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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.02.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120216028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912021602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912021602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Img 7 u. 8 extra Beilage mit Extrazählung
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-16
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Bezvft» Preis Nir vripzia u>U> eioron« di>ttb «"Irr, Iriger und Ev«dtt«ur* r»ai tialich in» pou» irdrocht «I Vt. monati . LTU »tt. »ienriiahri. Br, uniern gilialcn «. Bn- natzmestellrn odaedoU 7d Vs. »»nati- rwVtt. otrnrliohrt. Durch »tr V-v: innerhalb Drulichland» und brr drutichrn Nrl-nien oirrtrliähri SM I»«.. munatl. 1^0 Btt. au»><hi. PoiidrftrUaeld Krrnrr in Belgien, Dänemark, den Donaullaaren, Iralirn, Luremdura. Bievrrland« Nor. «rgen. I^rsirrrrich-Ungarn, Bugland. Echwrbrn Echwrr» u Spanien. 2n allrn übrigen Elaalrn nur brrrtt durch di« <L«>chätt»ilrlI« dr» Blatt«» «rdalluch. Da» Urtpttgr» Tageblatt «rlchrlnt Lmal töglrch, Eonn» ». tlrirnog» nur morgen». iltdonnemeni—Nnnadin« S»da,,i»gall« 8, bat unlrrrn Tragen». Ailialen. Eprbllrurra »d lännahmrftrUrn, >oa»r Vagämtern »ad Briefträgern. »Ni»t»l»«kta»t»pl«t» lv Ps. Abend-Ausgabe. WpMcrTMblatt s 14892 iVacht-.I»-.») r^.. l" ,R.cht..I»l.»1 «el.-Anschl.lE «RlIIsV^zAzkLAUNg. Lel.-Isnschl ^I4M Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Lnheiqen PreiS «r Inirrat» an» U»»»t', and Unm»b>„ dir lfpal»«g»V»t<tt«tir»Bs dirVrNa««» «tl» I VN. »«" ao»a»an» »> Pf. NeNamr« Vtl. Iatriat« »»» Brdordrn ,m m«1» itchrn T»>> di« Britlirti» it, Pf <Lri«ast»a»l»ia»d »»> Blado.richrttt« ,» Vrrti» »rdSht. Nadatt nach Dar«. ««»aa.ardade S.iamt. aailag, L Vtt p Taalend »rkl Pallgedühr. Irildrilua« doarr. 8,»e«,itt, Vutträae ttnnr» ntkdt «urüL. I«tog«n «erden. llür da» «krichrtnrn a« veinmmlen Tagen aad Via»»» «lrd kera» »arantta lld,n»«a»»n. Mnnaym» 2»tza»»I»«»Ne d«, «amtliche» «zttralen ». aüe» «nnenr,» Lroeditione» dr» 2» »ad »»»lande«. Den« und Beet», »en HUchre ch NTePa» 2nbad«. V»»> Nlir»«». Md»«,», -ud »rfchdft»»,»«, Johann,»galt« L Va»»>'8«>>»lr Dr«»dr»i Serftr-he < l llelegha» «E !lr. 86. Freitag, aen >S. Februar ISIS. t06. öshryanq. D>e vorlieqende Anostade umfaßt 8 Leuen. Das Wichtigste. * In Leipzig-Kleinzschocher in der Schwartze-Strasie 20 wurde der Schutzmann Ho ecke bei der Festnahme eines Einbrecher paares durch einen Nevolverschuß verwundet. (Siche bes. Art.) * Der Flieger Schmidt, der am Don nerstag in Oberschöneweidc abstürzte, ist seinen schweren Verletzungen erlegen. (Siehe Sport.) * Die mexikanischen Revolutionäre sprengten im Staate Guerrero eine Eisenbahnbrücke in die Luft. Ein Mlitärzug stürzte deshalb in das Wasser, wobei die meisten Soldaten er tranken. (S. Letzte Dep.) Eine Lücke in Sem neuen Ltsstsangehörigkeitsge.etz. —* Das neue Reichs- und Staatsangehörigkeits gesetz, das dem Reichstag zur Beschlußfassung vor liegt, verfolgt den Zweck, das geltende Recht auf diesem Gebiet dahin abzuändern, Latz einmal der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit erschwert und anderseits ihr Wiedererwerb erleichtert wird. Im allgemeinen ist die Kritik, die der Entwurf bisher erfahren hat, durchaus günstig. Es scheint uns in- dessen in einem Punkt eine Lücke