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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.06.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120622027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912062202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912062202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-06
- Tag 1912-06-22
-
Monat
1912-06
-
Jahr
1912
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r. ><,»<»«»» > riM», Bezugs-Preis ur L«tp»ta und Borort« durch »»I«rr :aa«r und Svedtteur« 2mal täalich n» van» gebracht: M PI. monatl., 2.7Ü Ml. i'irnoNährl. B«t unlern Filtalrn n. Ln- llhm«st«IIen adaeholt: 7S Pt. «onatl„ L.» «k. oiorlrlsShrl. Lurch »t« Poltr ninerhalb Deutschland» und d«r deutschen »Kolonien vierteljährl. S.8U Ml., monatl. 1.20 Ml. aurschl. Postdestellaeld. Ferner in Belgien, Danemarl, den Donaustaalen, Italien, Lurrmbura, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich» Ungam, Rukland, Schweden und Schweiz. In allen adrigen Staaten nur dtrelt durch di« Geschäft»- stell« d«» Blatt«» erhältlich. Da» Leipziger Iag«dlatt «»scheint 2mal täglich. Sonn- «. F«t«rtag» nur inorgrn». Adonnem«nt,.Lnnatzm«. S«bauni»>»ss« 8, dat uns«r«n Träger», Filialen, Spediteur«» »ad vnnahm«st«üe,i, sowie Postämtern und Briefträgern. »t»»«l»«rlans»»r«t» 10 Ps. Abend Ausgabe Postscheckkonto Leipzig 8». l """"""" Handelszeitunq. j s 14 894 l Drp.-Kass« Srimm. Steinweg L Ämlsökatt des Rates und des Polizeiarntes der Stadt Leipzig. Wtztl'Tagtblaü Handelszeitung lllr Inserate an» Letorta und llmoedunn dU MtU. PetitzÄÄPs..die N?N«2 »UletMl. o»nen^irt,«tzf,Neklam», lÄ vkk. Inserat« von Behärden t« amt lich« Teil die Petttzeil« » Vs. ch,schSst»an»«t^n mit PlatzparschMn» i« Breis« «rhätzt. Rabatt nach Tarif Be tlagegebäbr Gesamt» auflag« S BN^Tmtlend^e^N. Postgedä-r. Feftertetlt« Austräg« können nicht znrRL- aezogen werde». Für da» Erscheine« an bestimmten Tage» und Plätzen wird lein« Garantie ildernommen. L»zeigen-Lauadme: Iodenni^ess« 4^ bei sämtlichen Filiale» u. alle» «nnonean» Lzpedttione» de» 2»- »nd Luelande». »ruck «d Verl»« »«» Fischer ch »gu, Inhaber: Panl Riirste». Redatti.» «d »elchästist.^: Johanni»gals« L -a«t-Filiale »««»den: Seestrast« «. l (Telephon «6211. 8kI«««I 4 4, Lwat- Ar. 3 IS. Sllnnavcnü, Len 22. 3«nl isi2. lüS. Zsyryang. tt lui. !>ö ! Niel Ul» 4Ul> NU 710 SU IM rin «US u«> uso an ns« aeo iu «rr !«rr i7,« »u so» m IUI litt n 170« IN 7» »LI ir« im 7»« IN Ul U7S m irr um 4M irr ig ,«--- u» rr au ,u« itll I4II iZ-S rrru iriio rirs« rTiis uua 4» ,»0 sro 17» rru 7-S- 74III ui ,7S «I UI UI UI m 411 711 rsi ru iu «II uu Nil S7N 117 Ui« 4»8l 7«! »UI UH IMS «.«7 >». U»U NN-) ielö veep r,ii i.ir »Mg. Sepp, l »a 'S i. r. 4,U r, -e i,ri »r- »,rr i. 4,rr r, u >a »,» r,rr «rr i. r» r« i.ir i.,Ien r«u o ri'II 7'lirl L,7l . ie»4 i,U vev. ItSö i«. k,i. r,i7 -« r,7« reidolee.) leekzeicdlst L. US-US l. lonl. M>4. sie-»' 74^8 . Neid u, 4 2e) «,71, NUtIM rrr^ SdLllt ll,s«»»str u NieedeLdeLts ri. l«i. "ptiaim in» Mi i'- i«»i.r Ml. 4-ü uv» ri, i,4 ri. urieri. 171,-1. iu!-«. iu.--«. