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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.07.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120704014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912070401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912070401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-04
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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Lette 2. Nr. S36. ros. Iahrvsny. Sok- unü perlansloachriüiten. * Wie verlautet, soll Kaiser Wilhelm am 21. oder 22. August nach Frankfurt kommen, um dort den Osthafen zu besichtigen. Wie erinnerlich, muhte der Kaiser di« bereit, gegeben« Zusag« »rr Einweihung de» Osthafen, wogen des Tod«, d«, Kö- nig, von Dänemark absagen. * Die Ankunftder Kaiserin aufSch 1 oß Wilhrlmshöhe ist um dr«i Tage verschoben worden. Ursprünglich war die Ankunft auf Sonntag früh 8 Uhr festgesetzt. Die Kaiserin wird nunmehr mit der Prinzessin Viktoria Luise erst am Mittwoch in Wilhelmshöhe eintrcffen. Deutsches Reich. Di« Verlobung des Prinzen Adalbert? Wie der „Berliner Salon" meldet, soll bei der Zu sammenkunft des Kaisers mit d«m Zareupaar di« Verlobung des Prinzen ?ldalb«rt von Preußen mit d«r ältesten Tochter des Zarenpaares, Großfürstin Olga Nikolajewna erfolgen. Wir geben diese Mel dung rein registrierend wieder und enthalten uns je der eigenen Ansicht dazu, da «s zurzeit unmöglich ist, das Gerücht auf seine Richtigkeit zu prüfen. Erwähnt s«i nur, daß di« Grossfürstin Olga Nikolajewna in« 17. Lebensjahre steht; sie ist am 8. November (a. St.) 1893 geboren. Prinz Adalbert, der dritte Sohn des Kaifcrpoares, wird am 1t. Juli 28 Jahre alt. Die kommende Erbansallsteuer. Berlin. 3. Juli. Wie die „Tägl. R." von zu« verlässiger Seite erfahren haben will, ist von der bäurischen Regierung ein Widerstand gegen die Erb- ansallstcuer nrcht mehr zu erwarten. Es darf viel mehr nach Aeußerungen des bayrischen Minister präsidenten Freiherr» von Hertling angenommen werden, daß Bayern im Bundesrat für die Erb- anfallsteuer stimmen wird, wenn der Reichskanzler sich entschließen sollte, einen Entwurf über die Erb- anfallstcucr vorzulegcn. Der Bundesrat wird bei seinem Wiedcrzusammentritt Anfang September den Entwurf des Ncichsschatzamts vorfindcn und sogleich in seine Beratung eintretcn. (?) Voraussichtlich dürste im Laufe des September eine Zusammenkunft der bundesstaatlichen Minister in Berlin stattfinden, nm zu dein Vorschläge des Reichsschatzamts Stellung zu nehmen. Die Verhandlung gegen di« Abgg. Borchardt und Lcinert verschoben. Berlin, 3. Juli. Di« Verhandlung gegen di« Abgg. Borchardt und Lein ert wegen d«r be kannten Vorfälle im preußischen Abgeordnetenhause, wozu Termin vor der Strafkammer auf den 8. Juli angefetzt war, ist wegen plötzlicher Erkrankung Borchardts bis nach den Gerichtsferien auf den 23. September aufgeschoben worden. Frhr. von Soden und die Zensur. München, 3. Juli. Der neue bayrische Minister des Innern Freiherr von Soden hat sich in der Kam mer über die Münchner Zensur geäußert. Als bei der Lesung seines Etats auch das Kapitel „Atünchner Polizeidirektion' zur Sprache kam und der Abgeord nete Müller Meiningen den Minister aufforderte, den Zensnrbeirat mit erhöhten Befugnissen auszu statten und