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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.04.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120411014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912041101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912041101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-11
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
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Anzeiqcn-Prri- BezugS-Vrei» str Leiv,i» u«d «»cotte durch «le» ilrüaer «d Epeditruc« Lmal tdßltch tu» bau» -edrächt: 9U Pf. manatt.. LTV Ml. »ieneltSdrt. »et unlern Ktltale» ». A«. natzmtstrllln adarhalt: 7S VI- »»aatl^ lld M. »iettelitchrl. Durch »t. Pa»; iuuer-ald D«ut>chland» uud der deutsch«« Noionien vterteliähkl. SM M>., monatt. I^v »tt. au.ichi. P-jtdeftellaetd ferner tu Belgien, Dänemark, den Donaultaateu, Statten, Lurrmburg. Aiebertand«, A»r» wearn Oejirnetch» Ungarn, Siusitand, Schweden, <s<t>w«ii u. Spanien. In allen übrigen Sioaien nur direkt durch dt« S«>chast»jteUe de» Blatte» erhältlich Da» Leiptlger Tageblatt erscheint 2mat täglich. Sonn- u. Jeiertag, nur morgen». »donnemrnt-Bnnahme: 2,b«,a>»g»Ise 8, b«, unieren Tragern. Filialen. Spediteure« aud Annahmestellen, iowie Panämtern uud Brtesträgern. Stngeluerkausipret» 10 Vt Morgen-Ausgabe. KiMerTagMak s 14682 («.«t-nschlu») E 146S3 114 «94 Handelszeitung. Tel.-Anschl. 14 «92 tUachtauschlu») 14 «9S 14894 Amtsblatt des Aales «nd -es Volizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Ar. 183 Vomirrstay, Sen ll. gpril lSl2. Nr Inserate au» üerptig und Umgebung dt« llpaltige Periiztil« SPf die'Aeklam». »ekle l Mi. van au»wött»jg Ps„ Kellam«« llV Mk. Inserat« -on Behörde« tm amt. tichen Teil die Petttreü« so Pt l»«Ichäst»ani,ig«n mit Platzoorschrtften im Preise erhöh» Badatt nach Tarik. Beilagegkdühl Tesamd» auslag» S Mi. o Tausend «rU. P,sl,«buhr. Teilbeilag« Höher. Feltrtteiit« Aufträge können niitzt,»rück» geragen werden itür da» Lrsch«>n,a an besttmmten Tagen und Plätzen wird tri», Taranit« üd«rn»mm,n. Sn,eigen-Annahme: 2»h»n»i»g»lse bei sämtlichen Ailiaie« w allen Annonce«. Elpeditionen de» In» und Aurlande». Druck uud Berta, »», Fischer ch ttörsie, Inhaber: P«l »Rest««. Neda««»» -ad Be^sft»st«L«r Iohanni»g,ss« S. K-eot-Filiale Dre»d,«: Seeilran» 4. i llelephan 4S2D. 106. Jahrgang. Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 1V Seiten, die vorliegende Morgennummer 18 Seiten, zusammen L6 Seiten. Vas Wichtigste. * Im Zwickauer Bergarbeiterreoier waren am Mittwoch früh 48,9 Prozent der Beleg schaften ausständig. (S. Letzte Dep. S. 3.) * Der frühere Bürgermeister von Burgstädt Dr. Roth ist als Oberbürgermeister von Zittau nicht bestätigt worden. fS. „Aus Sachsen" S. 8.) * Der 41. Kongretz der Deutschen Gesell schaft für Chirurgie ist am Mittwoch in Berlin eröffnet worden. sS. bes. Art. S. 9.) * Der französische Ministerrat hat den Budgetentwurf für 1913 genehmigt. sS. Letzte Dep. S. 3.) * Theateranzeigen siehe Seite 12. Ausstiche Srllenzeii. Seit sieben Monaten steht Kokowzew an der Spitze des russischen Ministeriums. Man ist niemals den Eindruck losgeworden, daß es sich im Grunde um ein Provisorium handle. Als vor einem Jahre aus Anlaß eines nicht ernst gemeinten NücktriltSgcsuches s.ines Vorgängers bereits des Finanzministers Amvartschast auf den höheren Posten in Erwägung gezogen wurde, er gab sich, daß seine Grundanschanungen über Prinzipienfragen der russischen Politik nicht völ lig mit der von ihm gewünschten Richtung zu sammenmeßbar waren. Auch Stolypin war ur sprünglich kein Mann ganz nach dem