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Serien. Vas Dillniglte. * Die englische Regierung lehnte die Forderung der Vereinigung der Handelskammern auf Einführung einesZwang sschieds- gerichts in Streikfällen ab. (S. Ausland.) * Die französischen Bäcker sind infolge des Seeleute st rciks genötigt, die Brot preise von neuem zu erhöhen. (S. des. Art.) * Die streikenden Straßenbahner in Lissabon haben gestern abend große De monstrationen veranstaltet. (S. Ausland.) Der Griechen Stunöe. In den letzten Tagen ist ein jäher Umschwung in der offen zur Schau getragenen Gesinnung der griechischen Jnfelbevölterung eingetrcten. Tic Er oberung deS südlichen Archipels durch die Italiener ist n!un doch der Hebel geworden, der den Panhellenis mus plötzlich in rasche Bewegung versetzte. Bon Alexan dria und Rhodus sind, »vie schon gemeldet, Send boten in Athen und Rom einaetroffen, die dem Wunsch der Archipolgriechen nach Autonomie oder Vereinigung mit dem Königreiche Worte verleihen. Die Versammlung der Jnfeldcputationen Leim Gene ral Ameglio bedeutete den nächsten Schritt zur .Befreiung des Archipels. Herr Veniselos leitet zurzeit die verschiedenen wirren Strömungen in den ruhigen Kanal diplo matischer Verhandlungen. Er soll, wie die „Kon stantinopeler Korrespondenz" von zuverlässiger Seite erfährt, bei den Mächten mit Nachdruck darauf Hinweisen, daß der Türkei nach allgemeinem Brauche noch niemals Gebiete zurückerstattet worden, die im Kriege verloren gingen, und daß die Gelegenheit zur notwendigen Bereinigung der Hellenen nicht verpaßt werden dürfe. Um bei dem stärkeren Nachbar nicht anzuftoßen, deckt sich daS Athener Kabinett hinter den Großmächten, arbeitet aber auf diese Weise gleichseitig gegen die.Italiener, die sich auf Rhodus, auf Ästypalia und Harki häuslich einrichten. Obwohl die noch unter türkischer Herrschaft stehenden Griechen auf den Inseln meistens in der Ueberzahl sind, erheben sie von dort aus nur vereinzelte Rufe nach Befreiung. Eine offene solidarische Erklärung oder ein gemeinsames mutiges Vorgehen für ihre Sache scheint ihnen nicht opportun, weil zu gefähr lich. ES kennzeichnet auch ihren Charakter, daß sie lieber ine Autonomie gewinnen als mit dem König reiche vereinigt werden möchten. Man behauptet hier in politischen Kreisen, daß Veniselos die Rücksendung der kretischen Abgeord neten und die Vertagung des Athener Parlaments bis zum Herbst beschloß, um in der Zwischenzeit die Frage des Archipels mit der Kretas gemeinsam erledigen zu können. Auch Samos soll in die Ver handlungen hineingezogen werden. Herr Veniselos spielt eine gefährliche Karte, aber er spielt sie geschickt. Er hat die Türkei durch freundschaftliche Erklärungen und durch sein Auf treten in der Kretafraae in Sicherheit gewiegt, den Bau der griechisch-türkischen Bahn angeregt und den Osmanen die griechische Gesandtschaft wieder ¬ gegeben: Er hat sich in Konstantinopel Vertrauen erworben, während er unter Friedensbeteuerungen die Frühjahrsübungen der von Franzosen ausge bildeten hellenischen Armee abhalten ließ. Ties Ma- növer, au dem sich 40 000 Mann aller Waffen Le- reiligten und das nach dem Urteile der iremden Militärattaches die Verivendbarlcit der herangezo genen Truppen tlarlegte, wurde schon im Frühling angesetzt, um den Türken vpr der Lösung der Inselfragen zu beweisen, daß das