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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.07.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120716011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912071601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912071601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-16
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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Morgen Ausgabe Anzeigen-Preis Bezngt-Prei» S»L 106. Igtirgsng Nr. 358 virnsi»,, Len IS. 3uU ISIS 24 Seiten Italiener haben Sidi Ali an der * Theateranzeigen siehe Seil« 12. eine drei schwer kümmert, ickten in» P.ftlcheckt»»«» L«i»»t, M. * Der wmnt an * In Amerika richteten mehrereWindhosen einen Schaden von Millionenan. (2. Tgschr. Seite 3.) * Die Leiche des bekannten Schauspielers Heinz Monnard wurde gestern in Leipzig einge- äschert. (S. K. u. W. Seite 2.) Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 10 Seite«, die vorliegende Morgennummer 14 Seite«, zusamme« lief dem iter und it Aus- s Rar« tranken, i, käme» s hohen Sturm» st über Drei i. Der nd auf rudert» vss Wichtigste. englische Dockarbeiterstreik ge- Ausdehnung. (S. Ausl. Seite 3.) » . s is mr Lel.-ÄNschl.E 14 693 s 14 694 V»ftlcheckk»nt« L«i»,i, 838. * Die tripolitamschen Küste eingenommen. (S. bes. Art. Seite 2.) abrkken Segler Wie Mchaft ife mit Dorort ig aus Bisher streiche wahr» lichen «adeorte leideter mpfang Haufen h. Die oeniaen rrschüsse !. Der Suisson, ht. erei kam Angers, drängte ater als irde, an Bank» eGold iei, floh aldiener re Gen» rfolgung tnehmen m Gen» -n Der» d Mühe i gleiten Spieler schwer «s Der» schmuck» , ten oe» ' Summe Komm eine neue Leuerungs- perloLe? Jetzt bei Wiederbeginn der großen Hitze, die kaum hinter der des vorigen Sommers zurücksteht, regt sicki lebhaft die Frage, ob wir etwa auch eine gleiche Zeit der Teuerung zu erwarten haben wie im vorigen Jahre. Die Antwort auf diese Frage lautet aber beruhigend. Denn, soweit fick im Augenblick die Verhältnisse des diesjährigen Saatenstandes übersehen lassen, ist eine Verbesse rung gegen das Vorjahr und auch gegen den vorigen Monat auf der ganzen Linie zu verzeichnen. Die amtlichen Berichte über den Saatenstand in Preußen lassen das deutlich erkennen. Wenn die Zahl 4 gering, di« Zahl 3 mittel, die Zahl 2 gut bedeutet, ergeben sich für den Julibeginn geigen den Juni- beginn folgende Zahlen: Wintcrweizen 2,4 <2,5), Sommerweizen 2,2 (2,4), Winterroggen 2,5 (2,7), Sommerroggen 2,7 (2,9), Sommergerste 2,3 (2,4) usw. Sehr erfreulich ist der Stand der Futtermittel.» Vorher konnte über die Futtermittel Besorgnis 1 Ullarmri»« Lredtt» Lankkonto: j D.u.ich.^'vk»°"u.w,«- I D«» »Kaü« Grimm. Etrtnweg ll Amtsblatt des Aales und des Volizeiamlcs Ser Stadt Leipzig. Der Zar von Nutzlanü über üie Neugestaltung üer russischen Flotte. Zar Nikolaus hat von Baltisch-Port aus an den russischen Marineminister Erigorowitsch ein längeres Reskript gerichtet, in dem er sich in bemerkenswerter Weise über die 'Neuorganisation der russischen Flotte äußert. Das Reskript wurde auf allen Schiffen und in allen Küstenkommandos des Marineressorts zur Kenntnis gebracht. Das Schreiben lautet: „Am 23. Januar 1912 sanktionierte