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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.07.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191207073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19120707
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19120707
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-07
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Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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Sette 2. Nr. 342. los. Jahrgang. Korrespondent aus Petersburg: Hch kann auf Grund zuverlässigster Information versichern, daß der Zar fest und unerschütterlich entschlossen ist, das Bündnis mit Frankreich und das Einvernehmen mit England zu erhalten und auszagestalten. Sein« besonder« Sorg« geht, wie die Schaffung ein«r neuen starken Flotte zeigt, dahin, Nußland völlig unabhängig voll dem Einfluß Deutschlands zu hallen. Kokowzew ar beitet natürlich in der gleichen Richtung. Einen be zeichnenden Kommentar zu der Zusammenkunft gibt die Tatsache, daß ihr eine besonders berzlich gehal tene Audienz des französischen Botschafters beim Zaren vorausging. Auch Kokowzew hatte vor der Abreise, so berichtet der englische Korrespondent, ein« Besprechung mit Herrn Louis und wird unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Petersburg erneut mit ihm konferieren." Die beiüen neuen Armeekorps. Di« ersten S t e 1 l e n b e s e tz u n g e n für das am 1. Oktober L. I. zu errichtende XX. Armee korps in Alienslein und das XXI. Armee korps in Saarbrücken sind soeben vom Kaiser vollzogen worden. Mit der Vorbereitung der Aus stellung des Stabes des neuen Korps im Osten ist der Kommandierend« General des I. Armeekorps v. Kluck in Königsberg i. Pr., mit der des neuen Korps im Westen der Kommandierende des XV. Armeekorps, General d. Ins. v. Fabeck in Straß burg i. E., beauftragt worden. Di« Ausstellung der neuen 41. Division in Deutsch-Eylau wird von dem Kommandeur der 36. Division in Danzig, General leutnant v. Stcuben, die der 42. Division in Saar burg von dem Kommandeur der 30. Division in Straßburg i. E., Generalleutnant v. Eben, geleitet. Für die Vorb-reitungsaroeiten sind jetzt bereits zu den genannten Korps und Divisionen eine Reihe von Stabsoffizieren, Hauptleuten und Sanitäts offizieren kommandiert worden, die vom 1. Oktober d. I. ab als di« Chefs der beiden neuen General stäbe, als O-cneralstabsoffiziere, Adjutanten und bei den Sanitätsämtcrn fungieren sollen. Der künftige Chef des lbencralstabeg des XX. Armeekorps in Allenstcin ist Oberstleutnant Hell, bisher Abteilungs kommandeur im Masurischen Feldartillerie-Rcgi- ment Nr. 73, der Ches des XXI. Armeekorps in Saarbrücken Oberstleutnant v. Haxthausen, bisher Bataillons-Kommandeur im Insaniene-Regiment Graf Bose (1. Thüringischen) Nr. 31 in Altona, ein Bruoer des deutschen Gesandten in Peking. Für das XX. und XXI. Armeekorps sind tm Laufe der nächsten drei Monate neben den Vor arbeiten der Ausstellung di« besonders schwierigen Mobilmachungsvorarbeiten zu leisten. Auch beim I. (osipreußisck-en), II. (pommerschen), VIII. (rheini schen), XIV. (badischen), XV. (elsässischen), XVI. (lothringischen) und XVH. (westpreußisck>en) Korps