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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.07.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120710023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912071002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912071002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-10
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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Sein s. Nr. Z4S. ics. I-chrgsng. Vie lloljsiisteiibemegung in Portugal. Ueber den Kampf zwischen Royalisten und Republikanern, der gestern bei CH ave, statt- gefunden hat, wird weiter au, Lissabon gemeldet: Die Royalisten verwendeten bei ihrem Angriff auf Cbaves Schnell ieuergeschütze. Eie verwundeten vier Offiziere und töteten sechs Soldaten, während sie selbst zahlreich« Tote und Verwundete hatten Die republikanischen Truppen wurden bei ihrer Rückkehr von der Verfolgung de» Feindes mit Freudenkundgebungen empfangen. Ferner wird gemeldet: Etwa 150 Rovalisten der gestern im Norden von Thave» geschlagenen Abteilung haben sich der Militärbehörde ergeben. Eine Kompanie Zn. fanterie versuchte die Gemeinde Caboceira» d« Bastoz anzugreifen, wurde aber von den Ein wohnern zurückgeschlagen. Jetzt wird das Dorf von einem Infanterieregiment belagert. Der Marincleutnant Manual Albert Sc ar es, der al, Verschwörer festgenommcn, kürzlich aber frei, gesprochen worden war, wurde in dem Augenblick, wo er in rin Hotel am Rocioplah in Lissabon zu flüchten suchte, von einem Carbonari durch vier Revolver schüsse getötet. Der Carbonari wurde verhaftet- Spanische Kommentar«. Aus Madrid wird über die Bewegung der portugienichcn Monarchisten gemeldet, man sei da selbst überzeugt, das, der Versuch nur unternommen' wurde, um die Verwendung der von Monarchi« stisch en Kapitalisten h«rgeg«benen Geld, summen zu rechtfertigen. Die portugiesischen Ausrührer seien zweifellos von den Karlisten unterstützt worden. Die Tatsache, Las, die portu giesischen Monarchisten mit Waffen ausgerüstet waren, die aus den Fabriken von Toledo und Oviedo stammen, sei damit zu erklären, das, diese Fabriken die Besteller für Vertreter einer amerika nischen Republik hielten. Vie KiMämme suk üem Kriegspksüe. Aus Tetuan wird gemeldet, daß eine Reihe von Verbcrslämmen eine grone Natsverlammlung in Ain Hedjal avgehalten Haven, um üver Maß- nahmen gegen den Stamm der Beni Sedjil zu be- raien, die in sinnloser Art und Weise ihr Stammes- gebict au Fremde verkauft haben. Die Berber sind gegen diesen L:amm auszerordentlich aufgebracht, la sie fürcknen. das; in di« verkauften Gebiete immer mehr Ungläubige kommen werden, die nach Berg werken und anderen Schätzen des Erdreiches Umschau hatten werden. Zwei Männer vom Stamme der Beni Sedjil, die sich in die Versammlung «inge- schttlhen hatten, wurden ergriffen und mit glühenden Eisen geblendet. Man fürchtet in kurzer Zeit einen Rachezug fast aller Riffstämme gegen die Beni ' Sediils. Die Lage in Marrakesch. Briefliche Mitteilungen aus Marrakesch vom 7. Juli besagen, daß die Lage dort ernst ist. Di« leipziger Tageblatt t Kd«n-au»gad« i Stadt ist von aufrührerischen Stämmen umgeben. Dir Europäer haben sich in ihren Wohnungen ein- geschlossen. Vor der Abdankung dr» Sultans. Di« Londoner ..Times" meldet au« Tanger vom 9. Juli: Nach allgemeiner Annahme steht die Abdankung de» Sultan» Muley -afid unmittelbar bevor, »ad es gilt al« sicher, daß sein Bruder Muley Znsies zum Sultan proklamiert werden wird. Maley Hasid »ird seine« Aufenthalt in Tanger nehme». erfreulichen KürM. Zn vier Paragraphen wird alle, gesagt, wa» zur Ergänumg