allrussischen Herzen gewesen, hatte aber doch über seine Ent wicklungsfähigkeit nach dieser Seite hin und sei nen guten, wenn auch manchmal etwas läppi schen Willen dazu keinen Zweifel gelassen. Ko kowzew schien es größere Schwierigkeiten zu machen, aus seiner liberalen Haut herauszu kommen. Als Stolypin durch Mord gefallen ivar, fehlte die Zeit zu langen Erwägungen über die Wahl des geeignetsten Nachfolgers. Im Schoße des Kabinetts stieß der Finanzminister auf keinen ernsthaften Mitbewerber: der einzige, wenigstens für sein Fach befähigte, außer ihm, Ssasonow, war noch durch seine Rekonvaleszenz an Baden- Baden gefesselt. So wurde denn Kokowzews Ernennung zum Präsidenten rasch vollzogen. Aber schon die äußere Form seiner Stellung befriedigt nicht recht: die Trennung des inneren Departements vom Vorsitz ist für Rußland un gewohnt, und die Preßkritik wird nicht müde, den Finanzmann, dem sein Spezialressort ans Herz gewachsen ist, zur Uebernahme jenes an deren einzuladen, das ihn mit dem ganzen Komplexe der Verwaltungsfragen in engere Be ziehung bringt. Ob solch zarte Fürsorge für die Befestigung seiner Stellung freilich ehrlicher Freundschaft für seine Person entspringt, ist eine andere Frage. Möglicherweise ist der „Nowoje Wremja", dem Hauptschrittmacher der Krisen-Kampagne, der Wunsch Vater dieses Gedankens, einen Zusammen stoß der Meinungen in der exponierteren Stel lung zu beschleunigen und dann auf einen Schlag Präsidentschaft und inneres Ministerium für an dere Bewerber frei zu machen. Man muß eben im Sinne behalten, daß an dem Besitze der genannten Zeitung Herr Gutschkow und vor allem Graf Witte beteiligt sind! Nun ist in den jüngsten Tagen die Dis kussion über die Zusammensetzung der Regie rung dadurch in eine intimere Beleuchtung ge rückt, daß der jahrelang als halber Verräter des Thrones behandelte Graf Witte eine ein stündige Audienz beim Zaren gehabt hat. Notwendig ist ja nun keineswegs, daß einer solchen Aussprache positive Veränderungen der Regierungspolitik zu folgen brauchen, sondern sie beweist zunächst nur, daß Wittes Ungnade nicht für die Ewigkeit gewesen ist. Vor allem würde jeder Schluß auf einen nahen System wechsel gewagt sein. Wittes politischer Charak- ter ist keineswegs als eine feste Größe in irgend welche Rechnungen einzustellen. Die Audienz hat sich sicher nicht in den Formen abgewickelt, die Schiller der des Malteserritters beim König Philipp untergelegt hat. Witte ist durch die zufälligen Umstände seiner Ministerzeit zum Bater einer russischen Verfassung geworden, die Natimchkiiiik fiil die KM MlMe. Die Sammlung des Leipziger Tageblattes für die Nationalspende hat jetzt, wie die untenstehende Quittung ausweist, die erfreuliche Höhe von über 30000 >6 erreicht, so daß für das Militär-Flugzeug „Leipzig II" schon über 5000 ./L vorhanden sind. Auf denn, Ihr Bürgerinnen und Bürger! Schafft, datz bald die Kosten des zweiten Flugzeuges beisammen sind und Leipzig stolz dasteht in der Welt. Es gibt ja so viele hübsche Gelegenheiten, zu sammeln und in spenden zu Deutschlands Ehr und Wehr. In den Vereinen, bei privaten Festlichkeiten, bei Hochzeiten, Tauffeiern, Geburtstagen — überall, wo fröhliche Menschen beisammen sind, sollte einer die Festesstimmung nicht ungenützt vorübcrgehen lasten, ohne jeden an seine nationale Pflicht zu erinnern. Seöenke, «lass au ein Deutscher bist! X. Tunttnnq: Spende einer armen Großmutter 19 .6 50 /H. — Ungenannt 2 ./» — Ottel aus Connewitz 10 — Eberhard Larisch aus der Schietzsparkaße 2 ./L10 — Hennerla <L Ieancrla 30 — Spende der schweren fahrenden Artillerie „Dcpoc Schönau" 2 25 — Heiligenstäbt 1 50 — Th. 3 ./k — Prof. M. Hart ¬ mann, Gohlis 5 ./ö — Oberlehrer E. Chemnitz, Ioje- phinenstr. 