ist für den 1. Oktober ein völlig geänderter Mobil- maclMigskalcnder aufzustellen, denn alle dies« Truppeneinheiten ändern durch Abgaben an die neuen beiden Korps ufw. ihre Zusammensetzung mehr oder weniger erheblich. Während grundsätzlich für jedes Armeekorps «in Dekleidungsamt eingerichtet wird, hat die Heeres- Verwaltung sich entschlossen, zunächst für die beiden neuen Armeekorps, d«r«n Formierung am 1. Oktober d. 2. geschieht, das XX. und XXI. Armeekorps, zu nächst eigene Bekleidungsämter noch nicht zu er richten. Man darf jedoch mit Sicherheit annehmen, daß im Lause der nächsten Jahr« diese Bekleidungs ämter ebenfalls errichtet werden, sobald durch den Heeresetat Mittel dafür zur Verfügung gestellt wer den können. Zur Beschaffung der Bekleidung und Ausrüstung der neuen Formationen sind die Truppenteil« des XX. Armeekorps auf di« Be- kleidungsämter de« I. und XVII. Armeekorps, die Truppenteil« des XXI. Armeekorps auf di« Be- klerdungsämter des VIII. und XV. Armeekorps an gewiesen worden; weitere Bestimmungen, wi« diese Bekleidungsämter die Ausrüstung und Bekleidung für die neuen Truppenteile herzustellen haben, dürften demnächst veröffentlicht wetden. Bet allen Truppenteilen der beiden neuen Armeekorps werden Unteroffiziere al, Handwerksmeister nicht ver wendet, ebenso vom 1. Oktober d. I. äb nicht mehr bei den Truppen, die nach der neuen Friedens gliederung zu einem Armeekorps übertreten, bei dessen Beklcidungsamt Betrieb mit Zivilhand- werkern eingerichtet ist. Für das Infanterieregiment Nr. 30 und das Iägerbataillon Nr. 2, das bekannt lich zum H. Armeekorps übertritt, sind besondere Verordnungen erlassen. Soweit Unteroffiziere als Handwerksmeister verfügbar werden, können sie bis zur Erlangung eines anderen Unterkommens als Kammerunteroffiziere oder Quartiermeister ver wendet werden. Bei ihrem Ausscheiden werden die freigewordcnen Unteroffizierstellen (Handwerks meister) für den Frontdienst besetzt. »Ml für Politik und ihre Austzaben ist gewiß auch für die Frau empfehlenswert, aber praktische Ausiivung des Wahlrechts, Auftreten in der politischen Versamm lung und in der erregten Diskussion wirken ab schreckend. Berlin, den 7. Juni 1912. C. v. Licbert, Generalleutnant z. D., M. d. R. Auch einem Maler sei das Wort verstattet, sich zur Frauenstimmrechtsfrage zu äußern, der bestbekannte Graf von Kslckreuth erklärt: Eddelsen bei Hittfeld, 16. Juni 1912. Ich bin durchaus Gegner des Frauenstimmrechts, weil dasselbe die Fra» ihrem eigentlichen Berus immer mehr entzieht uno auf diese Weise di« ge sunde Entwicklung der Nation schwer schädigt. Graf von Kalckrenth. Endlich schrieb uns aus oen Kreisen der Bühnen leiter, die ja der Frauenstimmrechtsfrage heut« schon am nächsten stehen, u. a. der Intenäsnt ües BrsunlHwriyer üolttientrrs: Sehr geehrte RedaktionI Just auf d«m Herentan-platz hat mich Ihr g Schreiben erreicht, hoffentlich kein böses Omen! Lassen Sie mich die Frag« dahin beantworten: Ich glaube, daß oie Bewilligung des Stimmrecht» für die Frauen in der Zukunft kommen wird. Prophezeien rst ein heikel Ding und darum wird kaum jemand bestimmt Voraussagen können, ob es und wem es zum Segen gereicht. Wenn e» sich durchführt, ohne daß das weibliche Geschlecht an jener Eigenart noch mehr einbiißt, d>« wir Männer g«rn schätzen uno für da« Leben mit Recht fordern, würde manche Sorge gehoben jein: da» Ewig-Weibliche — und sei es auch nur das „Eolich"-Weiblichc. In vorzüglicher Hochachtung ergebenst Egbert von Arankenberg, Hofcheater-Jntendant. Leipziger Tageblatt '^^^Nkvrgenausgatr " Sol- unü perlonslnschrichten. * König Friedrich August besuchte gestern in Freiberg die Trzgcbirgtsche Ausstellung. 