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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.02.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120227021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912022702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912022702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-27
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Bezugs-Preis st, Lrtp,t, u>»» durch unirr« Irüoer und Soedtteue« 2»at tä-lich tu, Hau» ««bracht LI PI. monatl., L.7u «l. vionrljiibrl. Vet onlrru 8>ttal«n u. Ln- uahinestrllen obakhotl 7S PI. moaatl., ULPft. oterleltährl. »uoch »t« Po«: tunrrbalb Drunchiand» und brr drutlchrn X-lonte» otrnrliädrl. S.» MI., monatl. 1^0 MI. aurjcht. Polldrftrllgrtd ferner tu Brlgiru, Dänemait. den I'onauiloalen, Italien. Luiemduia. Niederlande N»r- »eaen. L'rstrrrrich-Unaarn. Nu>,land. Schweben, Echwe» a Evanlen. In allen iibttgrn Siaalen nur o,rrkt durch dir S«Ichatt»k«lle de» Blatte» erdatluch. Da» Lei»»,,«» Tasedlan erlchrin, 2mat täglrch. Sonn» «. «teienag» nur moraen». Rtdonnemenl»»Nnnadm« 2»daa»i»,»li» 8; d«t unieren Iranern. AUiolen. Soedrleuren und lllnaadmelreUrn, lowi» Bouamlera und Brt«Ilra«,rn. cht»»il»«rtaut,p,«t» w PL Abend-Ausgabe. UtipMcr TaMall s14«S2 tNacht„,chlu») —i NM2 l«acht..Ichl.» Tel.-Anlchl. 14VS3 rel.-Änschl Ämlsblatt des Rates und des Rokizeiarntes der Stadt Leipzig. Anzeigen-PreiS für Inserat, an» Lew»», und Um««d„, di« UpaUtg» Peliite'lr S Pt.dl» Neklame» ,«»l« I Btt. »an au»a>art» 8<> Pt. Neklaine» I^U BN. Inlerote van «ebdrden lm amt» ltchen I««> »>« Petit»,U» !b« P« ch«>chast»aniota«n m,i Pla»vor>chrtste» >m Breil» «rdobt. Rabatt nach jarri B«'lou»u»dad' Eelamt» anllaa« L Btt o lautend »rtl Pollaebüht. leltdrtlua, baaer. ZeNeNett«, Buftrau» t»nn,n nicht »urü«. »e,°«en werden. 8ur da» lirlchernen au velllmmlen laaen und Blaue» wird k«»» ibarantr« übernommen. Rnretqrn. ttnnadm« A.ua»»i»a»ll« der ,n>ni»ch«n Mitralen » »arn tlaoonce» Ervebilroncn de» 2» »nd Bo»lande». »ru« an» Bert«, »»» 8'ick" X MA«>t« Indader Paul «tUrttru. Rcbatrron und <t»lchßlt»lt«ll«i Iatzannirgoii« 8. Han»,.,zn,al» Dr«»d«u: Srellr-ke t. l (Lelephon «SN» «r. 106. Dienstag, ürn 27. /ebrusr ISIS. 126. Zsiirgsng. Die vorliegende Ausgabe umsaßl lv Teilen. Das Wichtigste. » Im englischen Unterhausc feuerte ein Geisteskranker Revolvcrschüsse ab. (S. Tagcschr.) * Nach einer französischen Zeitungsrncldung bereiten die Mächte einen B e r Mittelungs vorschlag im türkisch-italienischen Kriege vor. (S. bes. Art.) * Die französischen Bergarbeiter planen am 11. März einen 21 stündigen Gcnc^ ralstreik. (S. bes. Art.) Die üagrilche TiMnreüe. lVon unserem Münchener il.-Mit arbeiter.) Die bayrische Kammer wurde heute mittag durch die nachstehende Thronrede eröffnet, deren Eingang und Schlug vom Prinzregcnten verlesen wurde, wäh rend der mittlere Teil durch den Ministerpräsidenten zur Verlesung kam. Mein« Herren Reichsräte und Abgeordnete. Mit l>erzUchem Gruß heiße ich den wiederoerjain- mellen Landtag willkommen, erfüllt von der Zu versicht, das; cs Ihren Beratungen beschieden jein werde, die Gefühle des Vertrauens und der Be ruhigung in weiteste Kreise