kleine »önig reich nach seiner Niederlage im Jahre l8W i» sich erstarkt und im Bedarfsfälle zum Kamps be reit ist. In den hiesigen Kreisen der internationalen Diplomatie glaubt inan, daß die Türkei den Archipel bestimmt verlieren wird. Auch die Politiker Kon stantinopels neigen dieser Meinung endlich zu. Der Parteitag in Ltzirsgo. Taft bisher Sieger. Chicago, 21. Juni. Bei idem Wieöerzusammentritt des Nationalkonvents hatte der Wahlprüsungsaus- schug, obwohl er die ganze Nacht verhandelte, die Arbeit noch nicht beendet, da die Anhänger Roose velts auf genauester Prüfung jedes ein-elnen be strittenen Mandates bestanden. Der Ausschuß legte nur einen unvollständigen Bericht über Sie als gültig zu erklärenden Mandate vor; darunter befinden sich auch die Mandate der Delegierten Tafts aus dem neunten Alabama-Brzirk, gegen deren Anerkennung Roosevelt den schärfsten Protest erhoben hatte. Der Antrag Hadleys, die bestrittenen Delegierten von de: Stimmabgabe auszuschließen, wurde abgewiesen; desgleichen ein Bericht der Minorität des Wahl prüfungsausschusses, uns Mar mit 605 gegen 464 Stimmen. Dies bedeutet einen wichtigen Gewinn Tafts. Die Nomination des Präsident schaftskandidaten wird morgen er wartet. Chicago, 22. Juni. Bryan forderte eine Anzahl hervorragender Demokraten im ganzen Lande tele graphisch auf, sich mit ihm zu verbinden, um die Wahl Parkers zum zeitweiligen Vorsitzenden des demokratischen Konvents in Baltimore zu ver. hiüsern. D. 0. Chicago, SL. Juni. Der Mandat Prüfungs ausschuß hat Äscher sieben Staaten erledigt. In allen Fällen wurden di« Anhänger Tafts bestätigt. Der Ausschuß dürfte wohl heute keinen Mandatprüfungs bericht mehr vorlegen. Man glaubt, daß Sie Ver handlungen des republikanischen Parteitages bis Mitte nächster Woche dauern dürften, außer für Len Fall, daß Taft zugunsten eines Kompromißkandidaten zurücktreten würd e. ?. 0. Chicago, 22. Juni. Bei den weiteren Ab stimmungen über den Ausschluß der Delegierten für Taft, deren Mandate von der Rooseveltpartei ange fochten waren, zeigte sich ein weiteres Steigen der Majorität für Taft, dem nunmehr 569 De legierte zuge sprachen lsind, gegen 499 für Roosevelt. Ausbreitung Les frsnzölilchen Seeleuteltreiks. Der gestrige Tag, an dem die Entscheidung im Seemannsstreik erwartet wurde, ist ruhig ver laufen. Schon am frühen Morgen hatten sich Gruppen von. Streikenden an den Kais und auf den Docks eingefunden, um diese einerseits von Arbeits willigen freizuhalten uno anderseits die Mann schaften der einloufenden Schiffe zum Anschluß an den Ausstand zu bewegen. Ein Polizeiauf gebot von 80 Monn sorgte für Aufrechterhaltung der Ordnung. Po» 1700 eingeschriebenen Seeleuten befinden sich augenblicklich 13 0 0 im Ausstandc. hierzu kommen noch die Mannschaften von den fünf Freitag früh eingelaufenen Dompfern „La Pro vence". „Germania", „Monte Visa", „Gergooia" und „Venezia". ZVeiter liegen über di« Anerkennung bzw. Ablehnung des von der Regierung vorgeschla- aenen Schiedsgerichts folgende Meldungen vor: Havre, 22. Juni. Während die eingeschriebenen Seeleute mit dem Schiedsgericht sich einver standen erklärten, teilten die hicsiacn Reeder dem Unterpräfckten mit. daß sic es ablehnten, sich einem