10 Uhr 6 Minuten lies der Sonderzug in der Hall» ein. Am Bahnhof fand kleiner Empfang statt, öterzu waren erschienen Oberbürgermeister Haupt. Amts- Hauptmann Dr. Vollmer, Landgerichtspräsident Friedrich, Major Lommatzsch als stellv. Garnison ältester. In Begleitung des Königs befanden sich Gcneraladlutant, General der Kavallerie v. Müller, Flügeladjutant Oberst Meister und Hofstattmeister von Römer. Herr Oberbürgermeister Haupt begrüßte den König in kurzer Rede, die in einem Hoch auf unseren geliebten Landesvater austlang. Hierauf wurde di« Fahrt durch die reichgeschmückten Straßen der Stadt, in denen Schulen und Vereine Spalier bildeten, nach dem Ausstellungsgelände angetreten. Am Hauptportale der Ausstellung überreichte das Töchterchen des Herrn Ingenieurs Jensen dem Monarchen ein Blumenkörbchcn mit Schokolade für di« kleinen Prinzessinnen, worauf Herr Ingenieur Jensen als erster Vorsitzender des Gewerbevereins und der Ausstellung den König mit einem „Glück auf" begrüßte. Alsdann erfolgte die Führung durch die Ausstellung durch die Herren Ingenieur Jensen, Professor Schifsner und Kaufmann Mühle. Von 11,30 Uhr bis 12,30 Uhr mittags wurde das Früh stück im Hauptrestklurant der Ausstellung einge nommen. Hierzu waren 30 Gedeck aufgelegt worden. 12 Uhr 40 Min. erfolgte die Rückkehr mittels Sondcrzuges. * Handelsminister Sydow, der am Freitagabend in Düsseldorf «ingetroffen ist, be suchte Sonnabend vormittag in Begleitung des Geheimrats Goeppert und de« Oberbürger meisters Oerler die Städteausstellung. Deutsches Reich. Staatssekretär Dr. Self in SUdwest. Windhuk, 5. Juli. Dr. Solf besichtigte am Donnerstag, wie uns ein Privattelcgramm meldet, das bakteriologische Institut in Gammams. Am Abend sand ein Essen l'eim Gouverneur statt. Staatssekretär Dr. Sols wünschte dem Gouverneur, der am 26. Juli seinen Hrimatsurlaub antreten wird, bcuoige Rückkehr. Zur Angelegenheit Kostewitsch. O. Berlin, 6. Juli. Wie der „Berl. Lok.-Anz." hört, ist eine Ueberführung des russischen Artillcriehauptmanns Kostewitsch von Berlin nach Leipzig vorläufig nicht geplant, vielmehr soll die Angelegenheit von dem Reichsanwalt in Berlin geprüft werden und sodann Beschluß gefaßt werden, ob das Verfahren gegen den Offizier zu eröffnen ist. Von den nationalen Arbeiteroerbänden. 0. Berlin, 6. Juli. Die ,,Nordd. Allg. Ztg." schreibt in ihren Rückblicken: Die Tagung der wirt schaftlich friedlichen nationalen Ardeiterverbände in Essen hat bei Freund und Feind die verdiente Beachtung gefunden. Noch nicht lange ist es her, da wurden die gelben vaterländischen Gewerkschaften von den vorher auf dem Platz erschienenen Kampf organisationen als Totgevurt behandelt und mit überlegenem Hohn und Spott übergossen. In dieser Stellungnahme rst nun sichtlich eine Wandlung ein getreten. Da» Blatt