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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120727026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912072702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912072702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-27
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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SeUr 2. m. 3S0. los. Istzrgsng. fi« nun die Albaner so weit gebracht, daß diese von einer Lostrennung von der Türkei phantasieren. Nun, das ist ausgeschlossen. Wenn die Albaner he tue einen fremden Staat zu Hilfe rufen, würde di« ganze Türkei sich wie ein Mann erhöben und gegen die Albaner marschieren. Wir würden sie vom Erdboden vertilgen. Albanien ist türkisch und mich türkisch, d. h. zum Ottomanischen Reiche gehörig, bleiben. Man mutz nur endlich so weit kommen, datz nurn die Albaner wieder zu den treuen Untertanen macht, die sie früher waren. Dazu gehört vor allem, datz man seine eigenen Fehler einjieht. Der Minister des Innern Halil-Bei ist in der Kammer aufgestanden und hat über Al banien berichtet. Aber er hat nicht gesagt: „Wir haben den Fehler gemacht und den" — nein, er hat sich damit begnügt, Daten aufzuzählen. Am soundso vielten sind diese Truppen hinaufgeschickt worden, am soundsovielten diese" — ja, wen interessiert denn das? Statt dessen hätte er offen sagen müssen: „Das haben wir schlecht gemacht, das und das." Und dann hätte er die Fehler aufzählcn können, die an den Al banern begangen wurden. Denn die haben auch nicht in allen Punkten recht und sich auch manchen schwe ren Missgriff zuschulden kommen lassen. Vor allem hätte man darauf Hinweisen müssen, wie wenig ver trauenswürdig die Führer der Albaner sind: Issa Bolatinaz, Hassan-Bei — ihr eigenes Land traut ihnen nicht recht. Statt dessen häuft man Fehler über Fehler und mutz eine Position nach der anderen den Albanern gegenüber aufgeben. Das Kabinett ist gestürzt und mit ihm Halil-Bei und Talaat-Bei, gegen die sich hauptsächlich die Empörung richtet. Gut, diesen Er folg mag man den Albanern gönnen. Auch ihren sonstigen Forderungen — uird die sind zum grotzen Teil nur gerecht — mutz man endlich und mit dem ernsten Willen, sie zu erfüllen, entgegenkommen. Aber darüber hinaus keinen Schritt mehr zurück! Ihre Schrift, ihr« Sprache, ihre Schulen sollen und müssen sic haben, und cs ist eine Schande, datz sie sie noch nicht haben. Aber sie müssen Untertanen des Ottomanischen Reiches bleiben. Was ihre Forderung, betreffend die Auflösung der Kammer, angeht, so lätzt sich da schwer etwas vorher sagen. Ich glaube nicht, datz di« Kammer grotze Geneigtheit zeigen wird, sich selbst nach Hause zu schicken, aber vielleicht gelingt es Tewfik-Pascha dennoch, die Auflösung der Kammer durchzusetzon. Bestimmtes lätzt sich darüber nicht Vorhersagen, ich wiederhole es. Aber datz das Zustandekommen des Friedens an diesem Punkte scheitern wird, glaube ich nicht. Es wird sich schon ein Mittelweg finden lassen, auf dem sich die Wünsche der Albaner und das Interesse des Staates begegnen." Deutsches Reich. Der neu« Direktor des Reichs-Kolonialamts. Aus dem Reichs-Kolonialamt erfahren wir, datz der Geheime Ober-Regierungsrat Gerst- ineyer, der nach dem Ausscheiden der Geheimen Legationsräte Dr. Golinelli und Dr. v. Jacob sowie nach der Ernennung des Geheimen Ober-Regierungs rats Ebermaier zum Gouverneur von Kamerun der älteste Vortragende Rat der Kolonial-Zentrcklverwal'- tung ist, bis auf weiteres mit der Führung von Di- rektorialgescljäften beauftragt, und datz ihm zunächst vertretungsweise die Leitung