zu bestehen, da An regungen außer acht gelassen find, die sich auf den Zusammenhang der Frage der Staats angehörigkeit mit der Zugehörigkeit zur französischen Fremdenlegion be zogen. In dem geltenden Gesetz findet sich die Bestim- mung, daß em Deutscher, der ohne Erlaubnis seiner Regierung in fremde Staatsdienste tritt, durch die Behörde seines Heimatsstaates der Staatsangehörig, leit verlustig erklärt werden kann, wenn er einer ausdrücklichen Aufforderung zum Austritt binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leistet. Diese Bestimmung ist dem Sinne nach vollkommen in den neuen Entwurf übergegangen. Dagegen ist ein Paragraph des alten Gesetzes, der mit dem vorher gehenden im engsten Zusammenhang steht, gestrichen. Dieser Paragraph besagt, daß ein Deutscher, der mit Erlaubnis seiner Regierung bei einer fremden Macht dient, seine Staatsangehörigkeit be hält. Das Gesetz spricht sich doch nicht darüber aus, welche Folge es haben soll, wenn ein Deutscher ohne Erlaubnis seiner Regierung bei einer fremden Macht dient. Aus diesem Grunde hat man mit vollem Recht aus diesem Paragraphen den Willen des Gesetzgebers herausgelesen, daß jeder Deutsche, der ohne die Genehmigung seiner Heimat behörden in fremde Militärdienste tritt, der deutschen Staatsangehörigkeit verlustig gehen soll. Ein solcher Standpunkt muß durchaus als be rechtigt angesehen werden; man hat jedoch in der Praxis die Konsequenzen daraus nicht gezogen. Wenn nun der neue Entwurf diesen Paragraphen als überflüssig beseitigt, so liegt hierin unzweifelhaft eine Abschwächung des geltenden Rechts, denn der Eintritt in fremde Militärdienste ohne Erlaubnis der Heimatbehörde hat nicht mehr den Verlust der Staatsangehörigkeit unmittelbar zur Folge, sondern es muß zunächst eine Aufforderung zum Austritt vorangehen. Tatsächlich wird eine solche Auf forderung wohl nur in den allerseltensten Fällen überhaupt ergehen können, weil nur ganz vereinzelt die Hcinratbehörde von dem Eintritt eines Staats angehörigen in eine fremde Armee Kenntnis er halten wird. Die ganze Frage ist aber von größter Be deutung in bezug auf die französische Fremdenlegion. Und nach unserer Ansicht wäre der Erlaß eines neuen Staatsangehörigkeits gesetzes die denkbar beste Gelegenheit, auf diesem Gebiet endlich einmal volle Klarheit zu schaffen. Aus der Zugehörigkeit deutscher Staatsangehöriger zur Fremdenlegion sind bekanntlich schon wiederholt sehr unliebsame Zwischenfälle für die deutsche Regierung und ihre diplomatischen Vertreter im Ausland ent standen. Man erinnert sich wohl noch der Erregung m Frankreich über eine Aeußerung des preußischen Kriegsministers im Jahre 1910 in bezug auf die Fremdenlegion. Noch viel lebhafter dürfte aber der Zwischenfall Casablanca vom Jahre 1909 in Er innerung sein, bei dem deutsche Konsulatsbeamte mrt französischen Behörden wegen der Verhaftung desertierter Fremdenlegionäre in einen ernsten Kon flikt gerieten. Die Zugehörigkeit deutscher Unter tanen zur Fremdenlegion wird stets nur die Folge haben, die Zahl der Reibungsflächen zwischen beiden Ländern zu vermehren. Da» neue Staatsangehörigkeitsgesetz könnte solchen Vorfällen ein für allemal vorbeugen. Es müßte in dem Gesetz in der neuen Fassung, und zwar in 8 24 nur ein Unterschied zwischen dem zivi len und militärischen Dienst gemacht werden. Maa für den ersteren die milde Bestim mung bestehen bleiben, daß