ich das vom Reichsrate und der Reichs duma gebilligt« Gesetz, weiches di« Kosten des Baue neu«: Schiffe für die Kriegsflott« und der Einrich tung der Etablissements Les Marineressorts sowie die Flüssigmachung der Mittel hierfür durch die Reichsrent^i bestimmt. Auf Grund dieses Gesetzes wird dem Marineressort für di« nächsten fünf Jahre ein seinen Dimensionen nach außerordentlicher Kredit von 1/2 Milliarde Rubel zur Neuschaffung unserer Kriegsflotte zur Verfügung gestellt. Möge dieser Tag nicht nur der Tag großer Hoffnungen für Ruß land sein, sondern auch der Tag großer Verantwort lichkeit für das Marineressort. Die schweren Wun» den, die der verflossene Krieg unserer bisher Nieder lagen nicht kennenden Flotte geschlagen hat, müssen geheilt werden. Unsere Flotte muß in einer Macht und Kraft entstehen, di« der Würde und dem Ruhm Rußlands entsprechen, doch dürfen diese Wunden, als ein« von der göttlichen Vorsehung uns aufer legte Prüfung, nicht vergessen werden. Aus der Erinnerung an sie ist das Streben zu schöpfen, künftig jene Unvollkommenheiten und Fehler zu vermeiden, durch welche die jüngste Vergangenheit gekennzeichnet ist. In einer Reihe von Reskripten, die von mir an herrsclM, es ha* sich aber eine wesentliche Besserung eingestellt; die Zahlen sind: Futterrüben 2,6 (2,8), Alec 3,3 (3,6), Luzerne 2,8 (3), Nicselwiesen 2,3 (2,6), andere Wiesen 2,6 (3,1). Ein Vergleich mit den früheren Jahren ergibt gleichfalls fast durchivcg eine bedeutende Verbesserung, wie z. B. dec Stand des Winterwcizcns erkennen läßt. Rur im Jahre 1906 war er um einen Punkt besser, damals betrug er 2,3, während er diesmal 2,4 beträgt. Ihm gleich waren die Jahre 1908 und 1910, während die Jahre 1903 mit 3,0, 1909 mit 2,9, 1911 mit 2,9 ganz erheblich schlechter waren. Aus einem allgemeinen Vergleich der Getrcidearten und Futtermittel ergibt sich, daß der Stand der Saaten Anfang Juli 1912 um vieles besser ist, als der des vorigen Jahres und sogar zu dem besten seit 1905 zählt. TaS feuchte Wetter deS Juni hat eine befriedigende Entwicklung der Saaten und Futterpflanzen zur Folge gehabt. Allerdings war die viele Nässe auch der Unkraut- cntwickluna günstig, und die starken Regengüsse haben auch manchen Schaden, am Winterroggen zum Bei spiel, zur Folge gehabt, es ist aber doch gerade, bei die,em mehr als eine Normalernte zu erwarten. Die Hülsenfrüchte gedeihen überall ausgezeichnet, während die Kartofteln sehr ungleichmäßig sind. Im großen ganzen ist eine durchaus gute Ernte zu erwarten, die die des vorigen Jahres ansehnlich übertreffen wird. Die Besorgnis vor einer neue« Teuerungsperiode erscheint also diesmal in der. Tat nicht angebracht. la« 1913- der deut» Garten hat be» 1913 in Hundert» rbauaus» eslau ist >nn zahl» irtenbau» I»1«rat« a»» llrippa »»d »t« llpaUi«, P»ttt»«»l« S Ps-dt« Stella««- »eil« i Vit. 0»» «»»wärt, M Ps, R«tlam«» llll Mk. Inl«rat« van Bedörd«» im amt- Uch.n lall dta P«M,«tt« S0 Ps. G,lcha!l»an,«t««n mit Pla»oorlchttst«» t« Prrll« «rhötzt. Stada« nach Tarif. «eUose,ebllhr S«1amt- aallag« S Mk. ». Taul«nd «xkl. Paftgebühr. Irttd«Uai« hüd«r. F«k»tt«tlt« Aalträa« tönn«n nt-tN ,urück- a«,»,«» ««kb«n. Für da» Erich«!»