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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.02.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120221021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912022102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912022102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-21
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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ßen zu versagen, weil es bafürchte, daß durch diesen Vertrag der preußische Einfluß für Südddeutschland zu groß werde. Wie wir hören, trifft diese Ver mutung nicht zu Der neue Lotterieoertrag, der von Len Kammern in Laden und Württemberg bereit, genehmigt ist, wird dem bayrischen Landtage bei seinem Zusammentritt Ende des Monats zugehen und infolge de» Einflusses des neuen Mini, steriums Hertling auch zur Verabschiedung gelangen. Er, sei weiter bemerkt, daß di« Initiative zu der neuen Lotteriegemeinschaft von den süddeutschen Staaten ausgegangen ist und das; die Begründung einer süddeutschen staatslotteric zu große Schwierig keiten gemacht hätte. Die preußische Regierung ist fast allen süddeutschen Wünschen entgegengekommen. Die Ernennung und Beaufsichtigung der für die süddeutschen Gebiet« anzunehmenden Lotterie einnehmer bleibt den süddeutschen Regie rungen Vorbehalten. Zugestandcn ist ferner, das; der Generallotteriedirektion ein süddeutsches von Bayern zu repräsentierendes, vom Könige von Preu- ßen zu ernennendes Mitglied hinzutreten soll. Die dienstliche Stellung dieses Mitgliedes ist ähnlich der jenigen der Reichsbcvollmächliaten für Zölle und Steuern. Weiter sind von Preußen auf finanziellem Gebiete und bei der Ausgestaltung der zu schaffenden Organisationen erhebliche Zugeständnisse gemacht worden. Lriikknung ües Rnhaltilüren Lanütays. I'. Dessau, 21. Febr. Der Aichaltiiche Landtag ist heute vormittag 11 Uhr durch Staatsminister Lane mit einer längeren An sprache eröffnet worden. Der Minister konstatierte, daß das Ergebnis des abgelaufenen Rechnungsjahres wiederum überaus erfreulich gewesen sei. Ein Ucberschuß von rund einer Million Mark sei er zielt worden, der hauptsächlich auf Mehreinnahmen bei dem anhaltischen Anteil an den Reichsstcuern sowie auf höheren Erträgen der Salzwerke, der Lan- dessteucrn, Domänen und Forsten beruhe. Auch der Etat sei günstiger als die Etats der letztvcrgangenen Zahrc. Der Ueberschus; aus den Kaliwerken habe um mehr als ein« halbe Million Mark höher veranschlagt werden können als im Vorjahre. Diese günstig« Gestaltung des Salzwerksetatg sei teils auf die namhafte Steigerung Les Desamtabsatzcs an Kali salzen, hauptsächlich aber darauf zurllckzufiihren, daß bei der erstmaligen Festsetzung der Beteiligungs- zifsern den anchaltischen Kaliwerken wesentlich höhere Anteile am Absatz zugebilligt worden seien. Der Minister betonte dann die schweren Schädigungen, die durch die Maul- und Klauenseuche und die Hitze des vergangenen Sommers verursacht worden seien und kündigte eine ReHe von Gesetzentwürfen an. Durch eine Aenderuirg der Kreisordnung soll Handel und Industrie «ine ihrer Bedeutung «nt- sprecl^nde Vertretung in den Kreistagen, die bisher überwiegend von ländlichen Abgeordneten gebildet ivaren, gesichert werden. Der Kleinhandel soll eine gefetzmäsnqc Vertretung in der anhaltischen