der Verlust der Staats angehörigkeit erst ausgesprochen werden kann, nach dem eine Aufforderung zum Austritt erfolglos ge wesen ist. Für den Drenst in einer fremden Armer muß aber unter allen Umständen die Bestimmung gelten, daß derjenige seine Staatsangehörigkeit ohne weiteres verliert, der fremden Heeresdienst ohne Zu stimmung der Heimatbehörde übernimmt. Eine solche Regelung entspräche auch vollkommen dem Grundsatz des neuen Entwurfs, nach dem die Staatsangehörig keit verloren gehen soll durch Nichterfüllufng der Wehrpflicht. Wer ohne Zustimmung seiner Heimat- behörde in ein« fremde Armee eintrrtt und damit einem fremden Staat diejenigen Dienste leistet, die als die vornehmste Pflicht dem Heimatstaat gegen über gilt, hat kein Anrecht auf den Fortbestand seiner bisherigen Staatsangehörigkeit. Würde dieser Vorschlag Gesetz, dann gäbe es französische Fremdenlegionäre deutscher Nationalität nicht mehr. Die Quelle diplomatischer Verwick lungen wäre damit ein für allemal verstopft. Diese Maßregel wäre aber auch geeignet, die Ner. gung zum Eintritt in die Fremden legion erheblich einzuschränken, und dieser erzieherische Wert kann gar nicht hoch genug angeschlagen werden. Di« sichere Aussicht, durch den Eintritt in die Legion dauernd den Schutz des Deut schen Reiches im Ausland entbehren zu müßen, würde vielleicht das beste Schutzmittel gegen die fremde Werbetätigkeit bilden. Diejenigen Elemente aber, die trotzdem in die Fremdenlegion eintreten, sind für das Deutschtum wahrlich nicht als ein Verlust zu betrachten; ihre Ausbürgerung darf vielmehr ohne jede Sentimentalität eher als ein Gewinn für die deutsche Heimat angesehen werden. DeutWsnü miü England. —* Die englische Thronrede geht auf die deutsch-englischen Beziehungen mit keinem Worte ein. Das ist bei dem gegenwärtigen Stande der Verhandlungen ganz natürlich und kann erst recht aus dem Grunde nicht auffallen, weil der Premier minister Asquith im Unterhause wichtige Aus führungen über den Charakter der Verhandlungen und über 'hr mutmaßliches Ergebnis gemacht hat. Die Sicherheit, mit der Asquith einen positiven Ab schluß erwartet, muß in den Augen deutscher Be urteiler Lurch die gleichzeitig vorliegende Nachricht beeinträchtigt werden, daß Churchills grotesk« Flottenrede ihrem wesentlichen Inhalte nach den maßgebenden Ministern eine Woche vorher be kannt gewesen und von ihnen gebilligt worden sei. Man kann sich in der Tat schwer eine Vorstellung davon machen, wie eine tiefgreifende Besserung des deutsch-englischen Verhältnisses zustande kommen soll, wenn das Haupthindernis einer Annäherung beider Staaten, die deutsche Flottenrüstung, vom Londoner Kabinett im Sinne Churchills aufgefaßt wird. Premierminister Asquith hat mit großer Ent schiedenheit erklärt, daß Großbritannien gegen Deutschland auch im letzten Sommer keinen Ueberfall beabsichtigt hab«, und daß die hierüber verbreiteten Angaben Legenden seien. In demselben Sinne sprach sich Sir E. Grey am 28. November vorigen Jahres aus; er war es, der die Wendung vom „politischen Alkoholismus" vor allem in Bezug auf die bekannte Rede des Hauptmanns Faber ge brauchte. Aber wie immer es im letzten Sommer mit Ueberfallsabsichten der britischen Flott« sich ver halten habe — „eine sehr gespannte diplomatisch« Situation" hat auch Sir E. Grey nicht in Abrede ge stellt, und da der Grund für die Spannung nicht in den deutschen