8, 3 ./ü — Firma Louis Möller, Mark- arafenstr 4, 5 ./L — Stammtisch „Kapuziner" 6 ./c — F. N. Thieme 3 — Siegfried Peltz, „Reisewitzer Bierstuben Cottbus" 3 — Dr. v. Hahn 3 ./L — Richard Schmidt, i Fa. Hammer L Schmidt, 100 — Georg Albrecht, Zcntralstr. 5, 3 ./L — l>. Dr Krömer 9 .//. — Vom Familrenskat mit der Tante aus Norden ham a. d. Weier 09 ,«s>. - Helene. Erich, Hans, Jor dan Schmidt 5 ./r. — Oberichulrat Zimmter 5 ./«. — Clara B. Moltkestr. 25. 1 .//. — Richard L Johann 25 // — Reichsgerichtsrat Schaffeld 10 ./< — O. Baetz, Gohlis, Nichterstr. 7, 1 ./-: 25 — Akademischer Stammtisch im Bayrischen Ho; zu Altenburg S.-A. 5 — F.-Klub 2 — Quartal B. B. K. Taucha 1 — Ständer L Fidelmcycr 2 .6 1 /H. — Amts ¬ gerichtsrat Zschaler 5./c —O. K., Südstr., 3 /r — Für 20 Ftiegerpostlarten von B. M. 10 — H. Kirchner 3 ./t — Paut Schultze, Gohtis, 5 .6 — Vom Personal der Firma Oswald Abel, Damenfriseur, 3 50 — Vom Feicrtagsdoppelkopp v. alten Hasen u. Bumbern und vom Vater vons Ganze, Paunsdorf—Stünz 3 50 «s,. — Hilfslehrer Kretzschmar, Gerichshain 30 p. — M. M. 2 /t - Teller-Sammtung Lumaola 2 ./t 1 Karfreitagsfreundesrunde „Warmer Mief" 20 — Ungenannt 5 — Firma L. Marold 50 ./L — Drer Osterhasen St. A. B. 17 — K-s. 20 — K., Promenadenstr. W, 3 — W. H. 10 — A. S., A. L. 50 — Fünfe, diede leider rot gewählt habn, 5 -r — Vom Kegelklub „Viktoria" 10 ./<: - Skat klub „Erdbeere". Staot Hamburg, Nikolaistr-, 20./L — Uhrmacher Emil Schneider 3 — Uhrmacher Arno Schneider 1 — Martin Schneider 1.6 — R. Konegen 1 — Dr. F. Hahn 5 .öö — Jüstel L Göttel, Buch druckerei und Verlag 20 .6 — Alte Gesanglehrerin 2 — M. K. und E. S.. Heilanstalt Dösen 50 — Eva, Ruth und Lotte Siite 1 50 /H. — F. L. ll. 1 ./ö - l. Kegel- und Schafkopiklub zu L. 20 — Jugendklub A. M. 15 — N. N. 5 - Ein armes Walterchen aus Pl. 13 — A. aus Kleinzschocher 10 — 5 T. und V. West-Typen 5 — Skatbrüder aus dem Gasthof „Damhirsch". Zöbigker, 96 »T — Pastor Hanitzsch, Thomasring 12, 1il„ 5 - Paul und Geschwister. Schönefeld, 14 — K. u. Sohn 2 Vorliegende Quittung: 424.76 I.—IX. Quittung: - 29 Bisher eingegangen 30053.6^ sich lediglich durch das Dasein einer Volksver tretung von den früheren Zuständen unterschei det, dieser Volksvertretung aber weder in der Theorie, noch in der Praxis ein entscheidendes Mitbestimmungsrecht gewährt und ebensowenig dem jetzt als Oberhaus funktionierenden Reichs rate. Man soll, tvcnn man ihn als einen Libe ralen betrachtet, nicht vergessen, daß er am Mor gen des Tages, da die erste Duma eröffnet wurde, seine Entlassung erhielt, weil er, ein umgekehrter Solon, das Vertrauen beider Par teien eben damals gründlich verloren hatte. Und wenn seine Blätter heute gegen Kokowzew schrei ben, so spielt regelmäßig der Argwohn liberaler Neigungen, die man dem Premier zuschreibt, däbei eine besondere Rolle. Vielleicht ist es vorwiegend die Besorgnis vor den nahegcrückten Dumawahlen, bei deren Beeinflussung mit Stolypinscher Skrupellosigkeit der neue Mann versagen möchte, die Kokowzews baldigen Ersatz in ernstlichere Erwägung ziehen heißt. Zu dem bislang noch schlecht substantiierten Verdachte liberaler Ketzereien tritt dann seine bereits in greifbareren Umrissen zutage getretene Abnei gung gegen den Ultranationalismus, des Stecken pferd des Finnen, Polen, Deutsche und Inden mit gleichem Ingrimm befehdenden Stolypin. Ob Kokowzew in die ihm gestellte Falle hineingeht und bei Gelegenheit der durch an dauernde Kränklichkeit des Auslandsministers und durch Unfähigkeit