schildert dann die Entwicklung der Verbände sowie die ihr entgegenstehenden Wider stände und fährt fort: Die innere Berechtigung des nationalen Arbeiterprogramms hat trotz dieser großen Widerstünde inzwischen doch die erwähnten achtbaren Erfolge ermöglicht. Jedenfalls kann es nicht als schlechte» Zeichen gedeutet werden, wenn das soziale Friedensprinzip sich mehr und mehr gegenüber dem sozialen Kampfprinzip Geltung zu verschaffen sucht. Die Gelben heben hervor, daß oie Kriegs kosten der Kampsgewerkschasten nicht den Erfolgen entsprechen. Jedenfalls dürste eine rechnerische Prü fung ergeben, daß die Mitglieder der freien Gewerk, schäften an diese viel mehr bezahlen, als sie von ihnen wiederbekommen. Die unmittelbare Wirkung der Kampfbereitschaft der Gewerkschaften war der Zusammenschluß der Arbeitgeber zu großen und vielfach ebenbürtigen Kampfgenoßenschasten, wodurch die Kriegskosten für beide Teile außer ordentlich angewachjen sind. Demgegenüber kann es nur als gesunder Gedanke bezeichnet werden, auf möglichste Erhaltung des wirtschaftlichen Friedens hinzuwirken und die ungeheuren Summen, die die Streiks jährlich kosten, möglichst lieber zur wirtschaft lichen Besserstellung des Arbeiters zu verwenden. Eröffnung de» Marinekongressev in Düsseldorf. Düsseldorf, 6. Juli Der 1. Deutsche Marine kongreß Düsseldorf 1912 ist heute vormittag 9 Uhr unter starker Beteiligung mit dem 22. Ab geordnetentage der Vereinigung Deutscher Marine vereine im Rittersaal der städtischen Tonhalle er öffnet worden. Der erste Vorsitzende der Ver- einigung, Konteradmiral z. D. Thiele, eröffnete di» 22. Tagung mit einer Ansprache und bracht» dem Kaiser ein dreimaliges Hipp-Hipp-Hurra dar. An den Kaiser wurde telegraphisch »ine Er- gebenheitsadresse gesandt. Vertreten waren, wie der Namensaufruf er^ab, 150 Vereine mit 247 Stimmen. — Nach dem Jahresbericht be trägt die Zahl der angeschlossenen Marinevereine 229 mit 12 945 ordentlichen und 5316 außerordent lichen Mitgliedern. Unterstützungen an die Hinter bliebenen der verstorbenen Kameraden wurden in Höhe von 30 250 .k gewährt. Das Vermögen ist von 18 000 auf 65 500 angewachsen, die Erhebung einer Extraumlage war nicht erforderlich. Der Bericht be tont die Tätigkeit der Marineoereine auf dem Gebiet der Jugendpflege, der Nekrutenfürsorge und der Reseroistengcwinnung und stellt das beste Einver nehmen mit den obersten Organen der Kaiserlichen Marine, des Kriegervereinswesens und aller Be hörden fest. Beschlossen wurde u. a., daß der Vor stand hilfsbedürftigen Mitgliedern und Hinter bliebenen Unterstützungen bis zu 250 .K ge währen und auch außerordentlichen Mitgliedern Beihilfen zuwenden kann, soweit Mittel vorhanden sind. Auslsnü. Frankreich. Der Ministerrat und die Katastropbe auf dem Kreuzer „Jules Michelet. Paris, 6. Juli. Bei dem heute im Elysöe abge haltenen Mi nister rat erstattete Marineminister DelcassS den Bericht der zur Untersuchung der Katastropbe auf dem Kreuzer „Jules Michelet" eingeietzten Sonderkommission. Am Grund der vorge nommenen Versuche und Prüfungen des Pulvers und deiAustünfte über den Unglücksfall ist dieKommiision zu der Ansicht gekommen, daß die Katastrophe nicht auf Selbstentzündung etwas schadhost gewordenen Pul