Bestrebungen selbst, sondern in ihrer scheelsüchtigen Beurteilung durch England lag, können wir nur durch britische Taten davon über zeugt werden, daß England aufhört, sich deutschen Interessen in gefahrdrohender Weise zu widersetzen. Erscheint mithin jede überschwengliche Hoffnung betreffs des Ergebnisses der gegenwärtigen Verhand lungen al» unangebracht, so spricht außer der be stimmten Erwartung Asquith» ein Moment für die Erreichbarkeit einer in gewissen Grenzen gehaltenen Besserung des deutsch-englischen Verhältnisses. Und zwar beruht dieses Moment auf Asqurtbs offener Erklärung, daß eine bessere Stellung zwischen Groß britannien und Deutschland die besonderen Beziehun gen, in denen Deutschland oder England zu ande ren Mächten stehen, in keiner Weise opfern oder verschlechtern solle. Auch hierin stimmt Asauith mit Sir E. Eren überein, der am 28. November v. I. u. a. wörtlich sagte: „Ich möchte alles tun, was ich kann, um die Beziehungen zu Deutschland zu bessern; aber die Freundschaften, die wir haben, haben letzt mehrere Jahr« gehalten, und es muß der Hauptpunkt bei der Besserung unserer Beziehungen zu Deutschland sein, daß wir keine von ihnen opfern." Sir E. Grey hat im Anschluß hieran dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß die Besserung der Beziehungen nicht nur England einschließe, sondern auch seine Freunde. Tatsächlich hat unser Verhältnis zu R u ß- land schon damals der Besserung nicht bedurft, und unser Verhältnis zu Frankreich würde ohne das englische Gegenspiel wohl selbst im vorigen Sommer von kritischer Zuspitzung sreigeblieben jein. Allem Anscheine nach liegt gerade hierin die Erklärung da für, Laß Großbritannien, im Innern vor ernsten sozialen Problemen, im Aeußern vor mancher schwie rigen Aufgabe stehend, uns gegenüber das Bedürfnis der Annäherung empfand und durch die Entsendung des .Kriegsministers Haldane den ersten Schritt tat. sie zu verwirklichen. Oss Ruslana unü Sie Er klärungen ües Reichskanzlers. Frankreich. Die gestrige Rede des deutschen Reichskanzlers im Reichstage, die in Paris erst am späten Nach mittag durch die letzten Abendblätter in kurzen Aus zügen bekannt wurde, ist, wie aus Paris gemeldet wird, in den Mandelgängcn ter Kammer bereits leb haft besprochen worden. Die allgemeine Erwartung, die darauf gerichtet war. daß der Reichskanzler Ein zelheiten über die Wirkungen von Haldanes Be sprechungen bekannt geben würde, ist allerdings ent täuscht worden. Ern der Regierung nahestehende« Abgeordneter erklärte, daß die französische Regierung bereits davon in Kenntnis gesetzt worden sei, daß die Besprechungen zwischen England und Deutschland fortgesetzt würden. Dennoch habe die Bestäti gung dieser Nachrichten, die bisher wenig Glauben sanden, Befremden erregt, denn man ist in Paris immer noch der Ansicht, daß dieenglis ch-d eutsche Entente zum Schaden Frankreichs aus schlagen würde und glaubte, Latz trotz aller englischen Erklärungen die englisch-deutschen Verhandlungen im Grunde gescheitert seien. Nach der Red« des Reichs kanzlers aber ist man überzeugt, daß dies nicht der Fall ist. Der „Gaulois" schreibt: Es ist unzweifelhaft, daß die Wünsche des engli sch en Kabinetts bei der deutschen Re gierung einen freundlichen Widerhall ge sunden haben. Die Raschheit, in der von Bethmann Hollweg im Reichstag auf die Rede Asquiths geant wortet hat, beweist dies. Die