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Bezugs-PreiS Anzeigen Preis lür Leipzia vnv V,ror1« durch uuler« Träger und Spediteur« !im«i täglich in» »au» gebracht: » Pt. inonaU^ L.7U Mt. aieneliädrl. Lei unlern Filialen ». Nn- n^meilellen adaehoit: 7S Pt. manaÜ, LLi M«. vierteijährl. »uech die V»ft: .nnertzalb Deutichland» und der deutlchen Kolonien oierteljähri. S,SU Alt., monati. l.ru chlk. auejchl. Poftdeftellgeld Ferner in Leigten. Dänemark, den Donauftaaten. Italien, Uuremdura. !lk,«d»,land«. Nor wegen Oesterreich-Unaorn, Nutzland. Schweden, Schweij u Spanten. In allen übrigen Staaten nur direkt durch dre Teichästsltell« de» Llatte» erhältlich. Da» Leio»ig,r Tageblatt ericheint 2mat tagiilv. Sonn» u. «ieiertag» nur morgen». Ldonnemen»».Annahm« 2»d«,ni»,all« 8, det unieren Trägern, giltaien. Spediteuren uud Annahmestellen. >owt« Pogämtern und Lrieftragern. Et»t«lo»«tout»viet» U> Pi, MpMerTUMM i 11«r lNacht««ich>n»> . f lsssr lNachtauIchluhj Lel.-^nschl.j isssr Tel.-Anschl.j i4«9s ^11694 (F o sl48S4 Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. für Salerat» au» Uetvp, und Umgebung di« llpaltig« Petitreti« s Pt.die Netigm»» »ell« l Mt. von auowäkl» M Pi. NeNamen 1^!0 ML ' Inierate von Lehälden im um». ltchen Teil die Petttretle » P, <belchoft»ani»»g«n mit Plogoorichriiten im Preti« erhöh« Stada« nach Taris, Leilagegedühr Leiami. auslag« L Mt. o Tauirnd er«. Postgebühr. Teilbeiiage »ober. Festerteilte LulNäae können ni-t-t «uruck» gezogen werben Für bar Ürichetnen an bestimmten Tagen und Planen wird kein« tbaranti« übernommen. Anzeigen-Annahme: I»da»ni»goli« bei iämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Erpeditionen de» In- und Auslände». Druck und Verlag o„ Ft>ch«r äi ttürste» Inhaber: Paul Xürfteu. LedeNtou und »ilchäi«»stell«r Iohannirgalle 8. Haupt - Filiale Treibe»: Seestrajje 4, 1 (Telephon iSAd Nr. 189. 106. Jahrgang Sonntag, üen llprtt 1912 IMU- Unsere gestrige Abendausgabe umsagt 10 Leiten, die vorliegende Morgennummer ZK Seiten, zusammen 46 Seiten. Das Wichtigste. * Reichskanzler v. Bethmann Holl weg traf Sonnabend nachmittag in München ein, gab beim Ministerpräsidenten Freiherrn von Hertling seine Karte ab und hat abettös die Reise nach Bad Nauheim fortgesetzt. (S. Setzte Dep. Seite 3.) * An der Universität Leipzig soll eine Professur für das gesamte literarische, künstlerische und gewerbliche Urheber recht nebst dem Verlagsrecht errichtet werden. " Der gemischte Theatcrausschuß des Rates der Stadt Leipzig hat beschlossen, den Neubau des Alten Theaters auf dem Töpferplatz zu errichten. Der Rat ist unter Vorbehalt der Zustim mung der Stadtverordneten dem Beschluß beigctrcten. * Das Luftschiff „S ch ü t t e - L a n z" hat am Sonnabend bei Altrip (Rheins Havarie er litten. (S. Sport Seite 25.) * Der französische Offizrerfliegcr Leutnant Beau court ist bei Laimont (Dep. Meuses tödlich a b - gestürzt. (S. Sport Seite 25.) * Theatcranzeigen siehe Seite 29 und 39. Oie Msurr. Man will uns noch immer „einkreisen". Wir müssen uns schützen gegen die von außen Anstürmenden. Ihre Kraft soll sich an einem festen Ringwall brechen. „Eine Mauer um uns bauen", sang das fromme Mütterlein — — Es ist eine merkwürdige Zeit, in der wir leben. Zu Bismarcks Lebzeiten war gewiß auch einiges „los". Wir hatten, nachdem das Reich gegründet war, die Spannung mit Frankreich und Rußland um 1875 herum, die der Öffentlichkeit