die Zensur der Berwaltungsgerichtsbar- keit zu unterstellen, antwortete der Minister ableh nend. Dis Polizei solle nach wie vor di« Entscheidung in der Zensur behalten. Ein deutsch-türkischer Rechtsstreit. Ueoküb, 3. Juli. Dor einigen Wochen wurde der hier beschäftigte deutsche Polier Prack ver- haftot und ins Gefängnis geworfen, weil «r in Notwehr einen ihn mit dem Messer bedrohenden Alba nesen durch Revolverschüsss verletzt hat. Auf Grund der bestehenden Kapitulationsbestimmungen hätte er dem deutschen K o n s u l a r g e r i ch t zur Abur teilung rusgelicfert werden sollen, und der Justiz minister hatte auf Drängen der Konstantinopeler Leipziger Tageblatt ——^Morgenausgabe deutschen Botschaft in der Tat bereit, sein« Ausliefe rung an dt« deutsche Konsularbohörde verfügt. Dam dieftrhalb hier eingetvoffenen deutschen Dizekonsül Dr. Schwörbel au, Saloniki (in UeSküb selbst besteht kein deutsches Konsulat) wurde jedoch trotzdem dr« Uebergab« Pracks mit der Begründung verwei gert, daß die, ein« feindselige Volksbewegung so- wie den Genevalstretk aller Gerichtspersonen zur Folg« haben würde. Di« telegraphisch unterrichtete deutsche Botschaft legt« von neuem Protest ein. Maßregelung des deutschen Schutzbefohlenen Kaid Seluli. Köln, S. Juli. Der Köln. Ztg." wird aus Tan ger telegraphiert: Der Pajck-a von Mogador hat er klärt, er müsse in französischem Auftrage die in Mogador liegenden Güter des Katds Ge- lu l i beschlagnahmen. Da Eeluli für die der deut schen Flagge, insbesondere anläßlich der An wesenheit der deutschen Kriegsschiffe in Agadir geleisteten Dienste auf Grund der Madrider Konven tion den deutschen Schutz erhalten hat, erhob der deutsche Vizckonsul gegen di« Maßregelung G>e- lulis Einspruch. Es ist unverständlich, schreibt das Blatt hierzu, was derartige kleinliche Machen schaften bezwecken sollen; irgendwelches Entgegen kommen dürfte damit nicht zu «rlangen sein. Im Gegenteil: diese Vorfälle wie die neuerlichen Hebel griffe gegen deutsche Schutzacnosien zeigen, wie not wendig es ist, scharf für unsere Rechte cinzutreten. Ausland. Oesterreich-Ungarn. Endgültige Annahme des Dudgetprovisoriuins. Wien, 3. Juli. Das Abgeordnetenhaus nahm Las Budgetprovisorium sowie die gestern in zweiter Lesung angenommenen Gesetz entwürfe heute in dritter Lesung an und be gann sodann die Beratung der beiden Militär strafvorlagen. Frankreich. Frühstück zu Ehre« der russischen Säst«. Paris, 3. Juli. Den Blättern zufolge besuchte General Schäl insk>i in Begleitung zweier russischer Offiziere verschiedene militärische An stalten und wohnte den Hebungen der französischen Armee bei. Der russische Botschafter gab zu Ehren des Generals und des Admirals Fürst Lieven ein Frühstück, dem u. a. die Minister Millerand und DelcassS sowie der Chef des Allgemeinen Eeneralstabes, Jo ff re, beiwohnten. Spanien. Di« Liberal«« «md di« Anhänger Lanalejas'. Madrid, 3. Juli. Die Kammer beriet gestern weiter über den Gesetzentwurf, betreffend die Zu lassung des Zusammenschlußes benachbarter Pro vinzen zur Ausführung von öffentlichen Arbeiten und zur Förderung der gemeinsamen Interessen. Zum Artikel 1 sind über IVO Abänderungsanträge eingebracht worden, darunter befinden sich viele von den Liberalen zum Zwecke der Opposition. Die An hänger des Ministerpräsidenten