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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.07.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120715019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912071501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912071501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-15
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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Deutsch« Bank, Filiale Leipzig Dep.-Kast« Ettmm. Steinweg S. W."K' Ämtsklatt des Aales und des Aolrzeiamlcs -er Ltadt Leipzig. für Inferat« au» Leipzig und Umgeb»», di« lfpaltig« Petit,eile L Pl di« Neklamr- »eil« l Mk. von au»wärt» 30 Pf, Neklamen llv Mk. Inferat« von Behörden im amt lichen Teil di» Petiireil« SU Pf. »efchästtanzeigen mit Platz vorfchttfien im Prey» erhöht. Nadatt nach Tarif. Beilagegebübr Selami auslage S Ml. p. Taufend erll. Postgebühr. Teildeilage hoher. Feftetteilt, Auftrag« können nicht zurück- gezogen werden Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird lein« Garantie übernommen. Anzeigen »Annadm«: I»h»»ai,,ass, st, bei sämtlichen Filialen a. allen Annonce». Ezprditionen de» In- und Ausland«» Druck »,d Verl», »»» Fischer ck Rürste» Inhaber: v«»l ttürfteu. Aedattio» und »eschäftsstell«: Iohannisgass« ü. Haupt-Filiale Dresden: Seestraft« 4, l lTeleptzon üllll. M. 356. Die vorliegende Ausgabe umsaßt 10 Setten. Oss Wichtigste. * In Frankfurt a. M. begann am Sonntag das 17. Bundes- und Jubiläum sschießen. (S. Letzte Dep. Seite 3.)^^ - Der Drechsler Eduard Gustav Dahl aus Bar men verübte am Sonntagabend auf seine Frau, die ihn wegen ehel'cher Zwistigkeiten verlassen und Zuflucht bei ihrem Schwager in L.-Kleinzschocher gesucht hatte, einen Mordversuch. Die Frau sowie ihre Schwägerin und der Täter selbst wurden durch Revolvers chüsje verletzt. (C. Lpzg. u. llmg. Seite 6.) * In der Ostsee ist ein schwedischer Schoner untergegangen. Die aus 20 Mann bestehende Besatzung ertrank. (S. Tageschr. Seite 3.) * Den Grossen Preis von Berlin, der am Sonntag in Grünewald gelaufen wurde, gewann Dolomit, von Archibald gesteuert. — ImGroßen Preis von Hannover ging der Graditzer Meisel unter F. Bullock als Erster durchs Ziel. Ebenso gewann Eraditz mit Abwechslung den Grossen Preis der Stadt Hannover. — Im Großen Preis von Dortmund siegte E. v. Bennigsens Wassermaus. — Den Preis vonSchönau (30 000 Kronen) landete Ltn. Baron E. v .Notschilds Jagd und im Ostender Kr i- terium (75000 Franken» ging Hazif als Erster durchs Ziel. (S. Sport Seite 2.) * Theateranzeigen sieh« Seit« 16. Die SeuM-veiterreicher uuü der Thronliiher. Von Dr. AlbrecytWirth- München. Ueber den Charakter des österreichischen Thronfolgers, seine An- und Absichten, ist in der letzten Zeit ein ziemlicher Streit entstanden. Mit Recht. Denn kaum ein Herrscher wird in Zu kunst fiir die auswärtige Politik Deutschlands so wichtig sein wie der jetzige Erzherzog Franz Ferdinand. Es ist das nun freilich eine Unter suchung, bei der man die Beweise nicht auf den offenen Tisch legen kann. Noch ungewisser, jeden falls noch abweichender und umstrittener sind die Folgerungen, die aus den verschiedenartigen In formationen gezogen werden. Nach übereinstimmender Kunde ist der Erz herzog ein Renaissancemensch. Ein Mann, der wenig oder nichts von seinen Entwürfen redet, und dafür möglichst viel aus den andern heraus- zulockcn sucht. Ein Mann, der feste Entschlüsse hat und die Zähigkeit, sie durchzuführen, der sich wenig um die Meinungen Fremder kümmert. Montag, üen 15. Hutt 1912. Er hat, auch das kann als sicher