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BezugS-Preii «ar Leipzig und Vorort« durch unser« Trager und Soeditrur« 2mal tätlich in» vau» „«bracht: « VI. monatl.. L7U »lk. vieiteliadrl. B«i unsrrn Filialen u. An- uahmestellen abaehoU: 7s Pi. monatl- r^S Mk. viert,lstihrl. »vrch die Pos»; innerhalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vierteliährl. ».SU Mi., monatl. t.AI Alk. au»fchl. PoslbesteUaeld. Ferner in Belgien. Dänemark, den Donaustaaten. Italien, Lu;emburg. Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn, Ruhland, Schweden und Schweiz. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die LeZchäsU- stelle des Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich, Sonn- u. Feiertag» nur morgen». Üldonnem«nt»-Annahm«: Iohannisgass« 8, bei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Etnzelverkausopret» 10 Pf. Morgen-Ausgabe. Handelszeitung. (14884 tF a» f Dep.-Xasl« Grimm. Sleinweg 6. UM Amtsvkatt des Rates und des Volizciamtes Ser Stadt Leipzig. 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Dss WiltNigite. * Nach Konstantinopeler Meldungen soll das gegenwärtige türkische Ministerium den Charakter eines Uebergaugskabinctts haben und demnächst einem Kabinett Kia- mil-Pascha Platz machen. (S. bes. Art. L. ) * Die Lage in Nordalbanien ist sehr ernst. (S. des. Art. S. 2.) * In Dresden hat eine Frau ihre bei den Kinder und sich selbst vergiftet. Aus Lachsen S. 3.) * Theateranzeigen siehe Seite 12. Allzu Türkilches. Aus dem Wege zur Erkenntnis. Tas Schicksal des Reiches kann uns nicht Hekuba sein, in dem wir eine Milliarde stecken haben. Cs könnte uns höchstens trösten, daß Frankreich dort viermal so tief drinsteckt. Aber unser welscher Rivale hatte da drunten, wo sich die Herrschaften wieder einmal die Schädel blutig schlagen, nicht mehr viel Neuland zu erobern. Wir aber standen erst am Anfang der Entwick lung. Wir hätten mit der Zeit den Welschen und seinen Lord Protektor aus dem Sattel heben können. Es wär' zu schön gewesen. . . Dürfen wir uns beklagen, daß es anders kam? Seien wir ehrlich, seien wir endlich ehrlich! Wenn wir auch schon von den alten Griechen her wissen, daß Selbsterkenntnis das schwerste Ding im Leben ist, so sollten wir uns trotzdem nicht abhalten lassen, einen schüchter nen Bersuch in der Ausübung dieser seltenen Kunst zu machen, und, falls er mißglückt, uns in der Erkenntnis der andern, in diesem Falle der Türken, dasjenige Maß aneignen, das uns vor neuen Enttäuschungen schützt. Unser Ver- trauen in alles, wa- türkisch heißt, war zu groß und zu kindlich. Eine der Hauptillusionen war der Glauben an die staatsretterische Kraft der Türkei. Seit dem die Jungtürken das Heft in den Händen hatten, war es allgemach zum Axiom gewor den, daß die Wiedergeburt des Reiches Tatsache wäre. Leider war nur der Wunsch Vater des schönen Gedankens. Den Beweis für ihre Staats kunst blieben uns die Herren von Anfang an schuldig, ob sie sich nun Said oder Schcfkct oder Kiamil oder Hilmi oder Gott weiß wie nennen. Wer will gegen sie den ersten Stein erheben? Aostra culpa, nostra maxima culpa! Unsere Ver blendung hat uns gehindert, klarznsehen, daß die unterschiedlichen Paschas, für die wir uns mehr oder minder begeisterten, je nachdem sie deutsch- oder cnglandsreundlich gelaunt waren, immer den Gegenbeweis für das lieferten, was uns zur Bewunderung hinreißen sollte. Sie