des Volkes zu tragen. Das Budget für die laufende Finanzperrode, das Ihnen in unveränderter Form nebst den Rech. nungsnachweijungen für das ^ahr 1008/00 wieder zugeht, ist unter dem Gesichtspunkt möglichster Sparsamkeit ausgestellt worden, eine Reihe von Forderungen konnte jedoch nicht zurülkgestellt werden, wenn der notwendige Fortschritt auf dem Gebiete kultureller Entwicklung des Lcnrdes nicht gehemmt werden sollte. Für die Bedürfnisse, deren Veranlagung bei der Aufstellung des Budgets im September vorigen Jahres noch nicht möglich war, werden Ihnen einige Nachtrags- post ulate zugehen. Um die fortlaufende Er füllung der Staatszwecke zu sichern, wird Ihnen un verzüglich ein Gesetzentwurf über den vorläufigen Vollzug des Budgets zur beschleunigten Behand lung vorgelegt werden. Abgesehen von diesen durch die Verfassung ge botenen Vorlagen, werden Ihnen nur solche zu gehen, die im Interesse des allgemeinen Wohls reinen Aufschub dulden. Zur Ausgleichung des Budgets wird Ihnen derEesetzentwurfüber das Lotte riespiel nebst dem Staatsvertrag über die preußisch-süddeutsche Klassenlotterie zur geschäftsmäßigen Behandlung wieder unterbreitet werden. Zur Reichsoersicher un g s- ordnung wird Ihnen bestimmt ein Aus führungsgesetz samt einer Nachtragsforderung zu gehen, die durch die notwendigen Äenderungen in der behördlichen Einrichtung veranlaßt sind. Einen zuverlässigen Vollzug dieses für weite Kreise so krachten 5ie Sen kleinen Lokalanreiger auf 5rire 4. Sie finüeu üarin sicher etwas» aas Sie interessiert. wertvollen sozialen Eesetzqebungswerkes zu qewähr- leisten, ist der ihrer verständnisvollen Förderung sichere Zweck dieser Vorlage. Der einem dringen den Bedürfnis entsprechende Entwurf einer Kirchgemeindeordnung konnte in der letzten Landtagsoersammluna nicht vollständig er ledigt werden. Ec ist inzwischen besonders durch die Ausgleichung der Bestimmungen über die Um lagen an die Vorschriften des neuen Umlage gesetzes teilweise umgearbeitet worden und wird neuerdings der Beschlußfassung des Landtages unterbreitet. Ucber die notwendige Aendcrung der bayrischen Heimat- und Armengesetzgebung, die auch in den Kammern des Landtags schon mehrfach erörtert morden ist, wird Ihnen eine Tentjchrift vorgelegt werden, zugleich mit einem Gesetzentwurf, der den wiederholt geäußerten Wunsch nach An legung eines Staatsschuldbuches er füllt. Mit dem Ausbau des Lokalbahn, nctzes soll fortgefahren werden. Ein Gesetzent wurf darüber wird Ihnen zugehen. Infolge der Steigerung des Verkehrs und der Herabminderung der Betriebsausgaben haben sich die Finanzerqeb nisse der Staatseisenbahnverwaltung so gebessert, daß der Ausgleichsfonds sofort in der im Gesetz vorgesehenen Höhe gebildet werden kann. Die Forderungen des Handels und der mächtig aufblühenden Industrie werden Gegen stand meiner unausgesetzten Fürsorge sein. Das gleiche gilt von der Landwirtschaft. Erfreu licherweise sind die Nachteile, die infolge der außer gewöhnlichen Witterungsverhältnisse des vergan genen Sommers erwartet wurden, nicht in dem gefürchteten Umfange eingetreten. Es werden da» her aus diesem Anlaß weitere staatliche Maßnahmen nicht erforderlich sein. Nach der letzten