gelten, eine ausgesprochene Abneigung gegen Ungprn und Italien. Er will das Papsttum gegenüber Italien stärken, möglicheriveise sogar durch den Versuch, dem Vatikan wieder Territorialbesitztum zu ver schaffen; ohnehin braucht er den Papst, um sei nen Kindern das Erbfolgerecht zu verleihen, näm lich indem er durch den heiligen Stuhl seiner früher eingegangenen Verpflichtungen entbunden wird. Ungarn wird der Erzherzog ohne Zweifel bemüht sein auf die Knie zu zwingen, daher jetzt schon Granen und Scheu vor ihm i» Ungarn herrscht. Nicht minder ist der Thronfolger für eine starke Politik auf den: Balkan. Er wird einen Teil seiner Lebensaufgabe darin erblicken, die schwarzgelbe Fahne in Saloniki wehen zu lassen und die ganze Westyälfte der Balkanhalb insel mit Ausnahme Grieckienlands unter öster reichischen Schutz zu bringen. Daß der Erz herzog in seinem Privatleben genau ist, spricht nicht gegen seine Bedeutung: auch Friedrich der Große und Wilhelm l. sind sehr sparsam ge- w-csen. Ob er ein wirtlich gläubiger Katholik sei, wird bald behauptet, bald verneint. Sicher lich aber steht ihm Staatsmacht vor Kirchen macht. Daß die Herzogin von Hohenberg, frühere Gräfin Ehotckj Einfluß auf ihn habe, ist an zunehmen. Daß jich dieser Einfluß auch auf politisches Gebiet erstreckte, dafür liegen keine greifbaren Belveise vor. Infolgedessen ist die berühmte Frage, ob die Gemahlin des Thron folgers tscyechisn) gesinnt sei, nicht von allzu großem Belang. Mir dieser Gesinnung steht es übrigens folgendermaßen: Man unterscheidet in Oesterreich zwischen verfassungsmäßigem Grund besitz, der deutschfreundlich ist, und dem Feudal adel, der stark zu den Tschechen neigt. Die Feu dalen sind überwiegend auch Deutsche. Der Graf Sternberg, der von den Tschechen in den Reichs rat gewählt wurde — bei der letzten Wahl frei lich ist er durchgefallen — verstand ursprünglich kaum ein Wort Böhmisch. Dos gleiche kann man von dem Grafen Wolgenftein anssagen. Dieser, ein Nachfahr des berühmten Minnesängers, „Frauenlob" zubenannt, ist in Tirol gebürtig und hat dort seine (letzthin sehr in Verfall gerate nen) Besitzungen; also wahrlich kein „Vollblut- Tscheche"; gleichwohl ist auch er seit vielen Jah ren Abgeordneter tschechischer Wählerschaften. Die einstige Gräfin Ehotek gehört nun zn dem deut schen Adel, der lediglich durch langen Aufent halt in Böhmen und entsprechende Verbindungen allmählich, und zwar meist mangelhaft den Ge brauch der tschechischen Sprache gelernt hat. Sei dem nun, wie ihm sei, die Frage der Deutschen kann nur die sein: Wie werden wir uns mit dem Thronfolger stellen? Wie werden wir in Zukunft mit ihm arbeiten? Wie können wir, seiner starken Eigenart Rechnung tragend, Er folge davon tragen? Und da erhebt sich nun bedeutsam die Erinnerung an den Fehler von 1878, an die von Herbst geführten Deutsch-Na tionalen, an die Herbstzeitlosen, wie spottend Bis marck sagte. Der Spott war nur allzu gerecht fertigt. Sie hatten keine Information über die Weltlage. Sie fürchteten, daß Oesterreich durch die Besetzung Bosniens in neue unheilvolle Wir ren gestürzt würde, dagegen waren die Ungarn und ihr Führer Andrasch aufs beste unterrichtet. Das war überhaupt vou jeher der bemerkens werte Unterschied zwischen dein deutschen und dein »radj arischen Adel: der deutsche Fendalbesitz hat keine Fühlung mit dem deutschen Volke, wäh rend — unbeschadet der jüngsten Wirren unter Tisza — der ungarische Adel im Auslände nicht nur für die habsburgische Dynastie, sondern auch für den Vorteil des ungarischen Partikularis mus arbeitet. Gerade bei den wichtigsten diplo