englisch-deutsch« Ent spannung einerseits und die österreichisch-russische An näherung anderseits künden eine umfassende Friedenskoalition an. Menn sie zustande kommen sollte, dann wird sie nicht ohne Frank reich beschlossen werden. England. „Daily Ehronicle" schreibt: . Je weiter das Gebiet ist, über das sich die deutsch englischen Besprechungen erstrecken werden, desto besser ist es. Die englische Regierung habe in der Vergangenheit einen ernsthaften Fehler gemacht, indem sie ein Abkommen mit Deutschland zur Ein schränkung der Rüstungen zu erreichen sucht«, bevor ein Einvernehmen über die allgemein« Politik her gestellt war. Je weniger die englische Regierung mit der deutschen Regierung über die Rüstungsfrage spreche, desto bester sei es. Wenn in der allgemeinen Politik der beiden Nationen Vertrauen und Kooperation an Li« Stelle von Mißtrauen und Ri valität treten, so würde sich die Nüstungsfrage von selbst lösen. — Das Blatt führt als Beispiel die englisch-französischen Beziehungen an und erörtert dann einige deutsch-englische Probleme, u. a. die Bagdadbahnsrage, und schließt, der ruhige, aber durchaus freundliche und zuversichtliche Ton in den gestrigen Ausführungen des Reichskanzlers entspricht l vollkommen dem des englischen Premiers. Zur Unterstützung der Bemühungen der beiden Reaie- I rungen ist die gleich ruhige Atmosphäre in der Aemüe Erde. Roman von Richard Rordmauu. (Nachdruck verböte«.) Dann aber warf Elena den Kopf zurück und ihre Augen blickten wieder ruhig. An einem einzigen Tage, ja in einer einzigen Stunde wollte sie das wieder aufrichten, was Jahre niedergerissen hatten? Eie mußte üoer ihre Ungeduld lächeln, die ihr jetzt, nachdem sie überlegte, wie kindische Unduldsamkeit erschien, und sie nahm sich fest vor, alles, sei cs was immer, ruhig zu ertragen und mit lächelndem Munde, in kindlicher Demut hinzunehmen, so lange, bis sich die Rinde vom Herzen ihres Vaters gelöst haben würde. Sie hatte mit ihm vorhin von Ingenio sprechen, von ihrer Verlobung sagen und ihn fragen wollen, ob er mit dieser Verbindung einverstanden sei — aber war es unter diesen Umständen möglich gewesen, davon zu beginnen? Langsam begann die Sonne zu sinken, in zartlila, fliederfarbenen Tönen lagen die Derge und das Meer, ein leiser Wind wehte über die Lhrysanthcmenfelder, auf denen sich die Blüten neigten, und aus der Ferne hörte man gedämpft das Lachen und Singen der Burschen und Mädchen, die am Strande wandelten. Dazwischen zitterten die Klänge einer Harfe an Elenas Ohr, vereinzelte Töne, leise wie ein Hauch, wie getragen von einem sanften Luftzug, aber so deutlich hörbar, so nahe, wie wenn sie aus dem Garten — nein, wie wenn sie aus einem der nächst liegenden Zimmer kämen .... Töne, die nicht von Meisterhand hervorgerufen wurden, sondern von suchenden, tastenden Fingern, wie von jemand, der sich müht, der lernt.... Elena lauschte. Ohne daß sie es wußte, trat unter diesen Klängen «in Lächeln auf ihre ehedem noch so ernsten, schmerzbewegten Züge, so unrhythmisch, so ungelenk das Spiel war, es ging von den Saiten doch ein Zauber aus, und ganz von dieser wundervollen Stimmung umfangen, die die vibrierenden Töne in ihr erzeugten, ohne eigentliche Gedanken, ja fast ohne es zu beabsichtigen, durchschritt sie leise den Saal, in der Richtung, von wo die Harfenklänge kamen. Un willkürlich drückte sic auf die Klinke, die Tür öffnete sich, und