Handels kammer «rhalten. Dem Landtag wird ferner vorgclegt ein Aus- führungsgesctz zum Neichsviehseuchengesetz. Das Ge setz über die Heilighaltung der Sonntage soll dahin abgeändert werden, daß Vergnügungen an Sonn abend-Abenden ohne polizeiliche Erlaubnis statt bis 12 Uhr künftig bis 1 Uhr gestattet sein sollen. Da mit trägt die Regierung aus Arbeiterkreisen ge äußerten Wünschen Rechnung. Die Bestimmungen über die Gebühren der Medizinalbeamten sollen einer zeitgemäßen Revision unterzogen werden. Eine wei tere Vorlage bezweckt die Ucberlassung fiskalischen Domänenareals an die Stadt Bernburg für die An siedlung von Industrie und zur Abgabe von Pacht acker an ackerbedürftige Einwohner. Vie lranzöglth-lpanilchLN Marokko» nerhanülungen. Zu den französisch-spanischen Verhandlungen wird gemeldet, daß in Madrid namentlich die von Frankreich geforderte Abtretung des Cedo de l'Ages an der Mündung des Mulujaflusses auf ganz besonderen Widerspruch stößt. Die französische Regierung verlangt dieses Gelände auf Rat mili» tünscher Fachleute, weil sein Besitz wegen der un. günstigen Gestaltung de» framösischen Ufers des Mulujaflusses für Frankreich sehr wertvoll wär«, und es scheint, daß Frankreich die Absicht hat, diese Forderung um jeden Preis auf rechtzuerhalten Einig« Schwierigkeiten dürfte auch die Frage der religiösen Souveränität des Sultans verur;achcn. da mn dieser das Recht der Ernennung der Kadis verbunden ist. Das abermals ausgetauchte Gerücht, daß -wischen König Alfons und dem Prä sidenten Falliores eine Begegnung geplant sei, wirb auch jetzt als zum minderen verfrüht b«. rcichnet. Das Gerücht dürite dadurch entstanden sein, daß König Alfons die Absicht hatte, sich ge legentlich seiner Reise zur diamantenen Hochzeit des Erzherzogs Rainer in Paris aufzuhalten. (Der König hat jedoch, wie wir meldeten, diese Reise aufgegeben. Die Red.) Die technische Kommission. Die französische Regierung hat nach einem Pariser Telegramm soeben die Mitglieder der techn ischen Kommilsion für die sranzösijch.spanijchen Marokko- Verhandlungen ernannt, und zwar: den Delegierten der marokkanischen Schuldcnverwaltung, Guyot, den Vertreter der Zollverwaltung Maljean und den Direktor im Finanzministerium, Sergent. Diese drei Herren werden sich in den nächsten Tagen nach Madrid begeben. Die englische Presse. Aus London wird gemeldet: Die Londoner Blätter äußern fast ausnahmslos ihr außerordentliches Erstaunen über die Unzu- friedcnhelt der spanischen Presse mit dem bisherigen Ergebnis der spanisch-sran,ösijchen Marokko-Verhand lungen, denn man ist in London allgemein der An sicht, daß die sranzösische Regierung oer spanischen bisher durchaus genügende Zugeständnisse ge macht habe. Die neue Lage In Gtztna. Die „Times" meldet aus Peking vom 20. Februar: Nach längerer Unterbrechung ist die telegraphische Verbindung mit Tschunking in der Provinz Szetichwan wiederhergestellt. Die Berichte über die Lage in den inneren Provinzen lauten günstig, dagegen kommt es in der Mandschurei zu beträchtlichen lokalen Unruhen, namentlich in Chardin, wo gestern in der Ehinesenstadt Fudsiadjan Zusammenstöße zwischen kaiserlichen und revolutionären Truppen stattfanden, die anscheinend von der Einigung noch nichts gehört hatten. Auch aus Kuldscha werden wiederholt Un ruhen gemeldet. * Einberufung der Nationalversammlung