matischen Posten ist der Donanstaat auffallend häufig durch Madjaren vertreten, sogar in Ber lin und München, wo man doch süglich deutsche Vertreter erwarten dürfte. Gewisse ;)ettelungen ungarischer Botschafter in London und Rom ver folgten eine ausgesprochene SonderpoUtik, schlim mer als die Arnims weiland gegen Bismarck, und richteten sich beinahe gegen den Bestand des Do naureiches, erstrebten eine Festigung ungarischer Autonomie. Das Entscheidende aber ist, daß hierin Kossuthisten und deren Gegner vollkommen einig gehen. Ein Zusammenhang mit Italien war ja schon einmal vor länger als einem halben Jahrtausend durch den Ungarnlönig Lad ung den Großen — gegeben; auch heute läßt sich eine bedeutungsvolle Freundschaft zwischen Nom und Pest beobachten. Was jedoch das Ver hältnis zn England angeht, so ist durch jüngste Forschung sichergestcllt (ich folge darin Ausfüh rungen von Alexander v. Peetz), daß die unga rische Revolution von 1848 durch englisches Geld und englische Agenten angcstiftet war. Groß britannien hat eben immer in den Zwistigkeiten der Festlandmächtc, und, wenn nötig, in der Anstiftung zweckdienlicher Revolutionen seinen Vorteil erblickt. Durch die ebenso kluge wie kühne Staatskunst Tiszas ist nun zwar vorläufig die Gefahr einer ungarischen Sezession einstweilen beseitigt. Die Gefahr einer Belrerrschung des ganzen Donau staates durch Ungarn ist jedoch unendlich ver- größevt »vordem Denn gerade dadurch, daß die Madjaren die unentbehrliche Wehrvorlage früher durchbrachtcn als die Oesterreicher, haben sic »ich dem gemeinsamen Herrscher bestens empfohlen, und können nun Gnnstbezeugungen von ihm er- nxrrten. Wenn seit 1878 die Geschicke des Donau reiches in der Hauptsache von Madjaren und Polen bestimmt wurden, bis zum Jahre 1008, so wäre es möglich, daß jetzt eine Epoche tsche chisch-ungarischer Herrschaft begönne. Der jetzige Kultusminister Hussarek ist ein Tscheche, und Graf Stürgkh ist eil» slcuvenfreundlicher Klerikaler, übrigens einer nach dem Herzen des Thron folgers. Man kann sich drehen und wenden, wie inan will, man steht vor einem furchtbaren Dilemma. Die Deutsche»» Oesterreichs stehen vor der Wahl, sich mit dein klerikalen Element zu verbünden, oder aber einflußlos zu bleiben. 106. Jahrgang. Glllüllericgmenüung. Leit den Ereignissen des vergangenen Jahres, die uns die Möglichkeit eines großen europäischen Krie ges sehr nahe gerückt hatten, ist die Frage unserer finanziellen Kriegsbereitschaft von sachverständiger Leit« eingehend erörtert worden. Das Endergebnis dieser Erörterungen war mnner, und muß es immer bleiben, die Forderung der Verstärkung des Gold vorrates der Reichsbank. Theoretisch ist man sich also überall in Deutschland vollkommen darin einig, daß mit ollen Mitteln eine Verstärkung des Goldbestan des der Reichsbank uird seine weitgehende Schonung durch den inländischen Geldverkehr erreicht werden muß. wenn Dentschlano die Kriegsbereitschaft, die es durch den hohen Stand der Ausbildung seiner Arme« und Marine besitzt, auch in finanzieller Hinsicht haben soll. Was an gesetzgeberischen Maßnahmen in dieser Beziehung gesck-ehen kann, ist nach Ansicht so ziemlich aller Lachoerständiger erschöpft, nachdem auf Grund der Vankenquele vom Jahre 1008 die Novelle zum Bankgesetz von 1909 unseren Reichsbanknoten die Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel verliehen hat. Als die Maßnahme von der voraufgegangenen Bankenquete im Zusammenhang mit der Frage einer vermehrten Ausgabe von kleinen Reichsbanknoten er örtert wurde, hat der Präsident der Reichsbank ein gehend dargelegt, von