nicht verborgen blieb. Bald nach dem Berliner Kon- gresse, 1879, wurde die Spannung mit Rußland wieder enorm; sie beschleunigte den Abschluß des deutschen Bündnisses mit Oesterreich-Ungarn. Deutschland konnte bis gegen Ende der 80er Jahre über Mangel an europäischen Feindschaf ten nicht klagen. Bismarck hat es zwar verstan den, durch koloniale Politik gelegentlich Frank reich an seine Seite zu ziehen, so bei der Einlei tung der Berliner Kongokonferenz von 1884/85, aber der Vergeltungsgedanke konnte unter Bou langer 1887 einen neuen Höhepunkt der Entflam mung erleben, ziemlich zu gleicher Zeit, wie die Feindschaft Rußlands. Diese konnte durch öster reich-ungarische Herausforderung und deutsche Battenberger-Sympathie teilweise erklärt werden, hatte aber nach der eigenen Ansicht herzhafter Deutschenfeinde doch nicht genügend sachliche Begründung; sonst hätten diese Deut- schenfeinde nicht gefälschte Briefe, die dem Zaren in die Hände gespielt wurden, für ein notwen diges Requisit ihrer Politik gehalten. Dann flauten die Gegensätzlichkeiten ab. So ging es im allgemeinen bis zum Jahre 1905. Seitdem steht nicht Frankreich und nicht Rußland als vor derster Gegner uns gegenüber, sondern England. Die Einkreisungsbemühungen haben weitgehen den Erfolg; England rüstet militärisch zum An griffsstoße, ein Teil der englischen Oeffentlich- keit drückt in Worten auf das ungenierteste seine Feindschaft aus, die französische Publizistik und Diplomatie stellt sich fast in jeder Beziehung und an jedem Punkte an die Seite der engli schen. WaS die vereinigte englisch-französische Diplomatie seitdem amtlich in Rom, Wien, Kon stantinopel, St. Petersburg, Washington und anderswo an Hetzarbeit gegen Deutschland ge leistet hat, dürfte nicht leicht in der Geschichte der gesitteten Welt seinesgleichen finden. Was hat Deutschland dagegen getan? Nicht viel. Die deutsche Diplomatie blieb gemütlich; für das Heer sind zweimal auf fünf Jahre neue Festsetzungen ohne erhebliche Verstärkungen ge macht, für die Flotte ist einmal ein neuer Plan von größerer Bedeutung aufgestellt worden. Das deutsche Volk ist all die Jahre ruhig weiter seiner Arbeit nachgegangen. Wenn ein Englän- der die militärische Lage zwischen beiden Län dern in dem Worte ausdrücken zu können glaubte; „Das deutsche Volk wird eines Tages erwachen und erfahren, daß es eine Flotte gehabt hat", so wollen wir des Engländers Urteil über die Kampfaussichten auf sich beruhen lassen, können Nlitimchkiiie für die LkiW MM. Rüstig schreitet die Sammlung des Leipziger Tageblattes für das Flugzeug „Leipzig II" vorwärts. Dank der Opferfreudigkeit unserer Leser und Freunde können wir heute über einen neuen Betrag von 1464,75 Mark quittieren. Bis gestern abend betrug das Ergebnis unserer Sammlung demnach 32 011,68 Mark. Gewiß eine erfreuliche Summe, ein stolzes Zeichen für den Patriotismus der Leipziger Bevölkerung. Noch aber* ist -as Ziel nicht erreicht! Rüstig sein, heißt es! Alle Mann an Deck! Jeder gebe nach Kräften und Vermögen, damit Leipzig an der Spitze Sachsens und aller deutschen Städte bleibe und ihm der erste Platz nicht streitig gemacht werde. Erfreulicherweise regt es sich jetzt überall in Sachsen. Außerhalb Leipzigs betragen die Sammlungen rund 50 000 Mark. Also Achtung! Daß es stets heiße: „Leipzig voran!" XII. Quittung: Fedor Scherffiq 5 .46 — Alwin Pickert, ehem. Sergt. Sch -Rgt. 108 1 — Kgl. Sachs. Militär- Verein „Bayern" 3 »* — Hans Hommel 25 Ernst Krahmer i. Fa. Fritzsche L Drath 10 .44 — Gustav Damm, Querstr. 