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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.06.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191206025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19120602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19120602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Img 27- 28 Seiten vertauscht
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-06
- Tag 1912-06-02
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Monat
1912-06
-
Jahr
1912
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Sette 2. vr. 277. 106. Lchr-mr-. läuterte. Dadurch ist ttder Zweifel «GuchMe« h« die Regentschaft nicht im Name« de» Nnvufolgrr» geführt wird. E» ist darin auch deutlich gesagt, !mh die Regentschaft ohne Rücksichtnahme auf einen Wechsel in der Person de» zum Thron Berufenen weitergesührt tvird, bi» ein Thronfolger die Nr» gtiervng antritt. Davon, daß der Herzog von Lambers and Sandes herr von Braunschweig sei, kann jetzt keine Rede mehr sein. Er Kat lediglich durch die Berufung mm Thron die bravnsctk>veigische Staatszugehörigveit nicht erworben. Der Grundsatz des StaatSrrchts, daß der Landesherr die Staatsangehörigkeit feine» Lande» erwerbe, beruht auf der Analogie der Be- crmtenstellung. Wenn aber die Geschäfte des Staates weder von dem Fairsten, noch in seinem Namen geführt werden, so kann diese Analogie nicht heran- gezogcn werden. Wenn der Herzog von Cumberland trotz seine» langjährigen und dauernden Aufenthalts im Auslande Überhaupt noch Deutsche sein sollte, so könnte er nur ein preußischer StaatSanqelförige« sein, diese Eigenschaft habe er durch die Vorgänge de» Jahres ltt66 erworben. Daß er da-Recht der Ex territorialität geniesze, kann au-cy nlcht anerkannt nnrden. Diese» Reck'-t kommt mir den Fürsten zu, die die Regierung selbst führen oder »oo sie in ihrem Namen geführt wird, denn die Unabhängigkeit de» Staates läßt die Abhängigkeit seine» Vertreters von einem anderen Staate nicht zu. Deutsches kuftfshrmelen. Don Hm» Waldemar Herwartb von vittenfeld, Hauptmann «. D. Die am 21 März 1912 mit einem Kostenanftvande oon insgesamt :;6 Millionen Franken durchgefilhrte Reorganisation de» frarrzöstfchen Luftfahrwesens macht Frankreich zu dem ersten Lande der Welt, da» über eine großzügige staatlich« Oraant» sation für Lu,tfahrt verfügt. Nachdem auch Eng» land bereits die Notwendigkeit staatliäien Ein greifens erkannt hat. muh eine Reorganisation de» deutschen Lustsahrwesen» von allen natronalgesinnten Männern befürwortet werden, denen die Macht stellung Deutschland« al» Kulturnation am Herzen liegt. Wenn schon di« Reorganisation de« Mili tär - Lustsahrwesen», allein Frankreich aegenüber, eine gebieterische Notwendigkeit ist, so ist e» doch nicht minder wichtig, den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen. Deshalb müssen folgende Forderungen aus gestellt werden: I. Das Militär-Lnftfahrwesen wird nach ebenso grosszügigen Gesichtspunkten wie das französische geordnet. UeberalL wo dir französischen lbcsichtspunlte das Kriegsministerium nennen, ist zu erwägen, wie weit unter Berücksichtigung der deut schen Berbü.'tnisic die Allerhöchste Stelle und der Generalität» in Frage kommen. Zur Durchführung dieser Organisation sind kl) Millionen bereitzustellen mit der Mastgabe, dnst jährliche Nachtragskredite, der fortschreitenden Technik