des Kollegen vom Kriegs amte in Bälde notwendig werdenden Kabinetts umgestaltung auch den I n l a n d s m i n i st e r Makarow ausschifft, um sich selber ans Steuer zu setzen, steht dahin. Persönlich liegt ihm jeden falls das Finanzfach besser, womit wir aber durchaus nicht seiner Art der Geschäftsführung Idealität zuerkennen wollen. Seine Jahresab schlüsse überbieten noch die Wittcschen Auf machungen an optimistischer Färbung zum Zwecke der Wirkung auf In- und Ausland. Wer seine Exposes liest, muß wähnen, daß es im Zaren reiche neuerdings statt Wasser Gold vom Himmel herabzuregnen pflege. Die Lage in Perlien. Von Dr. Albrecht Wirth-M ünchen. Die Taten Napoleons und auch noch 1870/71 und verschieden« Kolonialkriege haben uns verwöhnt. Wir hielten «s für das Natürliche von der Welt, wenn in einem halben Jahre «in ganzes großes Reich, wie Aegypten durch Bonaparte, Frankreich durch unsere Truppen, Tibet durch die Engländer, eine Insel, di« größer ist als das Deutsche Reich, Mada gaskar, durch die dritte Republik erobert wurde. Es kommt uns seltsam vor, datz es mit Marokko und Persien so langsam geht. Seit, schlecht ge rechnet, dreizehn Jahren nagen die Franzosen schon an dem marokkanischen Kuchen und haben noch nicht mehr als ein Drittel verzehrt. Seit fünf Jahren mühen sich die Russen ab, um Persien in ihre Gewalt zu bekommen und haben tatsächlich noch nicht ein Zehntel davon eingesackt. Woran liegt da»? Dreierlei kann daran schuld sein: Der Widerstand der Perser, die Furcht vor dem Einspruch der Weltmächte, endlich Finanz- bedenken. Die Widerstandskraft der einheimischen Bevölkerung ist nun, das kann ruhig ausgesprochen werden, am geringsten zu veranschlagen. Vor allen Dingen haben die Perser keinen Patriotismus. Eobineau erzählt in seinen: „Trois ans en Asie" sehr ergötzlich, welche Ergebnisse di« Verkündigung des Heiligen Krieges hatte. Es handelt« sich um einen Ausbruch gegen England in den 1850er Jahren. Ge waltige Versammlungen wurden in den Moscheen abgehalten, berühmte Mollahs strengten ihre Lungen an, um begeisternde Predigten zu halten, der vof selbst nahm an einer großen Versammlung teil, mit gewaltigem Getöse begann und endete die Bewegung — aber auch nicht ein einziger Mann meldete sich im ganzen Reiche, um wirklich in den Heiligen Krieg zu ziehen. „Laßt sie doch kommen, die Engländer!" riefen di« Masten. „Sie werden uns gut bezahlen für das, was sie brauchen und von uns kaufen; also verdienen wir mehr als jetzt." So ungefähr war die Volksstimmung vor einem balben Jahrhundert, und anders ist sie auch jetzt nicht. Das Seltsamste bei all den Wirren der letzten Jahre, die uns als gänzliche Anarchie, als Plünderung, Mord und Totschlag und Kampf aller gegen alle geschildert werden, ist doch der verblüffende Umstand, daß in mitten dieses Gemetzels und dieser Gesetzlosigkeit der Handel Persiens sich außerordentlich gehoben Hut. Uebrigens war auch für China, namentlich auch für Tientsin, der Boxerkrieg ein« recht gute Reklame. Der Perser hat nur einen Patriotismus der Vergangenheit, nicht einen der Gegen wart. Der Dauer im Reiche des Löwen und der Sonne weiß zwanzigmal mehr von der Geschichte seines Landes, als der deutsck-e Bauer von Deutsch land. In München wird die Unterhaltung der Arbeiter über das Bier sein; in Hamburg über den Schnaps oder die Löhne der Schauerleute oder den nächsten Streik: bei chinesischen Kulis ausschließlich und unaufhörlich über die Zahl der Cash (der Kupferstücke, die einer zu verdienen hofft), oei der niederen Maste des persischen Volkes dreht sich jedoch die Unterhaltung sehr häufig um die Taten