der allgemeinen Der- waltungsabtcilung übertragen worden ist. Geheim rat Gcrstmcyer, der dem Kolonialdienst seit 1900 an gehört und seit April 1901 als Referent in der Zen trale gewirkt hat, ist später längere Zeit in Ostafrika und Südwestasrika bcsclhiftigt gweson und hat auch Kamerun und Togo dienstlich kennen gelernt. Er hat sich namentlich durch eine umfassende literarische Tätigkeit, besonders durch die Ausarbeitung wichtiger Gesetzesvorlagen, z. B. des Kolonialbeamtengesetzes, betreffend den Kolonialgerichtshof usw., sowie durch Herausgabe der Deutschen Kolonialgesetzgobung und eines Kommentars zum Schutzgebietsgesctz bekannt gemacht. Gesetzgeberische Mahnahmen auf Grund der Internationalen Wechselrechtskonferenz. Man schreibt uns: Nachdem die im Haag ab gehaltene Internationale Konferenz zur Einführung eines einheitlichen Wechsclrechts zum Abschluß einer Konvention geführt hat, sind für Deutschland eine Reihe gesetzgeberischer Maßnahmen erforderlich. Es wird zunächst die Internationale Konvention dem Bundesrate und Reichstage als Vorlage zugchcn, die der Zustimmung der gesetzgebenden Körper schaften bedarf. Erst nachdem der Reichstag die Leipziger Tageblatt " Fden-aasgad« Konvention angenommen hat, kann die Rati fizierung seitens des Deutschen Reiches erfolgen. Sobald dann die an dem Abkommen beteiligten anderen Staaten die Ratifizierung ebenfalls vor genommen haben, wird dem Bundesrat und dem Reichstag eine neue Vorlage zur Abänderung des geltenden Wechselrechts zur Beschlußfassung unter breitet werden, welche die durch das Internationale Uebereinkommen notwendigen Aenderungen enthält. Von grundsätzlicher Bedeutung werden jedoch diese Aenderungen für unser Wechselrecht nicht sein, weil die Internationale Konferenz im Haag in allen wesentlichen Punkten die Vorschläge der deutschen Vertreter angenommen hat. Zu einem allgemein gültigen Weltwechselrecht wird es übrigens auch nach der Ratifizierung der Haager Konvention nicht kommen, da in erster Linie England und die Ver einigten Staaten sich dem Abkommen nicht anjchlietzen werden. Ihre Teilnahme an der Konferenz geschah mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, sich an der Ratifikation eines Abkommens nicht beteiligen zu wollen. Gehören Spionageprozesse vor das Reichsgericht? In der „Deutschen Juristen-Zeitung" war jüngst der Vorschlag gemacht worden, die Spionageprozeffe gewöhnlicher Natur den Strafkammern zu über geben, um das Reichsgericht zu entlasten. Zu diesem Vorschläge nimmt in der neuen Nummer der „Deutschen Juristen-Zeitung" Reichsgerichtsrat Ebermayer-Leipzrg das Wort. Er verwirft diesen Vorschlag, weil Spionageprozesse oft in engem Zusammenhangs stehen und es zweckmäßig sei, des halb stets ein und dasselbe Gericht nnt ihrer Ab urteilung zu beauftragen, schon um die Gleichmäßig- leit in der Beurteilung der Rechtsfragen zu ver bürgen. Ebermayer wrll aber eine Erleichterung dadurch schaffen, datz er statt 2—3 Senaten nur einen Senat in Anspruch nehmen will. Für die gewöhn lichen Spionagesachen dürfte dieser Vorschlag kaum auf Schwierigkeiten stoßen. Vereinfachung der Trichinenschau. Berlin, 27. Juli. Auf Veranlassung des Kaiser lichen Gesundheitsamtes sind die Bundesregierungen um praktische Erprobung eines vereinfachten Ver fahrens für die Trichinenschau ersucht worden. Nach den geltenden Bestimmungen Les Bundesrats vom März 1903 zum Flcischbeschaugesetz vom Jahr« 1900 müssen bei der Untersuchung von Schweinen bei je dem Tier 24 Proben entnommen und mikroskopisch untersucht werden, und zwar 12 aus dem Zwerchfell, und je 6 aus den Kehlkopf- und Aungenmuskeln. Diese