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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.08.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120805018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912080501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912080501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-05
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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Monts-, s. rlu-uv 1Sl2. Nr. 3SS. los. Iahrgaus. SeUr 9. 2 Größe nebst dem halben auSgebauten lichtreichen Dachgeschoß, au?gepaltet mit allen zeitgemäßen modernen Anforderungen, die Obergeich, für 1. Oktober, das Keller- und Dachgeschoß sofort oder später für kaufmännische oder bessere oewerbl. Unternehmungen preiswert zu vermieten durch den Verwalter llk. ULber, Köntgstr. b. Tel. I. 4899. r»404 leipziger Tageblatt ' Morgrnausgad« klLllilloS, t'lUKSl/^ monlums mit und ohne Orgel-Pedal«, Verüunk uad Vormletnu?. ,»««« 1. -4. lilv-mi» >> , i nrllt I. Islieiisei- 811-2888 M—17. vr»tzer»er L«tze« 10x7,70 m »it Htnterrau» von 4.8« u. 8,95 m s«f»rt «»er später zu »ermteten. Elettr. Licht nntz 8entr«lhetzung vor handen. Näheres im Kontor. »ieo Vlvumsnlll 38 Lllsssräm: Vno»«v NusNssskI !ll Kvisv-Z^nlilüvln kLdrUt lisondrtll sm ksdndvi h.-k!gx»ilr. Wir snche« mit Reflektanten auf FavrMokalitiiten, Niederlags- Ütt Speicherräume, Eiskellerei Mr ijl in Verbindung zu treten, um Wünsch« berücksichtigen zn können. Eventl. bauen wir nach Angabe uad auf Amortisation. O»»tr»II»»arer«ti>, Packtzofstraße 8, I. ««nL0le>8-prlLmvn-vßnoeISL SXnurSSklk prM»«.Niao«t« «Zok m„ lUcdt olw. vovlieri^ k»r«un«, <t.nn 01« t)u»Nt>t «in«* 61»»«» klnfft nlodt vom 6«Wiekt, »oncleni von «er optt»«k«n t»iUua«it>1>I^>l«<t Vttr ltotsen AnrLvu »Usr rononuntorton k>drlk«n ru Ortgivnl- peetnon. Tl» deoooäor» prvli vort ottortoroo vir kür »Uo2voeko, «pmtell Nlr Sport, Lot«, oto^ Lonoolät-rri-mon-Lioocl«, mtt S nuü. Vorgrvüorung tür N. St.— inlrl. darünu I-vävr- Ltnt aus Llomou «uw vwbäugou. M Sol woiwtUeb« DollmUltuagon von 81 IT an wtt 101, Tnt«obl»g. O»»»«Ido Olm mtt > uwllgor Vvr- gröSonmss II. »«».— dol gletodor dlowtt»r«t«. VeiWeTMekirMsMIl.-- Flügel o. Id ^l, Harm»». von 3 an. Vermietg. auch nach auswärts. Bei 'pät. Kauf werden die für Miete und Transport gezahlt.Betrügt gutgeschriebrn. u„lr chc e»., Attguitusplatz 1, Eckhaus JohanniSgaffe. «« Kv881>l»tr 1k lIchMM-Pllstzkj sind daS I. und II. Obergeschoß des nachstehenden Grundrisses, z. Zt. von der Firma E. Mackenthun <L Co. benutzt (jedes Geschoß reichlich 550 gm Grundfläche), sowie das tageshelle Hobe Kellergeschoß gleicher MV «pon IM. XI». a», „IV Ncdiitim«, ^«r-nt «o,»»^»tt»t. Z8rm«-kvrnal8r bßtt, 36.S0 n«u«»t«» tloU.ll, mtt c». 8>/, M»I. ViiLsOIvnin^ InUt. t.»t«w p«<i«r. ruo mit «IM vmtiSn,«, >«.« Noo»t»KN1i»«i>. VvUum« 81« p.e?o»Nmrt»^»»v»d!»«>«Iwi, «. ^n»Icdt ob». iz»«t»v»ii«. r«».»«««»» vi^dtmt» r^itm^o Pkoro-Hppsrsr« »«>«rt»v NoN«a. e»nomml«rt^„ vi«r r»drw«i mit Ods.Utlvmi voo Voi«Mn<t«r, 6o«, Nqmr, ltoamiitoe«, M«od«I o.«. .. . . _ ., Nalra-NrUNalSttL ttodrplRttmUeoei«, I^0mt»»oti«i u. Itotte, mit«. od. Lüutctit«!