Zeit des Wahlkampfes heißt es nunmehr auf dem Boden der Staatsordnung sich zusammen zu verbinden zu gemein, samer Arbeit und den Blick auf das Ganze richten, auf das Wohl des lieben Vater landes. Möge der allmächtige Gott — dies ist mein heißes Gebet — Bayern und dem Deutschen Reich auch fernerhin das Glück einer friedlichen Fort entwicklung im Innern und nach Außen gewähren. Die Luftherrschaft. ä. Die die jüngsten Berliner Meldungen besagen, haben die maßgebenden Stellen der Rcichsrcg erung die für die bevorstehende Wehrvorlage pro« jektierten Marineforderungen in allerjüng- ster Z?it noch etwas reduziert. Teils wird an genommen, daß dies eine Folge der Berliner Ver- sländigungsfahrt Lord Haldanes sei, teils haben aber vielleicht diejenigen nicht unrecht, die der Meinung sind, das; der Wehrvorlage auch noch ein besonderes Kapitel für Aviatik angefügt wird. Tatsächlich werden ja auch künftige Zeiten viele Ausgaben für die Flotte durch Ausgaben für die Luftflotte teils ersetzen, teils ersparen. Es muß in diesem Zusammenhang einmal darauf hingewiesen werden, daß Frankreich in dieser Erkenntnis uns Deutschen weit voraus ist. Nicht nur bei den staatlichen Siel ten, sondern auch in der brci.cn Oessentlichceit. Wenn jetzt in Deutschland ein rheinischer Groß- industrieller 100 000 Mark zur Förderung der mili tärischen Aviatik gestiftet hat, so ist das ein Vor gang, dem in Frankreich unzählige ähnliche schon seit Jahren vorausgeaangen sind. Ter Deutsche, der nicht in einem der lcpren Jahre in Frankreich war, macht sich von der u n g e h e u r e n B e g e i st e r u n g der ganzen französischen Bevölkerung sür Aviatik überhaupt keinen Begriff Keine Woche vergeht, in der nicht in irgendeiner Provin; des Landes eine Flugwoche stattsände, die unter offizieller Beteiligung der Behörden und der Armee vor sich geht. Bczeie!> nend ist, daß die kommenden Lsterfeierrage zu ei. en Flugfcst sür Lanz Frankreich inizeniert werden: für jede größere Ztadt ist zu Ostern ein Flugtag angesetzt, wofür heute schon die französischen Zeitungen enthusiastische S a m m l u n g s a u s r u f e er lassen. Demgegenüber ist die Unterstützung, die der Avia» tik in Teuischland vom Publikum zuteil geworden ist, äußerst geringfügig. Tas Ncuionalopser nach der Katastrophe von Ewterdingen ist eine einmalige Auf- Wallung geblieben, die sich leider nicht in dauern- des finanzielles Interesse für die Lufischifsahrr und die Aviatik unigesetzt hat. Dieser Umstand gibt den maßgebenden Stellen ernstlich zu denken. Man hat sich in den Kreisen der Reichsregierung mit Er- Wägungen befaßt, ob es nicht angebracht sei, die deutsche Ocffentlichkeit von sichtbarer Reichsstellc aus zu einem stärkeren In teresse für die Aviatik anzurcgcn. Wenn man davon Abstand genommen hat, so war dafür die Besorgnis maßgebend, daß ein solcher Ausruf die chauvinistischen Regungen des Auslandes nur noch stärker entfesseln würde. Darum hat man sich da- mit begnügt, statt des Wortes eine Tat der An- regung zu tun: als solche ist nämlich die Stif tung des Kaisers von 50 000 Mark für den besten deutschen Flugzeugmotor anzuschen. Tic kurz darauf erfolgte 100000-Mark-Stiftung der Firma Henkell hat ja