entsprechend, angefordert werden können. II. Eine Ncichsstclle (zunächst da» Reichsamt des Innern, später ein R e i ch «l« f t a m t) entlastet den Deutschen Lustfahrerverband von den seine Arbeitskraft weit übersteigenden Eingriffen in die industriellen Verhältnisse. Diese Behörde regelt a»sglcicl>cnd die systematische Unterstützung der Ge- Leipziger Tageblatt ^M»egm>aa»gad« lsUchatt-u, Fabriken, Flugplätze usw. Sie iß di« Verteilungstnstauz für di« staatlich auzulegenden Versuchslaboratorien. III. Staatliche versuchslaboratorto» w«rdeu an di« Technischen Hochschulen im Reich« auaegliedert oder in Verbindung mit Flugplatz, ^fellschaften staatlich subventioniert. IV. Für Wetterwarnun-sdie«» Mrd ein jährlicher Beitrag von 186 006 für di« ära nautischen Observatorien aasgeworfen. V. Die Reichspost stellt ein Netz von funken telegraphischen Nachrichtendienst' stellen her. Eie erhält hierfür einmalig Mvet Millionen und fortlaufend 106 000 ^l. VI. Die wissenschaftlichen Bestrebungen de» Deutschen Luftfahrerverbandes werden staatlich unterstützt. Jährliche Subvention 100 000 ^l. VII. Die privaten Förderung»»«»- eine sLuftflottenixrein, Fliegerdank, Flieger- nnd Luftschifferschulen, Luftschiff- und Flugzeug-Studien- gesellschaften) erhalten eine ofiziell«, der Reich«, lxhörd« zugeteilte Spitze. VIII. Für Luftschiffe, Flugzeuge, Führer, Passa giere und Bedienungspersonal greift das Reichs- Versicherungswesen ein. IX. Da» StlNisttscl)« Amt führt Statistik üb« Luftfahrwesen in Verbindung mit der Reichsbehörde für Luftfahrwesen. Bet Befolgung dies« oder ichnltcher ^o^> zügig« Vorschläge würden aufziibringen sein an ein maligen Ausgaben etwa 40 Millionen, also die Kosten eines modernen Panzerschiffes: die laufenden Ausgaben würden den Unterhaltungskosten eines Schiffes entsprechen. Die Frage, ob eine achtung- gebietende Luftflotte den Wert eines Panzerschiffes aufwiegt, wird auch kein Flotten- freund verneinend beantworten, am allerwenigsten der hohe Protektor des deutschen Luftfahrwesen« — Prinz Heinrich von Preußen. Und schließlich wäre der beste Grundsatz: „Das eine tun und das andere nicht lassen-l Der jmUenisch-türkische Krieg. Giolittl Sb« die italienisch-türkischen Friedens- Verhandlungen. » Zn einem Interview, das der Korrespondent de» ,T>aily Thronicle" mit dem italienischen Minister präsidenten Giolttti hatte, erklärte dieser, dah Italien wohl bereit sei, mit der Türkei zu verhandeln. Der Ministerpräsident gab seiner Ueberzeugung Ausdruck, daß sich ein« Basis finden lassen würde, auf der die Einigungsverhandlungen er- öffnet werden können. E« muffe jedoch berücksichtigt werden, dah Italien ein Anrecht aufTripoli» und die Tyrenaika habe und sich dieses Recht auch unter keinen Umständen nehmen lasten werde. Die türkisch« Flotte läuft au». Rom, 1. Juni. Von Admiral Btale hi« einge- gangen« Telegramm« besage«, dah vier türkisch« Torpedoboote aus den Dardanellen ausgefahren und in der Nähe oon Lemnos, Eamothrake und Psara gesichtet worden sind. Seitens der italie nischen Flott« wurden Maßnahmen getroffen, um die Transportdampfer vor eventuellen Angriffen dieser Torpedoboote zu schützen. Da man erwartet, dah nunmehr di« gesamte türkische Flotte auslaufen werde, habe» dte italienische« Schiffe Befehl «chcrtt«, «-glich »»s««»e« ,» bleibe». Wetter wird gemeldet: Konstantinopel, 1. Juni. Da» deutsch« General konsulat ist benachrichtigt worden, dah Sb Italienern, darunter SV Israeliten, die otto»a«ische Staatsangehörigkeit gewährt wurde. Zahl, reiche italienische Familien, etwa 400 Personen, find gestern abend mtt einem Schiff des Oesterreichtschen Lloyd abgereist. Weitere Familien reisen heute ab. Deutsches Leich. Leipzig, 2. Juni. Formationoüuderuugc» tt» sächsischen Heer«. Dresden. 