« rtc. 8p.»t»l.pmi»N»t«» ko^eatmt. ASKIvr L «. kirSL- Nicht, weil si< infolge der Erzählungen des Pro. feffors Jntereffe an ihr nahm, sondern um einfach festzustellen, inwieweit der neu entdeckte Stern am Modellhimmel ihres Mannes vielleicht gefährlich sein könnte. Schon von weitem hört« man das leis« Rascheln ihrer Seidenröcke. Frau von Bertoldi trat sehr schnell, sehr sicher über die Schwelle de» Ateliers. Sie war eine llberschlanke Blondine, der man die rasseecht« Aristokratin sofort ansah, und sie trug die feingliedrige Gestalt und den schmalen Kopf hoch mütig aufrecht. Eigentlich erschien alles in ihr matt, das staubfarbene Haar, und der Teint und die blutleeren Lippen, nur in den bellen, blondbewim perten Augen flimmerte wie blinkender Stahl ein kühler, zielbewußter Wille. Bor sechzehn Jahren als dreiundzwanzigjäkriges Mädchen, hatte sie den Ihrigen gegenüber diesen Willen in Aktion treten lassen und den damals noch wirklich schönen Bertoldi im Glanz seines ersten Ruhmes, allen Familientraditionen zum Trotz. ge heiratet. Cie war sich durchaus bewußt, daß sie ihm damit erst das eigentliche Relief gegeben habe, die gesellschaftliche Stellung, nicht nur durch ihr be- trächtliches Vermögen, sondern mehr noch durch ihre großen Verbindungen, denen er wohl in erster Linie die Erhebung in den erblichen Adel verdankte. Auch er blieb sich stets dessen bewußt und dankte es ihr in der Tat, denn was sie ihm gab, war gerade das, was er am meisten ersehnt hatte. „Das sieht ja hier lehr gemütlich aus", sagte sie jetzt. „Du hast hoffentlich nichts dagegen, lieber Erich, wenn ich mich einen Augenblick mit dazu setze." Frau von Bertoldi sprach rasch und leise, wie man es bei Hofe tut. Sie reichte Esther die Fingerspitzen und lächelte. Das geschah ganz mechanisch, einer Gewohnheit zufolge. „Ich freue mich, Sie kennen zu lernen. Mein Mann hat mir viel Lobendes von Ihnen gesagt. Er ist natürlich sehr froh, seine Judith endlich ge funden zu haben." Esther wußte nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie kam sich entsetzlich unbeholfen dieser lässigen Sicherheit gegenüber vor, und fühlte die ganze Zeit hindurch, daß jene kühlen Hellen Augen sie vom Kopf bis zu den Füßen musterten, durchaus diskret freilich, aber scharf und unerbittlich. „Nimm doch Platz, liebe Asta", bat der Professor, rückte zuvorkommend einen Sessel für seine Frau zurecht, goß Wein ein und präsentierte ihr verschie denes, alles in seiner freundlichen, behäbigen Ruhe. Es schien ihn wirklich zu freuen, daß sie ge kommen war. „Nun? Habe ich dir zu viel gesagt?" fragte er dabei mit einem Blick auf das Mädchen, das völlig verstummte. Kannst du dir die Judith überhaupt anders vorstellen als so?" „Nein. Es ist in der Tat ein Glück für dich, daß Fräulein Frosenius die Freundlichkeit hat, dir ihren interessanten Kopf zur Verfügung zu stellen. — Sie können sich denken, baß ich lebhaften Anteil an den Arbeiten meines Mannes nehme", wandte sie sich an Esther. „Sonst wäre ich heute nicht gekommen. Ich respektiere gewöhnlich sein Atelier und warte, bis ich eingeladen werde." Ihr Ton wurde um eine Nuance liebenswürdiger. Der Eindruck den das Mädchen machte, befriedigte sie. Ihr Schönheitsideal lag mitten im Zentrum der Schablone, kannte nur rosig« Farben, üppige Glieder, regelmäßig« Züge. All das war ihr selbst freilich versagt, doch dafür hatte sie aristokratisches Cachet. Das genügte. Dieses blaffe Ding da. mit dem schmalen Gesicht unter der archaistischen gerad linigen Perücke, besaß in ihren Augen gar keinen Reiz. Nun ja, prachtvoll gewachsen schien ja die Person, aber das war auch alles. Obendrein fand sie sie linkisch und langweilig. Ihre eigene leise hinplätschernde Gesprächigkeit, die keine Pause