«» an vehtmmtea Ta««n und Platz«» wird kein« Garant!» üd«rnamm«a. Nnj«tz«n - ktnnadm«: I»tz»»»i»»»tz» 8, det sämtlich«» Filialen ». all«» ülnninc«»- Erp«dition«n d«» 2ir- und Äu»la»d«». Dru« »ad v«rla« »»» Fisch«, ch Kürst«, 2nl>ad«r: Pa«! Kürst«». StelakNo» and Geschrit,stell«: 2ol>annl»aall« 8. Haupt«Filial« Drr»»eu: Ereitra»« < t (l«I«phon 4820. i« Hau» ««bracht: l» VI- monatig r.n>»«. vtanrllädrl. v«t »ns«ru Ftltal«» u. «a- aahm«lt«a«u ad«rhau: 7d Pf. »roaatt, r^S P«. vt«rt«liLhrl. P«ch »t« P.U: imirrhald Drutschland» und der dänisch«» K»lont«n ,t«N«ljährl. d.« «ll. monatl. tchü Stt. au»fchi. Poftd«ft«üa«ld. 8«r»rr tu v«l,i«a, Dan«mark. d«n Donauftaat«». Italten. Lurrmdura, Siirdrrland«, Stor- w«g«n, O«1t«rr«ich»lluaar», Studlaud, Schw«d«» und Schm«!» 2n alt«n übria«, Staat«» nur »irr« durch di« E«schast>» lt«a« d«» Blatt«» «rhSMtch. Da» L«tp»t««r Ta,«dlatt «r!ch«Utt Lmal täglich. Sonn» ». Fktettag» nur morgen». eld»an«mrnt»->»nahm«: 2»da»»t»g»ll« 8. dat»ns«r«n Träg«»». Filtal«n.bp«dtt«unn and Annahmrftrllrn, I»w>« Posiämt«rn und Brt«strag«rn. Gt»»il»«rkaut»vr«t» U> Pf. fast überwältigende Macht in sich vereinigen; aber der Mensch kann nicht Vorsehung spielen; er muß sich begnügen, das offensichtlich Bessere zu erstreben, und als besser muß uns allen gegen über dem jetzigen Zustande die Gewinnung der sozialdemokratischen Wähler für den deutschen Nationalstaat erscheinen. Hätten die 110 Sozial demokraten des Reichstages doch den Reichshaus halt und die Wehrvorlagen bewilligt! Niemand hätte sie daran hindern können, und die Freude bei deu deutschen Vaterlandsfreunden wäre groß gewesen, zumal lvenn die Handlung aus dem Innern und nicht aus taktischen Erwägungen ge flossen wäre. Daß es nicht geschehen ist, muß mau bedauern, ebenso die jetzige Ablehnung des badischen Haushalts, wie jedes törichte Verhal te» von Leuten, denen deutsche Arbeiter ihr Ver trauen schenken. Baden nimmt eine ganz besondere Stellung in der Entwicklung der Sozialdemokratie und namentlich für die Vorstellung, die sich bürger liche Kreise von der Sozialdemokratie machen, ein. Baden ist das Land des Großblocks. Für zwei Laudtagswahlen ist dort zwischen Liberalis mus und Sozialdemokratie ein Abkommen getroffen und gehalten worden, ebenso für die letzten Reichstagswahlen. Es hat sich dazu auch ein Verhältnis positiver Arbeitsgemeinschaft im badischen Landtage gesellt. Bei der Brausteuer ist die Gemeinschaft freilich in die Brüche ge gangen, im allgemeinen aber ist sic aufrecht erhalten, namentlich pflegt von Großblocksreun- den das Schulgesetz angeführt zu werden. Es ist Pflicht der Objektivität, auch diese „guten Seiten" der Großblockpolitik zu würdigen. Im allgemeinen ist die Kenntnis der deutschen Öffentlichkeit von den Zuständen in Baden viel zu gering. So gut man Korrespondenten nach Kriegsschauplätzen sendet, sollte man Bericht erstatter mit gutem Beobachtungsvermögen in das schöne Baden schicken. Es muß heute ge nügen, festzustellen, daß der Großblock in Baden bis jetzt im allgemeinen „funktioniert" hat, daß er inr besonderen den von den Gründern verfolg ten Zweck, eine Zentrumsmehrheit, die für da badische freiheitlich gesinnte Volk gewiß kein leichtes Ding geiypscn wäre, abzuwenden und daß in Baden der nationale, landwirt schaftsfreundliche Liberalismus die