grotze Zahl der Proben bedeutet naturgemäß eine wesentliche Verteuerung der Fleischbeschau, unter der in erster Linie das Fleischergewevbe zu leiden hat. Nun ist von dem Direktor eines städtischen Fleischbeschauamtes ein Verfahren vorgeschlagen und erprobt, das eine wesentliche Vereinfachung der Untersuchung auf Trichinen bedeuten würde. Denn bei diesem System ist nur die Entnahme von 14 Pro ben erforderlich, ohne datz die Zuverlässigkeit der Untersuchung dadurch in Frage gestellt würde. Auf Grund der mit diesem Verfahren in Berlin gemach ten Erprobungen hatte bas Kaiserliche Gesundheits amt die Bundesregierungen angeregt, Versuche mit dem neuen Verfahren anzustellen. Sobald sich durch die praktischen Versuche herausgestellt hat, datz das neue System trotz seiner größeren Einfachheit gegen über dem jetzt gobräuchs-ilden doch ebenln sicher wi-kt. wie dieses, dann dürfte das Rcichsgei>uldhei1sa.mt die Einführung beantragen. Diese Einführung würde naturgemäß eine Abänderung der Ausführungs bestimmungen des Bundesrats vom Mürz 1903 not wendig machen. Ausland. Frankreich. Die kanadischen Minister in Paris. Paris, 27. Juli. Die hiesige „Daily Mail" meldet: Der kanadische Marinemmister Hazen. der heute nachmittag hier eintrifft, wird mit Delcasss eine besondere Unterredung haben. Gleichzeitig mit Hazen kommen der Premierminister Borden und der Justizminister Doherty nach Paris. Der Minister für Post und Telegraphie Pelletier weilt bereits seit einigen Tagen hier. Der Be such der kanadischen Minister in Paris bilde ein Zeichen dafür, daß Kanada an der Leitung der Geschäfte des Britischen Reichs einen größeren Anteil nehmen wolle als bisher. Sowohl vom Gesichtspunkt der Geschichte wie der Stammesverwandtschaft aus seien die Franzosen nach den Engländern, diejenige Nation, mit der die Kanadier die engsten Be ziehungen unterhielten. Es sei natürlich, daß, wie der Postminister Pelletier erklärte, die kanadischen Minister die Gelegenheit benutzen, um mit den leitenden Persönlichkeiten der französischen Republik genauer bekannt zu werden. Rußland. Rußlands Vorgehen gegen die Schahsewenne». Petersburg, 27. Juli. In ihrer Besprechung des russischen Vorgehens gegen die Scyah- sewennen erklärt die offiziöse „Rossija", die Operation gegen die Schahsewennen entbehre jeg licher politischen Bedeutung, sie sei lediglich «ine Expedition, hervorgerufen durch die örtlichen russi schen Interessen, die einen aktiven Schutz erheischten. Es wäre falsch, anzunehmen, daß Rußland, indem es die Schahsewennen bekämpfe, für die ihm angeb lich feindlich gesinnte persische Regierung kämpfe. Die Schahsewennen seien keine politische Partei, sondern ein wildes nomadisierendes Räubcrvolk, das an der russischen Grenze und in deren nächster Nähe lebe. Daher sei es notwendig, den Raubüberfällen dieses Volkes ein Ende zu machen. Da Persien machtlos sei, solches zu tun. sei Rußland ge zwungen, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Bulgarien. Zusammenstoß zwischen Türken und Bulgaren. Sofia, 27. Juli. Gestern nachmittag kam es in der RHHe des Postens von Damlidere bei Kruschewo zu einem Zusammenstoß zwischen einer bul garischen und einer türkis chen Patrouille. Die Patrouillen beschaffen einander. Ein Bulgare wurde verwundet und drei Türken sollen getötet wor den sein. Japan. Der sterbende Mikado. Paris, 27. Juli. Wie der Berichterstatter des „New Pork Herald" aus Tokio meldet, erklärt« Professor Mrura, datz der Mikado an Diabetes, Brightscher Nierenkrankheit und Urämie leide. Die Symptome für die beiden letzteren Krankheiten seien bereits vor 8 Jahren