1. Juni. Da» Militäroerordnungsülatt veröffentlicht di« an» Anlaß des Reich »hau-»halt», «tats 1912 sich ergebenden Formationrände rungen usw. Ä. a. di« Errichtung «ines Neben- artilleriedepots in Wurz«», da» dem Artillerie- ioepot Leipzig zugeteilt wird, sowie die Umwand lung der Stelle de» Kommandeurs de« Lackdweh:- b«zirr» Plaue« in eine solch, für eine» pensionier ten Stabsoffizier, mit dem Rang« nnd den Befugnissen eines Regimentskommandeurs. Bei den Train bataillonen wird der Etat nm je «inen Zahlmeister, eine» Schreiber und 18 Dienstpfackx erhöht. Die bis herige Zentzmeifterei erhält die Bezeichnung Feld- zeugmetnerei und der Ober-eugmeister den Titel Feldzeugmetster. * Die „Norddeutsche vllgewetne Zettang" üb« Direktor Heyler. y. Verlia, 1. Juni. Dte -Nordd. Alla. Zig." schreibt in ihren Wochenrückblicken anläßlich des Rücktritts des Direktors H«yler von der Verwal tung der Grafeustadener Maschinen fabrik ». a.: Der Direktor habe nach längerem Sträuben sein« Entlastung genommen, nnd dieser Vorgang sei nicht ohne eine Nerhe «oeckloser Demen- tteroersuche erfolg. Mit Bezug ans die von Heyler selbst aufgestellte B«-auptuug, dah alle ihm zur Last gelegten Vorkommnisse «m Teil ohne sein Tun oder gegen seinen Willen geschehe» seien, zmu Teil sich auch au» den ganz natürlichen Geschästsgriinden ohie jedwede Deutschs ei ndlichkeit erklären liehen, wird gesagt: -Wohl möglich, dah di« Vorkommnisse sich für gewisse Kreise so erkläre» fassen?, aber es ist entscheidend, dah Herr Heyler «tae positive Erklärung für sein« Person eberr nicht abgibt. Di: groß« parlamentarische Aktion nach der falschen Seite, zu der sich die eksah-lothrinaisch« zweite Kam mer in diesem gar nicht zweifelhaft» Fäll« bewogen sah, hat also inzwischen an Relief keineswegs ge wannen." Dr. Sols» Ausreise »ach Südafrika. London, 1. Ium. Der deutsche KolonicrlstkretSr Dr. Sol f ist gestern in Begleitung seiner Denuchltn von Southampton »ach Südafrika abgefahren. Während der Fährt wirb der Staatssekretär mtt mehreren englischen «und siidasürkanrschen Derwal- tungobeamten wichtige Besprechungen haben. öomrtrrg, 2. I«vt 1912. vmttiche «echnmtmachv»». v«rkt», 1. Juni. Der , R«i chs a uze i ger" giibr die Verleihung de» Grohkomturkreuzc» de» Hausordens der Hohenzollern an den Reichs kanzler und des Kronenordens erster Klasse an den Staatssekretär im Reichsschatzamt, Kühn, be kannt. Maßnahmen der Haudeoeeker gegen d-u Bau- schwindek. Berlin, 1. I»ni. Wie der ^nf." mitac^lt wird, ist vor einigen Tagen durch bchöroliche Ün erstützung und mtt Hicfe der Handwerkskammern in Bc'rlin eine Einrichtung getroffen worden, durch die d'e Bau handwerker zur Selbsthilfe gegen de? Bau schwindel greifen. Es ist eine Auskunft», elle für Bauhandwerker in der Gründung begriffen ' die von zwei erfahrenen Bauhandwerker« geleitet wer den soll. Die Auskunftssielle soll dazu dienen, - der alle Bauunternehiner ven Bauhandwerkern Aus künfte zu geben, die Aeberbelasiung der Grundstücke festzustellen und dafür zu sorgen, t-ah