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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.03.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191203038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19120303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19120303
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-03
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Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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Sriie 2. Ne. US. >0«. 2Ä,r,-a«. Schritte vorwärts getan, mit denen der Staatssekretär sich nicht nur den lebhaften Dank der Afrikaner ver dient, sondern auch das öffentliche Inter« sie wahr- senommen hat. In der Diamantenfraqe find die Dinge nachgeretde auf «inen Punkt gekommen, wo nur noch einige wenige besonders reiche und große Gesellschaften an di« Fortsetzung des Abbaues denken konnten — nicht al» ob es mit einem Mal« keine Diamanten mehr in Südwestafrika gäbe, sondern bei den allmählich wachsenden Kosten des Abbaues drohte die Be steuerung nach dem Bruttoverkaufswert der Steine den ganzen Gewinn der Betriebe aufzuzehren und auf entlegeneren Feldern, bei geringerem Diamantenreich- tum oder unter sonst ungünstigen Verhältnissen den Gewinn in Lterlust zu verwandeln. Die Folge war, bah die kleineren Gesellschaften den Abbau schon ein gestellt hotten und datz auch einige gröbere die Ein stellung erwogen. Ueber da» neue Abgabensystem schweben noch Verhandlungen sowohl mit dem Reichs schatzamt als auch mit der zweiten abgabenberechtigtcn Stelle, der Deutschen Kolonialgeselljchaft für Südwcst- afrika. Dies« sind noch nicht zu Ende gediehen, aber die Aufstellung des Planes zeugt von vollkommener Einsicht in die Beoürfnisse des eigenartigen südwest- afrtkanischen Betriebes, von einer sehr erfreulichen Bereitwilligkeit, auf motiviert« Wünsche der Inter essenten cinzugehcn und von dem großen Geschick in der Wahrnehmung der fiskalischen Interessen ohne gleichzeitig« Gefährdung des Abbaues und der nor malen Betriebsgeminne der Förderer. Man darf wohl annchmen, datz die Ausarbeitung der Refonn- pringipien in der Hauptsache ein Verdienst der Refe renten des Kolonialamtes für Verwaltung und Finanzrvcsen von Siidwestafrika und für die all gemeinen bergrechtliä>en Dinge darstellt, aber die oesten Räte können die !>este Sache nicht voranbringen, wenn es an der entscheidenden Stelle an Raschheit der Auffassung, an Schnelligkeit und Siclurheit des Urteils fehlt. Falls nicht im Verkehr mit dem Neichsschatzamt und der Kolonialgesellschaft unvermutete Klippen auf tauchen, darf man es als sicher betrachten, bah alle unter normalen Umständen lebensfähigen Diamant betriebe nun auch zum rentablen Abbau gelangen und datz sich die Gewinne bei den bisher mit Schwierigkeit arbeitenden Gesellschaften erhöhen. Auch die Deutsche Kolonialgesellschaft würde für Zugeständnisse, die sie auf der «inen Seite im öffentlichen Interesse macht, durch di« absolute Zumrhme und die längere Dauer der ihr zufliehenden Abgaben reichlich entschädigt werden. Eine Probe von dem neuen Geist, der mit Dr. Sols in die Behandlung der für den südwestafrika- nischcn Etat, für die Förderer und für di« Inter essenten am Markt d«r Kolonialwerte gleich wichtigen Diamant«nfrage eingezogen ist, gewahren wir übrigens auch im Erfolg der Reise des Staatssekretärs nach London und Antwerpen. Das definitive Er gebnis der dort gepflogenen Verhandlungen steht für die Öffentlichkeit noch nicht fest, aber ein« handgreif liche Fola« ist bereits