der ver,chiedenen mili tärischen Veriorgungsaesetze notwendig ist. Di« An gehörigen von Peer, Marine und Schußtruppe, die in Ausübung d«s Lustfahrdienstes infolge der hier eigentümlichen Gefahren ein« Dienstbeschädigung erleiden, erhalten neben der Pension noch ein« Luftdtenstzulag«. Diese Zulage wird auch neben der Kriegs, und Tropen zu läge gewährt. Die Hinterbliebenen dieser Märtyrer der fünften Waffe werden versorgt wie di« Hinterbliebenen der im Kriege Ge. fallenen. Da» Gesetz ist gestern in Kraft ge treten. Do, deutsch-französische Abkommen vor den spanisch«« Sorte». Paris. 10. Juli. Rach einer Blättermeldung aus Madrid habe Canalefas im gestrigen Mtnisterrat an gekündigt, das, er den Cortes bei ihrem Wieder zusammentritt im Oktober das deutsch-französische Avkommen vorlegen werd«. Sok- unü perlonalnachrichten. * Der Kaiser hat kurz nach 8 Uhr an Bord der „Hohenzollern" unter dem Sälut der Festung Swine- münd« die Norolandreise anaetreten. Ms Begleit schiffe dienen der Kreuzer „Breslau" und das De- pcschenboot „Sleipner". * Die Kaiserin, Prinz Oskar und Prin. zessin Viktoria Luise trafen heute früh um Uhr in Wilhelm-Höhe ein. Auf dem Weg vom Staatsbahnhof bis zum Schloß hatten viele Tausende sich aufgestellt, die der Monarchin begeisterte Ova tionen darbrachten. * KönigFriedrich August kam heute von Wachwitz in» Rosideiqschlog und nahm daselbst mitt- tärische Meldungen sowie die Vorträge der Staats minister und die Rapport« der Hofftaaten «ndgeaen. Freitag, den 12. Juli, wiüd der König, wie schon gemeldet, ein« Landesreise nach Annaberg unter nehmen. Am Abend desselben Tages wird sich der König mit den Prinzensöhnen und PrinAestinnen- töchtern um 8,08 ab Dresden Hauptbahnhof zu drei- wöchigem Aufenthalt nach dem Seebad Jutst be geben. — Der Kronprinz wird mit einem Herrn seines Gefolge» den König auf der Reis« nach Anna, berg begleiten. * Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Kiderlen-Wächter feiert am 10. Zuli in Kissingen seinen 60. Geburtstag. * Der seitherige Vorsitzende des Lan. despensionsverbander sächsischer Ge meinden, Bürgermeister Goldammer-Ge. ringswalde, hat sich mit Rücksicht auf seine beruf, lichen und ehrenamtlichen Verpflichtungen veranlaßt gesehen, das Vorstandsamt niederzulegen. Bürger meister Dr. v. W o y d t - Schneeberg hat den Vorsitz übernommen. Deutsches Reich. Fürsorge für militärisch« Luftfahrer. Berlin, 10. Juli. Im „Reichsanzeiger" wich jetzt das vom Reichstag und Bundesrat genehmigte Für» sorgegesetz für militärische Luft, sah rer veröffentlicht. Das Gesetz ist von einer be- Wintera«»landsreisea der vier Echulkreuzer. Kiel, 9. Zuli. Zm weiteren Verlauf ihrer be reit» im Juni angetretenen Auslandsreisen, die erst im März 1918 ihren Abschluß finden werden, sollen im kommenden Winter, wenn nicht außergewöhnliche politische oder sanitäre Umstände dagegen sind, wie der zwei Kreuzer in, Mittelmeer einlaufen, und zwar sind hierfür die „Hertha" und „Vineta" be stimmt worden, während „Hansa" und „Viktoria Luise" zu Kreuzfahrten nach den Ostküsten Amerikas dampfen iverden. Zm vergangenen Winter nahmen alle vier Schulkrenzer in den amerikanischen Gewäs sern Aufenthalt. vom rote» Parteitag. » Leipzig, 10. Juli. Die Aenderung des sozialdemokratischen Organisation» st atu ts beschäftigt« die Sozialdemokraten Leipzig» in einer gestern abend im Volkshause abgehauenen Versammlung, in welcher Herr Lipinski al» Mit- glied der vom Jenaer Parteitage gewählten Kom mission zur Ausarbeitung einer Vorlage zur Reorga nisation der Partei die bereit» der Oeffentlichkeit unterbreitete Vorlage eingehend erläuterte. Nach ausgiebiger