die Handwerker vor Schaden bewahrt werden. Alle Ncubauunrer- nehmunnen werden in der Auskunftsstelle der Reihe nach ausgestellt werden. Man kann erwarten, das; durch dies« Neugrüaduna ein wirksamer Schutz der Bauhandwerker a«g>m Schäden aller Art durch den Bauscbwindel geschaffen wird. Ob auch ähnliche Aus- kunftsscellen in den Bezirken anderer Handwerks kammern geschaffen werben sollen, das wird von dem Erfolg der Auskunstsstelle in dem Bezirk der Han delskammer Berlin abhängen. E.ne Bergsonbereechtsste«, i» Deutsch-Skdw efta frika. Berlin, 1. Juni. Wie der „Inf." mitgeteilt wird, hat der Eouvernenr von Deutsch^üdwestafrika einen Entwurf ousgearbeitet und dem Landrat zur Be ratung unterbreitet, der von außerordentlicher Be deutung für den südwestafrtkantschen Bergbau ist. Es handelt sich um Li« Einführung einer Be steuerung der Sonderberechtiguugen, die manche Gesellschaften zur ausschließlichen Auf suchung oder Schürfung von Mineralien haben, und der Rechte auf b-aarechtliche Gebühren. Steuern oder Abgaben. Die Höbe der Steuer soll sich nach dem Inhalt der Landesslächea richten für die dte Berg- bausanderbcrechtigung besteht, «nd im Jahre für das Hektar zwei Pfennig betragen. Der Steuerpflichtige kann sich seiner Zahlnugspslicht dadurch entledigen, dah er die Etnsiihrrrnq der Schürf- und Bergbau freiheit beantragt. Di« große Bedeutung dieses Steuerentwurf« beruht darin, daß die Regierung durch ihn rin Mittel gegen diejenigen Gesellschaften erhält, die sich derEiHÄHruvg derSchurf«»ndBergbau freiheit widersetzen oder die Wirkung der bewilligten Schürf- und Bergbaufreihett durch Erhöhung der Ab gaben aufheben. Vrflerrrkh-Rngarn. Wahl- mitz Wehrrrforrn. Pep, 1. Juni. I« der heutigen Sitzung des Ab- aeordnetenhauses legte vor dem Eintritt in die Tagesordnung der Abgeordnete Franz Koffuth die Forderungen der koalierten Opposition dar, die diese Gewttterkurcht. Bon Wilhelm ». vuttlar. Wer erzittert, >venn abend» der Sonnenball, in feiiiige ("luten getaucht, am torstlicitcn Horizont untersinlt? Liier erbebt beim Anblick des gigan tischen niorgerrdliciu'n Aufstieg» dieser Leben»- jpenderin? L>e»ltiineiitale Menscl>en geben ihrer Be- ivuudcrung bei diese«: großartigen Nctturschauspiel ivohl in nichr ober weniger gefühlvollen Worten und Lauten Ausdruck, die SckZauer der Furcht aber überloniruen keinen, lind doch ist diese Naturerscl-ei« nung vielleicht die gewaltigste, großartigste, die sich uns Sterblichen offenbart. Ohne sie gäbe es kein Leben, keine Jahreszeiten, kein Erwachen und Auf erstehen der Natur tin Lenz, kein Hinsinkcn und Sterben, wenn der Herbskwind über die Stoppeln fegt. Äe alltäglicilc Getvohilhcit ist's, die diese großartige Naturerscheinung m> unseren Sinne« säst niiöeacl)äet vorbeiziehen läßt. sie ihrer Fiirci>tbarkcit für uns entkleidet und kein Leben, leine Furelst auslommen läßt. lind doch haben wir andere Naturerscheinungen, die sich auch wiederlzolen, immer wicderkehren und naturgenwß auch ferner wiedertehrcn tverden, bei deren Eintrcsfen lvir trotz der Gctoohnhcit stet» Augst und Sckwecken empfinden. Der Grund ist viel leicht dann zu suchen, daß sie unregelmäßig auf- treten und ihre jedesmalige ErsctscinungSforiu vorlu»r unbestimmbar ist. Lolche Naturerergnisse sind die Gelullter. Das grelle Zucken der Blitze, da» dumpfe Rollen oder da» plötzliche Krackten de» Doyuers, alle Beglrikersciuuuungen