die erreichte, nicht unbedeutende Verbesserung der Diamantenpreise. An gesichts der näheren Umstände hierbei must man sich allerdings einigermaßen erstaunt fragen, warum denn bis zum Entschluß des Staatssekretärs, selbst nach dem Rechten zu sehen, die offenbar verbesserungs bedürftigen Zustände beim Vertrieb der deutschen Diamanten auf dem Weltmarkt amtlich und halbamt lich stets als einwandfrei dargestellt werden konnten. In bezug auf den Diamantenabsatz stehen möglicher weis« noch wichtige, auf «ine weitere kräftige Ver besserung der Kreise abzielend« Entschließungen des Kolonialamtes bevor. Sehr zn begrüßen ist es. das, der Staatssekretär beabsichtigt, etwa im Mat in Begleitung des Nefe Lrlpztger Tageblatt. Sonntag, 3. März 1912. renten für die südwestafrrkanische Verwaltung, des Geheimrat« Dr. Meyer-Gerhard, nach unserer Farm- und Diamantenkolonie hinüverzugehen. Dabei ist auch ein Besnch von Britisch-Südafrika ge plant, ohne dass dabei die weitgehenden Absichten mit spielten, di« in neulichen Meldungen dem Staats, sekretär zugeschrieben wurden. Dr. Solf wünscht vor allen Dingen, mit der südwestafrikanischen weihen Be' völkerung persönlich Fühlung zu gewinnen. Das, die Farmwirtschaft und ihre Interessen trotz aller Diamanten das Rückgrat von Südwestafrika bilden, ist sicher: es must daher mit Dank und Befriedigung anerkannt werden, wenn der oberste Chef der Kolo nialverwaltung diese Seite des Wirtschaftslebens unserer wichtigsten Siedelungskolonie als das Objekt seiner persönlichen Information betrachtet. Nicht ganz ohne Sorge sind wir allerdings in be treff der Haltung des Reichsschatzamtes. Diese Behörde wird möglicherweise auch die kolonialen Dinge al» Objekt für sachliche Entscheidungen betrachten und unter der Begründung, es fehle an Mitteln, Schwierigkeiten sowohl gegenüber dem Diamanten problem als auch für die Ausstattung des Boden kreditinstituts erheben. Dabei unterliegt es für das sachverständige Urteil keinem Zweifel, datz der Diamantenhenne einfach der Hals zugeschnürt wird und der Fiskus so gut verliert wie die Produzenten, wenn keine Erleichterung für den Abbau eintritt — und ebenso, datz Aufwendungen für die Unterstützung der Farmwirtschaft „werbende" Anlagen der aus gezeichnetsten Art sind. Zum neuen volkslchulgeletz. Die «Sachs. Natl. Korresp." schreibt: Die nutzer- ordcvtlick)«, mit der Vorberatung des neuen Schul- gcsetzeutwurfe betraute Deputation des Säch sischen Landtags hat bisher die ZH 1 bis 4 beraten. Zu 8 1 hat sie beschlossen, unter den Mitteln der Schule neben Unterricht und Erziehung statt der Uebung die Arbeit aufzuführen.. Uebung ist «in wesentlicher Bestandteil des Unterrichts, die Ar beit aber, die iet-j schon in mancher Hinsicht auch in der Sckule als Erziehungsmittel verwendet wird, soll dies in Zukunft in noch höherem Matze werven. Als Inhalt der Schulerziehung bezeichnet der Ent. wurf die für das bürgerliche Leben nötigen allge meinen Kenntnisse und Fertigkeiten. Solch« Kennt- niste und Fertigkeiten sind natürlich nötig, aber sie erschöpfen die Aufgabe der Schule auch nach der stofflichen Seite hin nicht., und die Deputation schlägt deshalb in dieser Richtung vor, die Forderung einer tüchtigen volkstümlichen Bildung zu er heben. Datz neben dem Sittlichreligiösen auch das Vaterländische als Grundlage dienen soll, wird in allen gut nationalgesinnten Kreisen freudig begrüßt werden. In 2 werden im Entwürfe die Unterricht gegenstände, Religion, deutsche Sprache mit Lesen und Schreiben usw.. als Lehrfächer aufgezählt. Die heutige