Betet- ligten ist zu fordern, daß in Deschwerdefällen bcid«n Parteien grundsätzlich volle Kenntnis über das ge. samte, für Sie Beurteilung des vorliegenden Falles in Betracht kommende Material gegeben, also dem Untergebenen auch der Einblick in die in Frage kom menden Berichte des Vorgesetzten über ihn gewährt werde. Ferner muß bei Untersuchungen, wo nicht die Gefahr der Verdunkelung des Tatbestandes vorliegt, dem Beschuldigt«» gleich bei den vorbereitenden Ver nehmungen genau angegeben werden, was ihm vor geworfen wird. Einen imposanten Eindruck machte die große Festoersammlung, die, wie wir bereits berichteten, am Mittwochmittag >^12 Uhr unter der Teilnahm« zahlreicher Ehren aast«, unter denen sich Staatsminister Dr. Beck sowie Vertreter anderer deutscher Bundesstaaten und Ober bürgermeister Geh. Rat I)Dv. Beutler befanden, statt fand. Nach der Begrüßungsansprache des Rektor» Pros. Dr. Vol and-Dresden begrüßte im Namen der sächsischen Staatsregieruna Staatsminister Dr. Beck die Versammlung. Er freue sich, daß die akademisch gebildeten Lehrer Deutschlands zum ersten Male in Lachsen, dem Lande der Schulen, zusammengetreten leien, in Sachsen mit seinen vielen altehrwürdigen und modernen Bildungsanstalten, seiner zweitältesten Universität Deutschlands und seinen 400jährigen Fürstenschulen. Er erinnerte hierbei auch uoch an, die bevorstehende 700-Iahresfcier dcr Nikolai- und Thomasschule zu Leipzig. Neben der Förderung dieser alten Bildungsanstalten seien in Sachsen auch die brrechtigten Interessen dcr Gegenwart berück sichtigt worden, und gerade jetzt bereite die sächsische Slaatsregierung eine Ausgestaltung des Seminar wesens und eine Reform des Volksschulwcstns vor. Infolgedessen ständen die Schuifragcn gegenwärtig im Mittelpunkte des Interesses in wachsen, und die deutschen akademisch gebildeten Lehrer befänden sich gewissermaßen auf einem Boden, der sich in der Früh- lahrsoestellung einer neuen Zeit befinde und au» dem ihnen Heimatlust entgegenwehe. Die sächsische Siaatsregierung begrüße die Versammlung als Mit arbeiter bei der Erziehung unserer Jugend zu Männern und Frauen, die in ihren späterem Leben für die allgemeine Wohlfahrt eintreten. Wenn sich. unser deutsches Vaterland seinen Platz an der Sonne erobert habe, so sei dies neben der Fürsorge der Staatsregierungen und dcr Stadtverwaltungen für das allgemeine Schulwesen nicht zuletzt auch mit der Treue und der hingebenden Arbeit der akademisch gebildeten Lehrer in der Ausbildung unserer Jugend und der Pflege der Wissenschaft zu oer-, danken. Er hoff«, daß auch in Zukunft die Pflege der Ideal« unserer Jugend in erster Lin:« stehe und tag unsere deutschen akademisch gebildeten Lehrer iveitrc mit daran arbeiten, ein an Geist und Körper gesundes Geschlecht zu erziehen. Er erinnere hierbei an das Mahn wort unseres Kaisers, der gesagt habe, oaß es notwendig sei, nickst junge Franzosen und Engländer, sondern Männer unv Frauen mir deutschem Herzen zu erziehen. Er freue sich, daß der Verbandstag das Thema „Die höher« Schule und der nationale Gedanke" in den Mittelpunkt seiner Ver handlungen gestellt habe, und er danke dem Verbände ganz besonders hierfür. Eine wirksame Jugendpflege zur Entfaltung der Liebe und Begeisterung für uns«« Heimat sei bec der Jugenderziehung die Hauptsache. In diesem Sinn« müßten alle Schulgattungen vereint schlagen und als Träger des nationalen Gedankens vereint si?gen. (Lebhafter Beifall.) Jm Namen der anderen auf der Tagung vertrete nen Staatsregierungen begrüßte Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. v. Sa l l