des Gewitter», die Ber- sinsterung des Himmelsgewölbes, die Schwüle der Atmosphäre, das Pfeifen dcS Wcnde», Nicderrauschen de» Negeic», Prasseln der Hagelschtoßen, das ganze surckübarc SciZauspiel setzt unS in Furcht und Schrecken, läßt unser Herz erbeben, unsere Ohnmacht und Winzigkeit im gros^n Universum in erschrecken- der DeutliclMt vor unser geistiges Auge treten. Warum? Es snrd unleugbare, statistisch beioiesene Tatsachen, datz betspielSwelse der Wechsel der Jahves- zetten unendlich mehr Menschen verderblich wird, als alle Gewitter eines längeren Zeitabschnitte«. Ein einziger Nachtfrost im Mai vernichtet melm Saaten al» die Hageluuwetter des ganzen Sommer». Oder, um andere Bergletche heranzuziehen: Zm Alkohol- rausch verunglücken mehr Menschen in einem Jahre als durch Blitzschlag, unaci>ttam fortgeiuorfene, noch glimmende Streichhölzer, Zigarreustunrmel usw ver- ursachen mehr Brände als da- vom Himmel her- uiedersahrende Feuer. Vor der Branntiveinslnsche, vor dem Streichholz zittert kein Mensch. Wanin: vor dem Gewitter? Die Antwort ist leicht ge geben: weil es in :mserer Macht stelst, unS die Gefahren des Alkohols, de» Feuers durch Achtsam keit und Vernunft fernzuhalten, wir aber dem Ge witter gegenüber machtlos, einflußlos sind. Das ist'S, die Odnmacht gegen diese Naturgewnlt, die faktische Unmöglichkeit, den eventuellen schlimmen Folgen vorzubeugen oder sie beim Eintritt abzu- tuenden, tn ihrer Gewalt abzuschwächen, erzeugt da- Gefühl der Angst, der Furcht im Menschen. Denn der Orkan tn den Lüften tobt, Dachziegel wie Papierblättiden abveißt, das Laub vor sich . tteibt, starke Bäume wie Grashalme knickt, tvenn isiV' grellznckenden Blibc unsere Augen blenden, der krachende Donner das Haus erzittern macht und unsere Ohren betäubt, der Hagel wie tzleingewehr- feuer auf die Erde prasselt, der Regen niederrauscht, blühende Gärten, Wege und Pfade in Seen und Moräste verwandelt, Fenstersckieiben klirrend zer bersten, Wildbäckee von den Bergen stürzem FelSbköcke, Schutt nnd Trümmer mit fick» führend, alle Tiere sich ängstlich verkrocivn haben. Dann zittert und bangt auch manch mutiger und starker Mann und schaut blassen Antlitze» in das entfesselte Toben der Elo- mente. Gering ist die Zahl derer, die aus voller Ueberzeugung und otwc Renommisterei da- Schau- spiel eines Gewitters schön, herrlich finden lurd als Hochgerruß preisen. Weitaus die Mehrzahl L«r At«n- sctjen empfindet beim Gewitter Furcht und ist darin ähnlich den übrigen Lebewesen unseres Erdballes. Denn auch die Tiere, unsere Haustiere, die Vögel, die Fische, das Wild de- Waldes, alle iverdeu beim Herannahei: de- Gewitters unruhig, verbergen sich und suchen Schutz, selbst bei de« sonst ängstlich ge miedenen Menscl)«m. Wo die Vernunft, der Verstand keine Mittel mehr cmzugcben vermag, da setzl der Glaube ein oder gar — der Aberglaube. Wo das natürliche Wissen versagt, da greift der schwache, geängstigte Lldensch nur zu gern zu außeruatürlichci: Dtttteln, um drohew des llnl-eil abzruoenden. Auch beim Gewitter hat daher der Aberglaube, selbst noch tn unserem auf geklärten Zeitalter der Chemie und Physik, seinen Platz behauptet, besonder» auf dein platten Land. Vielfach findet man in katholischen Ländern den Brauchs wil/rend de» Hochsommers, wo die Ernte noch auf. dem Felde steht, keine Tanzlustbarkciten adzuhalren, um den Himmel nicht zu erzürnen. Sin