trieben polnische Wirtschaft. Im günstigsten Falle könnte man die Jungtürken eine Gesellschaft von Edelanarchisten nennen. Die Art, wie sie ihre letzten Kammerwahlen ver anstalteten, hätte uns die Augen aufreiheu müs sen. „Und willst du nicht mein Wähler sein, so schlag ich dir den Schädel ein!" In der Türkei unten mag man solch summarisches Berfahren, eine Majorität aus dem Volke zu pressen, Kon— sti—tu—tion nennen. Wir oben aber hätten uns bekreuzigen und den braven Abdul Hamid als Kronzeugen anrufen müssen, daß das Tollhaus treiben zu seiner Zeit auch nicht ärger war. Wenn jetzt verfassungsfeindliche Dunkelmänner mit dem Zeigefinger nach dem Orient hinwei send sagen: Seht die Früchte! so können wir uns nicht entschuldigen und sagen: Vor miß? bräuchlicher Anwendung der Verfassung haben wir die Türken gewarnt. Gestehen wir es nur: wir freuten uns mit ihnen wie die Kinder über ihre Siege auf dem Wahl- und auf dem Schlacht feld. Wir lebten mit ihnen in einem ständigen Rausch. Der Wahn ist kurz, .... Wenn der Türke unser Freund >var, warum in aller Welt haben wir ihm nicht, wie es Freundespflicht ist, die Wahrheit über sein Beginnen, seine Lage, seine Zukunft gesagt? Warum mußten wir ihm immer schmeichelnd um den Bart gehen? Hielt uns Furcht oder Ge schäftsinteresse oder beides zurück, wahr gegen über dem Freunde zu sein? Oder sollte wirklich ein eklatanter Mangel an Erkenntnis über die Lebensbedingungen des Ottomanenreiches vor gelegen haben? Als die Römer frech geworden» und ganz Europa allein schon durch die bloße Form ihrer Kriegserklärung beleidigten, da standan wir vor der Alternative, entweder Italien ein energi sches Laucks okk! zuzurufen und unsere „schim mernde Wehr" auch vor den Freund Türken zu stellen oder ihm in aller Aufrichtigkeit und Ehr lichkeit, aber mit höchster Entschiedenheit zu sagen: Steck den Degen ein! Das erstere konnten wir nicht, weil wir einmal Italien alliiert sind und weil unser Bundesgenosse >ich die Anwei sung auf den Besitz von Tripolitanien von Frank reich und England hatte vertraglich geben lassen und unser Widerspruch die Einkreisung Deutsch lands mit leichter Mühe noch wesentlich ver engert haben würde. So blieb uns keine andere Wahl mehr übrig, wollten wir die Türkei am Leben erhalten sehen, als sie zum schnellen Frie den selbst auf die Gefahr einer Kündigung ihrer Freundschaft zu drängen, die wir später sicherlich wiedercrlangt haben würden. Es bleibt die u:- auslöschiiche Schuld der Jungtürkeu, oaß sie in den drei Jahren ihrer Alleinherrschast die Siche rung und Befestigung ihres letzten afrikanischen Besitzes total verbummelt haben, obwohl ihnen die Einzelheiten des Abkommens zwischen Italien, Frankreich und England seit dem Jahre 1902 und die italienischen Gelüste schon seit 40 Jahren genau bekannt waren und obwohl die Italiener schon den ganzen vorigen Sommer über mit ihrem Kriegslärm randalierten, daß cs auch den Herrschaften in Stambul in den Ohren gellen mußte. Nur nicht immer nach spottbilligen Aus reden suchen! Was bei Kriegsausbruch versäumt wurde, mit dem übermächtigen Feinde ins reine zu kommen, das hätte in den ersten vier Monaten nachgeholt werden können. Dem beschleunigten Friedensschluß konnte und durfte das Annexionsdekret kein Hindernis bie ten. Wenn ein Ertrinkender untersinkt, achtet man nicht darauf, ob bei der Rettung ihm auch sein Hemd in Stücke