12, 3 4( — Dr. med. Will). Kühn, Liebigstr. 8, 5 ./t — Aus Lenas Sparbüchse 1 50 — N. N. 5 .6 — W. Rüdinger 5 4i — Sanitätsrat Dr. Eckstein 20 x — Justizrat Paul Frenkel 40 — Mutter und Tochter aus Gohlis 10 .4§ — Dr. Ludwig Hahn, Leutzsch, 30 — Lina Hahn, Leipzig, 20 .4. — Direktor Ad. Lehmann 5 — Melanie Röder, Damenmoden-Salon Lipsia- Haus 10 >6 — Eine Anzahl Schneiderinnen im Modesalon Melanie Röder, Lipsia-Haus, 5 — Obertertianer Otto Tittel und Bürgerschüler H. Tittel 1 .4k 20 — Ev.-luth. Jünglingsverein L.-Seller- hausen 1 .4l — Ungenannt 3 »4i — Von den Pflegern des 2. Armen-Distrikte» 50.6 — Han» von der Osten, Fabriklager von Villeroy L Boch, Leipzig. 100 »4t — Ernst und Fritz aus Siegen 4 — Gabler, Süd- straße 46, f. Leipzig II. 50 — 6 Bankbeamte 6 50 - Nikolaus Krauß, Hospitalstr. 36, — In der Bodega unter den Gästen gesammelt 30 50 — Hans Thurbla 1./( — Frau Kommissionrrat Joh. Pintert 10 ./t — Frau Busike, vom Gewinne 1 .4t — Johannes Eieseae, Leipzig, 100 .6 — Hans Ga. Maschner, Leipzig, 5 .4t — Carl Nitzsche. Leipzig- Thonberg, 20 — P. B., Lehrer, Leipzig-R.. 1 ./t — Gebr. Stöckel, Sellerhausen, 10 ./L — Will). Brüg mann, Mozartstraße, 30 .-L — Gebr. Rost, 15 ./t — Sonnabend-Stammtisch in der Kaschemme bei Gebr. Erckel mit Blumenmädchen Alma und Wirtschafts direktion 10 .6 — Else und Bruno Hornig 50 »L- — Schlamm der Angestellten der städt. Schleusenreini- aung 6 ./t 52 — Ernst Illing 1 »4t — Lieber der Luftflotte als dem Margaretentag 2 »4t — Fa. A. Loy L Co., Brühl 75/77, 100 4t — Frau Helene George 30 »4t — Gretchen Ellrich und Gerhard Helm 50 /L. — B. Kr. 3 -4t — Vom Haus heraus 20 — Ins Haus hinein 30 — Gusti, Hansi, Hanni und Klärt 40 — Hugo 1 ^t — Skatklub Noblesse und Ver ¬ kehrsgast 5 ,4t — Frau Gertrud Stirnemann 1 ^t — Ein armer Student, Breslau, 12 — Bubi Koch 50 — Otz und Lottchen 10 — A. Z. 5 .4t — E. W. 3 .4t — Schüler Boto Damm 50 — Berichtigung. Schülerin Asta Damm 50 — Hermann Ahlswede 20 .4t — Hildegard Löwensohn 1 »/t 25 — Hedwig Löwensohn 2 .4t — Aus der Sammelbüchse des Leipziger Tageblattes und der Allgemeinen Zeitung 8 .4t 47 — Richard Walther, Tbomaner (während der Osterferien in Oschatz gesammelt) 23 »4rt 20 — Th. Strube L Sohn 50 — A. Boitze 20 — Georg Trefftz, Mozartstraße 21^ I., 10 »4L — A. A. Berger, Schönefeld, Lorenzstrage 5, 5 ./L — Adolf Dietz, Prendelstraße 3, 10 .4t — Emil Paege, Wein restaurant. 10 .4t — O. C. 5 .4t — Justizrat Paul Syring, Rechtsanwalt beim Reichsgericht, 100 — Paul List, Verlagsduchhändler, 100 — Wilhelm Aßmann 30 ^t — Emil Schümichen, Ferdinand- Rhode-Straße 35, I., 30 ^t — Bauer L Krause. Thomasiusstrahe 24, 50 ^4 — Stadtrat Gu. Ramdohr 50 .4t — Bund Deutscher Militäranwärter (100 ^t, davon di« Hälfte an da» Leipziger Tageblatt ge zahlt) 50 >4 — Richard Arnolds Möbelhaüen 10 ,4t — R. Metzner, Deutsch.Amerikanische Orgel- und tzarmoniumfabrik, Plagwttz, 10 — A. Schulz- Schwab«, Beethovenstrage 31, p., 20 — Georg Böttner, Kriegsteilnehmer 1866—70/71 beim K. S. Jnf.-Reg. 107, 3 — Ernst Haupt 5 — Heinrich, Elfriede und Alexander Ernst 3 .4t 50 — A. Glaschker, Aquarienversandhaus, 10 — Johs. Lohse. Roscherstraße 12. 