anderer Volksglaube verbietet während deS HoctffommerS einen WolptUngSwecktzel, weil in das neue Heim unbedingt der Blitz einMüge. Reckst zahlreich sind auch die Mittel, die der Volksbrauch beim Hercmnahen eines Gewitters an- »oendct. So werden in manchen ldirckien und Kapellen sogenannte „Wetterglocken" geläutet. In viele« Gegenden löst man bei nabenden Gewittern Böller schüsse oder entzündet auf dem HauShcrd, auch Wohl im Freien, ein Feuer aus geivejhtem Holz, dessen auf- steigender Rauch die drohenden Wetterwolken oyn« >nächtig machen soll. Auch wirft man :mter Hersagen unsinniger Beschwörungsformeln gewisse heilkräftige Kräuter ins Feuer, um das von den bösen Geistern erzeugte Gewitter unschädlich zu machen. Der au» ohnmäcistiger Furcht hervorgegaitgene Aberglaube hat viele Menscl)«n so weit gebracht, daß sie die Macht des Teufel» für »virkungSvoller halten als die Maclst (hotte» irnd sich unterfangen wollen, diesem mit allerhand Hokuspokus zu Hilfe kommen. Man eilt auch bei nahendem Umvettcr mit Kruzifixen und Heiligenbildern ins Freie, um unter Gebeten das Gewitter zu beschwören. Ferner machen die Haus frauen besondere Zeichen und Bewegungen in die Luft, um die bösen Gewalten, die in den Gewitter wolken heranziehen, zu verscl>euck)cn, zu beschwören. In anderen Haushaltungen ist es Sitte, daß sich die Familie und das Gesinde bei drohendem Ge- ivitter in der Stube versammeln, rings um den Tisch herum knien und gemeinsam die Litanei von den Heiligen und Gebete zu „Wcttergebern" Tonatus lfersaaen. Auf dem Tisch muß währenddessen eine geweihte Wachskerze au» einem Wallfahrtsort brennen. Ist das Gewitter von Hagel begleitet, so pflegt man wohl auch die Hagelkörner daraufhin zu untersuchen, ob nicht Menschenhaare in ihnen sich befinden. Wenn dies der Fall, so müßte näm lich daS Hagelkorn sogleich tn geweihtem Feuer ver nichtet werden, um das von der Hexe entfesselt« Hagelunwetter zn dämpfen und die als Menscnen- haar in den Körnern versteckte Here zn töten. Es ließen sich noch zahllose Sitten und Ge- brauch ansühren, die vornehmlich bei den Gebirgs bewohnern als Ausfluß der Gewitterfurcht im Sckummqe sind. Fast ohne Ausnahme sind diese aber gläubischen, schon mehr irrgläubigen Bräuche aber so lächerlich und imsinnig, daß es kaum glaublich er- scbeint, wie sie tatsächlich ihren Zweck erreichen, nämlich die Gewittersurcdt zn bannen und zu meiden, die Zuversicht zn wecken. Ist» muß lster noch ein- scbalten, daß man nach den: Glauben der Land bevölkerung in vielen Gegenden unseres Vater landes übrigen» nicht vom Blitz erschlagen wird, sondern vom Donner. Nach dem BoMglauben geht der Blitz dem Donner nur als himmlisches warnendes Zeiclven voraus, dah sich die Unbußferttgen ans ihren Tod vorbereiten können. So bekreuz,gen sich beispielsweise die Schlesier nach dein Niederznckvn des Blitzes nnd nnrrmeln „Helf unS Gott" oder einen sroimnen Spruch nnd erwarten dann tn Todesangst den Donner. Alle diese törichten, durch lang« Tradition mit einem unverdienten Nimbu» umgebenen Vorbeu gung«- und Heilmittel gegen die Gefahren, die uns die Gewitter c>es Hochsommers bringen, sollten, selbst >oen« sie sich einen religiösen ?lrrstrich M geben versuchen, von ernsthaften Leuten so lang« und so energisch bekämpft und scharf vettpotter werden, bis die Anltzrnger sich ihrer sclMren. Geroiß ist die Anhängerschaft solches Aberglaubens schon