reisig. Es ist doch wirklich überflüssig zu betonen, daß Italien mit allem Vorbedacht das Annexionsgesetz darum wühlte, um weitere Arrondierungsgclüste Frankreichs und Englands hintanzuhalten. Oder glaubt inan, Algier, Tunis und Aeghpten wären weniger annektiert als Tripolitanien? Bleiben wir ernst, sonst könnte man über das Geduldsspiel mit nichtigen Scheinen hell auflachen. Die Zweckmäßigkeit neuen üeutlcken Territorislerwerdes. Von Prioatdozent Dr. Albrecht Wirth-München. Ein Ereignis in der Geschichte der Völker ist wichtiger als alle Kriege Napoleons und alle Diplomatie Bismarcks, ist in der Tat das wichtigste Ereignis eines ganzen Jahrtausends: es ist die Um wandlung der führenden Eroßstaaten von einein überwiegend landwirtschaftlichen Betrieb zum In dustrialismus. Die ganze Schichtung der Gesellschaft ist dadurch völlig anders geworden. Das alte fröhliche England beschäftigt nur noch 14 Prozent seiner Gesamtbevölkerung in der Land wirtschaft und auch Deutschland nicht mehr ganz «in Drittel, während die Industrie bei uns schon schätzungsweise 35 Prozent aller Bewohner in An spruch nimmt. Man braucht ja nun kein Wort über 106. Jahrgang. die Notwendigkeit des Großgewerbes zu verlieren, auf das sich der ganze heutige Imperialismus auf baut. Ohne Industrie, ohne ihre technischen Leistungen und ihre Steuerkrast könnten wir weder Schlachtschiffe, noch Luftkreuzer, noch heutige Kanonen Herstellen. Ebensowenig aber kann auf der anderen Seite bezweifelt werden, daß ein über mäßiger Industrialismus ein Land ins Verderben stürzt. Nun hat sich in letzter Zeit wiederum ein an geregtes Kampfgespräch in der deutschen Presse darüber erhoben, ob ein weiterer Territorialerwerb für das Deutsche Reich wünschenswert sei. und wenn wünschenswert, von welcher Art er jein müß:e. Soviel ich sehe, wurde Sie Frage von der großen Mehrheit der Nation, und zwar selbst von konservativ und eher agrarisch gesinnten Männern in der Rich tung beantwortet, daß wir allerdings einer Aus dehnung unseres Kolonialbesitzes noch bedürften, jedoch eines solchen, der nicht die Ansiedlung deutscher Bauern zur Aufgabe hätte, sondern vielmehr die Er zeugung von Rohstoffen für unsere Industrie: die einen Vaterlandsfreunde verlangten und verlangen zum Teil noch jetzt einen deutschen Querriegel durch den gesamten schwarzen Erdteil von Kamerun bis Sansibar: die anderen denken lieber an Angola. Außerdem ist in den jüngsten Diskussionen, wohl im Anschluß an die Verhandlungen über die Bagdad bahn, dis Frag« einer Erschließung Mesopotamiens durch deutsches Kapital wieder in den Vordergrund getreten. Wiederum geht die allgemeine Stimmung dahin, daß es nicht rätlich wäre, deutsche Bauern in jenem alten Kulturlands anzusetzen, sondern daß es sich für uns in erster Linie darum handelte, Baum wollenkultur dort zu errichten oder die Einführung durch andere mit unserem Gelbe zu unterstützen. Ge rade Leute, die sonst die wirtschaftlichen und sittlichen Vorteile der Landwirtschaft besonders schätzen, wollen von einer Konkurrenz mesopotamischen Weizens, von dem die Tonne ohne Zoll loko Berlin nur 85 kosten würde, nichts wißen. Mit Recht hat schon Arthur Dix dargetan, daß es gar nicht in unserer Macht läge, auch wenn wir noch so sehr wollten, eine großzügige Kornausfuhr aus Mesopotamien zu hindern. Ich möchte aber hier noch aus ein anderes Moment hindeuten: Tatsache ist