den Blicken des betroffen zurückweichenden Mädchens bot sich ein überraschendes Bild dar. Da» Gemach, in das sie blickte, war ihr fremd. Sie erinnerte sich nicht, es in ihrer Kindheit gesehen, wenigstens so, in dieser Ausstattung, gesehen zu haben. Es funkelte von Gold und Silber, von roten Kristall kugeln und Spiegeln. Kostbare türkische Gewebe mit langen Fransen zberten die Wände, orieittalische Kissen waren aufgeschichtet auf der Erde, und auf einem dieser erhöhten Kisten saß eine weibliche Ge stalt, eingehüllt in ein weißes, gesticktes Gewand, über das em glitzernder, silberdurchwebter Schleier fiel, der auch das dunkle Lockenhaupt und die Stirn seiner Trägerin bedeckte. Ihr Kopf lehnte an einer Harfe, und spielend, tastend glitten ihre Finger durch die Saiten, als ob sie lernte. Ihre kindlichen Augen blickten dabei durch die geöffnete Balkontür über das rosig verdämmerte Meer, und um ihre Lippen spielte ein fröhliches Lächeln. Sie wendete erschrocken den Kopf nach der ge öffneten Tür, dann lachte sie fröhlich auf; schnell lief sie auf Elena zu, ergriff ihre Hand« und blickte mit einem entzückten, kindlichen Lächeln zu ihr auf. „Wer sind Sie?" fragte Elena erstaunt. Da lachte das Mädchen, das kaum fünfzehn Jahre zählen mochte, und sagte in griechischer Sprache: „Hat dir dein Vater nichts von mir gesagt?" „Kein Wort." „Nicht? Ich heiße Loky." „Loky? — Aber wer sind Sie, mein Kind? Woh nen Sie hier bei uns?" „Bei deinem Vater. Er hat mich aus Smyrna mitgebracht, als man meine Mutter und meinen Vater erdrosselt hatte." „Erdrosselt?" rief Elena entsetzt aus. »Ja — Zaida bat mir's so erzählt. Ich war da mals erst zehn Jahre alt und schlief. Zaida lief mit mir fort. Es war ein furchtbarer Aufstand in Smvrna, alle Leute, die reich waren, sollten tot geschlagen werden. Aber Zaida brachte mich zu deinem Vater, der meinen armen Papa sehr lieb ge habt hat. Dein Vater ist gut, er nennt mich seine Tochter." Elena empfand etwas wie einen Stich im Herzen, neigte sich zu der kleinen Orientalin und sagte: „Dann muß ich dich ja auch Schwester nennen, nicht wahr?" „Ach ja! Wirst du auch so gut zu mir sein, wie dein Vater? Weißt du, anfangs sah ich ihn nur selten, aber als Zaida starb und ich so allein war. da! wurde er gut, da lernte er Mit mir Griechisch, und e» kamen Lehrer, die mich alles lehren mußten. Und seit ich so schön Mandoline und Klavier spiele und auch Harfe, hat er mich sehr lieb." „Warum kleidest du dich so — so phantastisch, mein Kind?" fragte Elena. „Du siehst aus wie eine klein« Theaterprinzessin." „Ich will keine anderen Kleider als diese!" rief Loky. „Ich will zeitlebens so aussehen, wie meine Mutter ausgcseben hat. So wie sich die vornehmen Mädchen hier kleiden oder wie du gekleidet bist, das ist nicht hübsch!" Elena wollte etwas erwidern, aber statt zu sprechen, entfuhr ihr plötzlich ein Freudenschrei. Ihre Blicke waren durch die offene Balkontür ge glitten, und in demselben Augenblicke gewahrte sie, aus der Strada Kyriako nach dem Nordstrande ein biegend, die schlanke, elegante Gestalt eines jungen Mannes, der der Villa zueilt«. Sofort hatte sie Ingenio erkannt. Sie eilte auf den Balkon hinaus und winkte mit der Hand, aber er sah sie nicht da droben; er stürmte mit ungestümer Hast vorwärts, und trotz ihrer freudi gen Bewegung konnte Elena ein gewisses Staunen nicht unterdrücken, daß er, dem die Ungeduld