Schiedsgericht zn unterwerfen. Die Mannschaft des hier eingelausenen Ozeandampfers ..Savoic" schloß sich den Ausständigen an. Marseille, 22. Juni. Die eingeschriebenen See leute erklärten sich mit dem Gedanken eines Schiedsgerichts für einverstanden, das die Forderungen der eingeschriebenen Seeleute unter einem allgemeinen Gesichtsminkt prüfen soll. Ferner soll heute, einer Vlättermeldung zufolge, ein Minister rat stattnvden. der ausschließlich der durch den Ausstand der Seeleute geschaffenen Lag« gewidmet sein werde. Die Neoierung habe folgende Maßnahmen ins Auge gefaßt. 1. Dir Abschaffung des Flaggen- monopols für den Schiffsverkehr mit Algerien und Tunis. 2. Die Verwendung von Reservisten der Kriegsflotte auf den Post- und Frachtdampsern, die Südfrüchte und Getreide von Algerien nach den Häfen des Mutterlandes befördern. 3. Die Landung jener Dampfer, die für den Gebrauch unentbehrliche War«n nach Frankreich befördern, in Genua, Antwerpen oder sonst einem benachbarten Hafen. Erhöhung der Vrotpreise. Paris, 22. Der Präsident des Bäckersyndikats erklärte einem Bericht- erstatte!, die Vorräte an Mehl seien so zu- sammen geschmolzen, daß die Lage wirklich kritisch zn werden beginne. Die Bäcker feien ge- nötigt, die Brotpreise von neuem zu erhöhen. In einigen Pro vinzstädten seien die Mehl- Vorräte fast vollständig ausgegangen, so daß sich die Bäcker nach Paris wenden mußten. Der Depeschenverkehr mit Algier. Marseille, 22. Juni. Der Torpedojäger „Soah i" ist mit Depeschen nach Algier abgegangsn. der Torpedojäger „Lansquenet" nach Ajaccio und Diserta. Der Zar unü Sie Arbeiten üer Reichsüums. Aus Anlaß des Schlusses der gesetzgebe rischen Periode der dritten Rcichsduma empfing der Kaiser im Beisein des Mnister- Präsidenten und des Ministers des Kaiserlichen Hauses 260 Dumaabgeordnetc, Vertre ter aller Fraktionen mit Ausnahme der sozial demokratischen. Beim Erscheinen des Kaisers er ¬ tönte ein donnerndes Hurra seitens der Abgeord neten. Der Kaiser ging die Reihen der Erschiene nen entlang und redete versmiedene Abgeordnete an. Alsdann hielt Zar Nikolaus - folgende Anspracue: ,,Fm Verlaufe vou fünf Fahre« folgte ich aufmerksam dem Arbcitsgauge der R e i cb s d u iu a. ^ch will «ich! vor Fhnen verbergen, daß einige Fragen nicht die Rich tung erhielten, die mir wünschenswert war. ^ch finde, die Debatte« haben nicht immer einen ruhigen Eharakter getragen, während die Arbeit doch hauptsächlich Ruhe erfordert. An derseits bin ich froh, bestätigen zn sonnen, daß Sie viet Mühe und Fleiß auf die Lösung der in meinen Augen hauptsächlich erscheinen den Fragen verwandten, und zwar auf die Frage der O rganisic r nng des A grar me s c n s , der Versichern» g und Versor gung der Arbeiterfamilien, der Volk s- bildung sowie aller die Landesvertei digung berührend:» Fragen. Tic gestrige Abstimmung über die Anweisung eines sehr bedeutenden Kredits hat mir wahre Freuds bereitet. Fch finde cs für wünschensivcrt, in erster Linie die Aufmerksamkeit auf das mir von meinem heißgeliebten Vater hinterlassene Erbe, die Kirchen und Gcincindeschulen zu richten. Flh wünsche Ihnen, daß Sie glücklich heimkchrcn und denen, die in die vierte Reichs duma wiederkchrcn sollten, wünsche