nach Tientsin. Aus Tientsin wird gemeldet: Puanschikai wird die konstitutierende Na tionalversammlung den ihm von befreundeter Seite unterbreiteten Vorschlag gemäß nach Tientsin cinberufen. Der Präsident der Republik hat die Vertreter der Großmächte in Peking gebeten, ihr« be heimateten Negierungen um Entsendung von Ver tretern zu den Sitzungen der Nationalversamm lung zu ersuchen. In Tientsin erhält sich mit Hartnäckigkeit das Gerücht, daß Peking in der kommenden Woche der Schauplatz ernster Ausschreitungen sein wird. Puanschikai soll weitgehende Maßregeln getroffen haben, um die Ordnung und Ruhe um jeden Preis aufrechtzuerhalten. Linanhung Vizepräsident der chinesischen Republik. Nanking, 21. Febr. (?.-c.'Tel.) Zum Vizepräsi denten der Republik wurde von der Nationalver sammlung einstimmig General Liuanhung, d«r Kom mandant der repuolikanischen Truppen von Wu tschang, gewählt. Zollfragen. Pekina, 21. Febr. (Reuter.) Das japanische Aus wärtige Amt hat den Vorschlag des Generalgouver neurs von Korea, Grafen Terauchi, befürwortet, den Ausfuhrzoll auf Reis aus Korea aufzuheben. Dagegen haben Großbritannien und Frankreich Vevtlches Seich. Leipzig, 21. Fedruar. * Der Vorstand und der Ausschuß des National liberalen Vereins zu Chemnitz haben in ihrer am Montagabend abgehaltenen Sitzung folgenden Be schluß gefaßt: „Vorstand und Ausschuß des National liberalen Vereins zu Chemnitz bedauern und mißbilligen das Verhalten eines Teiles der natianalliberalen Fraktion de» Reichstages, der für die Wahl der Abgeordneten Bebel und Scheide mann in das Präsidium des Reichstages gestimmt hat. Eie halten die sofortige Einberufung des Zentralvorstandes und eines all gemeinen Parteitages für geboten, um seitens der Partei öffentlich kundzugeben, daß sie nicht gewillt ist, die bisherigen Grundsätze und Tradition zu verlassen. Sie bitten ihre Freunde in Stadt und Land, treu zur alten Fahne zu stehen, damit dem Reiche «ine große, in nationalen Fragen unbedingt zuverlässige liberale Partei erhalten bleibe." * Der Staatssekretär des Reichskolonialamt» Dr. Solf beabsichtigt, wie die „Neue politische Correspondenz" in Ergänzung einer Pressemeldung auf Anfrage an zuständiger Stelle erfährt, im Früh jahre eine Informationsreise nach Deutsch- Eüdwestafrika anzutreten. Ueber die Einzel heiten des Rciscprogramms und über die Frage, wer von den Referenten des Kolonialamts den Staatssekretär begleiten wird, sind jedoch entgegen anderslautender Mitteilungen noch kerne endgültigen Bestimmungen getroffen. * Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg wird, dem „Deutschen Boten" zufolge, im Sommer den Gouverneurposten in Togo übernehmen. Seine Er nennung soll erst kurz vor der Ausreise erfolgen. Der bisherige Gouverneur von Togo ist für den durch Dr. Solfs Ernennung zum Staatssekretär frei gewordenen Gouverneurposten in Samos in Aus sicht genommen. Um Ostafrika tobt noch der Streit der Kandidaten, nachdem diejenigen Einflüsse end gültig gesiegt haben, die der sofortigen Entsendung des Herzogs nach Ostafrika (in guter, aber unseres Erachtens verfehlter Absicht) entgegenstanden. Sie haben Herzog Adolf Friedrich nun in die Gefahr versetzt, die wenig rühmliche Rolle eines Liqui dator» von Togo übernehmen zu müssen, da in dem Programm einer franzüsisch-britisch-deur« schen Afrikateilung, an