auch gezeigt, daß die kaiserliche Anregung verstanden worden ist. Nun wartet man auf die Fortsetzung. Demi es gilt, einen wichtigen Vorsprung ohne Aufsehen einzuholen, es gilt, unS Deutschen eine neue Waffe zu schaffen, wie sic Frankreich schon aufs glänzendste geschliffen hat. Beabsichtigt doch Frankreich, wie aus einem sensationellen Ar- tikel hervorgcht, den der Admiral Maitros soeben in der Zeitschrift „Le Correspondent" veröffentlicht, und der die geheimsten Absichten mit fast frivoler Offenheit bloßlegt, nichts anderes als mit Hilfe von Flugzeugen und Lenkballons die ganze deutsche Mobilisierung in Verwirrung zu brin gen. „Unsere Aufgabe", schreibt der Admiral, „ist in dieser Hinsicht von zwingender Klarheit. Alle Konzentrationswege des deutschen Heeres hängen von den acht Eisenbahnbrücken ab, die den Rhein zwischen Basel und Köln über brücken. Diese Brücken werden das Ziel der fran zösischen Lenkballons sein müssen!" Eine deutlichere Sprache kann gar nicht geredet werden. Bemerkens wert ist auch der Vorschlag des radikalen Abgeord neten Pujade, das Publikum zu den Truppenparaden des 14. Juli nur gegen ein Eintrittsgeld zuzu lassen, und das ErlrägniS, daS er aus 600 000 Mark schätzt, dem Militärflugwesen zu w dmen Solches denkt und tut man in Frankreich — wo bleibt Deutschland? Der türkifch-itaiienilche Krieg. Ucber die Lage in Beirut. besagt ein in Konstantinopel eingctroffenes Tele gramm des Wali von Beirut folgendes: Die schleunigen Maßnahmen zum Lchntze der Kon sulate und der fremden Niederlassungen und zur Wiederherstellung der Ordnung machten einen guten Eindruck. Die Konsuln beglückwünschten den Walt, dankten ihm und tadelten das Vorgehen der Italiener, die die unschuldige Bevölkerung in ihren Privatwohnungen und das Hospital des Roten Kreuzes beschossen hätten. Auch angesehene Ausländer sprachen dem Wali ihren Dank aus. In folge der Proklamierung des Belagerungs zustandes brachte die Bevölkerung die Waffen in die Kasernen und Polizeiwachen. Die Frist sür die Ablieferung der Massen läuft heute ab. Abgesehen von den auf den Libanon geflohenen Kaufleuten, nahmen die Banken und Handelshäuser ihren Be trieb wieder aus. Nach amtlichen Meldungen beträgt die Zahl der am 24. Februar Getöteten 58. Zwei Marineoffiziere. 20 Matrosen. 86 Einwohner und 56 andere Personen, darunter ein Russe, wurden verwundet. * Zu dem letzten italienischen Mißerfolg vor Tripolis, über den wir bereits in unserer Montagmorgen nummer berichteten, liegt noch folgendes Telegramm aus Konstantinopel vor: Wie das Kriegsministerium meldet, machten vier Bataillone Infanterie, zwei Abteilungen reitende Artillerie und drei Batterien Artillerie der Italiener am 23. Februar einen Vorstoß, um Zanzur zu be setzen. sie zogen sich aber vor dem heftigen Feuer der türkisch-arabischen Streitkräfte zurück. Die Türken hatten zwei Verwundete. Die Verluste der Italiener sind unbekannt. Eine Bermittlungsaktion der Mächte? Aus Paris wird gemeldet: Dem „Matin" zufolge hätten die englische und die französische Regierung dem von dem russi schen Minister des Aeußrrn Ssassonow an geregten Gedanken zugestinrmt, im Interesse mit den andern Mächten bei Lex Türkei einen