auf kommen ließ und allerlei kleine Nichtigkeiten flüchtig streifte, vermochte Esther nur ein befangenes: „Ja, gnädig« Fran", oder „Ich weih nicht, gnädige Frau", zu entlocken. „Mein Mann hat eine unglückselige Passion für die Geschichte der Judith", bemerkte Frau von Ber- toldt lächelnd. „Wenigstens für Hebbels Judith." schaltet« er ein und sah dabei so ganz und gar nickt danach aus, als sei er in seiner bequemen Weltläufigkeit dem gewaltigen Mysterium, das sich in der Seele des Bethulischen Weibes vollzogen hatte, innerlich irgendwie nahe gekommen. (Fortsetzung in der Abendausgabe.) Esther fuhr zusammen. Eine schuldbewußt« Glut schlug in iyr Gesicht. Wie sie diesen nervösen, unzett. aemätzen Farbenwechsel haßte, gegen »en sie macht los war. .Nein!" rief er. „Rot dürfen Sie mir nicht wer den. Da» kann ick nicht brauchen. Gerade Ihren blassen herben Liebreiz möchte ich feftbalten. Aber sprechen Sie ruhig, wenn Ihnen danach zu Mute ist. Der Ausdruck wird dann lebendiaer." Wovon konnte sie denn reden? Was mochte ihn interessieren? Eigentlich hatten sie nur die kleine Stadt als gemeinsamen Berührungspunkt. Sollte sie wieder davon anfangen? „Denken Sie, daß Sie bei Apothekers auf der Treppe säßen", gab er selbst scherzend das Losungs wort. „Da konnten Sie doch gewiß drauf los reden." „Aber da brauchte ich auch nicht düster und herb auszusehen." „Sprechen Sie immerhin. Ich nehme schon meinen Moment wahr." „Einmal hat uns Bürgermeisters Willy photogra phiert, als wir dort alle zusammen hockten", erzählte sie nun. „Und wie er di« Waffe auf uns richtete, bemühten wir uns, einen besonders lieblichen Aus druck in unsere Gesichter zu bringen, der uns gar nicht lag. Das Resultat war dann auch danach, denn als er die Platte entwickelte, behauptete jemand, der Willy habe eine Aufnahme vom Affenhaus eines zoo logischen Gartens gemacht." Bertoldi amüsierte sich. Sie kam nun in ihr Fahrwasser, weil die Erinne rungen in ihr lebendig wurden, schilderte Gesell- schaffsabende Lei der Doktorin, mit strenger Trennung von Männlein und Wciblein. und Dilettantenvorstel lungen unter der Regie des Rektors. Auch von Mond- schemnächten erzählte sie. Wie man da zu dritt ein gehakt auf der Eyaussee spazieren gegangen sei, weit zum Städtchen hinaus, und der weiße Glanz dann auf dem Kupferdach der alten Ordenskircke. gelegen habe, die wie eine mächtige Gluckhenne über dem kleinen, schief zusammengedrückten Häuserkomplex throne. „Und jenseits der dunklen Heide schimmerte als Heller silberiger Streif die See. Am Tage konnte man zu Fuß in einer halben Stunde hinlaufen, auf sandigen Wegen zwischen Ebereschen, die gegen den Herbst hin über und über voll brennend roter Beeren- oolocn hingen. Uno im Frühsommer lag man auf der Düne neben goldgelbem Ginster und grauem Weiden gestrüpp, träumte über oie blaue ruhelose Wassenfläche hin und hörte wie hypno^siert dem gewaltigen Rau schen zu." „Aha, da ist Ihnen wohl zuerst der Sinn für die Färb« aufgegangcn", warf er ein. „Kann sein. Zuerst, wie ich hier in München war, fehlte mir immer etwas. Ich konnte anfänglich gar nicht sagen, was es sei, und dann merkte ich, daß ich das Meer entbehrte, den endlosen, freien Blick und das nie endende Brausen. Das ist so etwas Großes, Heiliges: das nimmt alles Kleinliche von einem, und wenn man zehnmal in der kleinen Stadt wohnt und geistig einen engen Horizont hat." All das interessierte ihn. Hier und da fiel er mit seinen