Debatte beschloß die Versammlung, den Antrag zu stellen, den Parteitag 1918 in Leipzig abzuhalten. Di« Errichtung von Sonderau»schLsse» für Gärtnerei bei de» Landwtrtschastskammern. Wie man un« schreibt, dürft« da» preußische Mi- nistrrium für Landwirtschaft bereit» in nächster Zeit an Vie Landwirtschaftskammern die Anweisung er- geben lasten, Sonderausschüsse für Gärtnerei «nnzu- richten. Ursprünglich waren bekanntlich die Wünsche der Handelsgärtner auf die Einrichtung eigener Dartenbautammern gerichtet. Es wurden deswegen von der Regierung statistische Erhebungen über die Gärtnerei anaestrllt, die -u dem Ergebnis führten, daß der Minister für Landwirtschaft im vorigen Jahr di« Errichtung von Gartenbaukammern endgültig ao- lehnte. Bet dieser Gelegenheit wurde aber bereits die Zusage erteilt, daß bei den Landwirtschaftrkain- mern besondere GartenbauauSschüss« errichtet werden sollten. Damit würde endlich die Unsicherheit besei- ttgt, dir heut« noch immer über Vie Zugehörigkeit der Handeisgärtner zum Gewerbe oder zur Landwirt, schäft besteht. Die Regierung steht aus dem Stand- punkt, daß di« Gärtnerei, soweit sie produziert, zur Landwirtschaft zu rechnen ist; ein Standpunkt, der indessen bisher von den Landwirtschaftskammern nicht allgemein geteilt wurde. Das Gesetz über die Errichtung von Landwirtschaftskammern biete die Handhabung, die berechtigten Wünsch« der Gärtner zu erfüllen, di« dahin gehen, hie Gartpnbauauo- schüfst bet den LandwirtschastskLmmern nm besonde ren Befugnissen ausyugeftalten, also mit eigenem Wahlrecht und mrt eigener Beitrag». Pflicht. mumm», lv. IllU ISlL Weiter« Vermehrung der Ba»mn»ollftattone» t» de« Kolonien. Berlin, 9. Juli. Außer den bereit» bestehenden Baumwollstationen we?o«n in den Kolonien — zuletzt war die Station Vamum in Kamerun errichtet wor den — noch drei weitere Baumwollstationen ins Leben treten, ote sich auf Kamerun und Ostafrika ver- teilen. In erster Linie soll bei Earua in Ada- mauaim Norden Kamerun» eine solche Sta- tion ihren Platz finoen, so daß sich dann in dieser Ko lonie zwei Baumwollstattonen befinden würden. Fer. ner sollen die Baumwollstattonen in Deutschostajriko eine Vermehrung um 2 erfahren, von denen di« ein« im Bezirk Lindi an der Cüoküste und die andere im Bezirk Muanza am Viktoriasee begründet werden sollen. Ostafrika, das zuletzt cm Bezirk Tabora eine dritte Station erhalten hat, würde dann im ganzen 5 Stationen besitzen Voraussichtlich wird die neue Station in Kamerun und die im Bezirk Lindi in Ost afrika noch in diesem Jahre eingerichtet werden, während die oritte erst im nächsten Jahre begründet werden soll. In Togo bestehen einschließlich der neuen Vaumwollstation im Bezirk Misähöhe 3 Stationen, so daß unsere Kolonien in absehbarer Zeit im gan zen 10 Stationen zählen würden. Äuslsnü. Oeltrrreich-Unflarn. Di« Neubewaffnung der österreichischen Artillerie abgelehnt. Wie», 10. Juli. Wie die „Neue Freie Presse" erfährt, hat der gestrige gemeinsame Mini- sterrat nach Genehmigung der ordnungsgemäßen Forderungen der einzelnen Ministerien die Forde rungen der Heeresverwaltung betr. di« Neub«. waffnungder Artillerie für 1918 abge« lehnt. Die Forderungen scheiterten an dem Wider spruch der Vertreter Ungarns. Frankreich. Di« Flottenreorganisation. Paris, 10. Juli. Nach einer anscheinend offiziellen Meldung hat gestern und vorgestern unter dem Vor sitz Delcasts, eine Sitzung de» höheren Marinerats stattgefunden, in der u. a. die Pulverfrage und der Typ der tm Jahr« 1918 zu erbauenden Panzerschiffe erörtert wurden. Diesbezüglich wurde insbesondere der vom Bauausschuß erstattete Vorschlag geprüft, die schweren