energischen Schritt zur Beendigung der italienisch-türkischen Feindseligkeiten zu unternehmen. Die Tripel entente sei geneigt, nachdrücklich bei der türkischen Regierung dafür einzutreten, daß sie ihre Truppen aus Tripolis zurückziehc und mit Italien in Ver handlungen über einen Friedensvertrag trete. Dieser Vertrag soll die Lebensinteressen und die Würde der Türkei wahren. Die Tripelentente sei bereit, diesen Schritt sofort zu unternehmen, jedoch unter der Be dingung, daß Deutschland und Oesterreich- Ungarn sich ihm anschließen. Der englische Beryarbetterttretk o. O. Die Aussichten, daß ein neuer englischer Nicsenstreik vermieden werden kann, schwinden sehr dahin. Am Montag haben einige hundert Arbeiter in Derbyshire schon begonnen zu streiken; einige tausend in Borkshire und Derbyshire folgen heute dem Beispiel. Am Mittwoch läuft die Streikfrist von über 100 000 Arbeitern ab und am Donnerstag werden, wenn es nicht inzwischen doch zu einer Ni Lremüe Lrüe. Roman von Richard Nordmann. Das Meer leuchtete in magischem Glanze, und noch immer tönten leise, verlorene Gesänge und plätschernde Nuderschläge von den Wassern herüber. Elena schritt schweigend an Alexanders Seite dahin, sie hörte seine Worte, sein Bemühen, Ingenios heutige Ausfälle, seine ganze Stimmung zu ent- . schuldigen und ihr zu beleuchten, wie groß seine Liebe . zu ihr sei, und wie er sich jetzt Vorwürfe darüber mache, sie gekränkt zu haben: aber keins von Alexan ders Worten, wie zart und vorsichtig sie auch gewählt waren, wollte einen Weg in ihr Inneres finden. Seltsam! Sie lauschte vielmehr dem Klange seiner metallischen, halblauten Stimme, auf deren Grunde ein so wunderbar anheimelndes Vibrieren lag, sie bewunderte vielmehr, mit wieviel Geschmack und Güte zugleich er sich seiner Aufgabe entledigte, die ihm sicher Ingenio aufgebürdet hatte, aber sie wäre nicht imstande gewesen, ihm auch nur mit einer Silbe zu entgegnen, daß er sie von Ingenios Liebe und von seiner Trauer, sie verletzt zu haben, überzeugt habe. Die Schönheit der Natur, die zauberisch« Stim mung, di« ringsumher ausgebreitet lag, versetzten sie in tief« Trauer. Ihr für Naturschönheiten so reich empfängliches Gemüt hatte sonst beim Anblick so vieler Herrlichkeit gejauchzt, jetzt erzeugte diese eine Melancholie in ihr, die ihr früher ganz unbekannt gewesen war. Und dennoch war diese Melancholie süß, unendlich süß und trieb ihr Tränen in die Augen, die nicht schmerzten. Wieder erfaßte sie diese unbeschreibliche Sehnsucht nach etwas, das sie nicht zu nennen vermocht hätte, hielt sie umfangen wie mtt Armen, und erst als sie nach einiger Zett ihre Augen wieder über die silber flimmernde, endlos« Meeresfläche gleiten ließ, als sie Alexanders Stimme wieder hört«, besann sie sich darauf, daß sie nicht allein war und ihren Tränen keinen freien Lauf gönnen durfte. Warum, warum nur hatte sie Ingenio heute schon gesagt, daß sie in vier Wochen verheiratet sein wollt«? Warum wollte sie das so sehr überstürzen? Aus Trotz gegen den Vater? Sie begriff sich mtt einem Mal« selber nicht! War es denn wirklich ihr Wunsch gewesen und nicht der Auftritt mit ihrem Bat«, der sie dazu getrieben hatte? Eie erschrak