vers zurückzuführen sei. Das aus dem Jahre 1910 stammende Pulver sehr gut aus. Auch sei das Un glück nicht aus eine Entzündung durch Ueberhctzung zurllckzuführen. Seine Ursachen müßten in den festen Verbrennungsrllckständen des Ge schosses und in den leicht entzündlichen Gasen gesucht werden, die beim Abfeuern des voraufgcgangenen Schusses entstanden und die beim Auswischen des Geschützes nicht gänzlich heraus getrieben worden seien. Türkei. Ministerbesprechungen. Konstantinopel, 6. Juli. Mehrere Minister, di» seit Montag täglich Beratungen abgehalten ha ben, traten gestern, obwohl e« Freitag war, zu einer Besprechung im Hause des Eroßwesirs zusammen, um, wie es heißt, über die Vorgänge in Mona st ir zu beraten. Neue Meutereien im türkischen Reservistenlager? «r. Mailand, 6. Juli. Der „Secolo" meldet aus Athen, daß im türkischen Reservisten lager bei den Dardanellen große Meutereien vorgekommen seien Die einberufenen Soldaten hätten ihre Offiziere angegriffen, die sich an geblich mit Revolverschüssen verteidigen mußten. Ein griechischer Soldat habe einen Major durch einen Säbelstich in den Leib ermordet. Da einige Offiziere den Streit schlichwNMwllten und die Sol- daien angriffen, sei dar ganze Laaer in Auf ruhr gekommen und «ine fachliche Schlacht enlstandtn, über deren Ausgang noch nichts bekannt ist. Diese Vorgänge haben die türkische Regierung in groge Panik versetzt. Vulflarirn. Die Regierung und die Vorgänge in der Türkei. Sofia, 6. Juli. Die „Agence Bulgare" bezeichnet die im Auslande verbreitete Blättermeldung als falsch, daß die bulgarischen Minister täglich einen Ministerrat abhielten, um über die Vor gänge in der Türkei zu beraten, und daß man auf sehr energische Schritte Bulgariens gefaßt sein müsse. China. Schwere Anschuldigungen gegen Dr. Sunyatsen. London, 6. Juli. „Daily Telegraph" meldet aus Schanghai vom 5. o. M.: Dr. Sunyatsen hat beim britischen Gericht in Schanghai gegen eine chine sische Zeitung Klage erhoben, weil dies« behauptet hatte. Sunyatsen hab« sich «in« Million Taels von der belgischen Anleihe gesichert. Die Besitzer der Zeitung wollen den Wahrheitsbeweis antreten. Persien. Rußland und Persien. Teheran, 6. Juli. Man nimmt an, daß Las Kabi nett di« russische Forderung auf Verstärkungder russischen Kosakenbrigade in Täbns um 700 Mann und 2 russische Offiziere annehmen wird, da es ihm Gelegenheit gebe, sich Rußland willfährig zu erweisen, und zugleich das Verlangen nach ZuiÄck- ziehung der Truppen zu wiederholen. Die Veröffentlichung der zahlreich eingelaufenen Antworten wird fortgesetzt. Wir bemerken aus drücklich, daß uns stets Antworten aus dem Leserkreise willkommen sind, die dann in fortlaufender Reihe zum Abdruck gelangen. Halte niemano, der etwas für oder wioer das Thema zu sagen hat, mit seiner Stimme zurück. D. Red. selbstzufrieden heiter ausprägen konnte, mir vollends unverständlich. Ein wil- reißender Herode, im Sinn« Hebbel« war Theater. Leipzig, 7. Juli. Herodes und Mariamne. Jene Tragödie der unbedingten Notwendigkeit, die Hebbel selbst sein Meisterstück g«nannt hat, blieb wohl keiner Bühne in deutschen Landen so lange vorbehalten. Uns kam sie endlich nach 63 Jahren und versucht in einer neuartigen Inszenierung, die, ganz dem