w ü r k-Karlsruhe und im Namen der Stadt Dresden Oberbürgermeister Geh. Rat Dr. Beutler die Versammlung. Auch in Zu- kunft müsse der größte Wert der Jugenderziehung auf die Heranbildung zu tüchtigen Staatsbürgern gelegt werden, und er spreche seinen besonderen Dank dafür aus, daß die Dresdner Tagung gerade hierauf beson ders Bezug genommen habe. Er heiß« dir Versamm lung nochmals herzlich willkommen in Dresden. (Lebhafter Beifall.) Es folgten dann die Vorträg« über „Die, Höhere Schule und der national« Ge danke, verschieden« Wege, «in Ziel" von Prof. Dr. Haacke-Plauen und über „Die rea listisch« Vorbildung" von Rektor Präs. Pir sch e l - Meißen. ., Professor Dr. Ha acke (Plauen) sprach tm besondere» über dle realistisch« Vorbild»«-. Er führte folgende» auS: In unserer Zett, der Zett de- Parteihaders und der Nörgelsucht, wird e» sür die in die Zukunft Schauenden zur heilige« Pflicht, eingedenk eine» BiSmarckschen Worte- da- Nationalempfinden »« pflegen. Der nationale Ge danke wurzelt im Gefühlsleben und im Verstände. Mit Rücksicht auf seine erste Wurzel ist da- Eltern haus vor allem berufen, ihn den Kindern einzu pflanzen. Die Schule soll diese Arbeit fortsetzen und vertiefen. Humanistische und realistische Anstalten - können diese Aufgabe mit gleicher Aussicht auf Er folg übernehmen. Ein Mittel, die Celbsterziehung zu fördern, individualistische und soziale Neigungen ins Osteichgewicht zu bringen, sind die Spiele, besonders die Kriegsspiele. Sie wirken außerdem, wie autgeleiteter Sport, zur Heranbildung eines gesunden Geschlecht-. In ähnlichem Sinne wirft Das Mark Twain vom MiMstppi erzählt. (Nachdruck vrröoirn.) Di« furchtbaren U«berschw«mmungen des Riesen ström es erinnern an Mark Twains berühmtes Buch „Leden auf dem Mississippi"*), worin er von dem von ihm so sehr geliebten Heimatstrome erzählt. Wir zitteren hier eine lebendige Charak teristik des Mississippi, die uns das eigenartige Wesen dieses Stromes und die gegenwärtigen Ueberschwem- mungsgefahren in ihren bedenklichen Wirkungen deutlich veranschaulicht. Es lohnt sich wohl der Mühe, von dem Mississippi zu lesen: er ist kein gewöhnlicher Fluh, sondern in I«d«r Beziehung merkwürdig. Betrachtet man den Missouri als seinen Hauptarm, so ist er der längste Fluß der Welt, volle oiertausenddreihundert englische M«il«n lang. Auch kann man mit Sicher heit behaupten, daß er der gekrümmteste Fluß der Welt ist, da er auf einem Teile keines Weges «in- tausenddreihundert Meilen weit fließt, um eine Ent fernung zurückzulegen, welche in der Luftlinie nur sechshundertundfünfundsiebzig Meilen beträgt. Er ergiegt dreimal so viel Wasser in» Meer wie der St. Lorenzstrom, fünfundzwanzigmal so viel wie der Rhein und dreihundertundachtunddreißtgmal so viel wie die Themse. Kein anderer Strom entwässert ein so ungeheure» Lecken; er entnimmt sein Wasser acht- undzwanzig Staaten und Territorien zwischen Dela- wäre an der Atlantischen Küste uitd Idaho an den Abhängen des Stillen Meere», eine Entfernung von fünfundvierzig Längengraden. Der Mississippi nimmt das Wasser von fünfundvierzig geringeren Flüssen, die für Dampfboote schiffbar sind, und von einigen hundert, welche von Leichtern und Jlachbooten be fahren werden, in sich auf und führt e» dem Golf zu. Das Areal de» von ihm entwässerten Becken» ist so groß wie der Flächenraum von England, Wale», Schottland, Irland, Frankreich, Spanten, Portugal, Deutschland, Oesterreich, Italien und der Türkei ul- jammen, und fast dasganA« weit« Gebiet ist frucht, bar. da» eigentliche Mifflssippital sogar in hohem Grade. *) Humoristische Schritten, r. 4. 