ich eine ruhige, fruchtbringende Arbeit, mir zur Freuds und dem teuren Rußland zum Nutzen. Auf Wiedersehen, meine Herren!" Der Empfang dauerte ungefähr eine Stunde. Nach dem Empfang wurden die Abgeordneten bewirtet. Der Präsident der Duma brachte einen T > inkipruch auf den Kaiser, der Vizepräsident auf die Kaise r i n und den Thronfolger aus. Den Trinlsprüchen folgten begeisterte" Hurrarufe. von üer Sieter Dache. Kiel, 22. Juni. Diner an Bord der „Hohenzollern". Am Freitagabend fand an Bord der „Hohen zollern" bei dem Kaiser ein Diner statt. Bei diesem saß zur Rechten des Kaisers Bürgermeister Dr. Dur ch a rd-Hamburg und Generaloberst von Plesfen. links der Reichskanzler und Generaldirektor Bal- lin. Gegenüber dem Kaiser saß Oberhofmar schall Graf zu Eulenburg zwischen dem Bür germeister Dr. Schröder- Hamburg und Admiral v. Arnim, dem Vorsitzenden des K. P. T., rechts und Bürgermeister Dr. Predöhl-Hamburg und Admiral v. Müller links. Zu der Tasel waren ferner unter anderen geladen: Vom K. N. L. die Herren Vizeadmiral z. D. Barandon, Wirklicher Geheimer Oberbaurat Dr.-Fng. >. «. Veith, Schloßhauptmann Graf o. Hahn-Neuhaus, Konter admiral z. D. Koellner, Konteradmiral z. D. Sarnow, Kapitän zur See Begas, Geheimer Re- A Der bitt üu? Roman von Marie Diers. In einer Taa«löhnerkate von Holzhagen, so früh schon, daß noch Licht brannte, hörte Wolf Eggers am andern Morgen von der Verlobung, die sich gestern ereignet hatte. Er hatte eben ein kleines, an Krupo leidendes Kind durch eine Operation vor dem Ersticken gerettet. Jetzt stand er und wusch sich in einer zerbrochenen Schüssel die Hände, während die Mutter, mit der qualmigen Lampe in der Hand, ihm die große Neuig keit auftischte. „Und Herr Doktor weiß noch gar nicht? Na so 'was! Und is doch der leibliche Bruder. „Wenn ihr mW in der Nacht holt!" sagte Wolf unwirsch. „Guckt doch, bitte, in eure eigenen Töpfe.' Uebrigens war es nicht die Botschaft, die ihn un wirsch machte, er redete so mit allen Leuten, die er nicht leiden konnte, und er konnte alle Zudringlich keiten nicht leiden. Als er aus dem Haus kam, dämmerte es schon ouf der Erde. Mit starker, reiner Frische drang ihm die Luft in die Lungen nach der dumpfen Sttckluft der engen Kate. Es hatte seit einigen Nächten ge froren, auch lag eine leichte Schneedecke über dem Land. Wolf warf seinen Mantel in den wartenden Wagen ab. Dann schritt er zu Fuß voran, der Wagen folgte ihm im Schritt. Seitwärts von der DorItraße, unter den ent laubten Pappeln, lag das Eutshaus. Er sah hin über, hier und dort war Licht hinter den Fenstern. Sollte er hingehen? Der Vater und Ulrich waren ja schon längst auf. Aber wozu? Es dünkte ihm so überflüssig, was hatte er denn noch zu fragen? lkr konnte es sich an seinen fünf Fingern abzählen, wie nun alles kam. Er wandte sich mit einer ungeduldigen Bewegung und schritt der Landstraße zu. Mit starken, raschen Schritten ging er in den dämmernden Tag hinein. Also so deines Lebens Knoten zu lösen, fandest du für gut. mein Mädchen? dachte er. Unter kriechen willst du wie ein kleiner, nasses Huhn? Na, wenn s dir nur daran liegt — trocknen und füttern wird dich der aute Dickkopf schon. Es war nicht Zorn, nicht Erregung, dar ihn