Geiste des Dichters folgend, au« dem Stil der Griechen und Shakespeare» ein Mittlere» ge winnen will, die Atmosphäre de« Herodes, den dampfenden, vulkanischen Boden einer unteraehenden Wett beim Anbruch einer neuen Welt M echt orien talisch üppigen Bildern und schlagharten dramatischen Szenen zu malen. Wir spürten den heißen Atem in diesem Gemisch von Historie und Psychologie, wir wurden mitgerissen, aber e« blieb, wi« immer bei Hebbel, ein Rest von Qual bei allem Erhobensein in die Regionen de» unerbittlichen Schtcksalsdramas. Dir Darstellung trug mit dazu bei. Zwar spielte Adel« DorS ihr« letzt« Makkabäerin voll Stolz und verletzter Liebe, b«i dem grausen Fest voll Dämonie, und war al« Weib des Herodes so schön, daß jedes Weib sie hassen sollte, aber der König, der grause Mörder ihr«» Lieb«slebens (Borkman?) ging Weg« in seinem Schwanken zwischen Furcht und Haß und Eifersucht, daß man ihm nicht überallhin zu folgen vermochte. Daß Decarlt da» „Ich stelle sie unter, Schwert!" beide Mal« so leichthin, fast - - - blieb der. Reue, Operettentheater. Zum ersten Mal« „D i« keusche Barbara". Operette in drei Akten von Rudolf Bernau«r und Leopold Jacobson. Musik von Oskar Nedbal. Wer hätte gedacht, daß sich d«r einstig« Bratschist de» Böhmischen Streichquartett»" und jetzig« bedeutende Dirigent und Komponist wert, voller Orchestrrmufik, Oskar Nedbal, noch einmal der Operette zuwenden und mit einem Lehiir, Oskar Strau, und Leo Fall in Wettbewerb treten würde? Doch freuen wir un», daß ein so vornehmer Musiker an die Bearbeitung «in«, Operett«nltbr«tto» ging er freilich und agiler als vor Wochen im Feld- herrnpanzer des Holofernes. Seine Schwester Salome lFrl. Hammer) schuf wenig Eindruck, dafür aber stellt sich die feindselige Alexandra um so mehr ins Vordertreffen. Frau Höcker-Behren», die ich schon mehrfach hier bei lSeraer Aufführungen nannte, gewänne viel, wenn sie auf das Spt«l der Hände, besonders das Spreizen der steif rechtwinklig erhobenen Rechten mehr verzichten würde. Oratorisch war ihre Gegenspielerin des Herodes eine gute Leistung. Dem Soemus de» Herrn Becker wünschte ich noch mehr Wärme, deren Feldhammers Vizekbntg das rechte Maß mit Spott und Schrecken mischte. Hellmuth-Bram gab «inen vortrefflichen Pharisäer ab und Walter war ein stolzer römischer Feldhauptmann. Der karge Raum verbietet uns leider, auf einzel nes näher «inzugehen. Soviel sei bemerkt, daß die von Geheimrat Martrrsteig geschickt vereinfacht« Bühne, von den bekannten Pylonen und rotsamte nen Vorhängen eingeschlossen, dem Spiel einen sehr geeigneten Nahmen bot und doch auch für das Fest vor dem Gericht und Ende ein« großartige und ein drucksvolle Aufmachung zuließ. Das Drama, das man «inst al» «in Zuoiel-auf-einmal in Wien ab- gelehnt hatte, wurde mir mehr als respektvollem Beifall ausgenommen, nach dem vorteilhaft zu« sammengelegten zweiten und dritten Akt sowie nach dem Feste m der unheimlichen Davidsburg sogar stürmisch applaudiert. 