dem sehr einflußreiche Kreise anläßlich der britisch-deutschen Verständigungs versuche zu arbeiten sortfahren, Togo seine Rolle als Austauichobjett (als das es schon während der deutsch französischen Kongoverhandlunaen zeitweise in Frage kam) zu spielen keineswegs aufgehört hat. * Feuerbestattung und Stempelsteuer. Bei der Ausführung Les Feuerbestattungsgesetzes ist die Frage entstanden, ob di« nach diesem Gesetz und der Aus- fükrungsanweisunq zur Herbeiführung der polizei lichen Genehmigung der Feuerbestattung vorzu legenden Urkunden der Stempelsteuer unterliegen. Für die amtliche Sterbeurkunde ergibt sich die Steuer befreiung aus dem Gesetze über die Beurkundung Les Personenstandes. Die übrigen Urkunden wären nach dem Wortlaut Les Stempeisteuergcsetzes als amtliche Zeugnisse in Privatsachen stempelpflichttg. Da jedoch das Feuerbcstattungsgesetz die Beibringung dieser Urkunden ausschließlich aus Rücksichten auf das öffentliche Interesse fordert, so können diese Urkunden nicht als amtliche Zeugnisse in Prioatsachen an gesehen werden und sind daher stempelfrei zu lassen. Dagegen unterliegen letztwillige Ve r. fügungen der Verstorbenen, Lurch die st« die Feuerbestattung angeordnet haben, nach dem Stempel- steuergesetz einer Stempelavgabe von 3 wenn die Verfügungen in der Form selbständiger Einzelanordnungen beurkundet sind. Bilden die Ver fügungen aber einen Bestandteil eines Testaments, eines Nachtrags, einer Ergänzung oder einer Er läuterung zu einer letzwilligen Verfügung, so gelten sie dadurch als mitoersteuert. Protest erhoben, weil die Aufhebung gegen die Klausel 2 des koreanischen Erlöstes in der Erklärung des Auswärtigen Amts vom 29. August 1910 ver stoße. Die Aufhebung des Zolles würde die Aus fuhr von Reis aus Saigon und Rangoon nach Japan erheblich beeinträchtigen. * Die Tagung deo Zentralausschustes der Fort- schrittlicheu Volkspartei, di« ursprünglich auf den 9. und 10. März angejetzt worden war, har ver schoben werden muffen, weil nach Beschluß des Seniorenkonvents der 9. und 11. März sitzungsfrei bleiben und ein großer Teil der Reichstagsabgeord neten naturgemäß den Wunsch hat, während dieser freien Tage in die Heimat zu fahren. Der Zentral ausschuß wird infolgedessen nunmehr zum 10. und 17. März nach Berlin eiuberufen werden. * Der Alteaburgische Landtag hat eine Aeuderung des F l e i s ch st e u e r g« s« tz e s beschlossen, wodurch in der Stadt Altenburg die bisher gültigen höheren Steuersätze abgeschafft und in gleiche Höhe gesetzt werben mit den in allen übrigen Orten des Herzog- tums geltenden Sätzen, und wodurch im Falle der Ausfuhr von Fleisch- und Wurstwaren 10 Prozent der entrichteten Sicucr wieder zurültvergüret werden. Wegen der neuen Steuergesetzgebung hat sich die Ver mehrung der Arbeitskräfte an den Steuer- und Rent ämtern zu Altenburg. Schmölln und Eisenberg nötig gemacht, wozu der Landtag nachträglich seine Zu» stimmung gab. ÄUSlMÜ. Oesterreich- Ungarn. * Zur Beisetzung Aehrenthals. Aus Wien wird gemeldet: Heute vormittag erschien der deutsche Botschafter im Palais des Ministeriums des Aeußern und legte cm Auftrage des Deutschen Kaisers ein«n prachtvollen Kranz am Sarqe des Grafen Aehrenthal nieder. — Prinz und Prin- zessin Johann Georg sind am Dienstagabend in Wien eingetroffen. * Demonstrationen in Agram. Im Agramer Nationaltheater