Ober hand behalten hat, zum Unterschied von Würt temberg, dem Lande der Demokratie, und von Bayern, wo der Fortschritt in den letzten Jahren Boden gewonnen hat. Das sind Tatsachen, die zu allererst der Gegner des Großblocks offen anerkennen muß, weil ihm sonst die Kenntnis der Dinge mit Recht abgesprvchen werden kann und seine Warnungen an Gewicht verlieren. Mit um so größerer Entschiedenheit muß man sich gegen die Begründung wenden, die die badische Sozialdemokratie am 12. Juli ihrer Budgctablehnung gegeben hat. In der formu lierten Erklärung, die sie durch den Mund des un zweifelhaft dem Revisionismus zuneigenden Abg. Kolb erlassen hat, kommt zum Ausdruck: die Ssüilche Träume. Die b adif-ch e n So zia l de m o kra te tt haben mit IS Stimmen gegen den badischen Staatshaushalt votiert. Vor 2 Jahren lMte die selbe Fraktion den gleichen Staalshausyalt — der jeweilig 'für 2 Jahre ausgestellt wird — an genommen, wofür fte scharfe Angriffe auf dem allgemeinen sozialdemokratischen Parteitage von seilen der „Unentwegten" zu erdulden hatte. Weittragende Hoffnungen bürgerlicher Kreise sinken infolge der Budgetverweigerung vom 12. Juli 1912 ins Grab, aber die Hoffnungen werden, wenn anders wir unsere Pappenheimer kennen, bald wieder erstehen. Man will die Hoffnungen weiter hegen, teils aus nationalen, teils aus parteipolitischen Gründen. Am letzten Ende wird ja jeder gute Deutsche hoffen und wünschen, daß der Riß, der durch unser Volk geht, nicht ewig währt. Es wäre eine geradezu diabolische Politik, zur Erreichung selbstsüchtiger Zwecke das Vorhandensein einer unversöhnlichen Sozialdemokratie nach Möglich keit zu fördern. Freilich mag auch die „Mause rung" — die wirkliche, nicht die vorgebliche der Illusionisten — ihre Gefahren haben. Hans Del brück war, wenn wir nicht irren, untckr den Ersten, die darauf hinwiesen, daß der Augenblick, wo die Sozialdemokratie sich zu einer Reformpartei auf der Grundlage des Gegenwartsstaates wandele, keineswegs ungefährlich sein werde; natur gemäß würde diese Partei von sehr radikalen Reformwünschen beseelt sein und sie würde eine badische Regierung habe den Boden der Ver fassung verlassen, weil sic die Mitglieder der Sozialdemokratie nicht auf allen Gebieten als gleichberechtigte Staatsbürger behandeln wolle. Dieser Vorwurf geht alle Einzelregierun gen und die des Reiches an. Es ist ein unerhör ter, trügerischer Vorwurf. Die Verfassung soll verletzt tverden, weil Sozialdemokraten nicht zu Beamten ernannt tverden! Wenn aber die Ver fassungen die Bestimmung enthalten, daß die Aemter des Staates jedem Staatsbürger offen stehen sollen, so ist diese Bestimmung sinngemäß dahin auszulegen, daß der Betreffende die not wendigen Voraussetzungen erfüllen muß. Er muß z. B. durch Prüfungen fachliche Kennt nisse Nachweisen und auch sonst die Eigensckfaft zur Ausfüllung des Amtes besitzen. Tas versteht sich von selbst, auch wenn cs nicht in der Ver fassung enthalten ist. Er muß auch die Gewähr bieten, daß er die Verpflichtungen des von ihm abzuleistenden Beamteneides ernst nimmt. Das ist bei den Sozialdemokraten ausgeschlossen. Die hochgelobtc „gebildete" badische Sozial demokratie macht sich dnrch ihre Erklärung vom 12. Juli auch einer Mgeschmacktheit und