aufgetreten. Marokko. Die Nachfolgefrage Muley Hafids. * Paris, 27. Juli. Ter Sonderberichterstatter d«S „Temps" schreibt ans Rabat: Im Hinblick auf di« wahrscheinlich Mitte August d. I. erfol gende Abdankung Muley Hafids beschäftigt man sich sehr mit der Nachfolgefrage. Muley Hafid möchte seinen Thron einem seiner noch im Knabenalter stehenden Söhne überlassen. Diese Wahl wäre für das französische Protektorat nicht ungünstig, da man di« Regentschaft zum Beispiel einem Ver treter des Machsen in Casablanca El Mrani, einem Frankreich sehr ergebenen Manne, übertragen könne. Aber vielleicht wäre es besser, eine Persönlichkeit von größerem Ansehen zum Nachfolger Muley Ha fids zu ernennen, zum Beispiel seinen Bruder Muley Juffef od«r sogar den Exsultan Abdul Aziz. Bezüglich der Frage des Wohnortes Muley Hafids für den Fall seiner Abdankung müsse sich die französische Regierung von der Erwägung leiten lassen, daß die übelwollende Gesinnung dcS Sultans gegen Frank reich nunmehr außer Zweifel stehe; er dürfe weder im eigentlichen marokkanischen Protektöratsgebiet noch auch in Tang«r wohnen, denn in der letzteren Stadt würde er bald zum Mittelpunkt aller gegen das französische Protektorat gerichteten Ränke wer den. Dies sei die Ueberzeugung aller derjenigen, di« in der letzten Zeit Gelegenheit hatten, ihm näher zutreten. Vereinigte Staaten. Ernste Unruhen in Westvirginia. London, 27. Juli. Der „Standard" meldet aus New Pork: In Point Treek, dem Erzbaubezirk Westvirginias, kam es zu wilden Aufruhrszenen, bei denen ein Detektiv getötet und der Chef der Detek tivs des Kohlenreviers tödlich verwundet wurde. Die Unruhen sind noch immer im Gange. Di« Berg leute haben die Telegraphen- und Telephondrähte durchschnitten, und es ist daher unmöglich, genaue Nachrichten zu erhalten, doch glaubt man, daß die Unruhen ernsthafter Natur find. Es wurde versucht, Truppen auf den Schauplatz zu bringen, doch wurden die Züge nicht abgelaffen, da man fürchtet, daß sie in die Luft gesprengt würden. Die Jffa Voljrtinah, der Häuptling der Albanesen. Kein Name ist unter den Albanesen so viel genannt, so allgemein bekannt, als der von Issa Boljet in atz Er ist ihr anerkannter Häuptling. So oft die Fahne des Aufruhrs gegen die Türken entrollt wird, ist es Issa, um den sich seine Landsleute scharen. S«in Leben bildet einen ganzen Roman, einen echt albanesischen Roman, dessen Hauptmomente hier nach verschiedenen Quellen erzählt sein mögen. Es ist über 15 Jahre her. datz ein damals etwa 30jähriger albanischer Häuptling, der, wie alle seine Landsleute, ein großer Krieger und von Beruf ein ehrsamer Räuberhauptmann war, von den türkischen Behörden in Acht und Bann erklärt wurde. Der Mann hieß Iss« und war in Boljetin zu Hause. Datz er viele Leute erschlagen hatte, das war nicht in Ab rede zu stellen: er hatte aber dabei nur dem Stammcs- gesctze gehorcht, und er hatte die gute Absicht, noch mehr Leut« ins Jenseits zu befördern. LVas hatte er denn groß getan? Er hatte di« Mörder seiner Brüder. Schwäger und anderer Verwandter nach dem unerschütterlichen Rechte der Blutrache, wie es seine Pflicht als guter Albanese war. erschlagen, und er stand darob bei seinen Landsleuten in hohem An sehen. Die türkischen Behörden waren indes anderer Ansicht, erklärten Issa für einen gemeinen Mörder und luchten seiner habhaft zu werden, um ihm die gesetzliche Strafe zuteil werden zu lassen. Jffa lächelt« nur über ihr« Drohungen und über den Preis, den sie, wie er «rfuhr, auf seinen Kopf ausgesetzt hatten. Sein« Wohnung war «ine Festung aus Granit in dem wilden und unzugänglichen Boljetin, und diese Festung