sind über die Ob struktion entrüstet und wollen ihr in der nächsten Sitzung ein Ende bereiten, koste, was es woll«. Argyplrn. Aufgedeckte Verschwörung. Kairo, 3. Juli. Hier wurden drei Nationa listen verhaftet, weil sie sich gegen den Khe- dioe, gegen Lord Kitchener und den Premierminister verschworen hatten. Eine weitere Depesche aus Kairo besagt, daß bereits zwölf weitere an der Verschwörung be teiligte Personen verhaftet worden sind. Eine Reihe von wichtigen Dokumenten konnte beschlag nahmt werden. Amerika. Zur Nomination Wilson». Baltimore, 3. Juli. Im Verlauf« der gestrigen Sitzung war Clark einer der ersten, der Wilson zu seiner Nomination gratulierte und ihm sein« «hr- liche Unterstützung versprach. Er äußerte, daß er die unterblieben« Nomination seiner eigen«« P«rson allein nichtswürdigen böswilligen Verleumd» n- gen des Obersten Bryan zuschreibt. Große An strengungen wurden gemacht, um Clark, Einwilli gung für die Nomination als Vizepräsident zu erhal. ten. Clark lehnte ab. Auch Bryan wurde hierfür vorgeschlagcn. Er lehnte aber ebenfalls in einer Rede ab, di« «r als seine Abschiedsrede charakt«. risicrte. Er erklärte, nach Ikjährigem Kampfe habe er gefunden, daß er sich nur Feinde gemacht habe. Er fei mit Freuden gekommen, um in die Hände des jenigen, der vom Konvent erwählt worden sei, das Banner zu legen, da, er drei Wahlkämpfe hindurch getragen habe. Er versprach, auch in diesem Wahl- kämpf wie ein Kandidat tätig zu sein. Die Rede Bryans wurde mit großem Beifall ausgenommen. Gouverneur Marshall zum Vizepräsidenten gewählt. Baltimore, 3. Juli. Der Gouverneur von In diana, Marshall, ist zum Vizepräsidenten des demokratischen Konvents nominiert worden. Kunst unü NMenlchaft. Hochschulnachrichle». Lr. In der Akademie für Sozial- und Handels wissenschaft hat sich Dr. phil. K. Steiger als Pri vatdozent für das Gebiet derChemie habilitiert.—Prof. Dr. Hermann Cohen, der bekannte Lehrer der Philo sophie an der Universität Marburg, begeht am 4. Juli seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlaß hat Siegfried Brunn in Berlin der dortigen Lehr anstalt für die Wissenschaft des Judentums zur Be gründung eines Hermann-Tohen-Lehrstuhls 100 000 Mark überwiesen. — In Heidelberg wurde Dr. L. Schreiber, Privatdozent der Augenheilkunde, zum nichtetatmäßigen außerordentlichen Professor ernannt. — An der Universität Graz wurde der außerordentlich« Professor für Dermatologie und Syphilis Dr. Rudolf Matzenauer zum ordent- lichen Professor befördert. — Der Privatdozent an der Universität Wien Dr. E. Pick wurde zum außer ordentlichen Professor für angewandte medizinische Chemie ernannt. * „Herodes und Mariamne" auf vereinfachter Szene. In der vom Intendanten besorgten Inszenie rung der Hebbelschen Tragödie „Herodes und Mari- amne" kommt die vom Geheimrat Marterstoia für diese Dichtung entworfene und bereits im Kölner Schauspielhaus ausgeführte „Vereinfachte Szene" zur Verwendung. Ti« ist in den Werkstät ten der Städtischen Theater hergestellt worden unter Beihilfe des Kunstmalers Fr. Nitzsche, besonders auch für die Kostümierung. Das Drama erscheint am kom menden Sonnabend zum ersten Male aus der Bühn« des Neuen Theaters. t. Die dritte Tagung der Gesellschaft für Hoch schulpädagogik findet vom 17.