ja, daß bisher die Industrie mühelos unseren gewaltigen Geburtenüberschuß aufgesogen hat. Denkt man sich jedoch diesen Aufsaugungsprozeß noch ein Menschenalter hindurch fortgesetzt, was würde sich dann ergeben? Wir wollen einmal an nehmen, daß ein ständiger Geburtenrückgang ein träte, und wollen daher den jährlichen Ueberschuß auf nur 800 000 bewerten. In zwei Jahrzehnten würde dann unsere Kopfzahl aus 82 Millionen an wachsen. Nach bisherigen Erfahrungen geht inmitten des fortwährenden Millionenwachstums der Be völkerungen der Prozentsatz der in der Landwirt schaft Beschäftigten zurück; und in den Vereinigten Staaten sind bi« Agrarbetriebe auch absolut be deutend zurückgegangen, insofern das Schlachtvieh an Zahl' der Häupter um 10 bis 20 Prozent abnahm. Im günstigsten Falle bleibt die absolute Menge der landwirtschaftlichen Bevölkerung gleich. Sie würde, dies vorausgesetzt, in dem Deutschland von 1932 nur noch beiläufig 22 Prozent der Gesamteinwohnerschaft ausmachen, während die Industrie nahezu die Hälfte aller Reichsdeutschen zu ernähren hätte. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Verschiebung der sozialen Ferienumnüermlgen. Von Dr. med. Wilh. Kühn (Leipzig). (Nachdruck verboten.) Ferienzeit! — Wanderzeitl Das sollte stets be rücksichtigt werden, wenn die Schulferien beginnen und die Eltern in der Lage sind, mit ihren Sprüß- lingen in di« Sommerfrischen reisen zu können, aber noch vielmehr dann, wenn sie dazu nicht in der Lage sind. Im letzteren Falle wird es sich meistens um Kinder der am mindestbomittelten Klassen der Be völkerung handeln, und gerade diese sind einer Er holung am meisten bedürftig. Da ist es denn ein großer Segen, daß überall in unserem Deutschen Reich unter diesem und jenem Namen Ferienwanderungen für di« Kinder aus unbemittelten Familien veran staltet werden, und zwar unter Aufsicht von Lehrern, Turnlehrern und sonstigen Personen, die mit der Eigenart und den Gefahren der Wanderungen völlig vertraut sind, so daß sich die Eltern, wenn nicht ganz unvorhergesehene Unglücksfälle eintreten, darauf ver lassen können, daß die Kinder in guten Händen sind. Während es sich hierbei meist um Tageswanderungen handelt, werden aber auch mehrtägige Schüler, und Ferienwanderungen veranstaltet, wobei streng dar auf geachtet wird, daß alles Entbehrliche und Luxu riöse wegfällt, und die Betreffenden mit möglichst ge ringen Mitteln auskonnnen. Daß das Wandern an und für sich von großem gesundheitlichem Werte ist, ist schon m früheren Zei ten anerkannt. So sagt Hufeland in seinen Leh ren zur Verlängerung des Lebens: „Zur Wiederher stellung des gestatten Gleichgewichtes in der Nerven tätigkeit ist nicht zu verabsäumen, viel Muskelbewe, gung und Belebung der Nerven durch den allgemei nen, feinen, unsichtbaren und imponderablen Lebens stoff der Atmosphäre vermittelst täglicher Bewegung in freier Luft, Landluft, Fußreisen." Was er schon vor mehr als hundert Jahren zum Ausdruck gebracht hat, wobei er sicherlich in der Hauptsache nur an Er wachsene gedacht hat, da» finden wir heute durch di« neueren Forschungen bestätigt, aber nicht nur fiir Erwachsene, sondern auch für die Kinder, namentlich in den Entwicklungsjahren. Sehr instruktiv ist ein Vortrag von Dr. Felix Meyer, den er auf der 33. Versammlung der Balneologischen Gesellschaft in Berlin in diesem Jahre gehalten hat. Unserer Volks schuljugend fehlt