Entwicklung der Methodik lässt es als wünschenswert erscheinen, datz durch das Gesetz auch eine freiere Gestaltung des Lehrplanes ermöglicht wird. Darum empfiehlt die Deputation, das gesamte Arbeitsgebiet der Volksschule in folgender Meise auf steilen: in den Elementarunterricht, in Lehrgebiete, Religion-;- und Stttenlehre, deutsche Literatur- und Sprachkund«. Naturkunde und Kunstbetrachtung, Heimatkunde, Geschichte, Erdkunde und Naturlehre (Arbeitskundc), in planmätzige Hebungen sim An schauen, Verstellen, Denken, Messen und Rechnen, Sprechen. Schreiben. Zeichnen, Darstellest und Singens, in Arbeitsuche! sNadelarbeiten, Kochen und Haus haltung, Handfertigkeit) und in Leibesübungen. Wird so das Arbeitsgebiet umgrenzt, dann ist es herrsche, so liege da» wohl daran, datz oft Macht- und Parteiverhältmsse mit hineinspielen. Jeden- fall, sei aber in ganz Deutschland eine stark« Bew«. gung zugunsten der allgemeinen Arbeitsnachweis« entstanden. Um sich dieser Bewegung anzuschließen, sei der sächsische Verband begründet worden. Er hoff«, datz der allgemeine paritätische Ar- beitsnachweis doch den Siea daoontrag«n werde. Durch Li« Tatsachen und dl« Erfahrungen werde bewiesen werden -atz nur auf diesem Weg« etwas zu erzielen sei. Im Anschluß hieran verwies der Redner auf den gedruckt vorliegenden Jahres- bericht, um dann der sächsischen Staatsregierung dafür zu danken, datz durch ihre Initiativ« der Ver band ins Leben gerufen worden sei. Dann gab er einen uebcrblick über die Vermittelungstätigkeit der angeschlossenen Arbeitsnachweise im Jahre 1911 auf - Grund des «ingeHangen«n Materials. Durchweg sei «in erfreuliches Aufsteigen der Tätigkeit festzustellen. Nur in Bautzen und Zittau war «in kleiner Rück gang zu verzeichnen. Die höchsten Vermittelungs zahlen verzeichnen di« Großstädte Dresden, Leipzig, Chemnitz und Plauen. Von den Städten mittlerer Größe hat Freiberg die höchste Vermittelungszahl erreicht, während Bautzen, Meißen, Zittau und Pirna erfreuliche Ansätze zeigen. Im Jcchr« 1911 wurden 41 677 Stellen Lurch männliche Personen und 44 297 Stellen durch weibliche Personen besetzt. Das find insgesamt 85 974 Stetten. Die Versammlung er klärte sich mit dem Jahresbericht einverstanden, worauf der gegenwärtige Vorstand auf die Dauer von drei Jahren bestätigt wurde. Ueber die Organisation des Arbeits nachweise» in Sachsen referierte dann Herr, Geschäftsführer Dr. Wick-Leipzig an der Hand vor» Leitsätzen, aus denen folgendes hervorgehoben sei: 1s In der zwischenörtlichen Vermittelung, d. h. der Vermittelung von Arbeitskräften von Ort zu Ort, zumal aus den Großstädten nach dem flachen Lande, um mit dem Ueberangcbot in den Groß städten den Mangel an Arbeitskräften in den Klein städten und auf dem flachen Land« zu Lecken, ist ein Mittel gegeben, den nicht aufhörenven Klagen über Arbeitermangel auf dem flachen Lande und über Ar beitsmangel in den Großstädten abzuhclfen. 2) Al» gegebene Organe der zmischenörtlichen Vermittelung können nur in einem Verbände zu- sammcngcschlossen« öffentlich« und gemeinnützige all- möglich, fachgemäße Verknüpfungen vorzunehmcn und einen Lehrplan ohne die strenge Systematik aufzu stellen. Der wichtigste Beschluß ist zu H 3 gefaßt worben. Mit 10 gegen 4 Stimmen ist die Einführung der allgemeinen Volksschule vorgeschlagen worden. An jedem Orte gibt es nur eine Art Volksschule. Diese ist, wo die Verhältnisse es ge statten, so «inzurichten, daß sie weitergchenden Bildungsbedürfnissen Rechnung trägt. Es wird also die allgemeine Volksschule, keineswegs aber die