mitten in ihrem Gedankengange. Wünschte sie denn die Vermählung nicht mehr? Sie schritten eben bei einer kleinen Strandkapelle vorbei, als diese Frage sie plötzlich überfiel wie ein Tier mit Krallen.... Und Elena blieb stehen und blickte in den kleinen Raum hinein, vor besten Altar ein rotes Licht brannte, die ewige Lampe, die Gabe armer Frauen sür die Schiffsleute, die draußen auf dem Meere in Lebensgefahr schwebten .... und Elena starrte lange in dieses rote Licht, ohne sich auf die Frage, die plötzlich wie ein Gespenst vor ihr stand, eine Antwort geben zu können. War sie denn nicht mit einem Herzen voll Liebe gekommen und hatte sic nicht voll Sehnsucht von dem Glücke an Ingenios Seite geträumt? Noch immer starrte sic in das rote Licht, lange... lange noch . . . dann fuhr sie sich über die Augen. Nein, es war nichts anderes, als daß er ihr heute durch seine Gereiztheit die bräutliche Stimmung verdorben hatte, dre morgen, wenn er wieder lächelte, sie mit seinen schönen, strahlenden Augen so zärtlich anblickte, wieder kommen würde.... Und dennoch, als sie mit Alexander oben ange langt war und vor dem Gittertore der Villa Abschied nehmend seine Hand drückte, da sagte sie mit einem seltsam ruhigen, fast eisigen Ton: „Ich danke Ihnen für Ihre lieben Worte, Herr Doktor, aber auf all das, was Sie zugunsten Ihres Bruders gesagt haben, kann ich Ihnen nur das eine erwidern: „Der Ingenio von San Marina ist nicht der Ingenio von Köln und Capri." Und mit einem Male, als ob sie diese Erkenntnis bis ins tiefste Herz getroffen hätte, brach sie in einen Strom von Tränen aus und lehnte ihren Kopf an Las schwere Eisengitter des Tores. Alexander schwieg. Er wollte etwas sagen, aber merkwürdig, er fand ihrem Schmerze gegenüber keine Worte mehr. Rascher, als er vielleicht beabsichtigt hatte, sagte er ihr gute Nacht, eilte den Strandweg hinunter, und Elena trat ein in den silberdurch» schienenen Park der weißen Billa, in dem die Kas kaden süß und traumhaft plätscherten. Sie war noch keine fünfzig Schritt gegangen, als sie im Mondenlicht« die Umriss« zweier Gestalten erblickte. Sie wollte umkehren, einen anderen Weg nehmen, um ihnen nicht zu begegnen, denn sie ahnte, wer es war: Loky und ihr Vater. Aber sie hatte sich getäuscht — es war nur das junge Mädchen, das sie erkannt hatte, die männliche Gestalt war jemand anderes, kleiner, schmächtiger als ihr Vater. Die beiden wandelten miteinander dahin, Lokys Plaudern und zwitscherndes Lachen hallten fröhlich durch den lautlosen Garten, und Elena sah, wie sie ihren Arm in den des jungen Mannes schlang. Nun waren sie nicht mehr weit entfernt, und da erkannte Elena zu ihrem Erstaunen Tonio. Er wandte Len Kopf bei dem Geräusch ihrer Tritte, und als er Elena gewahrte, eilte er auf sie zu. „Ich hatte auf Sie gewartet, Signorina Elena,' faßte er vorwurfsvoll. „Sie wollten ja heute abend mtt mir im Mondenschein in den See hinausfahren." „Ach, ja, ja — richtig — verzeihen Sie!" gab Elena etwas abwesend zurück, indem sie sich über die Stirne fuhr, die sie zu schmerzen schien. „Ich hatte ja viel Wichtiges mit meinem Bräutigam zu besprechen." „Gräme dich darüber nicht!" rief Loky fröhlich. „Als du so lange