—20. Oktober 1912 in Leipzig statt. Die Sitzungen werden im all gemeinen in den Räumen der Universität bzw. in Universitätsinstituten abgehalten. Mit der Tagung sind vier Ausstellungen 1) hochschulgeschichtlicher Literatur, 2s neuerer akademischer Lehrmittel, 3) für akademische Leibespflege (Turnen, Sport, Spiel) und eine Ausstellung der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe (letztere in den Räumen der Akademie) verbunden. Es sind u. a. folgende Vorträge in Aussicht genommen: „Wandlungen im Wesen der Universitäten seit 100 Jahren" (Professor Dr. E. Spranger - Leipzig); „Akademischer Unter richt und Charakterbildung" (Dozent Dr. A. Fischer-München); „Unterrichtsformen in der Physik" (Referent noch unbestimmt); „Ausbildung der Lehramtskandidaten in Physik" (Prof. Dr. K. T. Fischer-München); „Organisation des mache- matrschen Unterrichts an deutschen Hochschulen" (Prof. Dr. L o r e y - Leipzig); „Unterrichtsformen in der Mineralogie" (Prof. Dr. Rinne-Leipzig); „Methodologische Grundsätze literaturgeschichtlicher Seminarübungen" (Prof. Dr. E. Witkowski- Leipzig); „Projektionsapparat, Kinematograph und Verwandtes" (Prof. Dr. K. Schaum-Leipzig); vomier«»,, < z»u isir. „Stimm- und Sprechübung«« im akademischen Unter richt^' (Lektor Prof. Dr. Seodel-Leipzia); „Ge schichtsforschung des Hochschulwesens" (Oberlehrer Dr. P. Esymank-Posen); „Die Ausgestaltung der akademischen Körperkultur" (Universitätsturn lehrer Dr. K uhr-Leipzig). Ein Zyklus von Referaten über „Formen de,. akademischen Unter richts" (Vorlesungen, ll«bungen, Praktika usw.) ist ebenfalls beabsichtigt. Auch find Führungen durch eine Reihe von Universität-Instituten, ferner eine Besichtigung der Handelshochschule, der Frauen hochschule und der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe geplant. Adresse des Schrift führers des Leipziger Ausschußes: Prof. Dr. W. Voettger, L.-Stötteritz, Ludolf-Tolditz-Straß« 21. * Studenten, die ein Stipendium stiften. Di« Königsberger Freie Studentenschaft hat den Reinertrag eines von ihr veranstalteten Feste», dessen Protektorat der Kronprinz übernommen hatte, der Königsberger Universität zur Schaffung eine» Stipendiums überwiesen. Die Universität hat die Schenkung angenommen und mit einem Fonds von 1000 ^t, der eine Stiftung des verstorbenen Professors Eruchage ist, vereinigt. Die Zinsen werden als Stipendium einem bedürftigen Studierenden ver liehen. * Wolfgang von Schwind, ein Enkel de« berühm ten Malers Moritz von Schwind, wirkt am Hoftheat«r in Karlsruhe als noch jüngerer Bassist mit wirk lich glänzenden Stimmitteln und bedeutender dar- st«Uerischer Begabung, wozu sich eine gerade für sein Rollenfach sehr wirkungsvolle Bühn«nevscheinung ge. seilt, die «r durch sorgfältig gewählte charakteristische Masken noch zu heben versteht. * Ein Denkmal Hölderlins. Im Garten des ehe maligen Rittergutes Kurland zu Rathenow haben ein paar Verehrer des schwäbischen Dichters Hölderlin einen schlichten Gedenkstein in Form einer ionischen Säule aus Sandstein errichtet, deren Sockel die Aufschrift trägt: „Dem Andenken Friedrich Hölderlins. 