tvidcr- lichen Heuchelei schuldig. Die Sozialdemokratie denkt gar nicht daran, in ihrem eigenen Macht bereich und in ihrem Zukunftsstaate den Anhän gern der Monarchie Gleichberechtigung zu teil werden zu lassen. Es ist vornehme Pflicht des mächtigen Gcgenwartstaatcs, seinen Gegnern eine weitergehende Freiheit der Betätigung zu verstatten, als sie von der anderen Seite gewährt werden würde, aber man soll nicht von ihm verlangen, daß er seinen erbitterten Feinden zu ruft: „Nur immer hereinspaziert, meine Herr schaften, hier sind Beamtenstellen, hier sind Ofsi- ziersstellcn für euch." Dadurch würde er sich zugleich des inneren Zusammenhalts und der geschlossenen Macht berauben, auf der sich unser freies Verfassungsleben aufbaut. UpMer Tageblatt Handelszeitung atz die Kittel» kamen . Die , aber einen nässer, einen ;enart >1 an« :at» jren» rsch- >8 2 6 !4 0 s 6 6 40 .« 62 . 00 » 25 , 14 18 . 16 . 10 . lO » Lin Kusklug Lurch Leipziger Lsnü. Es ist eine alte, oft wiederholte Klage, Latz die Leipziger Umgebung keine lohnenden Ausflugsziele biete. Daß der nach Leipzig Zugewanderte, der vielleicht aus den lieblichen Waldtälern Thüringens oder aus der ernsteren Mittelgebirgslandschaft des Erzgebirges in unsere Ebene gekommen ist, hier die augenfälligeren Naturschönheiten seiner Heimat ver mißt und sie darum arm und reizlos schilt, ist viel leicht weniger zu verwundern. Aber daß der ge borene Leipziger in aller Regel die zarten, verborgenen — um das Modewort zu gebrauchen: — intimen Reize unserer weiten, satten, grünen Auen- landschaften nach Zwenkau, Erobern, Gundorf, Schkeuditz zu und der ruhevollen, weiten, großlinigen Feldfluren nach Lützen, Breitenfeld, Hohenhaida hinaus nicht zu würdigen weiß, zeigt, wie sehr das Leben in der poesielosen Mietshäuserstraße der Großstadt einerseits und der Snobismus d«r pflicht mäßigen Sommerreise nach einigen wenigen her gebrachten Reisezielen mit besonderen landschaftlichen „Tlous" auf der anderen Seite das feinere Natur verständnis unausgebildet gelassen haben. Auch in diesem Punkte zeigt sich der Rückschritt unserer persönlichen Kultur der Gegenwart gegen jene der klassizistischen und romantischen Epoche trotz aller Besserungen, die das letzte Jahr zehnt im Gefolge gehübt hat. Der Rückschritt in der Fähigkeit, feinste landschaftlich« Stimmungsreize auch ohne marktschreierisch« Anpreisung wahrnehmen zu können, oder die Blasiertheit des Großstädters aus dem Jahrhundert des Verkehrs, der etwa für die an spruchslose Lieblichkeit Lauchstedts, das einst selbst Goethe genug war, — man sei ehrlich, — in den meisten Fällen mehr ein antiquarisches oder Mode» illteress« übrig hat, als ein verstehendes, be glückende« Nachempfinden seiner landschaftlichen Schönheit. Freilich macht sich jetzt allenthalben eine Wand lung zum Besseren bemerkbar. Mag sein, daß man zunächst aus der Not eine Tugend machte und sich nur in Ermangelung besonderer landichaftlicher Attraktionen in erreichbarer Näh« der Stadt den einfacheren Naturfchönheiten ihrer Umgebung wieder zuwandte und dabei nach und nach den Sinn für sie wiedergewinnt. Jedenfalls sind Zeichen erfreulicher Wandlung vorhanden. Eines der bemerkenswertesten ist jenes anspruchslose und doch so reizvolle Wander buch „Leipziger Land", das vor einigen Monaten der Leipziger Lürerbund herausgegeben hat und Las mit nachbaltigem Erfolg« für seine Bestrebungen dem Bunde seine treue heimatliche Fürsorge so reich ver golten hat. Einer Anregung aus diesem Büchlein entsprang auch eine reizvolle Sommerabendwanderung, deren Schilderung vielleicht weitere Freunde für Leipzigs „reizlose" Umgebung gewinnen hilft. In wenig mehr als einer halben Stunde hatte uns der schnelle Wagen der elektrischen Außenbahn nach Schkeuditz gebracht, von wo aus wir uns west wärts wenden. Aber nicht auf der großen Höllischen Landstraße wandern wir. Wir halten uns weiter links auf der Straße, die, dem Laufe der Elster im allgemeinen getreu folgend, die lange Reihe der Dorfschaften verbindet, die das nördliche Ufer des Flusses kränzen. Zunächst freilich müßen wir noch ein Stück reiz loser Straße durchschreiten: die häßlichen Ziegelroh' bauten der Arbeiterhüuser zwischen Schkeuditz und Wehlitz, deren rohe Nacktheit dem guten Geschmack mehr Äergernis bereiten kann, als manche andere Nuditäten. Der Heimatschutz sollte die Neuerrichtung dieser Bauten grundsätzlich unmöglich machen, zu» mal die entstehenden Mehrkosten für Verputz ver hältnismäßig belanglos sind. Erst jenseits von Weh litz können wir die eigenartige Landschaft ungestört auf uns einwirken laßen. Ungewöhnlich steil für die Verhältnisse der Flachlandschaft steigt das rechte Ufer der Elster etwa 20 Meter über den Spiegel des Flußes hinan bis zur Straßenhöhe, in der sich, vor jedem Hochwasser geschützt, auch die Dorfhäuser be finden, häufig terrassenförmig übereinander, lieblich« perspektivische Wirkungen erzielend. Nach Süden hin schauen sie weit hinaus in die breite grüne Aue der Elster und der Luppe, deren verschlungene Wasser läufe saftige Wiesen und prachtvolle Schwarzpappel», Eichen», Erlengruppen begleiten, soweit nicht über» Haupt noch zusammenhängender, dichter Laubwald sie lauschig übersckmttet. Auch nacb Norden hinauf steigt der Hang noch weiter in die Höhe, eine breite, schwere Lehne, di« aber im Gegensatz zu der fruchtbaren Au, viel wasser» ärmer ist. Es ist sehr feßelnd, die Umbildung der Pflanzenarten zu beobachten, die Lieser Unterschied in der Bewässerung heroorgerufen hat. Links saftige, gedrungene, wasserreich« Stauden, rechts besonders an den steileren Hängen schlank«, schüttere, seh nige Halme: Steinbrech. Rittersporn, Glockenblume. Ueberhaupt ist der große Blumenreichtum der Gegend auffallend. Er zeigt, wie bunt auch die Wiesen in größerer Nähe der Stadt aussehen könnten, wenn nicht gedankenloses Sonntagspublikum und gewissen lose Blumenhändler sie ausplünderten. Ob nicht die Marktpolizei, dadurch, daß sie gelegentlich genauere Auskunft über den Erwerb jener vielen Dutzend Wiesenblumensträuße forderte, wie sie in den Friih- lingsmonaten in Leipzig besonders in der Markthalle feilgehalten werden, wenigstens den letzteren ihr schäöliches Handwerk endlich legen könnte und sollte? Besonders in den tiefen Einschnitten der langen Hohlwege, die nach Norden di« Höhe zu gewinnen suchen und für unsere Umgebung eine Seltenheit sind, leuchtet und schimmert eg in abgeschlossenen grünen Buchten im schweren, flüssigen Abendsonnengolde so bunt und erfreuend, wie