welch außerordentlicher Bedeu tung der Schutz des im Bentz der Bank befindlichen Goldsck-atzes sowohl in politisch wie wirtschaftlich kritischen Zeiten ist. Auch bei den Verhandlungen im Reichstag aus Anlaß des Bankgesetzes ist immer von neuem die Notwendigkeit einer Schonung unseres Goldes durch Verwendung anderer Zahlungsmittel ernst und eindringlich betont worden. An der uns Deutschen eigenen Gründlichkeit in der theoretischen Behandlung der Frage hat «s also nicht gefehlt. Aber in der Praxis sieht es leider noch gänzlich anders aus. Nach den Darstellungen über die Bedeutung der Goldfrage für unsere Reichsbank mit Rücksicht auf die finanzielle Kriegsbereitschaft sollte man anncb- men, daß jeder Deutsche es als eine patriotische Tat empfinden müßte, wenn er im täglichen Zahlungs verkehr an Stell« einer Goldmünze eine Neichsbank- note seinem Portemonnaie einverlcibt. Ungefähr das Gegenteil von solch patriotischer Betätigung ist aber die Regel in unserem Geldumlauf. Zwar zeiat die Statistik der Reichsbank, daß in den letzten Jah ren die kleinen Noten in steigendem Maße nom Ver kehr ausgenommen werden und damit goldenparend gewirkt haben. Aber man acht wohl nicht fehl wenn man diese an sich erfreuliche Erscheinung mehr auf das Konto von Handel und Industrie, als auf das- seniae der Maste der Konsumenten setzt. Denn hier herrscht nach wie vor eine ausgesprochene Abneigung die Noten der Reichsbank in Zahlung zu nehmen, ob wohl ihnen genau dieselbe Zablkraft innewohnt wie dem Gold und obwohl sie durch Gewicht und Raum weniger Ansprüche an ihren Inhaber stellen, als das Bargeld. Es ist keine Uebertreibung, wenn man bchaiiptet, daß die Novelle zum Bankgesetz von 1909, die die Rcichsbanknotcn zum gesetzlichen Zahlungsmittel macht«, in der Praxis kaum die darin geknüvftcn Er wartungen erfüllt hat. Aber narr dieser bedauerlichen Erscheinung auf den Grund zu gehen bemüht ist. und dazu in die Gewohnheiten unseres täglichen Geldver kehrs eindringt, dem müssen zwei Erscheinungen auf fallen, die unbedingt in ursächlichem Zusammenhang mit dem noch immer zu grossen Goldumlauf im tag- Luüwlg Müs. Ludwig Fulda ist heute 50 Jahre alt; er wurde am 15. Juli 1868 in Frankfurt a. M. als Sohn einer begüterten jüdischen Familie geboren, strdierte in Hei delberg, Berkin und L« ipzig Philosophie und ger manische Philologie, lebte dann in München und in seiner Vaterstadt, seit 1888 dauernd in Berlin. Fulda ist ein literarisches Chamäleon; von den verschiedensten Luftströmungen des schriftstllerischen Lebens angeweht. Als Heinrich Hart am 1. April 1885 das erste Heft der „Berliner Monatshefte für Literatur, Kritik und Theater" herausgab, sand sich unter der großen Zahl der Mitarbeiternamen auch der Ludwig Fuldas. 1889 beteiligte er sich mit Brahm, Lchlenther, Harden u. a. an der Gründung der „Freien Bühne" und machte sich, als Ibstnenthusiast, oerdienstbar durch die Mitanreguna zur Aufführung der „Gespenster", der ersten des großen Norwegers in Deutschland. Als Schriftsteller ist Fulda von vielseitiger, aber etwas oberflächlicher Veranlagung; zweifelsohne ein elegantes Formtalent, aber eben auch nur «in sol ches- Größere Vertiefung, Ursprünglichkeit, subtilere Charaktereigenart fehlt ihm. Er-ist gewöhnt, „durch die Brille anderer zu sehen". Er hat eine reich« Pro duktionsfähigkeit entfaltet; schrieb er doch etwa zwei Dutzend Lustipiele, dazu Trauerspiele Schauspiele, dramatische Märchen, eine romantische Komödie („Der heimlich« König"), ein dramatisches Gedicht („Lästige Schönheit") Novellen, Epigramm«. Sinngedichte und reine Lyrik. Er beginnt