1912." Das einfach« Denkmal — etwa 2 Meter hoch — steht im Schatten einer über hundert Jahre alten Linde und wirkt würdig und ein- Lrucksooll. * „Das haben die Mädchen so gerne". Aus Nürn ¬ berg wird dem B. T." geschrieben: Bei der Auf führung der Grloertschen Posse „Autoliebchen" ließ der Direktor des Stadttheaters Hofrat Balder ein Transparent einstigen und hierbei das Lied „Das haben die Mädchen so gerne" singen. Um die Zu schauer zum Mitsingen dieses Liedes zu ani mieren, ordnete der Direktor Theatermitglieder in den Zuschauerraum ab. Sechsmal wurde so di« Auf führung Les Gilbertschen Stückes durchgeführt. Nun mehr schritt jedoch der M a g i st r a t der Stadt Nürn berg ein, indem er dem Direktor des Stadtth«a1«rs den Auftrag gab, die Abordnung von Theatevmit- gliodern in den Zuschauerraum sofort einzustellen. In der Magistratssitzung wurde betont, daß das Stadtthcater nicht zum Tingel-Tangel gemacht wer den dürfe. Die Thvaterleitung müßte schon von allen guten Geistern verlaßen sein, wenn sie in einem Stadttheater einen Rummel veranstalte, der sich nur für ein Bockbievfest eign«. Man müsse sich vor den Fremden, die das Theater besuchen, schämen, daß ein solches Kunstbanausentum im Nürnberger Stadt theater sich breitmachen könne. Auch der Oberbürger meister Dr. v. Schuh stimmte diesen Ausführun gen bet. Gerichtslasl. Königliche« Schwurgericht. Leipzig, S. Juli. -rm. Müuzverbreche«. Ende April wurden der 33 Jahre alte Postschaffner Friedrich Franz Hoff mann und der 31jährige Postbote Bernhard Kurt Hörig unter dein Verdachte, falsche Fünfmarkstücke anacfertigt und in den Verkehr gebracht zu haben, auf dem Meßplatz festgenommen. Nach einiger Zeit wurde Hörig wieder auf freien Fuß gesetzt. Heute hatten sich die beiden wegen MünzverbrechenS vor den: Schwurgericht zu verantworten. Hoffmann wurde beschuldigt, in der Zeit von Februar bis Endc April Fünfmarkstücke uachgemacht zu haben. Der Mitangeklagte Hörig stand unter der Anschul. Die Poesie ües Sammers. Bon Paul Pasig. lS.achdruck verboten.) Es liegt ein eigenartiger, lferzbezwingender Zauber über einer Sommcrlandschaft. Tie Natur prangt in der Vollkraft ihrer Entwicklung und gleicht dem reifen Manne, der zu kül-nen Taten bereit und fick seiner strotzenden Kraft bewußt ist. Ta ist nichts mehr zu spüren von dem Hasten und Drängen, von der Nnrulfe der Jugend, von dem Älcndfeuerwcrk des Lenzes, das in tausend Farben sprüht und die Sinne benebelt. TaS Hauptmerkmal des Sommers ist di« R uhe, die stolze, selbstbewußte Rul»e. Daher ist auch keine Jahreszeit zur Er holung und Kräftigung nach der Unrast der Berufs arbeit so geeignet wie der Sommer. Und diese Rill'« spricht so besänftigend zum Herzen wie Meeres- stille nach dem Sturme . . . „Svnnnerrnh', Wie schön bist dul Nachtigallenscelen tragen JIlrc weiclum, süßen Klagen Sich aus dunklem Lande zu. Sommerruh, Wie schön bist du!" . . . Jlfrep reichsten Zauber entfaltet die Sommerzeit in ihren lausclstgen Nächten. Gleich blitzenden Dia manten funkeln am tiefblauen Firmaments die leuck)- tenden fernen Welten auf die leise im Schlummer atmende Erde I>erab, die sich ihrer Ruhe kaum be wußt ist, und wie ein geisterhaftes Raunen geht cS durch Wald und Feld, durch Busch und Baum: „Da geht durch alle Welt ein Grüßen Und schwindet lpn von Land zu Land; Das ist ein leises LiebeSküsscn, Das Herz dem Herzen zugesandt; Das im Gebete auswärts steiget Wie gute Engel lichtbeschwingt, DuS sick zum fernen Liebsten neiget Und süße Schlummerlieder singt . . . O Nacht, wo solche Geister