Einheitsschule, gefordert. Also niemand — auch di« sozialdemokratischen Abgeordneten nicht — will «ine gleich« Schule für das ganze Land. Da wissentlich oder unwissentlich immer und immer wieder auch den liberalen Politikern oorgeworfen wird, datz sie ein« uniform« und schablonisiert« Schule forderten, ist es nötig, Las ausdrücklich zurück zuweisen. Etwas anderes ist eine gemeinsame Volks schule aller Stände. Die ist zu fordern vor allem aus sozialen Gründen. Der heutige Zustand hat zu einer Gliederung unserer Volksschule nach Ständen und nach Vermögen geführt, wirkt also als Einrichtung unsozial. Gegen die Umwandlung der heutigen nach dem Schulgeld abgestuften Schule in die allgemeine Volksschule werden vor allem finanzielle Gründe an geführt, weil den Gemeinden das höher« Schulgeld der höheren Volksschulen und Abteilungen entgeht. Aber ein« solch« Berechnung ist doch nicht richtig, La sie ganz außer acht läßt, daß es doch schließlich Bürger einer Gemeinde sind, die die Schule bezahlen, und datz es nur eine andere Art der Verteilung ist, um die es sich hier handelt. Man darf auch nicht vergessen, datz auf einer großen Anzahl Bürger, die mit Rück sicht auf ihren Stand genötigt sind, ihr« Kinder in Vie höher« Schule zu schicken, eben dadurch immerhin ein Druck liegt, und datz diesen, insbesondere aber auch den weniger bemittelten Volkskreisen ein Vor teil gesichert wird, der den wohlhabenderen nicht das geringste nimmt. Finanzielle Bedenken wären nur dann berechtigt, wenn di« allgemeine Volksschule an sich höhere Kosten verursachte. Das ist aber ganz urck gar nicht der Fall. Möchte also der gesunde soziale Sinn in unserem Volke, auch in den Kreisen der Bessergestellten, diese Umgestaltung unserer Volksschule mit Verständnis und Wohlwollen ent gegennehmen. verbsnü üer öffentlichen gemeinnützigen Arbeitsnachweise ües Königreichs Lschlen. (:j Dresden, 2. März. Unter dem Vorsitze des Geh. Hosrates Professors Dr. Stieda. Leipzig trat heute vormittag der Ver- band der öffentlichen gemeinnützigen Arbeitsnach weise des Königsreiches Sachsen zu seiner 1. Ver bandsversammlung im Saal« des Vereinshauses zu sammen. Derselben wohnten als Vertreter des König!. Ministeriums des Innern die Herren Ober regierungsrat Dr. Lantzsch und Regienmgsrat Dr. Jans bei. Außerdem war noch u. a. die Stadt Leip zig durch Herrn Stadtrat Zopff vertreten. Geh. Hofrat Professor Dr. Stieda eröffnete die Sitzung mit begrüßenden Worten und hieß nament lich die Vertreter der Staatsregierung herzlich will kommen. Es sei eine schwierige und weitschauende Aufgabe, die sich der Verband gestellt hab«. Leid« sei dir Frage der Arbeitsnachweise lange Zeit ver nachlässigt worden, bis sie endlich in den Vorder grund gedrängt wovden sei. Wenn über di« Arbeits nachweise immer noch nicht überall Einstimmigkeit »enn 8io Idee Insecoto im IMigsr kWlM »ukxeden. ver Lesertzrei« ist xut «nck beeidet, wes- keld larerato desoncker« Lrkolxe kabea unck Iknen ckeo genün»edtea ^d»»tr Theater. Alles um Geld. Unvergleichlich schwankt das Bild des rheinischen Dichters Herbert Eulenberg in der zeitgenös sischen Literatur, und allein der Mißerfolg sei ner dramatischen Werke auf den deutschen Bühnen ist bei ihm bis jetzt eine beständige Erscheinung ge wesen. Das Leipziger Schausvielhaus hat cs gewiß wohl auch nur gewagt, „Alles um Geld" kurz vor Sa>jouschlutz aus den Spielplan zu setzen, well Luteuberg mit leiuer unangebrachten Schiller-Red« und -Replik hier einmal «inen schlechten Vormittag gehabt hat, also wenigstens eines subjektivenJnleresses