kam es am Dienstag zu großen Demonstrationen der troatiichen Studentenschaft. Bei der Nachmittagsvorstelluna in diesem Theater waren fast sämtliche Sitze und Logen von Studenten eingenommen. Sie verlangten stürmisch, daß die Vorstellung zum Zeichen der Trauer anläßlich Les Todes des bet den vorgestrigen Demonstrationen in Sarajewo durch Schüsse verletzten Studenten Sahi- naaio abgesagt werde. Als die übrigen Theaterbe sucher die Gründe der Demonstration erfuhren, schlossen sie sich den Studenten an, indem mehr als die Hälfte von ihnen freiwillig das Theater verließ. Der Führer der Studenten begab sich darauf zum Theater- Intendanten, mit dem er längere Zeit konferierte. Das Resultat der Unterredung war, daß der Inten dant sich entschloß, die Vorstellung abzusagen. Der Intendant ersuchte aber die Studenten, wenigstens die Abendvorstellung zuzulassen, was aber gleichfalls von ihnen abgelehnt wurde. Die Studenten zogen dann demonstrierend und unter Absingung von Liedern durch die Straßen, wobei es zu mehreren Zusammenstößen mit der Polizei kam. Ein Student wurde verhaftet. Auch die Abendvorstellung im Nationaltheater mußte wegen der angekündigten Demonstrationen abgesagt werden. Frankreich. * Winzerstreik. Aus Reims wird gemeldet: Die Arbeiter der Winzer von Hautvillers sind in den Ausstand getreten, weil die von ihrem Syndikat ge forderte Lohnerhöhung abgelehnt worden wär. Man befürchtet, daß der Streik um sich greifen wird. * Der Lyoner Sozialistenkongreß hat nach langer und heftiger Beratung eine von den Deputierten Tompere-Morel und Ghuesquiöre ein gebrachte Resolution, in der tie Mißbilligung über die gegen Arbeitswillige verübten Ge- walttätigkeiten ausgesprochen wird, einem Ausschuß zur Beratung und Beschlußfassung zu gewiesen. Tompöre-Morel hatte bei der Begründung der Resolution ausgeführt. daß sie sich hauptsächlich gegen die geradezu anarchistischen Treibereien des Allgemeinen Arbeitsoerbandes richtete. Im Laufe der Debatte wurde die Resolution sehr scharf be kämpft, da befürchtet wird, Laß die sozialistische Partei sich hierdurch die Feindschaft des Allgemeinen Arbeitsverbandes und der Syndikate zuziehen werde. England. * Die Reform des Oberhauses. Im Verlaufe der Unterhausdebatte über das Amendement der Oppo sition zur Adresse, in dem der Regierung Wort, S'.e ersten SlütenlrStzchen. Z Zwei unter unseren heimischen kätzchentragen- dcn Bäumen und Sträuchern haben es mit dem Blühen besonders eilig und öffnen ihre Kätzchen, die den ganzen Winter über fertig vorgebildet ge schlummert Haden, schon jetzt: die Hasel und die Salweide. Goldene Staubwolken schüttelt die Hasel von sich, und süße Honigdüfte haucht die Sal weide aus. Beide wissen sehr wohl, warum sie ihre Blüten scheinbar so voreilig herausbringen. Auf die Hilfe des Windes rechnet die Hasel, wie viele andere Kützchcutrüger auch, auf den Besuch von Insekten die Salweide; diesen Vermittlern der Befruchtung sind die Blüten beider trefflich ange paßt. und ihretwegen erscheinen sie auch so früh: die Kätzchen, die den Blutenstaub dem Winde an vertrauen, wie es bei der Hasel der Fall ist, er scheinen, ehe Bäume und Sträucher Blätter gebildet Haden, die den Blütenstaub auffangen könnten, und die Blüten der Salweide, die durch Duft und Farbe Insekten anlockcn, erscheinen, ehe andere far bige und duftende Blüten