ohne Zweifel in den Mauern der Großstädte die nötige Bewegungsfreiheit zur vollen Betätigung des ihrem Alter innewohnenden Betäti gungsdranges. Es unterliegt keinem Zweifel, daß unsere Volksschüler durch soziale Schädigung und die Anforderungen des Schulbetriebs in der Ernährung und Entwicklung verkümmert sind, weshalb es auch so sehr viel« schwächliche, nervöse und kraftlos« Kin der gibt, trotzdem die inneren Organe gesund sind. Ferienkolonien nehmen solche im Alter von 12 bis 14 Jahren stehende Schüler nicht auf, so daß für sie in anderer Weise gesorgt werden mußt«, und das ist z. B. in Berlin durch den Zentralverein für Schüler wanderungen geschehen. Von Wichtigkeit ist es, daß nur solche Kinder zu den Wanderungen zugelassen wurden, bei denen Herz und Lungen als gesund befunden waren und ernstere nervöse Störungen fehlten. Indes wurden Kinder mit in der Entwicklung und Ernährung zurückgeblie benem Körper, ferner solche mit Folgezuständen frü herer Rachitis und Skrofulose, sowie mit Blutarmut und Bleichsucht als wanderfähig betrachtet. Was die Marschleistung anbetrifft, so wurden 15—2.) Kilo meter pro Tag verlangt, wobei gleichzeitig eine vor sichtige Steigerung der Ansprüche an Herz, Lunge und Muskelsystem durchgeführt wurde. Um ein derarti ges Training durch^uführen, ist die Ausdehnung der Wanderung auf sechs Tage nötig. An den ersten bei, den Tagen fanden kleiner« Marschleistungen statt, aber dann wurden di« täglichen Anstrengungen ge steigert. Was die Ruhepausen anbetrifft, so wurden nicht ganze Ruhetage eingeschoben, um nicht die fort laufende Steigerung der Anforderungen zu unter brechen, sondern sie wurden in angemessener Weise für den betreffenden Tag selbst eingelegt. Der Schritt beim Wandern war ein mäßiger. Von Wichtigkeit ist die Gegenüberstellung der wan dernden und nichtwandernden Kinder, um VcrAleiche über den Vorteil des Wanderns anstellen zu können. Da zeigte sich di« überraschend« Tatsache, daß die Wanoerkinder dasselbe oder noch mehr erreichten al» anoere bei einem mehrwöchigen Aufenthalt in Heilstätten und Ferienkolonien, und Mar meist mit größeren Kosten. Die wandernden Knaben wiesen in der Beobachtungszeit eine Zunahme der Gewichts, steigerung von ungefähr 0,7 Proz., die wandernden Mädchen sogar von 7,8 Proz. auf, während die Nicht wandernden durchschnittlich nur 3,6 Proz. Zunahme zeigten. Wenn man für Mädchen als Durchschnitts werte der körperlichen Zunahme für einen Monat 2s/? bis 3 Pfuno und für Knaben 1 bis 1^ Pfund annimmt, jo übertreffen di« Wanderer an Gewichts zunahme diese Werte bei weitem, ja bei vielen wird der gesamt« Jahrcszuwachs in zwei bis drei Mo naten erreicht. Wenn Gewichtszunahmen bei oen Mädchen von 3, 4. 5, 7, 9, 10 und 13 Pfund, bei den Knaben von 5, 7, 9 und 10 Pfund beobachtet wurden, und zwar besonders bei den schwächlichen, in der Er nährung zurückgebliebenen Kindern, so sind das ganz entschieden recht gute Ergebnisse. Man könnte annehmen, daß die Ferien allein schon eine Erholung für die Kinocr heroorbringen, und zwar wegen der Ungebundcnheit an Schulpflichten, wegen des Aushörens der geistigen Anspannung, des Sichausschlasentönnens uno der Gelegenheit zu zwangloser Bewegung im Freien. Wie die Unter suchungen einer Reihe von Forschern ergeben Haben, wird indes der Mehrverbrauch bei Muskelarbeit, sei es an Sauerstoff der geatmeten Luftmenge oder an Stickstoff des