war fast uneinnehmbar. Ihre Fensterläden bestanden aus schweren Steinen, die in eisernen Angeln gingen. Ein Turm über- ragte das Dach, und wenn der Posten da oben, der ein« weit« Rundsicht über das Bergland hatte, irgend etwa? Verdächtiges bemerkte, so meldete er es sofort, und Jffa brauchte nur ein paar Schüsse aus seinem Revolver abzufeuern, um im Handumdrehen seine Anhänger um sich zu versammeln. Es war ihm angedroht, datz er festgenommen werden würde, wenn er sich in Mitrowitza sehen lassen würde. Was kümmerte sich Jffa darum! Zweimal die Woche erschien er in der verbotenen Stadt, und zwar nicht etwa heimlich, verstohlen, nächtlicher Weile, sondern im Hellen Tageslichte, zu Pferde, prachtvoll angetan, bis an die Zähne be waffnet und umgeben von 40 oder 50 getreuen An hängern, die gleichfalls von Waffen starrten. Und obwohl Mitrowitza der Sitz einer grotzen Garnison war, wagte doch niemand, Hand an Jffa zu legen. So stand es um ihn. als Sultan Abdul Hamid eine Amnestie erließ, in die auch Jffa einbegriffen wurde. JnWahrheit war dieAmnestie eigentlich seinet wegen erlassen worden. — Abdul Hamid kannte seine Leute. Jetzt faßte Issa den Plan, mit allen seinen Feindschaften Schicht zu mackien. Er begann mit seinen Blutfeinden Verhandlungen zu eröffnen, und nach einem höchst hartnäckigen Pferdehandel kamen beide Teil« überein, all« schwebenden Blutfehden durch «in Blutgeld abzulösen, das für jeden Er mordeten, je nach seinem Alter, zwischen 12 und 30 türkischen Pfund betrug. Jffa hatte Geld, denn der Sultan hatte ihm einen einträglichen Stein bruch verliehen, außerdem überwies er ihm später noch ein Gehalt von 000 türkischen Pfund sowie seiner Mutter eine Pension uüd sprach ihm die Rechte eines Beamten zu. Kurz, aus dem Räuber hauptmann war sozusagen über eine Nacht eine „Stütze der Gesellschaft" geworden, und ging es Jffa glänzend, so genoß auch da» albanische Land Frieden. Der schlaue Abdul Hamid hatte richtig gerechnet. Aber schon waren deffen Tage gezählt, und nach seinem Sturze wurde Jffa eröffnet, datz er von jetzt ab wohl auf Freiheit und Gleichheit, nicht aber mehr auf Vorrechte rechnen dürfe. Das hietz mit anderen Worten, daß sein Gehalt eingezogen und ihm der Steinbruch wieder genommen werd«: und da außer dem eines Tages eins d«r Mitglieder der neuen Regierung gegen Jffa hetzte, dieser aber für den ent- thronten Sultan einzutreten versuchte, so dauerte es nickst lang«, und Jffa wurde für einen Reaktionär und wieder in die Acht erklärt. Ganze Bataillon« marschierten gegen seine Festung in Boljetin, und schließlich gelang es den Türken unter großen Ver lusten, die Bergfeste zu erobern, die sie dem Erdboden gleichmachten. Jffa aber bekamen sie nicht. Er ent wischte, er focht weiter er war bald hier, bald dort, und als er seine Anhänger, von der türkischen Artillerie hingemäht, die Wahlstatt bedecken sah, flüchteten er und sein Pylades Hassan Huffein nach Montenegro. Doch nur, um bald wieder aufzu tauchen! Die Seele jeder neuen Erhebung gegen die Türken bleibt der große Häuptling: Jffa Boljetinatz. Tlntenlchnecken. 