rührte. Nur ein leise« Staunen: sieh an, so bist du also auch! Aller die gleiche Sorte. Nur nicht im Nassen draußen stehen bleiben, nur unterkriechen — unterkriecken. Ja, Elsa — du kannst nichts dafür. Hast in deiner Weise ganz recht. Was willst du auch draußen, wenn es donnert und stürmt! Dabei erkältest du dir ja nur die feinen Knöchelchen. Ich wundere mich aber doch, mein blondes Kind. Wie wird's dir denn nun sein, wenn Ulrich dich küßt? Wird euch das so leicht, ihr Evastöchter, den einen Mann für den andern zu nehmen? Wirst du nun deinem Bräutigam eine Beichte ad- legen? Oder nicht? Es ist ja nichts passiert! Und was brauchen auch die Männer alles zu wissen. Da zu werden sie doch nicht geheiratet. Jin übrigen, meine klein« Else, bedanke ich mich bei dir. Du hast unser verkraustes Knäuel hübsch und glatt in Ordnung gebracht. Nicht wahr, unsere Fä den waren arg ineinander verwirrt? Aber am klugen Tag nimmt das feine Kind sie zur Hand und zieht sie auseinander, die einen nach rechts, die andern nach links. Eine große Erleichterung hast du in meine see- Irschen Wirren gebracht, Elsa. Er sah sich nach seinem Wagen um. Ein grau weißer Tag stand rings über den Feldern. Der Kutscher hatte die Laternen gelöscht, jetzt hielt er, da Wolf stillstand, die Pferde mit einem kurzen Ruck an. Der schwang sich aufs Trittbrett. „Vorwärts! Rasch in den neuen Tag hinein!" rief er. Fünfzehntes Kapitel. Acht Tage später, da wohl die Zustimmung der Mutter von der Riviera eingetroffen war, wurde die Verlobung zusammen mit der von Johannes Okeley und Käthe in der Umgegend bekannt «macht. Nun hieß es natürlich: „Was aber diese Bärenwenders für Glück haben! Die Töchter gehen ja weg wie frische Semmeln!" Der alte Egger« kam schon vorher einmal mit Ulrich nach Neuenhalz herein, um die geschäftlichen Angelegenheiten zwischen seinen Söhnen zu erledigen. Er war froh, daß nun alle» so gekommen war. wie er ihm seit Jahren am Herzen lag, und doch fühlt« er sich dabei wehmütig und bedrückt. Man stellt sich dar nicht vor. war e» heißt, sein Lebenrwerk zu verlassen, bir er so weit ist. Dann stsht solch alter, knorriger Baumstamm da, ganz ver ¬ wundert und entsetzt: ja, was macht ihr denn da? Ihr schaufelt mir ja die Erde von den Wurzeln fort! Wo bleibe ich denn jetzt? Mit solchen Augen sah der alte Eggers beständig Mischen seinen Jungen hin und her. Er hatte es längst kommen sehen und konnte es nun kaum fassen: nicht mehr Herr sein, nicht mehr arbeiten. Ja aber, er war doch noch nicht einmal an die Siebzig heran. Was fängt man denn da mit seinem Leben an? Ulrich konnte das gar nicht mit ansehen. „Natürlich bleibst du bei uns, Vater. Es soll äußerlich gar nichts geändert werden, höchstens ein bißchen mit den Stuben, weil wir doch nun Platz brauchen —" „Nee, nee. Laß man, Jung'. Deine Mutter mag's auch nicht so. Weißt, wag ich mir gedacht hab'? Ich miet' mich hier irgendwo in Neuenholz ein, damit sie doch auch 'mal in die Stadt kommt, das hat sie sich immer gewünscht, und nun kann ich's ihr ja ver schaffen. Und dann pacht' ich mir eine kleine Jagd. Da hab' ich doch zu tun." „Und alle Woche bist du draußen bei uns, Vater. Ich werd' ohne dich ja nicht fertig", sagte Ulrich. Das innere