Walley Im Moitbcnschein, auf lauer Luft! O Nacht, wo solche Stimmen schallen Durch lauter reinen Blütenduft! O Sommernacht, so reich an Frieden, So reich an stiller HimmelSruh': Wie weit zwei Herzen auch geschieden, Tu führest sie einander zu!" Und wer in solcher Nacht der alten, längst ent schwundenen Zeit gedenkt, da auch ihm da» her» noch lieiß in der Brust schlug und stck an allem beraiffchte, was schon und lieb war, dem wacht nun die Sehnsucht nach jener seligen Zeit reinsten der Glückes auf. Und ihm ist'» zumute wie dem altern- den Dichter: „Durchs Gewölk die Sterne lauschen Und der Lilie Duft erwacht: Willst du mich wie sonst berauschen, Dunkclschwüle Sommernacht? Deiner Elfen Schwärme kreisen Lockend wieder um mich her, Doch auf ihre Zaubcrweisen Find' ich nicht die Antwort mehr . . . Und was einst so süß mir deuchte Und so sclynerzlich als Berlust, Zieht ein ferne» Blitzgcleuchte Mir erinnern durch die Brust." Eine Sommernacht ist undenkbar ohne Nachtigall schmelzende Klage: diese verleiht lhr erst ihre Weihe, ihren die Herzen gefangennehmenden Zauber: ist'S Leid, ist'S Lust, waS in ihrem Liede tveint? . . . „Bon heiligen Strahlen umfangen, In glühenden Wonnen erwacht, Lob singst du mit süßem Erlangen Das schüchterne Liebesverlangen, Du himmlische Stimme der Nacht!" Und die ganze Welt der Romantik wird wieder lebendig, wenn die linde Sommernacht ihre dunkeln Flügel über die schlummernd« Schöpfung breitet. ES ist, als sei die profane Wirklichkeit mit ihrem Hasten und Jagen nach klingendem Gewinn weit, weit entrückt, und im Geiste wandern wir durch lockende Gefilde ferner Zonen und Zeiten . . . »Zwei junge Gesellen gingen Vorüber am Bergeshang, Ich hörte im Wandern sie singen Die still« Gegend entlang: Bon schtvindelnden Felsenschlüften, Wo die Wälder rauschen so sacht, Bon Quellen, die von den Klüften Sich stürzen in WaldeSnacht. Sie sangen von Marmorbildern, Bon Gärten, die überm Gestein In dämmernden Lauben verwildern, Palästen in Mondenschein, Wo die Mädchen am Fenster lauschen, Wenn der Lauten Klang erwacht, Und die Brunnen verschlafen rauschen In der prächtigen Sommernacht." Aber au cd der Sommertag hat seine eigenen Reize. Heiß und schwül liegt die Sonnenglut auf der wie in schwerem Traume befangenen Schöpfung; kein Blättchen ragt sich, und wie elektrisiert zittert die kristallene Luft im brennenden Sonnenstrahle. E» ist, al» sei die ganze Natur zur Ruhe gegangen, al» hätten sich selbst die ewig schaffenden Natur geister dem Schlummer hingegeben , .. „Pan schläft; in allen Wipfeln Mittagsstill«! Man Ort de» GotteS tiefes Atemholen, Die jungen Blätter flüstern wie verstohlen, Und nur in langen Pausen zirpt die Grille. In Schlummer liegt der hohe Götterwille Und hat zu feiern der Natur besohlen, Die Stunden schleichen wie auf Blumensohlen: Pan schläft; in allen Wipfeln Mittagsstille." Aber gerade diese beängstigende MittagS- stille birgt in den meisten Fällen da» gerade Gegenteil in ihrem Schoße: ein Gewitter zieht her aus, und bald toben die Naturgewalten in wildem Kampfe gegeneinander, Blitze zucken, Donner rollen, in Strömen ergießt sich der Regen auf die lechzende Erde herab. Kein Dichter, kein Prosaiker hat das Gewitter in seinem Entstehen, seinem Verlaufe und seinen Wirkungen so anschaulich, so packend ge