8. Sonntag, 7. Juli 1S12. so Jahre Paulus. Aus Anlaß seines neunzigjährigen Le» stehens wurden dem Universität »länger verein zu St. Pauli an dem unter Teilnahm« vieler Hunderter Alter Herren mit freudigstem Sinn gefeierten Stiftungsfest, zu dem sich auch ein« Reih« der Vertreter von Freundschaftskorporationen ein gefunden hatten, eine Fülle ehrender Aufmerksam keiten erwiesen und sinnige Geschenke dargebracht. Unter diesen Gaben, die im Paulinerhause auf gestellt worden waren, waren u. a. auch die beiden von der „Sorabia" gewidmeten großen silbernen Ehrenbecher, das prächtige Trinkborn de» Justizrats Moritz Carsten, oie silbernen Leuchter de» Verbandes der Alten Pauliner, das vom Dr«»dner Filial- Paulus gestiftete große Bismarckbild nach Lenbach, das von der Sängerschaft zu „St. Pauli" in Jena übergebene Gästebuch zu bemerken, wie auch sonst noch Sktftungen gemacht worden waren. „Noch lebt die alte Treue" durfte angesichts solcher Zu wendungen und Ehrungen ausgesprochen werden: überall gab sich dem „Paulus" gegenüber Anhäng lichkeit und Freundschaft kund. Bei dem Verbandstag am gestrigen Vor mittag, denen Alte Herren und Aktive beiwohnten, bewegten sich die Beratungen auf rein geschäftlichem Boden und führten zu Beschlüssen von gleicher Be deutung. Ein gemeinsames Mittagsessen im Paulinerhause vereinre dann die Teilnehmer auf einige gesellige Stunden. Am Abend fand im Großen Festsaale des Zentraltheatere ein Konzert statt. Dieses trug schon im Zuhörerraum wie auch in der Ausführung den Stempel des Außergewöhnlichen. Mancher hat den „Paulus" gewiß noch nie mit solch brechenoer Kraft singen hören, wie in diesem Konzert. Was er z. B. in dem „Deutschen Heerbann" von Woyrsch nach dieser «eite hin leistete, war außer ordentlich. Leider trug der Vortragsplan der Fest stimmung nicht in allen Teilen Rechnung. Er war (vielleicht aus äußeren Rücksichtens etwas bunt ge raten (man hörte Woyrsch nach Mozart, Händel nach Bruch). So gehörten z. B. die beiden Oratorien- arien, die Frau A. Noordenier-Reddingius mit schöner Stimme und etwas schwerflüssigem Vor trag sang, kaum in das Konzert. Auch fehlten Werke, die den Festgedanken unmittelbar zum Aus druck gebracht hätten. Vielleicht kann man Reineckes Festouoertüre mit dem Schlußchor „An die Künstler" hierher rechnen, die die Eingang bildete. Die Aus führung zeigte, wie gesagt, daß Herr Universitäts musikdirektor Professor Friedrich Brandes Kraft und feurige Begeisterung in seiner Schar zu erwecken versteht, daß er ferner auf deutliche, mit unter virtuose Textaussprache hält, daß aber viel leicht auf dem Gebiete der Empfindung noch mehr Gold zutage gefördert werden könnte. Von den Solisten trug Herr Kammersänger Emil Pinks einen glänzenden Sieg davon, sowohl im genannten „Heerbann" wo er dem II des Chores standhielt, als auch in der „Nachthelle" von Schubert, worin er das Solo sehr poetisch vortrug. (Hier nahmen di« Zu hörer die Gelegenheit wahr, den anwesenden Herrn Geheimrat Pros. Dr. Kretzschmar wegen der In strumentierung besonders zu begrüßen.) Auch Herr Theo Wünschmann wußte im „Normannenzug" von Bruch seine angenehme Stimm« vorteilhaft zur Geltung zu bringen. Das verstärkte Orchester vom Halleschen Stadttheater tat seine volle Schuldigkeit. Durch die Aufstellung hinter dem ziemlich starken Chor verloren die Streichinstrumente (vom Saal aus gehört) von ihrem Glanz, mitunter waren sie kaum zu hören. In der Händelschen Sopranari« tat sich der Konzertmeister mit dem gut gespielten Violin- solo