früherer Könige. Der Perser erwärmt sich viel mehr für die Politit und die Anschauungen eines halbmystischen) Dschemschi und Kurusch (Cyrus), als um die Hand lungen der augenblicklichen Machthaber. Die Mannen des Schahs sind davon überzeugt, datz ihre Nation die erste und glanzvollste der Welt sei: daher legen sie den Eintagsfliegen von Gegenwartsereignisten gar keine große Bedeutung bei. Nicht unbeträchtlich und nicht ungerechtfertigt ist die Besorgnis der Rusten vor dem Einspruch fremder Mächte. Das britische Kabinett hat mehr als einmal in recht verdrossenem, ärger lichem Tone dem Petersburger Kabinette wegen seiner Uebergriffe m Iran Vorhaltungen gemacht. Warum eigentlich? Ja, das ist gar Nicht leicht zu verstehen, da doch England selbst ganz klärlich ein gutes Stück Irans, nämlich den gan.zen Süden, als seinen Einflutzkreis beansprucht, und da die Rusten sich lediglich innerhalb des Rahmens halten, den England selbst gezimmert hat. Zwei Erklärungen sind möglich. Entweder spricht London so aus Heuchelei, um sein Gesicht gegenüber der Welt, be sonders der mohammedanischen Welt zu wahren, oder aber der Zeitpunkt scheint den Engländern nicht geeignet, um — bei gleichzeitiger starker Beschäftigung in China und der Türkei wie gegenüber Deutsch land — jetzt auch noch gleich Per;,en zu erledigen. Sehr wesentlich scheint mir als Grund dafür, datz die Rusten fo langsame Fortschritte machen, vor allem das finanzielle Bedenken zu sein. Früher besetzte man seelenruhig ein Land, und zwang zu- gieich die Bewohner des Landes, das Invasionsheer zu ernähren. Das geht vielleicht jetzt auch noch, wenn cs sich um kleine Abteilungen handelt. Sobald aber einmal Zehntausende neuzeitlicher Truppen auftreten, wird Magazinvcrpflegung notwendig. Auch kostet Transport und Munition erkleckliche Summen. Den Franzosen hat Marokko bereits 300 Millionen Franken gekostet, ohne die Staatsanleiben, die man dem Sultan bewilligt bat: die Italiener zahlen zwei Millionen täglich für ihre hunderttausend Mann in Tripolis — und die Kriegsschiffe, die dort ihre Geschoße verschwenden! Wie sollten da die Russen, die für ihre Feldüge immer das Dreifache ver brauchen, als unbedingt nötig wäre, mit weniger Geld auskommen? Same Hule. (Von unsere in Londoner Mitarbeiter.) Zweimal ist bereits von Gladstone eine Vorlage zur Selbstverwaltung Irlands eingebracht, die aber beide Male an dem entschiedenen Einspruch des Oberhauses scheiterte. Die Macht der Lords ist inzwischen gebrochen: und so dürfte auch die Ee- Währung von „Home Rule", das wie kaum eine andere Frage seit 1886 das ganze „Vereinigte Königreich" in Zwiespalt versetzt hat, nunmehr zur Verwirklichung gelangen, und zwar in so weitgehender Form, datz die Irländer — für den An fang wenigstens! — vollauf befriedigen wird. Ge schähe das nicht, so würden die irischen Abgeordneten im Unterbause, aus deren Unterstützung die Regie rung für den Fortbestand ihrer Mehrheit unbedingt angewiesen, sie sofort zu Falle bringen. Aber sie haben sich auch mit der neuen Vorlage, die heute im Parlament eingebracht wird, bereits befriedigt er klärt. Wie diese Abgeordneten, so haben auch wohl andere bereits einen Einblick in die Dill erhalten. Und so ist der Schleier längst allgemein gelüftet. Wir dürfen wohl annchmen, datz die folgenden Einzelheiten der Vorlage im wesentlichen durchaus zutreffend sind. Die Krone wird — wie schon heute — durch einen Dizekönig (Lord Lieutenant) vertreten, dem fortan aber «in irisches Kabinett zur Seite stehen wird. Die gesetzgebende Körper schaft wird aus zwei Kammern bestehen, Council und Astembly. Die erstere