und die Erregung vom Gesicht herunterzulesen waren, Zeit gefunden hatte, sich so elegant und feierlich zu kleiden. Er trug einen schwarzen Anzug. Lackschuhe, Zylinder und Helle Handschuhe, und unwillkürlich mußte Elena an seinen Bruder denken, der im einfachen Rock und hohen Stiefeln gekommen war, um sein« Braut zu empfangen. Aber das war Ingenio wie «r leibte und lebte; immer die äußer« Form und den Anstand wahren, in keiner Lebenslage den Salonmenschen vergeßen: erst die Erfüllung der Form, dann das Ge fühl, und wenn dieses noch so stark nach Ausdruck rang. Sie nahm es ihm nicht übel, sie wußte, daß es von Jugend an sein glühendstes Bestreben war, unter den ..Halbbarbaren", wie er die meisten Einwohner der Insel nannte, den verfeinerten Kulturmenschen zu repräsentieren und für alle tonangebend zu sein; sie wußte auch, daß er, seit er sein« Staatsanstellung und namhafte Erfolge als Ingenieur hatte, auf beide» sehr stolz war, aber auch das verzieh sie ihm lächelnd. Er war auffallend hübsch, von großer, schlanker Gestalt und auserlesen feinen Manieren, utzd wenn er bis Heute noch nickst um Elena bei ihrem Vater geworben hatte, so geschah es auf ibren Wunsch, weil sie eine Ahnung gefangen hielt, ihr Vater würde sich dieser Heirat ebenso widersetzen wie ihre Mutter, und cs würde sie einen Kampf kosten, ihm das Ja wort abzurinyen. Diesen Kampf aber wollte sie dem Geliebten verichweigen, und als sie ihn nun in seinem feierlichen schwarzen Anzuge ter Villa zueilen sah, kam ihr blitzschnell der Geaanke, Ingenio, der strenge Formenmensch, würde sicher vorerst bei ihrem Vater anklopfen, um ihn zu begrüßen, und ihm bei dieser Gelegenheit sagen, wie er mit seiner Tochter stehe. „Wir sehen uns später, mein Kind", sagte sie rasch zu Loky, und ohne deren Antwort abzuwarten, flog sie die Treppe hinunter, um jetzt ein Alleinsein Ingenios mit ihrem Pater zu verhindern. Al» sie atemlos in der Vorhalle angelanat war, öffnete sich jedoch eben die Tür. die zu Len Zimmern des Haus herrn führte, und Aristides Pallestrazzi, zum Aus- gehen gekleidet, den Hut auf dem Kopf«, trat aus derselben. Ein kurzer Blick streifte das atemlos daher stürmende Mädchen, uns Elena stammelte: „Du gehst aus, Papa? Willst Lu nicht zu Hause bleiben, wir bekommen Besuch." „Mn?" „Ingenio Kerhardos." „Gcrharöos? Das muß ein Irrtum sein. Ich verkehre niemals mit ihm." „Mein Gott... er ist doch der Neffe deines Kom pagnons?" „Ich verkehre auch mit meinem Kompagnon nicht in meinem Privathause." Er wendete sich und wollte gehen, aber Elena hielt ihn am Arme fest und sagte bittend: „Mache heute «ine Ausnahme, lieber Papa, und bleibe. Ich würde dich gewiß nicht gebeten haben anwesend zu sein, wenn mich Ingenio Gerhards» be sucht, aber da «s der Zufall so fügte, daß du gewillt bist, in demselben Augenblick das Haus zu verlassen, wo er es betritt, muß ich dich bitten, zu bleiben, denn es wäre zu verletzend für ihn. wenn du gingest." „Ich habe keine gesellschaftlichen Beziehungen zu den Gerhardos' und habe keine Veranlassung, solche anzuknüpfen — im Gegenteil, ich will mich beeilen, jedweder Gemeinschaft aus dem Wege zu gehen." Wiüier strebte er nach diesen kalt gesprochenen Worten dem Ausgang zu. und wieder fühlt« er Elenas zitternde Finger seinen Arm umspannen. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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