sicher ist. Das von den rheinischen Frauen preis- gekrönt« „Stück" in k» Akten mutz jedermann aufs höchste befremden. Der Versolgungswahnsinn eines phantasuch'en Bankerotteurs ersäseint hier mit einer behaglichen Freude am bizarren Aufputz glorifiziert, die den Aufwand von vornherein in das sckstirfst« Miß verhältnis zum Nutzen stellt. Wir erleben fünf gänz lich undramatijche Akte akkuratester Milieuzeichnung, gesthen mit Len tränenumslorten Blicken eines senn- menlalen Kontursoerwallers, der zum ersten Male mit einer Criöa besaßt wird. Oder wir ahnen im Dichter den einstigen Ourniiäuius juris, dem di« Pa ragraphen der KO., des ZwVG. und der Gedanke an eigenen Dalles in schweren Examensnächten Alp drücken bereiten. Nur eines erkennen wir nicht, die souveräne Beherrschung und völlige Ueberwindung üer Materie Geld, wie sie Eulenbergs Interpret und Biograph Hamecher in dem „Stück" herrlich ausge- üructl wissen will. Es spielt in „unserer ehernen Zeit". Wucherer und Geschäftemacher schlimmster Sorte geben sich in der ausgeräumtcn Boüenstnbe des Cridars Vincenz «in Stelldichein. Er hat den Mund voll von Jtxen und Fanfaronaden und die Taschen leer. Sein« Kinder, Len Krüppel Titus und Vie hoffende Susanne will er in «inen lichtgoldenen Saal geleiten, wo sie von sieben Tellern speisen; nichts ist ihm schöner zu ver schwenden als Zeit, er hat einen Kredit ins Fugger hafte und auf seiner öden Bodenkammer herrscht ein Geschäftsbetrieb der Schemen, wi« im Märchen au» 1001 Nacht. Sie sind Mietlina« de» Himmel», diese drei, und haben ihre eigene Weltanschauung. Da» Geständnis ihrer Mutterschaft erfüllt den Vater mit hoher Freude für di« Tochter; «r verlädt sie seinem im Traumbuche mehr al» im Hauptbuche bewanderten Schreiber. Glücklich erlangt« 1000 wirft er dem größten Schreier der Gläubiger, Hilarius, einem sen timentalen Fettklotz, hin. Da» ist der erste Akt. Der zweite hat einige» an Handlung mehr und spielt in der Flaschenbommer des reichbegüterten Vater» Vincenz', wo Küchendüfte und verblasst« Festmusikrn wehen und abservierend« Aushilfskellner, die in ihren philosophischen Gesprä chen an Hamlets Totengräber erinnern, Silberzeug st«hl«n. Vater und Sohn von Taugenichts haben «in« erfolglos« Aussprache. Mir fehlt euer Hauptfilm, der Geldsinn völlig? Susanne hat darauf hier eben falls ein konfuses Gespräch mit ihrem verwirrten, I verheirateten Lrebhaber, und Vincenz spottet seiner koketten Stiefmutter, der er ein kostbares Diamanten- s Halsband wegeskamotiert. Den Schluß bildet eine Einladung an die festliche Gesellschaft zu seinem Kon kurstag. dem bürgerlichen Todes- und himmlischen Geburtstage. „Engel, die von Zinsen nichts wissen wollen, werden mich umflattern." Das ist der zweite Akt, wieder ein« Polo näse, mehr nicht. Der dritte Akt setzt stark lnrifch ein. Der dicke Hilarius besinnt sich auf sein« Men schenwürde. Susann«. Tasiian und Titus treten uns mit ihrem Seelenleid menschlich naher. Er folgt die erst« Eläubigerversammlung unter dem Vorsitz des Dachdeckerm«isters Mod«st-die stürmisch verläuft und ohne Vergleich endet. „Ihr macht ein Geschrei um Dinge, di« kein« Trän« wert sind und geht über das Wichtigste mit Nagelschuhen hinweg", sagt Vincenz »u der ganzen Farce. Das „Konkursmaulwurfs- hügelchen" gibt kein Prozent, und di« Gläubiger drohen: Unser« Geduld ist kein« Seilerei! Inzwischen ist Titus gestorben, und als Tod«sfanal für ihn ver brennt Vincenz den Brief mit den 20 Tausendmark- schcinen, die ihm der langmütige Vater letztlich schickt, sich zu rangieren. Eine