Geschütze in drei Panzertürmen unter, zubringen. Lutzland. Wechsel i» ver italienische» Diplomatie. Petersburg, 10. Juli. Der italienische Botschafter Mele gart verläßt Petersburg. Gr wird tm Sep. tember sein Abberufungsschreiben über- reichen. England. Die Seemacht im Mittelmeere. London, 10. Juli. Nach dem „Daily Telegraph" steht zu erwarten, daß das Flottenprogramm, das Minister Churchill am 18. März angekündtgt hat. eine gewisse Revision erfahren und daß die eng. tische Seemacht tm Mittelmeer nach Beendigung der Manöver wieder in beträchtlicher Stärke ver- treten sein werde. Italien. Bistolati «s der sozialistischen Partei «»geschlossen. Reggio »eL'Smllia, 10. Juli. Der Kongreß der Sozialist«» nahm eine Tagesordnung der LrM - .llusltellnng LMelüorf. i. Gewissermaßen als «ine Spezialität betreibt die erfolgreich schöne Rhcinstadt, die Stadt des Mosterts uno oer berühmten Maler, heute ihre Ausstellungs- veranstattungen, etwa wie Nürnberg in Lebkuchen macht, wie Teltow in Rübchen und das große heilige Köln in simplem Wasser. Man wird sagen, warum auch nicht?! Alles in unserer Zett „spezialisiert" sich, unü die großen Erfolge des verflossenen Jahrzehnts dränge» die Düsseloorfec Unternehmungslust ge radezu aui dieses Sondergebiet. Man hat in ihm Routine bekommen, jenes oft bedauerliche einseitig« rönnen, Sav aus allen Ecken und Enden unseres u itlschas.lichen Lebens hervorlugt uno nichts anderes als ein w chlger-a'.encs Kind eben des Spezialistentums der heutigen Zeit ist. Man muß aber lagen: Mit der Routine kam hier wieder eine Ausstellung zu stande, die es verdient, den Sommer über das Ziel vieler Tausender zu werden, eine Ausstellung, die der An-egungen in unglaublicher Fülle bietet und von der die berufenen stellen zu neuer Arbeit neue Im pulse empfangen können und werden. Nach einem eräen olxrslächttihen Rundzange drangt sich uns dies auf, wenn wir auch wieder das Gefühl nicht los sind, weniger wäre vielleicht mehr gewesen, und wenn auch vieles sich verdrängt, das ich in seiner Wesensart auch mir einer ganzen Portio» girren Willens mit einer Siädte'Aus tellung nicht in Einklang zu bringen vermag. In der im rechten Teil de» vorderen Palastes nntergebrachten Gruppe der Hochbauten (Rathäuser, Verwaltungsgebäude, Museen, Theater, Kirchen, Smulen, Warenhäuser, Bahnhöf« usw.s prunkt üi« überhaupt stark vertretene Stadt Aachen mit dem Modell ihres alten schönen Rathauses, dem man freunonachbarlich das neu« Stadthaus von Ober hausen. ebenfalls ein Modell, beigesellt hat. Die riesenhaften, ebenfalls im Modell gezeigten Zustiz- nenbaulen der rheinischen Metropole zeigen die fis kalische Bauweise immer noch im Konservativ««: frontal und im praktischen klaren Grundriß mag die Wirkung noch angehen, -anelnm aber drängt sich un- abwendbar das Gefühl des Düsteren, Schweren, des Kasernenhasten au?. — Nehmen wir noch d«n in einem der vielen Nebensäle befindlich«» Essener Ler- waltunasdau von Kreis (Emscher-Genostenschcrsts hinzu, so haben wir schon genügend Gegensätze, doch sind diese gar so unersreuttlijer Natur, es sind für uns nur die Gegensätze des Werdens, und vorherr schend haben wir oas frohe Gefühl einer au» dem Garen sich gebärenden Reife. Daß auch die Industri« sich o«n Anforderungen der Aelthetik in unserer, o«r Schönheit sich wieder zuwendenlxn Zeit, nicht verschlossen zeigt, beweisen un» «ine ganze Reihe von Kochdauten, insbesondere die Beh^enschen für die A. E^G . unter denen be- sonders die Turbinenfa d r i k in ihr«n mastigen Flächen zyklopisch wirkt. Auch «rm^ Wasser, tu r in e zeigt man hier, die den denkbar brgen Be weis dafür erbringen, daß sie als «in« Verschönerung de» Stadtbildes bestehen können, nicht aber, wc< l«i- der bis auf d«n heutigen Tag in oer Regel, al» »in« Verschandelung diese» Bildes hrngesetzt, zu warten brauchen. Die Kruppsche Verwaltung glänzt mit Alfrekshof -,n, besonderen. Schade, dag hier nicht ein Gegenbeispiel in einer d«r alten Kolonien gezeigt wirb Es wäre nur zum Ruhme für die heutige Gx „eration gewesen, di« mit Alfrcdshof geradezu Un übertreffliches geschaffen hat. Bei den massenhaft aufgestellten fiskalischen Bauten spürt man übrigens allenthalben den neuen Geist: man scheint auch hier sich anzuschicken, neu« Wege zu suchen, hängt aber offenbar noch zu sehr am Ueberttsftrten, um zwischen diesen und den neuen Forderungen kurzerhand da» Tischtuch entzwei ru schneiden. Beweise für diese zwiespältige künstle- rische Seele in den Kal. Bauämtern haben wir in lehrreicher Füll« zur Hand. Da hängen Bilder der Empfangsgebäulichkeiten de» n«uen Hagener Bahn hofes, di« keine rechte Freude aufkommen lasten. Die Znnenräume und unter diesen der groß« Sveisesaal im besonderen, wirken zu verwirrend. Gleich in der Nähe Photographien des Empfangsgebäude» eine» Bahnhofe» in Bcrg.-GlaÄbach, da« in seiner Intimi tät, besonder» in der prachtvollen wohltuenden Ruhe, in der Linienführung der gesamten Innenausstattung ein kleines Juwel genannt zu werden veroient. Neben so vielem mehr oder weniger Erfreulichem ist es dann aber unglaublich, woher manche Städte oen Mut genommen haben, chre wohl noch au» der schrecklichen Periode der 00er Jahr« berrührenoen Bauten, die den Gipfel des Geschmacklosen ia Häß lichen und ästhetisch völlig Unmöglichen erklettern, in die Ausstellung zu bringen. Weiß man in diesen Gemeinwesen nicht, wie sich seit langem draußen neues Leben regt?! Da sind beispielsweise einige Schlachthäuser unü beson ders das einer mittleren westfälischen Stadt, das architektonisch mit da» Unbeholfenste, Lächerlichste darstellt, was mir je vor Augen gekommen, und da neben Schulbauten, Bauten sage ich, bei denen der berüchtigte Ausdruck „Dau" alles oesagt. Den Kindern muß es vor Liesen Steinkasten wahrhaftig grauen! — Vielleicht aber beabsichtigen die betreffen den Verwaltung«« zu demonstrieren, ,,wi« man es nicht machen soll", und möglicherweise sind ihre Bil der al» abschreckende Gegenbeispiel« gedacht, bei spielsweise zrr der Frankfurter Schulhausgrupp« am Kuhwald, gewissermaßen, um diese großzügigen und bis in die Detail» liebevoll durchdachten Anlagen erst ins recht« Licht zu setzen?! Und daß nicht nur der große Geldbeut«! oas Schöne in Pacht genommen hat, des zum Beweise kommt ein kleine» Nest wie Buch mit einem wirklich erfreulichen Schulgebäude. Erwähn« ich noch die einen großen Raum füllende Ausstellung der wohl in jeder Hinsicht einzig da stehenden Provinziarheil- und .Pslegeanstalt, einer kleinen Stadt von Bauten nach dem Dezentralisie- rungsprinzgp, einer Anlage, die so in seder Linie von durchaus modernen Ideen getragen ist, daß mair sich lange gegen die Tatsache sträubt, hier ein fiskalisches Werk vor sich zu haben, erwähne ich diese noch, so fit in großen Zügen die Gruppe der Hochbauten ge geben. Bei der Maste oe» Gebotenen — nahezu <00 Bauten sind untrrgebracht — ist ein Eingehen auf Einzelheiten unmöglich und man freut sich wenn man weiterkommt. nach der Gruppe de» Städtebau«», von der ich in meinem nächsten Briefe einige» berichten werd«. 