schildert wie Klopstock, der fromme McsfiaSsängcr: „Nuu schweben sie, rauschen sie, wirbeln die Winde! Wie beugt sich der Wald, wie hebt sich der Strom! Sichtbar, >vie du es Sterblichen sein kannst. Ja, daS bist du, sichtbar Unendlicher!" . . . Da» sind die Stürme, die daS Nahen des Wetter» verkünden. Mrd bald umdüstert sich der Himmel. . . . „Zürnst du, Herr, Weil Nacht dein (tzewand ist? Dies« Nacht ist Segen der Erde, Vater, du zürnest nicht" . . . Inzwischen entlädt sich da» Gewitter mit aller Macht. . . . „Seht ihr den Zeugen des Nahen; den zückenden Hört ihr JehovahS Donner? sStrahl? Hört ihr ihn, hört ihr ihn. Den erschütternden Donner de» Hcrrn?" Und gnädig zieht das Wetter an den menschen bewohnten Stätten vorüber, und der dunkel nächtende Himmel öffnet seinen Schoß. . . . „Ach, schon rauscht, schon rauscht Himmel und Erde vom gnädigen Regen! Nun ist — wie dürstet« sie — dre Erd' erquickt Und der Himmel der Segenfüll entlastet!" Und neu erquickt, in nie geahnter Frische er- strahlt die Natur nach dem Gewitter: „Siehe, nun kommt Jehovab nicht mehr im Wetter, In stillem, sanftem Säuseln kommt Jehovah, Und unter ihm neigt sich der Bogen des Friedens." Kann es ein lieblichere» Sinnbild de» Frieden» nach dem Toben des Kampfes geben als den freund lich farbenprächtigen Regenbogen? „Er steht mit einem Fuße Im nassen Wiesenara», DaS brennt tn goldenem Gusse Wie feuriger TopaS; Er schwingt gleich einer Brücken Von lauter Edelsten, Am dunkeln Waldesrücken Sick in die Luft hinein. Und in den Wolken schimmert'» Wie mit Jnwelenschrist, Und in den Gräsern flimmert'S Mick an von Flur und Trift: Herz, traue deinem Retter, Der seines Bundes gedenkt Und Sonnenschein aus Wetter Und Trost in Tränen sckienft!" Es ist ein „Lächeln unter Tränen", daS der strahlende Friedensbogen verkörpert: „So lächelt oft des Menschen Äug' in Tränen, Und um die Lippe bebt eS fast wie Freude, Indes daS bange Herz vergeht im Leide Und wie unsäglich nie gestilltem Sehnen." Die Sommerzeit galt von je als die Gnaden- und Segenzeit der Menschl)«it, als eine Zeit, „di« auch die Enterbten deS Glückes", die Kranken und Alten fühlen läßt, da auch sie als Menschen ein gewisses verbrieftes Recht auf Glück haben. Und WaS ist eS, daS dem Sommer dieses beneidenswerte Vorrecht gibt? Der Dichter hat recht, wenn er meint: „DaS gibt der Erde erst den Glanz Und Wethe der Natur, Macht ihr zum schönsten Feierkletd Die blütenärmste Flur, Macht ibr den Bacv zum Pcrlenband, Zum Schmuck den schlecht'sten Stein — Liegt leuchtend über aller Welt Der goldne Sonnenschein!" Der Sonnenschein ist'», den der Sommer in so reicher Füll« spendet, und der ihn zur Gnadeu zkit macht, und wenn heute da» Leben für so viele trüb« und unfreundlich ist, daß sie ihm am liebsten den Rücken kehren möchten, fv möchdm wir dem Dichter recht geben: «ES fehlen heut' der Menschenwelt Eben die Sommertag«! Ein kurzer Lenz — und Winter dann. Ein flüchtig laue» Beben, Und eisig tritt der Tod heran —- Nirgends Glut und Leben. Wohl regen sich, wenn Frühling wirbt, Gefühle noch und Triebe, Ein eis'ger Windhauch — alle» stirbt7- Nirgends Kraft und Liebe! Und nun ich unreif und ergraut Kinder seh' und Greis«, Bevargt mir'» nicht, daß voll und laut Ich den Sommer preise!"
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