eigenen Erinnerungen ein, vergaß, daß er der große, berühmte Mann war. wurde wieder der harmlose, etwas enge Kleinstädter, den er im Grunde seines Herzens nie ganz überwunden hatte. Cie unterhielten sich jetzt eigentlich vortrefflich. Bertoldi vergaß darüber sogar zeitweise die Arbeit. Und dann fand es sich, daß er daran gedacht hatte, allerlei nette Dinge zum Frühstück miizubringen, eine kleine Terrine mit Straßburger Gänseleber pastete und feine Süßigkeiten, als Zugabe zu der obligaten täglichen Platte. Es freute ihn, daß sie alles so offenkundig genoß. Er machte gern anderen Vergnügen. „Ich habe noch nie eckte Straßburger gekostet", bekannte sie heiter. „Es ist für mich direkt ein Er lebnis." „Dann sollen Sie den Rest mit heim nehmen. Morgen sorge ich für ein anderes Erlebnis", lachte er. Die elektrische Glocke draußen an der Treppentür schlug jetzt zweimal rasch hintereinander an. „Meine Frau!" sagte Bertoldi. „Sie kommt sonst nie her, wenn ich Modelle habe, darin ist sie musterhaft. Aber ich habe ihr so viel von Ihnen er zählt. daß sie Sie auch gern kennen lernen wollte und sich für die Frühstückspause ansagte." Esther fühlte sich etwas unangenehm berührt und überrascht. Einmal hatte sie nicht gewußt, daß er verheiratet sei, denn er trug gar keine Ringe, — doch das war ja an sich gleichgültig, — und dann. — das schien ihr die Hauptsache, — meinte sie, daß jene nur komme, um sie prüfend zu begutachten. vir -rotze Karriere. bs Roman Won A. va» Klinckowstro«M. - (Nachdruck verbot«».) „Gerade sagte ich zu Fräulein Froseniu», daß Sie abkommandiert gewesen sein müßten, weil man Sie seit dem vorjährigen Kostümball der Künstlergends. fenschaft nicht mehr gesehen hat." „Da haben Sie don Nagel auf den Kopf getroffen. Ich hatte ein Kommando al» Leyver zur Schreßschule. Es freut mich aufrichtig, den Damen wieder üi be gegnen. Darf ich mich einen Augenblick zu Ihnen „Na, selbstverständlich." Esther war steif wie ein Stock. In ihrer Seele brannte di« Erinnerung an da» Ze-Hnpsennigstück, das sie gestern von dem da al» Trinkgeld erhalten hatte. Sah sie denn h«ute so anders aus? Gestern hatte rr sie doch nicht eines Blickes gewürdigt, und jetzt such ten seine haselnußfarbenen Augen mtt offenbarer Wiodersehensfreude die ihren. Diese unverkennbare Freude gab ihr indessen die beruhigende Gewißheit, daß kein Schatten eines Verdachtes in ihm aufstieg, pie Garderobiere vom Abend zuvor und das hier ge genwärtige Fräulein Frosenius könnten ein und die selbe Person sein. Auch sie war beglückt. Sie hatte im vergangenen Jahre so viel seiner gedacht, sich sein etwas strenges, bräunliches Gesicht mit der Hakennase ins Gedächtnis zurückzurufen. Ueber der eckigen Stirn hob sich kurzgeschorenes, hellblondes Haar m einem weichen Bürstchen. Das hatte sie damals so besonders jugendlich und reizvoll gefunden. Uebri- aens trug er schon den ersten Stern auf der Achsel klappe und konnte mithin nicht mehr so ganz jung sein. „Den Damen ist «s seither gut gegangen?" „3a", sagte Lene trocken. „Ihnen auch?" „Ich danke. Wie Sie sehen, bin ich noch ganz gut zusammen beieinand", scherzte er. „Schade, daß der Fasching vorüber ist, sonst könnten wir gleich unsere Tätigkeit vom vorigen Jahre wieder aufnehmen." Er sprach zu beiden, sah aber nur Esther an. Sie schien ihm heut« noch reizender, als er sie in Erinne rung behalten hatte. „Was für ein rassiges Mädel!" dachte er und nahm bewundernd von dem raschen Farbenwechsel