8. L. Im Sample mit üer Sitze. <5 „O säß' tcb doch im Feuerlandl" So mag mancher mit bem Dichter ausrufen bei dieser Glut, die sich pünktlich zur Sekunde zur selben Znt wie im Vorjahre etnstellt. Es klingt paradox, sich nach den» Feuerland zu sehnen, und doch find jene Feuer- länder augenblicklich weit glücklicher dran, als wir armen kultivierten Europäer, die wir unter den glühenden, alle» versengenden Sonnenstrahlen lechzen. Am heimischsten fühlen fick augenblicklich in unserer ReichShauptstrdt die Indier von Hagen- becks Völkerschau. Nachdem sie uocb vor nicht allzu langer Zeit inständigst um erwärmende Oeien ge beten hatten mrd vor Kälte schauerten, erstrahlen jetzt iH-e Gesichter in größter Freude; sie fühlen sich tn ihre Heimat zurückversetzt. Aber gibt eS denn keine Mittel, sich gegen die furchtbare Mörderin Hitze zu wehren? O ja! es gibt deren genug: aber eS gibt auch genug AnstandS- regeln, die seit alter» den Menschen vorschreiben, in stveng konventionellen Kleidungsstücken fick sitt sam auf der Straße zu bewegen. Zwar trägt man im Sommer einen Paletot weniger als tm Winter, auch sind vielleicht die Kleidungsstücke ein wenig dünner; aber der gewöhnliche Durchschnittseuropäer schlägt sich doch noch immer mit den traditionellen Röcken, Westen, Hosen usw. selbst bei den glühendsten Sonnenstrahlen mühselig durchs Dasein. Ja, die Damen haberrö gut, und mancher Ehemann rechnet einer Frau -u Hause vor, wie gut sie e» in ihrer stllen, leichten Bluse hat, die im Vergleich zu einem Rock und seiner Weste kaum noch als Klei dungsstück gelten kann. Aber anstatt z» wettern, sollte er lieber zuerst „Hand an sich legen" — natür lich nur bildlich! —, mrt der traditionellen Kleidung brechen und kurzerljand in Henrdärmeln den Weg durchs Dasein — wenigstens in den Tagen der Glut hitze — wandern. Der Gedanke ist gar nicht schlecht, den vor einigen Jat-reir — ich glaube, ein Däne war'S — zum erstenmal in Europa öffentlich auS- zusprechon wagte. Der Kühne macht« den Vorschlag, einen Hemdärmelbund zu gründen, und er be gegnete in seinem Aufruf« allen Einwendungen da durch, daß er eine höchst kleidsame Hemdhosen tracht für Herren allen Ernstes in Anregung brachte. Aber leider hat diese Tracht niemand an- gencmunen. Ls war ein guter Gedanke, aber der Mut, ihn in die Praxis umzusetzen, fehlt doch fast allen Männern. Denn welclj« Gelfeunnisse könnten da zutage treten! Die Schneidcrkunst vermag ja doch so vieles zu ver bergen, und mancher, der jetzt Erfolge auf Erfolge einheimst und ziveiselloS die schickste Figur im ganzen Lande hat, würbe elend und kläglich in der Henrdtwsentracht an den Häuserwänden entlang fchlei- ck>en, um den Blicken seiner früheren Bewundcrinnen zu entgehen. Solange also nocb die Eitelkeit bet unserer Kleidung ein aut Teil, vielleicht sogar den größten Teil, mitjprtcht, so lange wird auch der Mann in seiner DummlM lieber die größte Hitze ertragen, als sich auf die einfachste Art und Weise Erleichterung zu verschaffen. Wir Armen klagen sckfo-n, wenn die Quecksilberkuvpe des Thermometers 25 Grad überschritten hat und langsam, aber sicher Miene macht, l^öher und höher zu steigen! Aber geradezu ein kühlender Wind muß un- um die Ohren weben, wenn wir lesen, wie der Afrtkareisende RohlfS bei der tripolitanischen Gluthitze genötigt war, feinem Hunde — Sandalen unterzrüiindeu; denn der Boden war nicht weniger als 70 Grad heiß. Uoberhaupt sind in einer ganzen Reihe von Großstädten, wo doch die Menschen auch leben, Temperaturen von 40—45 Grad im Schatten zwar nicht« Gewöhnliche», ober auch nicht gerade so etwa» AußergowShnliche». Kairo, Bagbad, Rio de Ja neiro und ein« gcmez Anzahl anderer „erfreuen" fick dieser „angenehmen" Hitze alljährlich an einer ganzen Reihe van Taaen. Aber bet diesen großen Hitzen fällt doch ein Umstand schiver in- Gewicht: je nach dem Feuchtigkttlsgel-alt der Luft läßt