umgesctztcn Eiweiße-, durch Mehrzufuhr dieser Stoffe oder ourch größeres Bedürfnis nach diesen Stoffen überkompensiert, d. h. mehr als ersetzt. Da sich erfahrungsgemäß der Brustkasten erweitert, und der Brustumfang zunimmt, so ist es wohl be greiflich. oaß die Brustorgane, die mehr Raum zu ihrer Ausbildung erhalten, ebenfalls gekräftigt werden, und zwar insbesondere da- Herz. Turnen und Zim mergymnastik sind zwar ebenfalls zu einer Ausbil dung in o«m bezeichneten Sinne zu empfehlen, aber das Wandern hat nach Zuntz den Vorteil, daß es Lustgefühl und Freude an der körperlichen Uebung erzeugt, gewissermaßen einen Genuß in der Arbeit. Das sind seelische Einflüße, di« nicht übersehen und in ihrer Rückwirkung unterschätzt werden dürren. Meyer faßt sie mit den Worten zusammen: „Die Anregung und Stärkung physischer Funktionen, der Lust, des Frohsinns, der Tatkraft die die gemein samen Wanderungen mit ihren gesteckten Zielen mit sich bringen, sowie des Wetteiferns und Ehrgeizes in der Ueberwindung von Strapazen dienen gleichzeitig zur Uebung des Nervensystems und zur Bildung mo ralischer Qualitäten des jugendlichen Wanderers." Selbstverständlich kommen auch gesundheitliche Störungen während der Wanderung vor, und dahin gehören Erkältungskrankheiten, Verdauun^sbeschwer- den, Ueberanstrengungen des Herzens, Sonnenstich und Wärmestauungen. Die Erkältungskrankheiten, namentlich oie Mandelentzündungen, die di« Kind.'r am häufigsten befallen, gehen bei Len Wunderkindern verhältnismäßig schnell und ohne Störung zurück, wenn für eine geeignete Pflege des erkrankten Kinoes gesorgt wird. Verdauungsbeschwerden kommen meist daher, wenn unvernünftige Eltern ihren Kindern schwerverdaulich« Dinge oder «in llebermaß von Süßigkeiten mit auf den Weg gegeben hatten. Ueber- anstrengung des Herzens, sowie Sonnenstich und Wärmestauung sind leicht zu verhindern, wenn es die Führer nicht an der nötigen Vorsicht fehlen laßen Alles in allem kommt Dr. Meyer zu dem Er gebnis, daß die Erfahrungen, die mit den bi-herigcn Schülerwanderungen gemacht woro«n sind, als gute bezeichnet werden müssen. Das die rümilchen Grsbüenk- mäler in DeutWsnü rrMlen. Von Prof. Dr. H. Dragendorff.*) Wie kaum «ine zweite antike Denkmälerklaßr. laßen uns die auf deutschem Boden stehenden römi schen Grabdenkmäler ins reale Leben ihres Landes blicken. Auf den Militärarabmälern sehen wir den Toten beim festlichen Mahl im Jenseits, bequem auf s«inem Speisesofa ausgestreckt. Anders das Trierer Totenmahl. Der Speisetisch, ganz realistisch ausge führt, als ein aus Stäben zusammengesetzter Klapp tisch, steht in der Mitte. Vater und Mutter sitzen, wie der Treverer cs im Gegensatz zum Römer tat. auf ihren bequemen Lehnstühlen am Tisch, Sohn und Tochter stehen dabei; letztere stellt mit dem Teller ein gebratenes Huhn auf den Tisch. Haartracht. Bart tracht zeigt die Nichtrömer. Die Aermelgewänder. die Schals, die die Leute um den Hals tragen, sind gallische Tracht. Bis zu den Stiefeln herunter ist alles naturalistisch ausgeführt, ein Bild aus dem Leben mit aller Freude an den kleinen Emzelheiten *) riese anschauliche und kutturaeschichMch interessante rarsiellung sinden wir in .Vestdeutschland zur NSmerzeit" «Verlag Quelle L Meyer, Leipzig», da« ,»m erstenmal eine knappe Zolammrnsassung de» heutigen Ltande» der Forschung dielet. Man beachte auch die Inserat« in der Ab«nd-Aa»gab«. -MW