in ihrem Gesicht Notiz. Ihr« offen kundige Befangenheit schmeichelte ihm ein wenig und regte seine Nerven prickelnd an. Er war keineswegs ein Schürzenheld, aber Frauenkenner und Schönheits sucher, und er besaß Temperament. Sie hatte einmal einen starken Eindruck auf ihn gemacht, der indessen im Laufe der Zeit ein wenig verblaßt war. Jetzt, wo er sie wicdeffah, fielen ihm alle Einzelheiten ihres früheren Zusammentreffens ein. „Wissen Sie auch, gnädiges Fräulein, daß ich noch ein Andenken von Ihnen besitze?" fragte er, die Augen fest auf ihr Gesicht richtend, den Kopf ein biß chen zurückgeworfen, wie er das beim Sprechen zu tun pflegt«, und lehnte sich mit beiden Armen auf den Tisch näh zu ihr hin. „Wirklich?" sagte sie, obgleich sie es ganz gut wußte. „Ja. Sie trugen ein Pierettekostüm mit roten Ro setten und verloren «ine davon während des Tanzes. Di« steckte ich dann ein. Ich hab' sie noch." „Ach!" staunte sie, wieder nur ganz einsilbig, aber das verräterische Rot schoß ihr aus- neue ins Gesicht. „lltzd dann sagte ich, daß mir das kleine Ding ein Pfand dafür sein würde, Lag Sie mir auf dem nächst jährigen Künstlergenvssenschaftsfest mindestens vier Tänze aufheben sollten. Doch das habe ich nun durch mein Kommando leider versäumen müssen." „Sie steckten sich etwas weite Ziele, Herr Leutnant," warf Lene ein. „Im Fasching, wo ein Ball den andern drängt, hätten Sie die Verabredung schon früher zur Ausführung bringen können, als nach einem Jahre." ^ch muß wohl meine Gründe gehabt haben", tat er sie kühl und bestimmt ab. „In diesem Winter habe ich nichts mitgemacht", bekannte Esther unbedacht. „Sie hätten mich gar nicht gefunden, auch wenn Sie hier gewesen wären." „Wie kam denn das," „Es waren da allerlei Verhältnisse", gab sie hastig zurück. „Mein Onkel starb." „Ja so, Trauer. Das beoauere ich." Ein paar jung« Malerinnen, die zwischen Vormit tagsklasse und Abenoakt nichts mit sich anzufangen wußten, Bekannte von Lene, kamen in diesem Augen blick daher und setzten sich mit an den Tisch. Das schien dem Freiherrn nicht recht. Es lag ihm gar nichts Für Atelier, Baubureau und andere bessere ruhigere geschäftl. Zwecke sind Ecke Dre-duer und Salomoustratze tu 3. Mage tu d«r«eh««m Herr schaft!. Grundstück KL. 140 W Lods tL^ösköllö ALums mtt Aussicht nach dem Rabensteinplatz ganz oder geteilt zu vermieten. Nih. bei« HauSm. und L. Söder, Köntgstr. k, I , Tel. 4899. daran, denen vorgestellt zu werden. Auch Esther «mp. fand ihr Kommen als Störung. „Bleibst du noch, Lene?" fragte sie und erhob sich rasch. „Ick möchte jetzt keim." „Ich bleibe", murmelte jene, den Mund voll Schlagsahne, denn sie schleckte gerade ein Törtchen. „Aber genier' dich nicht." Haidek sprang ebenfalls hurtig auf und begleitate Esther bis zum Ausgang. „Sie haben sich wohl gewundert, daß ich damals sozusagen in der Versenkung verfchwaiÄ) uno nicht mehr den Versuch machte, Ihnen wieder zu begeg nen?" sagte er unumwunden, nun sie miteinander durch den Säulengana schritten, und lachte. „Doch so ein ganzer durchtrubelter Fasching hätte meinem Geld beutel die Schwindsucht gegeben, und ich hatte alle Ursache, den zu schonen. Da mußt« ich kurzerhand Schlug machen." Escher war keine große Menschenkennerin, sonst würde sie hieraus entnommen haben, daß bei ihm d«r Verstand das Gefühl überwog, und daß dieser junge Mann sich und sein Temperament fest am Zügel habe. Sie hövte indessen aus seinen Worten heraus, daß er in