3 — Karl Kästner, Aktien ¬ gesellschaft, 10 — Karl Engelmann, „Bonorand", 5 v/> — Otto und Liese-Lotte Bähr 4 .4l 50 — Gerhard Dreßler 15 — Geh. Hofrat Dr. Lohse 10 — P. E., Leipzig, 10 - K. R., Leipzig, 2 .4- 50 - Aus Paulas Sparbüchse in Sommerfeld 50 — Von einer aus der Borkstraße Nr. 32, die gern mehr geben möchte, 50 — E H., Gohlis, 3 — Bau meister Rich. Marx L Bruno Knoth 6 .4t — Dr. Paul Große 5 — M. verw. S. 10 »4t — Fidele Fecht ¬ brüder 2 .4t 60 >ik. — Stammtisch Plumpe im Restaurant Born, Matthäikirchhof, 54 ,i> — Theodor Hever 10 »4t Vorliegende Quittung: I 464.75 I.-XI. Quittung: . 3V 546.S3 Bisher eingegangen ZZ 0U.88 In der Xl. Quittung muß es heißen auf Zeile 4: Carl Finne 20.— (nicht 20 ^). uns aber den andern Teil seiner Behauptung in der Form zu eigen machen: das deutsche Volk wird noch in der Nacht vor der Entscheidung ruhig und gut geschlafen haben. Das deutsche Volk hat gearbeitet und ist nicht nervös geworden, es hat ruhig geschlafen, es hat auch, was sich nicht verhehlen läßt, das Leben genossen. Die Ruhe haben ihm sein gutes Gewissen und seine guten Nerven gegeben; es hat eben doch noch bessere Nerven als die Franzosen und wohl auch als die heutigen Engländer, die sich gegen die Zeiten des alten fröhlichen Englands ein wenig verändert haben. In Deutschland ist die alt germanische Auffassung, daß für Kämpfe und Aussichten auf Kämpfe Ruhe und nicht Aufge regtheit das beste ist, immer noch selbstverständlich. Dazu besteht ein ruhiges Vertrauen in die Schlagfertigkeit von Heer und Flotte. Die Erinnerung an die Zeit des tiefen Falles unter Bonapartes Szepter ist durch die Jahrhundert gedenktage besonders eingeschärft, und dabei hat sich natürlich manchem die Frage aufgedrängt, lob auch über uns Tage der Erniedrigung kommen können wie über Preußen 20 Jahre, nachdem der große König die Augen geschlossen. Wir wären auf dem besten Wege zum Fall, wenn wir die Möglichkeit an sich leugnen wollten. Wie alles Menschliche, ist auch das deutsche Heer dem Ver fall zugänglich; aber wir wissen, daß das deutsche Heer sich heute bemüht, fortzuschreiten, auf der Höhe zu bleiben, alle fremden Erfah rungen — es ist kein Verbrechen, daß wir selbst mit Gegnern von moderner Bewaffnung und Taktik keine Proben haben machen können — bei uns zu verwerten, und daß der Ueberalterung, die 1806 im preußischen Heere eine so fürchter liche Rolle spielte — kquw ein General unter 70! — ein Riegel vorgeschoben ist. Zeder Deutsche ist von Rechts wegen ein lebendiger Teil der deutschen Rüstung. Dadurch ist er zunächst vor einer blinden Ueberschätzung gesichert; er weiß, daß es auch hier menschlich zugeht, er weiß, daß cs Unzulänglichkeiten gibt, daß die Führer nicht gleichmäßig sind, und >venn er kritisch veran lagt ist, wird er den Eindruck empfangen haben, daß die Ausbildung manchmal für den höheren Vorgesetzten, mithin für den Schein und nicht für den Ernstfall gehandhabt wird. Aber cs müßte mit sonderbaren Dingen zugegangcn sein, wenn ihm nicht zugleich das Gegenstück vor Augen getreten wäre: strengste Pflichterfüllung, innerste militärische Passion und überlegenes Können. Auch in sozialdemokratischen Kreisen scheint ein Mißtrauen in die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkshceres nicht zu bestehen, wenn auch die Kritiken französischer oder englischer Beobachter gelegentlich verwertet werden. Die neuen Großsprechereien des französischen Generals Bonnal und die düsteren Prophezeiun gen, mit denen man auf die eigene Phantasie und diejenige des deutschen Volkes