sicb die Hitze schwer oder leichter ertragen. Wenn wir daher in einem amtlichen Berichte de» amerikanischen WetterbuvvauS in dem berüchtigten Death Valley > (Kalifornien) auS dem Jahve 1891 lesen, daß, obwohl 5 Tage htnteveinander das Thermometer nachmittags auf mehr als 50 Grad tm Schatten stieg, die Hitze durchaus nicht unangenehm empfunden wurde, so lag daS voeifello» an der großen Trockenheit der Luft. Ueverhaupt sind wir tn Europa und insbe sondere im Durchschnitt in Deutschland ziemlich günstig in bezug auf Hitze und Hitzwellen gestellt. Die groß« Httzwelle, die rm Vorjahre so schrecklich flauste, war in Amerika von einer beispiellosen Heftigkeit. Die amerikanischen Städte waren da mals wahre Höllen, und von einem Verkehr und wirklichen Geschäftsleben konnte aucb nicht die Spur in den Straßen bemerkt werden. Langsam, auf da» äußerste ermattet, schleppten sich die Menschen, die de» täglichen Brote» wegen sich auf die Straßen hinauswagen mußten, in den Gchattenstreifen ent lang, und auf den blendenden Asphaltflächen sah man, baß di« Räder wie im weichen Sande tiefe Spuren hinterlassen hatten. Und wenn man ein mal Menschen sah, dann glaubte man bei einem Naturvolks zu sein. Diese vernünftigen Amerikaner — zweifello» sind sie hierin vernünftig! — sahen mit Recht nicht- Anstößiges darin, wenn die Herren in der Gluthitze Rock und Weste zu Hause lassen und dazu noch dre Hemdärmel auskrempeln. Je weiter man die Stufen- leiter der Gesellschaft hinabsteigt, desto geringer wurde die Aiuaht der Kleidungsstücke, und — sogar Badehosen sollen als einziges Kleidungsstück nicht verschmäht worden sein. Einer schier unglaublichen Beliebtheit erfreuten sich damal» die Kirchen. Di« Gläubigen haben aber wohl nicht um besseres Wetter gebetet, wie Spaßvögel zu erzählen wußten, son dern sie strömten herbei, um die erfrischende Kühle zu genießen. Aber auch in den Kirchen ist e» manch mal heiß, und so kann man jenem Berichte von einem Prediger wohl glauben, der seine Predigt mit den Worten begann: »Geliebte Brüder! ES ist l>eiß! Geliebte Brüder! LS ist sehr heiß!" Und als alle mit dein Kopfe nickten, soll er den Mut gehabt haben, eine Abstimmung zu veranstalten über die heikle Frage, ob er seinen Rock auSziehen und in Hemdärmeln seine Rede vom Stapel lassen dürfe. Großen Zulauf haben in Amerika aucb im Sommer die Zeltstädte, die in den Parks au» dem Boden wachsen, und wo man schon für fünf Dollar wöchentlich sich ein kühle» Heim mieten rann. Aber wenngleich alle Menschen unter der Gluthitze seufzen, wenn die Arbeitskraft fast aller erlahmt, so gibt es doch auck eine Zunft, für die die HundStage geradezu unerschöpfliche Quellen bedeuten. ES find di« Dichter! Bekanntlich hat man von der Dicht kunst gesagt, daß sie ein „holder Wahnsinn" sei und dem Wahn der Kranken nicht allzu fern stehe. Da nach den Aussprüchen hervorragender Psycbta- ter gerade in den heißesten Monaten die stärksten AnSorüct)e von Nerven- und Geisteskrankheiten er folgen, so kann man verstehen, daß jetzt die Schaf- fenSzeit der Dichter und Dichterlinge einfetzt. Und auck geschichtlich steht fest, daß die günstigsten Augen blicke genialen Schaffen« für Dichter, die verschied», neu Völkern anaehörten, wie Dante, Lamartine, Goetlje und Schiller, in die wärmere Jahreszeit, d. h. Juli und August, fielen. Ja, Giordano Bruno, dec große Philosoph, verfaßte seinen Eandclajo (Leuchter) 'M Juli, und in seiner geistreichen Vorrede schreibt der Verfasser das Entstehen des WcrkeS geradezu „der Wirkung jener brennend heißen Tage und Stunden zu, die man die HundSzeit nennt.
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