's' Der aufregende Bericht von dem Kampf eines Tauchers mit einem Tintenfisch hat die Aufmerksam keit wieder einmal auf die sagenhaften Erzählungen von großen Secungcheuern gelenkt. Die Natur- wissensck>aft hat im allgemeinen an solchen Schil derungen recht viel auszusetzen, zunächst schon darin, daß eine Tintenschnecke noch immer mit der durcl>- aus falschen Benennung Tintenfisch oder mit der fast noch mehr irreführenden Bezeichnung Polyp belegt wird. Tie Tintenschnccken sind eben weder Fische noch Polypen. Interessanter aber als diese Einzelheiten ist die Frage, ob Geschöpfe dieser Art in solcher Riesengröße Vorkommen, Ivie sie in solchen Erzählungen beschrieben werden. Damit taucht denn alsbald auch das uralte Thema von der Seeschlanae wieder auf, deren Auftreten wahrscheinlich gleichfalls mit den größeren Tintenschnecken in Beziehung zu bringen ist. Die meisten Leute wissen noch nicht einmal, daß «S wirkliche Seeschlangen gibt, und zwar in »iemlicd großer Zahl und Mannigfaltigkeit, aber freilich nur von geringer Größe, die noch hinter den Ausmaßen mancher Landschlanaen zurückbleiben. Di« Sag« von der großen Seeschlange, die davon zu unterscheiden ist, ist immerhin mit solcher Hart näckigkeit immer aufs neue in die Welt gesetzt worden, daß ihr dock M>hl etwas Tatsächliches zuarunde liegen muß. Von dem Leviathan der Bibel, der das größte aller von Gott geschaffenen Tiere sein sollte, bis auf die neuesten Berichte, die sich in jedem Jahre zu wiederholen pflegen, läuft eine ununterbrochene Kette. Dennoch liegen zahlreiche Beobachtungen über sehr große Tintenschnecken vor. Der berühmte Sonnabenü, 27. Jull 1Sl2. wildesten Gerüchte sind im Umlauf, entbehren jedoch der Bestätigung. So sollen Detektivs versucht haben, ein Maschinengewehr aufzustellen, die Berg leute hätten ab«r eine Bombe zur Explosion ge bracht, die fruchtbare Verwüstung anrichtete. SHMsbemegungen in ürr kslterttchen Marine. Eingctroffen: S. M. S. „Geier" am 25. Juli in Triest, S. M. S. „Scharnhorst", mit dem Chef des Kreuzergeschwaders, S. M. SS. ,,Gnei- senau", „Nürnberg", Torpedoboote „8 90'^ und „Taku" am 25. Juli in Tsuruga, S. M. Flußkanonen- boot „Tsingtau'^ am 20. Juli in Canton, S. M. S. „Grille" am 24. Juli in Kiel, Weiterfahri am gleichen Tage. — Poststation für Kommando der Hochseeflotte, S. M. SS. „Deutschland", „Hela" und „v 4" bis 30. Juli Neufahrwaffer. S. M. S. „Danzig" 30. Juli bis 1. August Brunsbüttelkooa, vom 2. August bis auf werteres Sonderburg. S. M. S. „Hertha" dis 5. August Wilhelmshaven, dann Marinepostbureau Berlin. S- M. S. „Helgoland" für 31. Juli bis 13. August Kiel. Tagesäiramk. Hungerrevolte in Pennsylvanien. New Park, 27. Juli. Das Elend unter d«n streikenden Bergarbeitern in Pennsylvanien, die nun schon monatelang ohne Arbeit sind, ist un beschreiblich. Da mit der Zeit auch die Streik kaffen erschöpft sind, fehlt es den Ausständigen an Geld, um die allernotwendigsten Lebensmittel kaufen zu können, und ihr« Familien sind geradezu dem Hungertode nahe. Die Verzweiflung der streikenden Grubenarbeiter hat sich gestern in Ge walttätigkeiten und Plünderungen Luft gemacht. In Point Greck versuchten die Hungernden die Bäckerläden und Provianrmagazine zu plündern, was ihnen aber nur teilweise gelang. Ein starkes Polizeiaufgebot, das zum Schutze der Ladeninhaber herbeigeeilt war, wurde von den Ausständigen mit einem Steinhagel empfangen. Revolverschüsse wurden von beiden Seiten abgegeben. Sieben Polizisten und drei der Streikenden wurden verletzt. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. * Liebesdrama. Gößnitz, 27. Juli. Ein bei einem Gutsbesitzer in Stellung befindlicher Dienstknecht versuchte gestern seine Geliebte, eine verheiratete Frau, zu erschießen, verwundete sie jedoch nur leicht. Darauf tötet« er sich selbst durch einen Reoolverschuß. Einbruchsdiebstahl. Altenburg, 27. Juli. In vergangener Nacht ist in dem Hauptkontor der Rositzer Kohlenwerke einge brochen worden. Die Diebe öffneten mit einerSüureden Geldschrank und erbeuteten daraus ca. 20 000 -.k. Da es sich vermutlich um Lohngeld handelt, dürften es kleinere Münzen sein. Das Spielen mit Streichhölzern. 