besonders hervor: er konnte mit Recht an dem starken Beifall t«ilnehm«n, den die Sängerin erntete. Nach dem Konzert verfügten sich die Erschienenen, Alte Häuser, Aktive und Inaktive, zum Kammer«. Unter Teilnahme einer nach vielen Hunderten zählenden Besuchermenge, der Alten Herren, der Aktiven und Inaktiven, sowie zahlreicher Damen, be- gann gestern abend der FestkommerS, zu dem als Eyrengäste Se. Exzellenz Kaiser!. Wirklicher Geheimer Rat Dr. Freiherr von Seckendorfs, der Präsident deS Reichsgerichts, der Rektor Magni- sikus Geheimer Hofrat Professor Dr. Heinrici, Geh. Kirchenrat Professor Dr. Rendtdorff, Geh. Rat Pro fessor Dr. Kretzschmar, Musikdirektor Dr. Brandes, Hofrat UniversltätSrichter Dr. Flathe, der Vorsteher Gey. Hofrat Professor Dr. Jaeger, erschienen. Ein donnernder Salamander, vom Herrn Stud. ling. rec. Wilhelm Henke kommandiert, wurde zu Be ginn der festlichen Veranstaltung in Ehrfurcht und Liebe zu Ehren der Landesherren auf Kaiser und Reich, auf König und Vaterland gerieben, worauf weiter ein Salamander zu Ehren der Ehrengäste -und dazu ein« Musik schrieb, die nichts von Mache ver rät und auf einem weit höheren Niveau steht als die meisten der in den letzten Jahren hi«r aufgeführten Operetten. Fast immer ist Nodbal bemüht, melodisch seine eigenen Weg« zu gehen und Anklänge an be kannte Werke dieser Gattung zu vermeiden. Dazu ist die in der Hauptsache auf einen flotten, lustigen Ton abgestimmte Musik — die wenig lyrischen Stel len sind frei von süßlicher Sentimentalität — rhyth misch, harmonisch und infolge aparter Instrumenta tion vor allem klanglich reizvoll und inter essant. Nur sckade, daß er sich kein wertvolleres Libretto gewählt, denn was die Herren Bernauer und Jacobson zusammengebraut, ist lanaweilig, ohne Witz und Geist. Von einem einigermaßen dramati schen Aufbau, von einer Handlung kann Überhaupt nicht die Rede sein. Selten sah man ein so in haltlose- Stück. Den Rat eines Regisseurs: Wenn nicht- zu dem Stücke ist, müssen wir etwas daraus machen, schienen alle bei der Aufführung Beteiligten nach Kräften zu befolgen, denn waS auf der Bühne wie vom Orchester geboten ward, war vollster An erkennung wert. Mit besonderem Lob sei in erster Linie des Spielleiter- und deS Dirigenten gedacht. Wi« Herr Oberregisseur Groß jederzeit auf flotte» Spiel hielt und für hübsche, geschmackvolle Bühnen bilder Sorge getragen, so wußte Herr Kapellmeister Wolf, der musikalisch alle- trefflich einstudiert und beständig dem dynamischen Teile seine holle Aufmerksamkeit zuwandte, die Schönheiten der Asarti- tur zu wirkungsvollem Ausdruck zu bringen. Doch auch der den Vertretern der tzauptvartien für ihre durchgängig wohlgelunaenen Leistungen gespendete reiche Beifall war wohlverdient. Frl. Rößner, die vor allem gesanglich wieder Ausgezeichnete» bot, war eine ebenso reizende und liebenswerte Barbara, wie Frau Miet eine fesche, lebenslustige Kitty, die mit ihrem Jony, Herrn Gf aller, vor allem durch ihr Spiel und die graziöse Beweg lichkeit erfreute. Auch die Herren Grünwals (Lord Halifax) und Herrmann (Pittifax) sowie Frl. Beckow vermochten die ihnen gestellte Ausgab« zu voller Zufriedenheit zu lösen. 0. Ü,,
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