unter dem Einfluß der Münchener Schule eines Geibel-Heyse-Wilbrandt. Besonders Geibel, den Altmeister, wühlte «r »um „Führer ohne Schwanken". Es entstanden die efften graziös-anmutigen kleinen Lustspiele „Die Aufrich tigen" (1883) und „Unter vier Auaen" (84), di« ihm im „Deutschen Theater" den ersten Bühnenerfolg brachten, »er zwei Jahre darauf noch gesteigert wurde durch di« Aufführung der „Wilden Jagd" im „Bet liner Theater". — Aber bald ging sein bewegliches Talent vom harmlosen Charakterlustspiel zu den so zialen Männern, den modernen Naturalisten, di« ec noch in seinen geistreich pointierten „Sinngedichten" verspottet hatte, hinüber Er verherrlichte die Ar- beiterstreike in dem sozialen Drama „Das verlorene Paradies" (90) und führte Kampf gegen die Fesseln oer Ehe in „Die Sklavin"(91). Hier hatte Fulda jede Eigenart verloren, uno sein väterlicher Freund Wilhelm Ioroan ermahnte ihn mit Recht, nicht „ber linisch zu verkümmern", nicht „am Iüngstcrfusel zu nippen". Fulda besann sich und verspottete schon 1894 in d«m Lustspiel „Die Kameraden", dis in der Sklavin verfochtenen Emanzipationsgedanken- — Und schon machte er «ine neue Schwenkung zur — Roman tik. Er schrieb das bunte Märchenspiel orientalischen Kostüms, seinen am meisten bekannten „Talisman" (93), eine Nachdichtung des Märchens „Des Kaisers neu« Kleider" von Andersen, womit er oas Rai- mundsche Mürchendrama wieder aui die Bühne brachte. Mit anderen Werren gleicher Gattung, „Der Sohn des Kalifen" (96) und „Schlaraffenland" (99) hatte er weniger Erfolg — In allen Sätteln gerecht, griff er dann in die Antike hinein und schuf eine Tragödie des künstlerischen Ehrgeizes „Herostrat" (98); die Geschichte des Mannes, der den Tempel der Artemis zu Ephesus anzündete, um durch diese Tat unsterblich zu werden. Es folgen noch sein« bei den besten Lustspiele in gefälligem Rcnaissancekleide, in denen sich graziöser Scherz mit romantischer Form- gewandheit eint: „Die Zwillingsschwester" >1901) und ,,Novell« d'Andrea" (06). die gelehrte Doktorin der Juristenuniversität Bologna, die ihren Lehrstuhl so gerne gegen Liebesglück vertauscht hätte. Einige spatere Lachen, darunter „Sieben Einakter" (09), sind nicht weiter von Belang. — Für Kürschners Nationalliteratur gab er „Die Gegner der zweiten schlesischen Dichtcrschule" heraus. Größere literarhistorische Bedeutung Kat sich Fulda durch feine Uebersetzungen erworben. So verdeutschte er Molieres Meisterwerk« Beaumarchais „Figaro". Caralottis „Das hohe Lied" und brachte dl« französischen Alexandriner von Eömond Rostands „Tyrano oe Bergerac" in jo vorzüglich gereimte fünf- stißrge Jamben, daß di« Dichtung fast wie ein Orb ainat anmutet. Besonders glänzend ist auch di« lledertraguna des mittelalterlichen Gedichtes von Meier Helmbrecht. — Und das wird Ludwig Fulda nicht vergeßen wetten. H- 6. /rauen, von üenen man nicht spricht. Von Professor Dr. Friedrich Hirth (W i c n.) Es gibt ererbte Vorurteile, die gleichsam mit der Muttermilch eingesogen werden. Vorurteile, die, wie wohl sie nicht Stich halten, die Zeit dennoch geheiligt hat. Und dahin gehört besonders das Vorurteil, daß das weibliche Geschlecht dem männlichen in. intellektueller Hinsicht nachsteh«. schon im Altertum war diese Meinung verbreitet. Euripides, der griechische Sykophant, sprach diesem Geschlecht Geist und Tugend ab; Mahommes, der große Kalif der Araber, wollte an dem Weibe Ver stand und Empfindung vermissen; die englischen Schriftsteller Fordyce, Gregori, Lord Chesterfield und andere mehr sprachen dem schönen Gejchlechi allen Sinn für höhere Bildung ab und