Glück lacht« ihm aus Augen und Mund, selbst aus dem roten Haarschopf, der sich jubilierend sträubte. Er hätte alle Menschen auf der Welt glück lich machen mögen — auch ihn, den bösen Wolf, dem er so viel Ungemach und Leid verdankte — er und sein armes kleines Bräutchen. Aber an den ließ sich nicht so wohlfeil mit allerlei lieblichen Plänen herankommen wie an den Alten. Der saß etwas beiseite und rechnete auf einem Stück Papier, als gingen Hn alle Liese Familiensachen weiter nichts an. Im übrigen war er von einer gleichgültigen, etwas nachlässigen Freundlichkeit gegen den Bruder. „Grüße deine Braut von mir", sagte er leichthin beim Abschied. Ulrich runzelte die Stirn. Nun quoll doch wieder di« alte Empörung in ihm auf. Was bist denn du, was hast du im Grund so Ungeheures vor uns voraus, daß wir dir alle so leicht wiegen? dachte er zorn erfüllt. Ich hab« dich mit dieser Tat nicht brüskieren wollen, habe überhaupt nicht an deine Gefühle dabei gedacht. Aber ich meine, du tätest fein besser, hierbei ein wenig demütiger zu sein! Es fehlte nicht viel, so waren diese Gedanken Worte geworden. Doch Ulrich bezwang sich um Elsen, willen. War wollte er mit einem Aurbruch er reichen? Nichts, al, peinlich etwa, aufrühren, was längst begraben war. Und im Grund — was tat ihm Wolf denn? Was ging es ihn an, welche Gesichter der zog! Ulrichs Empfinden war gewißlich gut und richtig, aber es gab trotzdem nicht den Ausschlag. Noch an dem gleichen Abend passierte gar «in übles Ding. Otto Wedel hing sich an Ulrich. „Komm heut« abend mit in unser» Verein", sagte er. Dieser Verein war sein neuester Stolz. Er bestand zumeist aus Gerichtsschreibern, Kommis und einigen jungen Buch haltern, denen er als Weltumsegler zu imponieren verstanden hatte. Dort las er abgerissen« Abrisse aus seinen „Tagebüchern" vor, selbstverfaßte Gedichte, hielt hochtönende Reden mit Nietzscheschem Deiguß, forderte Dispute heraus und war ein Jemand, eine angesehene und angehörte Persönlichkeit. Seine un verwüstliche Schneidigkeit und sein äußerer Schliff kamen ihm dabei zustatten. Ulrich hatte keine Lust, aber aus Gutmütigkeit wurde er oftmals schwach, er ging also mit. Anfangs versuchte er. sich zu amüsieren, dann gab er bei sich selbst zu, es sei Loch ein höchst albernes Ge lreibe. Wenn er nur unbemerkt fort könnte, möchte er wohl fort. Otto hatte aber «in Auge auf ihn. Es kitzelte ihn. daß der Bruder seines hochmütigen Schwagers ihn in dieser Position sah. Er überschlug sich in immer ge wagteren Paradoxen, trank Bier, Wein und Schnäpse durcheinander und bot Ulrich, nüchternen Augen zu letzt ein ganz und gar abschreckendes Bild. „Adieu, Otto, ich muß jetzt fort. Mein Vater wird längst fahren wollen." „Laß ihn fahren, Herz. Bleibst bei meiner Schwester, die hat auch Trost nötig, du Aushilfsmann in allen Nöten. Kannst ja so fein aufheben, was dein Brüderchen fortgeworfen hat!" „Was Ein« plötzliche Stille entstand. Hier und da löste sich ein verhaltenes Kichern. Ulrich stand gerade avf- gerichtet, erblaßt. „Otto Wedel — weißt du denn eigentlich, was d» sprichst?" — Seine Worte fielen hart und kalt wie Ltahlspitzen Fortsetzung i» der Morgenausgabe.)
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