1,80 ur, gtb. ».so Illustrier«« «u«»abe S,b0 ^e, geb. »,V0 Verla, von Nodcri Lutz, Ltutitzart. s englische Meilen verkürzt! Dicke Richtwege haben seltsanie Folgen gehabt: cs sind dadurch verschiedene um Fluß gelegene Städte mitten in ländliche Distrikte hincinoersetzt und vor ihnen Sandbarren und Wälder aufgebaut worden. Die Stadt Delta hat sonst drei Meilen unterhalb Vicksbura gelegen; ein vor einiger Zeit vom Flusse einyeschlagencr Richtwcg hat die Lage aber radikal geändert, denn Delta liegt jetzt zwei Meilen oberhalb Vicksburg. Beide genannten Städte sind durch jenen Durch bruch vom Flusse ins Land hineinversetzt worden. Ein solcher Richtweg des Flusses zerstört zuweilen sogar die Staatsgrenzen: beispielsweise kann ein Mann, der heute im Staate Mississippi lebt, infolge eines über Nacht erfolgten Durchbruches sich und sein Land morgen auf dcr anderen Seite des Flusses wie- dcrfinden, wo er im Gebiete des Staates Louisiana ist und unter dessen Gesetzen steht. Passierte der artige» in den früheren Zeiten am oberen Laufe des Flusses, so konnte es vorkommen, daß ein Sklave auf solche Weise von Missouri nach Illinois versetzt und zum freien Manne wurde. Der Mississippi verändert sein Bett aber nicht allein durch diese Durchbrüche, sondern auch noch in anderer Weise, nnd zwar dadurch, daß er sich seit wärts bewegt. Bei Hard Times, im Staate Louisiana fließt der Strom jetzt zwei englische Meilen westlich von der Stelle, die er früher einnahm. Eine Folge davon ist, daß der ursprüngliche Ort dieser Niederlassung sich jetzt nicht mehr im Staate Louisiana befindet, sondern am andern Ufer, im Staate Mississippi liegt. Fast die ganze etntausenddreihun- dert englische Meilen lange Strecke de» alten Mis sissippi, welche La Salle vor zweihundert Jahren mit seinen Kanus befuhr, ist jetzt guter, fester, trockener Boden. An einzelnen Stellen fließt der Mississippi jetzt recht», an andern link» von seinem alten Bette. Während der Schlamm des Mississippi an der Mündung, wo die Wogen de» Golf» ihn in Bewegung halten, nur langsam Land ansetzt, geschieht die» an besser geschützten Stellen weiter aufwärt, um so viel schneller: beispielsweise maß die Prophetentnsel vor dreißig fahren nur eintausendfünfhundert Acker, die seitdem jedoch von dem Flusse um siebenhundert ver mehrt worden sind. D« Soto warf nur einen flüchtigen Blick auf den Fluß, starb dann und wurde von seinen Priestern und Soloaten in ihm begraben. Der Mississippi ist ein bemerkenswerter Fluß auch insofern, als er nach der Mündung zu nicht breiter wird, sondern sich verengert: er wird schmäler und tiefer. Von der Mündung des Ohio bi» zu einem Punkte, etwa halbwegs abwärts dem Meere, beträgt die Breite bei hohem Wasscrstande durchschnittlich eine englische Meile; von La verringert sich die Breite bis zum Meere stetig, bis sie bei den „Pässen", oberhalb der Mündung, nur noch wenig mehr als eine halbe Meile ist. Am Ausfluß des Ohio ist die Tiefe des Mississippi siebenundachtzig Fuß; dann nimmt sie allmählich zu, bis sie eben oberhalb der Mündung einhnndcrtundneunundzwanzig Fuß er- reicht. Ebenso ist dcr llnterschieö beim Steigen und Fallen des Wassers, zwar nicht aus dem oberen, aber auf dem unteren Lauf des Flusses bemerkenswert. Bis nach Natchcz (dreihundertundsechzig englische Meilen oberhalb der Mündung) hinab ist das Stei gen ein ziemlich gleichmäßige» — etwa fünfzig Fuß: bei Bayou La Fourche steigt der Fluß aber nur vier- undzwanzig, bei New Orleans fünfzehn und gerade oberhalb der Mündung sogar nur zwei und einen halben Fuß. Nach den