wesent- Ucb zusammen geschrumpft, dank unserem modernen VolkSschuhoesen, das die elementarsten Begriffe der Physik auch dem jugerrdliclren Nachwuchs der Land bevölkerung zugänglich werden läßt. Den Ettoach- senen aber sollte die Geistlichkeit energisch solch törichte.Ideen austreiben, anstatt, wie eS leider noch vorkommt — man vergleiche das Weihen der Kohlen tn den Kirchen — sie noch gewissermaßen zu fördern. > . Nächst den ans krassem Aberglauben hervor gegangenen VorbeugnngSmitteln gegen Blitzschlag wenden weltlicher gesinnte Menjcl-en allerlei als er- erprobt geltend« „Hausmittel" zu dem gleichen Zweck an. Auch am diesem Gebiet begegnet man recht merk- ivürdigen und verworrenen Ansichten. Da lägt Frau L. bei herannahendem Geioitter das Herdseuer auS- lösckcn, weil der durch den Schornstein aufsteigende Raucb der: Blitz anziehe, «ine „Blitzstraße" bilde. In einer anderen Familie versammeln sich alle Mitglieder in der Mitte eines Zimmers, möglichst entfernt von den Wänden oder gar Schornsteinen, weil an diesen der Blitz niederfahre, tvenn es ein schlägt. Auch über da» Offenhalten oder Schließen der Fenster tvährend eines Gelvitters sind die An sichten geteilt: die einen behaupten, man müsse Fenster und Türen festgeschlosscn halten, um keine Zugluft entstehen zu lasse»!, die als guter Elcktri- zitätoleiter auch gleichfalls «ine Blitzstraße bilde. Andere wünschen wieder, Fenster und Türen weit offen zu Halter:, um im Falle «ines Blitzschlages der ErstickungSgcfahr vorzubeugen und Betäubten die Möglichkeit, ins Freie zu gelangen, zu» erleichtern. Nichtig ist allerdings, daß man Zugluft vermeide» soll, im übrigen entbehren diese Ansichten aber jeder wissenschaftlichen Begründung. Und da» gar nicht seltene feste Schließen der Fensterläden und Sich- verstecken nn dunkelsten, tiefsten Keller! Srinnert eS nicht unrvillkürlich an daS Märchen vmn Bogel Strauß? Der elektrische Funke — der Blitz ist j« nicht» andere- — scheut sich auch nicht, i» den Keller zu Hüpfen, iym bieten Fensterläden, Keller türen und Dunkelheit kein Hindernis, auch kennt er in der Richtung seine» Weges kein« Beschränkung. Wohl aber dürften bei einem durch Dliszzündung ausbrechenden Brand gerade in einen Keller Eingeschlossene in größerer Lebensgefahr schweben, als wenn sie über der Erde sich aufgehalten hätten. Womit nicht gesagt sein soll, daß sich jemand wäh- rend des Gewitter» ausgerechnet in die »oeitgeösfttrete Haustür stellen soll. Ebenso verkehrt Ware es, wegen der tatsäcl^ich vorhandenen Leitungsfähigkeit sich unter da» Abflußrohr der Dachrinne zu stellen. Auch von Metällgegenständen, wie GaS-und Wasser- leitungsröhren, eisernen Gartengittern, Telegraphen leitungen, Gewehren usw. halte man sich fern, denn man »mrd bei einer elektrischen Entladung in einiger Entfernung auch beim Laufen von solchen Metall teilen noch einen mehr oder weniger kräftigen Schlag >rg« Blut und festen das Lede«, und wenn so werden wir mit allen ihn nicht daran hindern Zeit, meint gewiß mancher Universalmittä gegen Blitz ¬ verspüren. Auf dieser ErsvchrwrgKtatsache beruht z. B. auch die postalische Anordnung, daß während starker Gewitter der Telephaudicnsr in unseren Groß städten unterbrochen und eingestellt »oird. Auch für den Aufenthalt der Menschen im Freien während eines Schnitter» hat die Gewitlerfnrcht neben vernünftigen BerimltungSmaßregeln allerlei unbe gründete