einzuwirken sucht, machen keinen anderen Eindruck als den der be wußten Feindschaft gewisser französischer Kreise. Dunklen Voraussagen gegenüber hält cs jedes Volk mit dem Spruche Hektors: „Ein Wahr zeichen nur gibt es, das Vaterland zu retten." Wir haben sie getragen sieben Jahr, die englisch französische Feindschaft; wir werden sie, wenn eS der andern Seite so beliebt, weiter tragen. „Eine Mauer um uns baue", sang das fromme Mütterlein; wir haben diese Mauer; es ist keine von Schnee und Eis, und es ist keine chinesische von Stein und Lehm, sondern eine lebendige. Hinter dieser Mauer hat das deutsche Volk sich bisher dem Wettkampfe um die Güter des Frie- dens hingegeben, den Kaiser Wilhelm I. am 21. März 1871, bei Eröffnung des ersten allge meinen deutschen Reichstags, als zukünftige Auf- gäbe des deutschen Volkes bezeichnete. Und so wird eS bleiben, soweit cs auf uns ankommt! ÄM vorabenü großer Lreignille. (Von unserem römischen Mitarbeiter.) Alla vigilia -ei grandi avoenimcnti! lasen wir Wochen hindurch an -er Spitze -er Blätrer, uno auch heute sind wir noch nicht über den bewußten „Vor abend" hinausgeriickt. Eins hat die Erfahrung der italienischen Presse gelehrt: mit der Voransage gro ßer Ereignisse etwas vorsichtiger zu sein! Denn es kommt immer anders, als man denkt. Dieser Krieg, der mit so überschwenglichen Hoffnungen inszeniert worden war, ist den Italienern zum bitteren Lehr meister geworden: Enttäuschungen über Enttäuschun gen auf der Debetseite, stärkere Zusammenschweißung der einzelnen Volksstämme auf der (5ewinnseitc — das ist bisher das Fazit der sechseinhalb Monare dauernden Kriegstaten in Afrika. Wenn nun wenig stens diese Kriegstalen auch außerhalb Italiens ihre gebührende Würdigung finden möchten! Es ist sicher lich Italiens größter schmerz zu sehen, daß das Aus land die Wafienleistungen des italienischen Heeres noch immer nicht genügend hoch einschätzen will. Man zeigt sich zu Tode betrübt, oatz der Ruhm der hier zulande mit vielen schönen Reden gefeierten Helden nicht über die Grenzen hinausdringen will. Jedes Zeugnis aber, das mit gelegentlichen Anerkennungen aus fremdem Munde kommt, wird mit so viel um stündlichen Dankcswortcn quittiert, daß die Annahme gerechtfertigt erscheint, man verschmachte im ungr- ßillten Durst nach Ruhm. Die ganze Welt scheint siäi gegen uns verschworen zu haben! ruft heute ein römi sches Blatt aus, das zum soundsovielten Male fest stellt, daß die Großmächte mit mehr oder weniger Neid das italienische Unternehmen von Anfang an beargwöhnt haben und daher sich noch immer nicht zu dem „Friedensschritt" in Konstantinopel bequem- n wollen. Das „Giornale -'Italia" hält eine Art Generalabrechnung mit den einzelnen Großmächten, prüft eine jede auf ihr« Stimmung für und wider Italien und kommt zum Resultat: „Wir können nichts von der russischen Initiative für uns erwarten, auch nichts von einer euro päischen Intervention. Daher dürfen wir den Frie den nur In der Entwicklung und Ausbreitung des Krieges suchen, das einzige Mittel, mit dem es möglich i«in wird, den türkischen Widerstand zu brechen und die europäische Obstruktion zu überwinden!" Genau so wie das Organ der italienischen Ratio- nalisten es hier ausspricht, so denkt die überwäl tigende Mehrheit des Volkes. Krieg bis zum Aeußerstcn? bleibt bis auf weiteres die Losung. Und wenn auch ab und zu ein Vertreter, der in ihrer Maienblüte geknickten