nicht kamst, bin ich mit ihm hinaus gefahren. Und es war so hübsch, nicht wahr, Herr Antonio? Wir sind eben zurückgekommen." „Das war recht —" sagte Elena zerstreut. „Du bist jedenfalls eine bessere Gesellschaft für ihn als ich. Gute Nacht." Sie neigte sich zu Loky und küßte sie — das erste, mal, seit sie hier war, und da umschlang sie das kleine Mädchen und drückte und herzte sie, so voll Freude und überströmender Zärtlichkeit, daß Elena ganz warm ums Herz wurde; sie ergriff Tonios Hand und sagte: „Seien Sie gut zu der kleinen Loky — sie fühlt sich einsam in unserem Hause." Dann verließ sie die beiden, ging nach ihren Zim mern und überließ sich dort weiteren Erwägungen. Die letzten klaren Gedanken, die sie noch vor oem Einschlafen hatte, betrafen die Abfassung eines Briefes an Kamillo, den sie ihm gleich morgen früh nach Korfu senden wollte, denn Ingenio durfte nicht sterben .... nein .... nicht sterben .... denn sie liebte ihn .... liebte ihn noch immer so wie einst — genau so wie einst. „Lieber Leutnant Kamillo Persich! Mein Bräu- tigam erzählt« mir von der gestrigen Begegnung in Korfu, und meine Bestürzung über die Vorkommnisse zwischen Ihnen und ihm rst so groß, daß ich in meine, Fassungslosigkeit etwas unternehme, was ich viel leicht nicht tun sollte. Ich bitte Sic, ehe Sie an di« Austragung dieses gewiß aus nicht ganz aufgeklärten Gründen und etwas unüberlegt angesponnenen Ehrenhandels gehen, wir eine Unterredung zu ge währen. Könnten Sie mir wirklich so viel Kummer be reiten und mich in eine so unbeschreibliche Angst ver setzen, für das Leben meines Bräutigams und für das Ihre zittern zu müssen? Ich bitte Sie, mir wenigstens zu sagen, was Sie dazu bewog, meinen Bräutigam so schwer zu üe- leidigen. Ihr Benehmen ist so rätselhaft und so wenig freundschaftlich gegen mich, daß Sie es mir nicht verdenken können, wenn ich Ihnen sehr zürne. Werden Sie kommen? Wenn Sie erst morgen in San Marina erscheinen, um sich mit meinem Bräutigam zu schlagen, so haben Sie niemals auch nur einen Funken von Freundschaft sür mich gefühlt, denn wenn nichts anderes, so ver- diene ich doch, aus Ihrem Munde die Gründe zu vernehmen, die Sie veranlassen, so viel Kummer über mich zu bringen. Ich bitte Sie, Kamillo, kommen Sie! Elena Pallestrazzi." Diese Zeilen hatte Elena dem Linienschiffsleut nant Persich durch Gallo, den Schiffer, am frühen Morgen nach Korfu gesandt, und es war noch nicht zwei Uhr nachmittags, als Gallo an der weißen Villa feiner Barke entstieg und Elena di« Botschaft brachte. Laß Kamillo gegen Abend in der weißen Villa er- scheinen würde. Sie stieß einen Freudenruf aus. be schenkt« Gallo reich, und als er schmunzelnd davon- ging, schickte sie sich an, den Ingenio längst zugesagten Besuch bei seinem Onkel zu machen. Sie kleidete sich ganz in Weiß, setzte einen schwarzen Strohhut mit Federn auf, nahm ein Paar lange schwarze Hand schuhe, einen schwarzen Spitzenschirm und Iah so wunderschön aus, daß Fräulein von Knörcke, di« sonst nicht gerade überschwenglich war, in laute Rufe de» Entzückens und der Bewunderung ausbrach. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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