8. Bitterfeld, 27. Juli. Bei lebendigem Leibe verbrannte das 4jährige Töchterchen d«s Arbei ters Gottfried Pannier in Schmerz. Das Kind, das zwei Schachteln Streichhölzer geholt halte, öffnete diese unterwegs und spielte damit. Plötzlich entzündeten sie sich und schnell fingen die Kleider des Kindes Feuer, das den Körper über und über mit Brandwunden bedeckte. Das Kind starb unter gräß lichen Schmerzen. Schon vor 4 Jahren fand ein Kind des Pannier den Tod durch Verbrühen. Selbstmord. Halberstadt, 26. Juli. In Spiegelsberge wurde die Leiche eines etwa 50jährigen unbekannten Mannes gefunden, der durch Erhängen Selbstmord begangen hatte. Der Körper lag am Erdboden, da der Strick gerissen war, unter ihm fand man noch ein fast geleertes Fläschchen mit Lysol, das der Selbstmörder vorher genommen hatte. Bau eines Polarschifses. Berlin, 27. Juli. Di« Deutsche Arktische Expedition Schroeder-Stranz hat den Bau ihres Polarschiffes der Firma Stocks L Kolbe, Kiel, übertragen. — Die Schiffszenchnungen sind von dem Jachtkonstrukteur der Jacht „Meteor" Max Oertz - Hamburg angefertrgt, der außer eigener Er fahrung di« Erfahrungen mit den bewährtesten Po- larschifsen wie „Fram", „Gauß", „Deutschland" und anderer für diesen Neubau nutzbar machte. Richard Owen hat «ine Tintenschnecke beschrieben, die an die Küste der Achillinsel im Westen von Irland angcschwemmt wurde und Arme von fast 10 Meter Länge hatte, während ihre Augen einen Durchmesser von fast 40 Zentimeter besaßen. Ein anderes Gebiet, wo solche Meeresleichcn häufiger gestrandet sind, ist die Insel Neufundland, und Professor Verrill, der möglichst viel Nachrichten dort her gesammelt hat, berichtet sogar von Tinten- schneaen, deren Arme über 15 Meter lang geivesen sein sollen. Wenn man bedenkt, daß die Arme dock nur einen Teil der gesamten Körperlängc des Tieres in Anspruch nehmen, so lassen diese Angaben auf ganz ungeheure Bestien schließen. Außerdem kann es zum mindesten nicht bestritten werden, daß sie auch eine noch gewaltigere Gröhe zu er- reichen vermögen. Auf japanischen Malereien fin den sich solche mit großer Naturtreue abgebildet. Daß die großen Tintenschnecken in vielen Fällen den Anlaß zu der Vorstellung großer Sceschlangen ge geben haben, wird abgesehen von der Wahrscheinlich- reit einer solchen Mißdeutung ihrer Riesenarme auch durch die Tatsache nahegelegt, daß die Seeschlange häufig im Kampf mit ernem Wal geschildert wird: Eine Reihe von Berichten aus neuerer Zeit sprechen dann freilich mit mehr Nachdruck von einer ungeheuren Schlange, die ihren Körper in gewaltigen Windungen über das Meer hingleiten läßt. Aber auch in diesen Schilderungen, von denen die des eng lischen Kriegsschiffes „Dädalus" aus dem Indischen Ozean vom Jahre 1848 und die der englischen Königsjacht „Osborne" bei Sizilien von 1877 die bekanntesten sind, findet sich nichts, was der Deu tung auf eine große Tintenschnecke, wie man sie vom Deck eines Schiffes aus sehen würbe, sicher widerspräche. Wahrscheinlich wird der Schwanzteil für den Kopf der Schlange gehalten. Die neuesten Mitteilungen überhaupt, die auf Grund des Zeua- nisses von zwei Beobachtern auch wissenschaftliche Kreise beschäftigte, wurden der englischen zoologischen Gesellschaft über das Auftreten eines SeeungehcuerS im Dezember 1905 in der Nähe der brasilianischen .Küste gemacht. Hier aber war nichts weiter ge sehen worden, als eine große Flosse von etwa 2 Meter Länge und dann ein schildkrötenähnlicker Kopf an einem langen, aalartigen Halse, der auf eine Länge von 2 Meter sichtbar wurde.
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