im reichsten Pflanzengarten. — Längst sind wir unterdeg durch Ermlitz und Oberthau hindurchgeschritten. Die noch ganz länd lichen Dörfer unterbrachen trotz rbrer Stattlichkeit kaum die abendstille, liebliche Wiesenwanderung, so heimisch schmiegen sie sich in das dicht« Baumgrün ihrer alten Bauerngüter ein, au, denen häufig das Helle Laub des Nußbaumes hervorleuchtet. Denn es ist ein warmer Strich, dieser Südhang, den der Höhenrücken so trefflich gegen di« kalten Winde schützt. Isi s so verwunderlich, daß man früher hier so gar Wein gebaut hat? Drüben, unterhalb von Röglitz, das jetzt in lieblicher Hügellage schräg vor uns sichtbar wird, steht sogar noch das Mnzerhaps, das sich die Merseburger Herzöge hier errichteten, al« sie im 17. und 18. Jahrhundert die beschauliche Merseburger Bisckofsherrlichkeit in noch beschau licherem Rokokorittertum fortsetzten. Zerbröckelnder Stuck an den Decken zeigt galante Schäferszenen. Wag daran mag konventioneller Geschmack, was Widerschein längstoerflossener Wirklichkeit sein? Wir werden'- nie erfahren. Die schweren Ztnnsärge drüben in der Gruft des Merseburger Dome« künden mit ihren wohlgravierten Etiketten wohl die genes» logischen Daten mit der genauen Sachlichkeit des Go, theer Almanachs. Aber das Menschliche, das, was diese Herzen einst höher schlagen ließ in Liebeshoffen und -dangen, das enthalten sie noch im Tode den an deren vor, wie es im Leben eine andere Etikette oft genug getan haben mag. Wie heißt es doch in dem halb spöttischen, halb resignierten Rokokoreim? Man muß die «mtürwuts, Ach leider, oft eaebirem. Weil sich mit vvickonc« Die Leute sonst rnvquirsv." Das Volk hat es besser. Es besitzt noch die starken Gefühle, und es besitzt sie nicht nur. es braucht sie auch nicht zu unterdrücken und zu ver stecken. Und so lebt sein geheimstes, tiefes Glück und Leid leicht länger fort, zu Trost und Hoffnung der Späteren: War da gerade im Nachbardorfe, in Weß mar, um das Jahr 1730 Johannes Adam Hänschäel Pastor und hatte eine Tochter, ein Kind von zwanzig Jahren. Und war da ein Advokat der Bräutigam der Christiane geworden. Theologie und Jurisprudenz stehen sich ja nicht so fern. Zur Weihnacht war der Advokat wieder auf einige Tage auf das entlegene Dorf hmausgekommen: das hatte er erfahren, der Kürassier, dem das Mädchen früher ihr Herz gelobt hatte. Am Abend des dritten Weihnachtstagcs gehen di« zwei Brautleute zusammen vor dem Pfarrhause auf und ab. Plötzlich kracht «in Schuß: der betrogene Soldat hat sich gerächt, Christiane liegt leblos am Boden. Fast 200 Jahre sind seit dem düsteren Weihnachts abende verstrichen. Aber noch heute hat sich im Dorfe die Erinnerung erhalten in einem Dolksliede, das mit dem unbedenklichen, natürlichen Empfinden des Volkes für den Kürassier Partei ergreift, der seine Tat dadurch büßte, daß er in Borna erschossen wurde. „Ein Priester wohnt in Sachfenlanü, Weßmar heißt das Dorf genannt. Zu Merseburg tut's gehören. Gr hatte ein einzig' Töchterlein, Erzogen in dem Eh'stand fein. Zu Gottes und seinen Ehren. Ein Küraßreiter wohlgemut. Ein braver Soldat und junge» Blut, Der stand dort im Quartiere. Man beachte anch die Inserate in der Abend-Ausgabe.
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