ihnen die crwünschcen Gäste abspenstig machen können. Die silberpelzbesetzten Kätzchen der Salweide kennt wohl ein jeder dem Aussehen nach. Betrachtet man sie näher, so erkennt man, daß alle ausrecht stehen: siebt man etwa eine größere Menge Sal weiden beisammenstehen, so fallen dem Auge die vielen gelben Blütenstände auf, und ebenso auffällig sind sie natürlich für die Augen der Insekten, die so früh im Jahre schon fliegen. Eingehendere Betrach tung zeigt, daß die Salweide zwei Arten von Bluten hat, die auf verschiedene Pflanzen verteilt find: die einen, die männlichen, die auffälliger aus sehen, tragen nur die leuchtend gelben Staubbeutel, die unscheinbaren weiblichen baden nur grüneStempel. Eine Biene oder ein anderes Insekt, das eine männ liche SalweidenblUte aufsucht, bestäubt sich an der Unterseite mit Blutenstaub und kann diesen dann auf der Narbe der weiblichen Blüte abladen. Außer den Bienen besuchen übrigen» auch Käfer und Zwei flügler die Calweidenbluten, um Honig zu juchen. Ganz ander» sind die Hangenden Hasclblüten ge baut. Auch beim Haselstrauche sind männliche und weibliche Blüten vorhanden, aber beide wachsen auf ein und demselben Strauche, die weiblichen meisten» höher als die männlichen. Dem Aussehen nach sind sie grundverschieden: die männlich« Blüte ist eine gelbliche, länglich« Aehrenspindel, die aus lauter einzelnen Schuppen zu bestehen scheint. Unter jeder Schuppe entdeckt man beim Betrachten durch die Lupe zwei kleine Schüppchen, und hierunter stehen je vier Staubbeutelchen, deren jeder au« zwei Fächern besteht und feine Härchen trägt. Der Blutenstaub fällt vom Staubbeutel zunächst in die daruntrrstehende Schupp« (wo er vor dem Regen geichützt ist), sobald aber ein leiser Wind sich regt oder ein Bogel oder ein andere« Tier den Strauch erschüttert, wird der Blutenstaub frei und durch den Wind verstreut. Von den ungezählten Tausenden von Pollenkörnern erreichen natürlich nur wenige das ihnen bestimmte Ziel, die weibliche Blüte. Die weiblichen Blüten ;ehen jungen Knospen zum Verwechseln ähnlich. Es sind kleine, braunbeschuppte Knötchen, die an der Spitze ein Büschel karminroter Fäden tragen, näm lich die Narben der Blüte. Zerschneidet man eine solche Blüte, so erhält man einen Einblick in ihren ferneren Bau. Unter vielen Schichten ineinander liegender Schuppen und Schüpp chen fftzt ein kleiner, kugeliger Fruchtknoten, der die roten Fäden tragt: jede Blüte ist außerdem von einem becherartigen Gebilde, einem Hochdlatte, um schlossen, bas später die hellgrüne „Manschette" der reifen Haselnun biloet. Die weiblichen Haselblüten sitzen an den Spitzen der Triebe, was eine Sicherung gegen Selbstbestäubung ist. Selbstbestäubung kann bei der Salweide und anderen Kätzchenträgcrn, die „zweihäusig" sind, natürlich nicht Vorkommen, der der Hasel aber ist sie möglich. Hasel und Salweide, eine windbliitige und eine insektenblütige kätzchen- rragenbe Pflanze, sind die beiden Typen unserer Kätzchenträger. Bald nach Hasel und Salweide bringen auch die anderen Bäume, und Sträuche ihre Kätzchen zum Vorschein. Unmittelbar nach der Hasel erscheinen die anfangs dunkclroten, ipäter gelben Kätzchen der Schwarzerle, dann kommen die weißhaarigen Kätzchen der Zitterpappel, und in den ersten Frühlingsmonaten blühen dann nacheinander die Kätzchen der anderen Weidenarten, der