wird 48 Mitglieder ent halten, von denen 36 aus acht Jahre gewählt und 12 mr dieselbe Zeit von der Krone ernannt werden. Die untere Kammer wird von 103 Mitgliedern acbil» det, die auf fünf Jahre gewählt werden. Dem irischen Parlament steht die Gesetzgebung in bezug auf alle rein irischen Angelegenheiten zu. Doch sind besonders ausgenommen: Gesetze in bezug auf die Krone. Heer und Flotte. V-rträge mit fremden Mächten, Titel. Landesverrat. Naturalisation, Münze, Verlagsrecht. Patent«, die Post, Gefährdung der per- lönlichen wie religiösen Freiheit und der Gültigkeit der bestehenden Hciratsgesetze. Zugleich aber wird Irland mit 70 — nach anderen Angaben indessen nur mit 40 —Mitgliedern im Neichsparlament ver treten sein, das dem Lord Lieutenant anheimgeben kann, gegen „ungerechte Gesetze" des irischen Parla ments ein Veto einzulegen. Doch können die Ent scheidungen des Neich>?parlaments wieder von dem geheimen Hronrat des Reiches umgestoßen werden. S t e u e r b e st i m m un g e n sind Sache des irischen Parlaments. Aber Zollangelrqcnheitei, geben erst nach sechs Jahren in dessen Hände über. Es steht Irland dann zu. unter Umstanden seine be sonderen Zollverträge mit anderen Mäch ten oknuschlictzen, nur dürfen darauf bezügliche Ge setze niemals den Freihandel zwischen England und Irland aufheben und können auch sonst vom Reichs- Parlament zurückqewiesen werden. Die in Irland aufoebracbte" Stenern find-m bis auf weiteres nur in Irland Verwendung. Es wird für die nächsten sechs Iabre nicht nur nichts m den Reichssteuern bei- tragen, sondern der britische Steuerzahler soll den jungen „Staat" in den ersten sechs Jah ren auch erst noch durch besondere Zuschüsse in den Sattel beben! Insbesondere hat das Reich die nötigen Mittel iür die Altersversorgung zu ge währleisten sowie für das bereits bestehende Land- ankaufsgcseft. das den Pächter instand setzt, gegen ge ringe Anzahlungen seine Pachtung als Eigentum zn erwerben, und ans den armen Pächtern einen freien und wohlbabenden Bauernstand machen — soll. D i e böhercn Richter werden für die nächsten sechs Jahre noch non der Reichsregi->rung ernannt: dann aber gebt die ganze Justizverwaltung in irische Hände über. Die Polizei wird in Dublin sofort, in allen übrigen Teilen des Landes später, der irischen Re. gieruna unterstellt Nicht übel — für den Anfang! Das Ganze zeigt jedenfalls zur Genüge, was für einen Druck die irische Partei im Parlament auf die Regierung aus- üben mutz. Die Durchdringung einer solchen Vorlage mit all den tausend Einzelheiten wird natürlich noch harte Kämpfe kosten Und selbst wenn alles einiger- maßen glatt abqinge, werden dann nicht nach Ablauf der sechs Jahre, wenn Irland auf eigenen Füßen stehen und auch seine Ausgaben allein bestreiten — soll, neue irische Forderungen neue Kämpfe in Aussicht stellen'? — Besonders hart würde aber der höchst loyale Norden des Insellandes von einem sol chen Geseke betroffen. Und seine Bewohner bilden doch beinah« ein Viertel der ganzen Bevölkerung Ir lands Die Ulstermen, die britischer gesinnt sind als der Durchschnittsbrite selbst, sollen ganz wider ihren Willen bis zu einem gewissen Grade von dem Briten- lande abgestoßen und den „Enqlandhassern" über- lic'ert werden. Sie erklären denn auch offen genug, daß sie sich niemals fügen werden, und wollen es selbst aus einen Düraerkrieg nnkommen lassen. Ge rüstet bobeg sie schon lange Und am Dienstag sand in Belfast eine große Demonstration gegen Home Rule statt, wo 80 Wo Mann vor Donar Law, dem Führer der Unionisten Partei, vor, überzogen.
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