erzeugt. Da gibt «S allerlei sich ost direkt widersprechende Regeln für den, der sich tvährend eines GetvitterS auf freie« FrLde befindet. ES regnet tn Strömen, und der «rae« Wanderer möchte gern so schnell als möglich «in schützendes Obdach anfsusi^en; aber er darf ja nicht laufen, weil das Laufen den Blitz autteht! Eiu anderer hat gehört, daß incht» gefährlicher sei, al» auf freiem Felde der einzig hochragende Körper zu sein. Er will also tn den nal-en Wald! Aber — gerade im Wald soll es dock besonders gefährlich sein, sagt ein Dritter, tn die l/ohen Bäume schlinge doch der Blitz am allerliebsten ein! Auch hier finden wir Wahr heit und Dichtung vermischt. Gewiß wird der Blitz naturgemäß seinen Weg öfter tu hochragenden Oiegen ständen nehmen, als in die tiefer gelegene Umgebung. Richtig ist, daß man sich, ist man auf freiem Felde der einzige hochragende Gegenstand, möglickK ver kleinern soll -- ich möchte einfach das Hinlegen empfehlen. Ein gänzlictsc» Meiden des Waldes wäre übertrieben, wenn es auch ratsam ist, sich nickt gerade unter eine hochragende Eiche zu stellen, weil erfahrungsgemäß die Eichen am meisten von Blitz schlägen betroffen werden, viel öfter, al» beispiels weise Buchen, was sich physikalisch aus der Holzzellenkonstrukiion dieser Baume erklärt. Allge mein gültige Verhaltungsmaßregeln lassen sich jeden falls kaum aufstellcn, es sei denn die eine, die für jeden Menschen in jeglicher vorhandenen oder ein gebildeten Gefahr gilt: ruhige» Blut und festen Mut behaltn:. Gott gab uns das Leb««, und wenn er uns abrufen will, Kniffen nnd Mitteln können. ?tun wird'» aber Leser, daß auch vom gefahr, vom Blitzableiter, gesvroihen wird' Gewiß, sein praktischer Nutzen und seine wohltätige Wir kung sind weder theoretisch noch erfahrungsgemäß zu lcugnerr. Ich möchte ab«r den großen Ruhm, den der Blitzableiter genießt, nur nach der neuen Richtung gelte»: lassen: Der größte Segen, den er stillet, bericht darauf, daß sich dte unter ihm lebenden Menschen wirklich fest nnd zuversichtlich für geschützt halten, er also die seelischen Folterqualen der Gewttterfuvcht nicht auskommen läßt- Sa» Sich- aesrchertfühlen ist das Beste, was wir unabänderlichen Natnrgewalten gegeiruberzusteslen haben. Dte nerven erschütternde Furcht bei jedem Gewitter durch unser ganze- irdische» Dasein ist viel gefährlicher und schädlicher für uns, al» wenn wirklich einmal der Blitz tus Dach fährt. Denn dieser braucht unS Menschen noch nicht zu treffen, er braucht auch nicht Keich das Haus in Hellen Flammen stehen z« lassen. Tatsächlich zündet von zehn Blitzschlägen kaum einer- und schließlich vergeht vom Zünden bi» zum Brand meist mehr Zett, al» wir in unserer Furcht annehmen und glauben. Ich möchte übrigens nicht vnenoahnt lassen, daß die schützende Wirkung des Blitzableiters, die durch die metallische Ver- binduna eines hochragenden Punktes mit feuchter Erde oder Wasser (dem Grnndwasser) erreicht wkrd, wesentlich davon abhängt, daß diese Leitung, also der Blitzableiter, auch völlig intakt ist, man also gut tut, ihn jährlich im Frühjahr nachsehen und eventuell ausbessern zu lassen. Denn ein beschädigter Blitzableiter verfehlt den in seinem Namen anS- gesprockzenen Zweck, er ist dann vielmehr ein Blitz- cmziel^r und dadurch gefährlicher, als wäre daS Gebäiche ohne diese metallische Leitung.
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