stellten es als Gegenstand des Mitleides dar, das an Verachtung grenzt. Auch Schiller meinte, es könnten in dem weiblichen Geist keine dauerhaften Pflanzungen an gelegt werden. Er wies ihn deshalb aus dem Reiche der Abstraktion zurück, ließ ihn jedoch dafür im Reiche der Empfindung herrschen. Doch haben ungeachtet besten die weiblichen Seelenkrüfte auch in jedem Zeitalter ihre Lobredner gefunden. So z. B. er klärte Sokrates: „Der weibliche Geist steht dem männlichen nicht nach. Sinn für Kunst und Wissen schaft. für Tugend, ja selbst für Tapferkeit kann dem weiblichen Geschlecht nicht abgesprochen werden." Diese Stimmen für und wider können natürlich nichts beweisen, ebensowenig wie der Umstand, daß selbst Frauen, wie die Staöl, oder Frau v. Genlis, von den geistigen Vorzügen ihrer Geschlechts genossinnen nicht gerade entzückt sprachen. Weit maßgebender ist es wohl, daß es zu allen Zeiten Frauen gab. di« in akademischen Berufen ihren männlichen Rivalen völlig ebenbürtig waren. Von den meisten dieser Frauen spricht man gewöhnlich nicht; gewiß nennt man ein paar Namen von Frauen, die sich im Altertum und Mittelalter wissenschaftlich hervorragend betätigten; merkwürdigerweise kennt und nennt man aber geistig sehr hochstehend« Frauen früherer Jahrhunderte gar nicht. 1841 hat Burgerth eine „Galerie akademischer Frauen" verfaßt und darin aus ein paar sehr bedeutsame weibliche Er scheinungen auf verschiedenen wissenschaftlichen Ge bieten verwiesen. Die verschollene Schrift verdiente es, allen Gegnern der geistigen Frauenemanzipation (mit der politischen konnte sich Burgerth naiur- gemäß noch nicht beschäftigen) vorgehalten zu werden. Uno oeshalb wird ein kurzer Auszug daraus wohl nicht unwillkommen sein. Burgerth nennt zunächst Laura Maria v. Bassi.' Sie entstammte einer altadeligen Familie und waro im Jahre 1711 zu Bologna ge boren. Lehr früh hatte sie die Sehnsucht, die lateinisch« Sprache zu erlernen, die zu jener Zeit in aveligen Familien auch vom schönen Geschlecht allenthalben gekannt wuroe. Ihr Vater, ein hoch gelehrter Mann, gab ihr in dieser Sprache einige Jahre hindurch selbst Unterricht. In ihrem fünf zehnten Lebensjahre hatte sie die lateinische Sprache ganz inne und sprach und schrieb sie mit gleicher Fertigkeit. Sie drang hiernächst in die Höhen und Tiefen der Klassiker ein und schritt auch sonst jm Reiche intellektueller Bildung vor. Um sich ganz dem denkenden und betrachtenden Leben hinzugeben, nahm sie jetzt in der Logik, Physik und Metaphysik Unter richt. Ihr Lehrer in diesen Wissenschaften war Kajetan Taconi, öffentlicher Professor der Arznei wissenschaft an der Universität Bologna. Kaum 21 Jahre alt. entschied sich Laura Bassi, aus dem ganzen Zyklus der Philosophie eine öffentlich« Prüfung zu bestehen. Der 15. April 1732 ward zum Prüfungstage bestimmt. Ein geräumiger Saal in einem Palaste zu Bologna war der Ort. wo man die Prüfung abzuhalten beschloß. Der Kardinal-Legat und Erzbischof. d«r Vizelegat, die Vornehmsten aus dem Adel beiderlei Geschlechts, die Richter, die Bürgermeister und die Herren des Rates, alle Professoren der Universität, viele ansehnliche Fremde und eine große Anzahl Studierender waren zu dieser feierlichen Prüfung erschienen. Laura trat an der Hand ihres Lehrers Taconi in den Bersammlungs- saal em und ging ohne Zagen in den geistigen Kampf. Zwar ward da jedem der Anwesenden ge stattet. Gegensätze aufzuwerfen; es waren aber noch besonders sieben Professoren dazu bestimmt, als Man beachte anch die Inserate in der Abend-Ausgabe. "WW
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