Sozialdemokratie ernstlich zum Frieden mahnt, so findet seins schwache Stimme nicht einmal in den eigenen Reihen ein nachhaltiges Echo. Es steht — und das hat das italienstche Volk schnell begriffen — heute mehr auf dem Spiel als die für eine politische Notwendigkeit erklärte Eroberung des altrömischen Libyens: man ringt bereits um das Prestige, das man entschwinden sieht, wenn nicht bald das lanaerhoffte große Ereignis die Entscheidung über das Kriegsende bringt. Zu dem alten Kummer über die Weigerung des Auslandes, die italienischen Waffeutotcn in vollem Umfange a i- zuerkennen. hat sich in jüngster Zeit die neue, nicht geringere Pein über die Untätigkeit von Heer und Marine gesellt. Eine ganze Reihe bürgerlich-radikaler Blätter mußten zugeben, daß die nichtitalienische Presse mit ihrem Urteil ins Schwarze getroffen hatte, als sie in der Glorifizierung der itailenisch-'n Waffcnleistungen sich einige Reserven auferlegte. Es war wohl eine der schlimmsten Enttäuschungen de^ Krieges, daß die Leitung Ws Heeres durch ihre Zn aktivität selbst der „neidischen" Auslandspresse nur zu guten Grund zu ungünstigen Urteilen gab. Seitdem lesen wir wenig oder gar nichis mehr von kommenden „großen Ereignissen". Und -och wißen wir ebenso wie die schweigiam gewordenen Italiener, daß mindestens ein solches Ereignis noch bcvor teht. Man nenne es Friedensschluß, man nenne es Krieg bis zum Aeußerstcn. Kommen muß es Der jetzige Zustand kann nicht chronisch werden. Es wurde wie eine Erlösung begrüßt, als endlich nach langen bangen Wochen wieder die erste Meldung non einer Waffentat vom Kriegsschauplatz kam. Die Be setzung von Zuara ist 'war nichr der Anfang -er vom Volk gewünschten Ausbreitung des Kriegs theaters, das man vor die Tor« von Konstantinopel verlegt sehen möchte, aber man hat doch hier -en Eindruck gewonnen, daß die Truppen drüben nicht einzig und allein bei sengender Sonne Freiluftbäder nehmen. „Tie Nachricht von Ser glücklichen Landung unserer Truppen an der Westküste von Tripolitanirn wird in Italien mit aufrichtiger Genugtuung ausge nommen werden: denn sie befreit uns endlich von einem Alp der nachgerade anfing, auf der Seele unseres Volkes unhcilschwanger zu lasten!" So begrüßte der „Messagero" die offizielle Kundgebung von dem Dorrücken auf Zuara zu. Zn dem Munde -es letzten franzosenfrcnndlichen Organs klingt es sonderbar, wenn es dann weiter heißt.'daß di« Türken jetzt durch die Besetzung des nur 30 Kilometer von der tunesischen Grenze entfernten Zuara sich der Mög lichkeit beraubt sehen würden, ihr« Kriegsvorrätc von Tunis her weiter zu ergänzen. Also hat auch -er . Messagero", der mit dem französischen Botschafter Mr. Barrere di« allerintimsten Beziehungen bis in die neueste Zeit unterhielt, endlich einsehen gelernt, -aß «s gerade Frankreich ist. das durch ekla- tante Begünstigung der Kriegskonterbande die Aus sicht auf Frieden erschweren hilft! Bei allen anderen Blättern hat sich, wenn man von dem im gleichen Verlag erscheinenden „Secolo" abncht, die Erkenntnis schon früher Bahn gebrochen, daß der Best« nicht in Frieden leben kann, „wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt". Das Thema vom Krieg als Lehrmeister für Ita lien wird nach dem erwarteten großen Ereignis sicherlich noch zahlreiche Diskussionen in der Presse und in der Kammer Hervorrufen. Auch die letztere ist von der Regierung zur Schweigsamkeit verurteilt