Erlen, der Birken, der Eichen ulw. auf, und bis in den Mai hinein kann man Kätzchen in unserer Pflanzenwelt finden. Eine besondere Erwähnung verdient die Pyramidenpappel, ein Baum, der bec uns seit etwa 170 Jahren heimisch ist. Die Pyramidenpappel blüht auch mit Kätzchen, aber bei ihr ist alle Liebesmühe umionst. Die Pyramidenpappel gehört zu den zwei- bäusigen Kätzchenträgern. Bet der Einführung au» Italien sind in Deutschland nur männliche Pappeln angcpflanzt morden, und diese sind durch Stecklinge beinahe unbegrenzt vermehrt worden. Alle Pyra- midenpappeln, die bet uns blühen, gehören dem männlichen Geschlechte an. Die weiblichen Pyramiden« päppeln sind in Deutschland nur in sehr geringer Anzahl vorhanden. GeWaiten aus üem Sernerhaule. - Das Heim, Las der gemütvolle schwäbisch« Dich tersmann Iustinus Kerner sich im lieblichen Weins berg erbaut hatte, war zu seinen Lebzeiten eine Be rühmtheit, eine Sehenswürdigkeit in deutschen Lan den, und e» hat seinen Ruhm als Museum gehalten »nd gehütet, noch bis zum heutigen Tag« bewahrt. Dieser Ruhm gründete sich auf die überau» herzliche uin> keine Schranken kennende Gastfreundschaft, di« der originelle Besitzer des Hauses, trefflich unterstützt von seiner wackeren Hausfrau, dem weitbekannten „Rickele", jedem bot, der an seine Tür pochte. Za, man brauchte nicht einmal zu pochen. Es geschah, wenn die bayrischen Urlauber durch Weinsberg müde und bestaubt ihres Weges am Kerncrhaus« vorbei kamen, daß der Dichter oder auch seine Frau ihnen zurief: „Habt ihr Durst? Kommt herein, ihr be kommt zu trinken"; und La saßen die Wehrmänner denn bald in dem Dichtershause am Tisch und spra chen dem vorgesetzten Trünke wacker zu. Kein Wunder, daß einer, der des Hauses und sei ner Sitten unkundig war, es am Ende gar für ein Gasthaus halten mochte. Da kam einmal ein Hand- werksbnrsche Lurch Weinsberg, sah die Tür geöffnet, Leute aus- und eingehen, auch Wagen vor dem Hause stehen, und so glaubte er sich vor einem Wirtshause, stieg hinauf, legte sein schweres Bündel ab und bat: „Frau Wirtin, einen Schoppen!" Welchen ihm auch Frau Rickele getreulich brachte, um sich dann zu ihm zu setzen und so traulich ihn um Heimat und Eltern anszufragen, daß der Bursche sich gar trefflich wohl fühlte. Erst als er, gestärkt und ausgeruiht, nach der Zeche fragte, wurde er seines Irrtums inne, und obendrein noch beschenkt, zog er seines Weges fort. Gerade solche Männer aus dem Volke aber waren dem Dichter von „Preisend mit wiel schönen Reden" besonders willkommen. So gehörte ein mit Hand schuhen handelnder Tiroler zu den regelmäßigen Gästen des Kernerhauses, und Kerner hielt viel von dem Manne. Einmal, wie er wieder erschien, saß der Dichter gerade mit dem Prinzen Zldalbert von Bayern zusammen. Er stellte Len Tiroler dem Prin zen mit den Worten vor: „Königliche Hoheit, hier ist ein alter Freund von mir und ein Landsmann von Ihnen. So oft er kam, hat er an meinem Tisch gegessen, und gewiß haben Sic auch nichts dagegen einzuwenden, wenn es auch heute geschieht." Der Prinz ging darauf ein und unterhiel sich mit dem braven Handschuhhändler auf das gemütlichst«. Ueb- rigens aber war Meister Iustinus gegen den Besuch der hohen Herrschaften auch nicht gleichgültig. Sie kamen in großer Zahl, um Las berühmie Dichterheim, um Len gefeierten Säidger und Geisterbeschwörer