Berichten erfahrener Fachleute entleert der Mississippi alljährlich vierhundertundsechs Mtl- lionen tonnen Schlamm in den Golf von Mexiko, ein Quantum, das, zu einem festen Körper vereinigt, einen Flächcnraum von einer englischen Quadrat meil« bedecken und eine Höh« von einhunderteinund vierzig Fuß haben würd«. Die Schlammablagerungen lassen das Land allmählich anwachsen, doch geschieht die» nur sehr langsam, La es in den zweihundert Jahren, welche verflossen sind, seitdem der Fluß seinen Platz in der Geschichte eingenommen hat, nur um «in« Dritteln«il« vorgerückt ist. Di« Gelehrten meinen, daß die Mündung de» Flusse» früher bet Baton Rouge, wo da» hügelige Terrain aufhört, g«. legen habe und daß die zweihundert Meilen Land zwischen dem genannten Punkte und dem Golf vom Flusse anaekchwemmt worden seien. Daraus würde sich ohne Mühe da» Alter diese» Landes auf einhun- dertunbzwanzigtausend Jahre berechnen lassen. Roch in einer andere» Beziehung ist dcr Mississippi bemerkenswert, nämlich durch seine Neigung, wun« derbare Sprünge zu machen und schmale Landzungen zu durchschneiden, um auf diese Weise seinen Lauf zu begradigen und zu verkürzen. Mehr al» einmal hat er sich mit einem «in-tgrn Sprunge um dreißig Schon länger als einhundertfünfzig Jahr« waren an der Atlantischen Küste Ansiedlungen der Weißen gewesen. Diese Leute standen in innigster Verbin dung mit den Indianern: im Süden wurden letztere von den Spaniern beraubt, abgeschlachteh zu Sklaven gemacht und bekehrt; weiter hinauf trieben die Eng länder Tauschhandel mit den Indianern um Perlen und wollene Decken und schentten ihnen di« Zivtlt-, sation und den Branntwein, und in Kanada brachten ihnen die Franzosen die Elementarlehren bei, schickten Missionare zu ihnen und zogen zeittoeilia ganz« Stamm« nach Quebec und später nach Montreal, um ihnen Pelze abzukaufen. Diese verschiedenen Gruppen von Weißen mußten notwendigerweise von dem großen Flusse Les fernen Westens vernommen haben; sie hatten auch tatsächlich von ihm gehört, aber in so flüchtiger und unbestimmter Weise, daß sie sich kaum ein Bild von dem Lauf, den Verhält nissen und der Lage des Stromes machen konnten. Gerade das Geheimnisvolle der Sache hätte die Neu» gier anfachcn und zur Nachforschung anspornen sollen, allein das geschah nicht. Offenbar wollte zufälliger weise niemand solchen Fluß haben, niemand brauchte ihn, niemand war neugierig auf ihn, und so blieb denn der Mississippi anderthalb Jahrhunderte lang außerhalb des Marktes und ungestört. Auch De Soto juchte, als er den Mississippi auffand, keinen Fluß und hatte im Augenblick keine Verwendung dafür; in folgedessen maß er ihm auch keinen Wert bei und schenkte ihm keine besondere Beachtung. Schließlich kam der Franzose L a S a l l e aus den Gedanken, den Fluß aufzusuchen und zu erforschen. Sobald jemand auf eine vernachlässigte, aber wichtige Idee verfällt, tauchen bekanntlich stets allenthalben Leute auf, welche von demselben Gedanken oeseelt sind, und so geschah es auch hier. Naturgemäß wirft sich da die Frage auf: Weshalb wollten diese Leute den Fluß jetzt haben, nachdem niemand ihn während der vorhergehenden fünf Ge-. nerationen gewollt hatte? Offenbar weil man zu dieser späteren Zeit ein Mittel, ihn nutzbar zu machen, entdeckt zu haben meinte, denn man war z« der irrtümlichen Annahme gelangt, der Mississippi ergösse sich in den Eols von Kalifornien und böte daher ein«n kürzeren Weg sür die Reise von Kanada nach Thina, während man vorher viel richtiger ange nommen hatte, daß er in das Atlantische Meer oder die Virginische See münde.