beschränkten Verhältnissen lebe, und daz brachte ihn ihr innerlich näher. Eigentlich dachte sie über haupt nicht nach, sondern genoß oas unsägliche Ver gnügen, neben dem eleganten stattlichen Offizier her- zugcken, dessen leichte lässige Bewegungen die des ge sellschaftsgewohnten Aristokraten waren. „Es ist hart, sich alles versagen zu müssen, wenn man jung ist", meint« sie aus ihrer eigenen Erfahrung heraus, und seufzte ein bißchen. ,,Nun, alles braucht man sich ja gottlob nicht zu versagen", erwiderte er heiter. „Aber aufrichtig ge standen, aibt es noch andere Werte für mich als Tanz und Fasching. Von einem guten Konzert z. B. habe ich ungleich mehr als von ernem Ball —, Len emen ausgenommen, auf dem wir uns zuletzt trafen." Er beugte sich dabei verbindlich vor und sah ihr eurdring- lich in die Augen. „Ich gehe dann in Zivil uno nehme einen Stehplatz. Das kann man sich öfter leisten als Tanzfeste mit Entree und sonstigen Zu- gaben." Wieder kam die peinliche Befangenheit über Esther, in dem Gedanken an den gestrigen Abend. „Sind Sie so musikalisch?" fragte sie beklommen. »Ich spiele Klavier, obwohl das nicht der Rede wert ist. Doch ich lieb« Musik passioniert. Wenn ich Beethoven höre oder Brahms, vergesse ich alles dar. über, uno bin blind uiu> taub für alles andere. Sagen Ihnen di« beiden auch etwas?" „O natürlich. Ich habe nur noch so wenig gehört." „Also gehen wir einmal zusammen in irgendein schönes Konzert. Ja?" „Jetzt wird er nach meiner Adresse fragen", dachte sie entsetzt, und stieß fast atemlos hervor: „Vielleicht. — Später mal. — Gelegentlich sehr gern." Und dann verabschiedete sie sich schnell und lief hinaus, ehe er noch einen bestimmten Vorschlag hatte machen können. Draußen kam ihr das Gefühl, sich dumm und al bern benommen zu haben, und vor allen Dinyen langweilig gewesen -u sein. Nun, das ließ sich nicht mehr ändern; vergnügt war sie doch, und jedenfalls wollte sie jetzt ins Leihhaus laufen, um ihr gutes lila Kostüm auszulösen, das mit dem runden weißen Spitzeneinsatz am Hals. Das mußt« sie unbedingt wieder Haven. Es kam ihr vor, als brauche sie niches dringender. Professor von Bertoldi machte große Augen, als sein sehntichst erwartetes Modell rn dem schönen dunkelvioletten Gewände antrat. Esther erschien ihm heute, gut gekleidet, viel damenhafter als gestern. Sein Benehmen nahm demzufolge auch eine respekt vollere Nuance an. Das gab ihr sofort ein Gefühl größerer Sicher heit. Fast meinte sie schon, daß sie es fei, die ihm ein« Gefälligkeit erwies. Und während er die Farbenskizze begann, und sie ihr düster verheißungsvolles Lächeln an die Gliederpuppe verschwendete, ging ihr allerlei durch den Sinn. Gestern hatte sie vergeblich an sein mitleidiges Herz zu rühren versucht. Wie, wenn sie nun trachtete, die Sitzungen so unterhaltend zu gestal ten, daß er Gefallen daran sand und dieselben später ungern aufgab? Dann bot er es ihr vielleicht ganz von selbst an, sie in seinem Atelier unter seiner Kor rektur arbeiten zu lassen. Er mußte ihre Gegenwart eben als Annehmlichkeit empfinden. Aber ne war nicht gewandt, nicht erfickoerisch genug für solche Ge- fchicklichkeitsexperimente. „Fabelhast, wie Sie den Ausdruck zu treffen wissen!" sagte er in die lange Stille hinein. „Man sollte meinen, Sie brüteten unter diesem rätselhaften Lächeln Gott weiß welchen Plan gegen die unselige Puppe aus." — Er lachte behaglich.
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