zu besuchen; di- württemberaischc Königen Katharina, der selbst dichterisch tätig« Graf Alexander von Wärt, temberg, König Ludwig I. von Bayern, sowie sein Sohn und Nachfolger König Maximilian und noch viele andere höhe Herrschaften sind im Kernerhaus« Gäste gewesen, und Kerner hatte eine kleine Schwäche für dergleichen hohe Verbindungen, weswegen einer seiner Freunde, wenn wieder einmal eine Fürstlich keit bei Kerner eingekehrt war, schalkhaft zu sagen pflegt«: „Bei Kerners prinzelt's wieder!" Aber darum blieb Kerner doch um nichts minder herzltch und gastlich gegen alle anderen, die der Weg nach Weinsberg führte. So nahm er bi« vertriebe nen Polen, als sie durch Württemberg kamen, freund. lich in feinem Hause auf; vor allem aber waren ihm natürlich die Dichter- und Kunstgenoffen die will kommensten Gäste, und unübersehbar lang ist der Zug der Männer der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst, die an Kerners Tische gegessen, in Kerners Garten gesessen haben. Don den vielen drolligen Szenen, die sich auch dabei ereigneten, sei eine von Kerners Tochter berichtete hier mitgeteilt. Es saßen allerlei Dichterslcute, wie Lenau, der Graf Alexan der von Württemberg und andere im Laubgange bei sammen und mancherlei Gedichte wurden vorgelesen, als ein Knecht mit einem grauen Papiere in der Hand hereintrat und sagte, man werde ihm wohl er lauben, da hier so viel gedichtet und vorgelesen werde, auch ein Gedicht zu bringen, das er auf des Herrn Doktors Pferd gedichtet hätte. Wirklich las er es vor, erntete Lab und ging stolz seines Weges. Durch da» Hereinspielen der Geisterwelt in das Alltags leben, das die Folge von Kerners berühmten magne- tisch-svmnambulistischen Studien war, kam in die Unterhaltung und Interessen des Kernerhauses noch ein ganz besonderer merkwürdiger Ton. Kerner sprach von den Geistern wie von guten durchaus wirklichen Bekannten. „Ich kenne ihren Geist recht wohl", bemerkte er einmal trocken, als von den An fechtungen einer alten Frau die Rede war. „Aber sie soll nur ruhig sein, mit dem ist fürs erste nichts zu machen, er ist ein tückischer, bösartiger Geselle, den man ausioben lassen muß." Und ein andermal, wie einer von einem Gespenste in einer Mönchskutte er zählte, das er gesehen haben wollte, rief Kerner aus: „Sieh einmal einer! Den Kerl kenn' ich, der ischt mir schon einmal in den Weg kommen, und ich hab' ihm verböte das Wandern. Aber er kann's nit lasse. Der hat vor 400 Jahren gelebt und war der Pater Guardian im Kloster, hat die Klostettasse bestohlen und hat das Geld im Keller vergrabe." Aber Kerners Beziehungen zu seinen Geistern konnten, selbst wenn diese arger Art waren, so wenitz seinen Humor wie den tiefen Zauber und die innige Be haglichkeit seines Heims stören, und all den zahl reichen Gästen des Kernerhauses Hai sein Lands mann und Dichtergenossc Gustav Pfizer au» dem Herzen gesprochen, indem er sang: ..Wer ist. der nicht gerühret Dom Hauch, Len er gespüret, Aus Deinem Hause schied?" Beim üeutlchen Roten kreuz im tttctrtlrlren Lager. st Eine interessante Schilderung seines Besuches bei den Mitgliedern der deutschen Mission vom Roten Kreuz im türkischen Lager gibt der auf dem Kriegsschauplatz« weilende frarnöstsche Korrespondent Robert Valroy in einem Pariser Blatte. Die
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