Gloriole soll ihm das bei allen Weibern schaffen (?). Hier taucht die Idee der Schlußakte auf: Gr will eure reiche Frau heiraten. Der dritte Akt ist am reichsten mit Abwechslung und Handlung bedacht. Der vierte knüpft an die Heiratsidoe an. Susanne und Tasiian halten mit Vincenz «in imaginäres Hochheitsmahl in der kalten, leeren Bodenkammer. Der Heiratsvermittler erscheint und do» Opfer folgt dem Schadchen, «ine präch tige. alte Frau, die un» verstehen läßt, wie die rher- nrichen Frauen dies Drama Euleübergs auqzeichnen konnten. Ursula schwärmt für Dinoeiy und verbürgt sich mit ihrem ganzen Vermögen für den tollen Schuldemnacher. Susanne hegt Todesgedanken. Ihr Äebhaber taucht ungerufen auf und will helfen. Su sanne erdrosselt sich nebenan in der Kammer. Nun ist auch da» letzt« Opfer Vincenz' für sein« Kinider ver geblich gewesen. Diesen Akt wird man den schwächsten nennen müssen; die neue Ide« ist bar angesponnen und jeder Abschluß voraurgenommen. Der Schlußakt endlich erscheint uns nur genehm um der gütigen, Mrsorg. lichcn Ursula willen, die den geistesgestörten Vincenz nun in ihrem Haus« betreut. Eduard, der Liebhaber, kommt voll Reu«, Sigismund der Vater, voll Weh mut. „Eie haben alle etwa» ausgelaufene Farben." Ein Werturteil de» fragwürdiaen Hetden, da» ich auf da» Stück und alle seine Träger anaewendet, wiederhol«. Der Lrrdar selbst hat im Verfolgung». Wahnsinn di« Gesichte feiner Kinder und Gläubiger. Im letzten Akt «nennt er sich selbst und schift sich tot. Zuvor hat er mit allen lang« in schönen Versen ge sprochen. „Oh, ihr unzähligen Himmel übe, uns! Er dar- jetzt die Erd« vergessen. Der Leser urteil« selbst, ob die» „Stück" ein Stück für das Theater Ist. Vie Zuhörer gestern — allzu viele waren es ja nicht — nahmen das verblüffende, rührselige, wortreiche Werk interesselos, gelang weilt hin und zürnten Eulenberg nicht wenig, datz er so unökonomisch mit den Mitteln des Theaters und der Abendtunden der Theaterbesucher Ver- schwendung treibt. Viele haben ihn wohl noch miß verstanden und das Ganze al» eine lustige, im Ton etwas vergriffene Parodie aufgefatzt. Jedenfalls war auch der Widerspruch nur lau und ging zum Teil von wenigen aus, dir gewiß nicht aus heißester Schillerverehrung gekommen waren, an einem Mitzächter der Tradition Rache zu nehmen. Das bißchen Explosivstoff im Halbleeren Haus« er stickte und erlosch wie eine halbtaube Rakete im Nebel. Aber auch der Beifall galt lediglich den wackeren Darstellern, voran Hermann Wolfram, der eine Studie von feinsten Wirkungen aus der Hauptrolle gemacht hatte. Die andern wetteiferten mit ihm um eine wenigstens ehrenvolle Niederlage auf der ganzen Lmie, konnten vom vierten Akte ab die Langeweile nicht mehr bannen und gaben mit dem letzten, dem abstrusen Laterna-magica-Akt den schweren Kampf auf. Es ist schon einmal so: wir können Eulenbergs heißes Herz nicht in unsern Kreis zwingen, und auch die beste Interpretation seiner Stücke wird uns nicht davon überzeugen, daß er ein Dramatiker ist, wie schön und eigen er auch hin und wieder etwas zu sagen weiß. Bis in die Mitternachisstunde währte dieses Be gräbnis, von dem es kein Auferstehen gibt. ?sul AabLUM.buvp-. Lin stekarmmur üer Sevhraptzle <5 Aus der Schulzeit ist jedem die „M erc ato r - Projektion erinnerlich; wer zum ersten Male einen AtlaS in die Hand bekam, fand darin eine Karte der ganzen Erdoberfläche in „Mercatorprojek- tion" nebst einer Neberficht über die anderen Arten der Kartenprojektion, bei der die Gradnetze bald krumm-, bald gradlinig verlieben. Diese Gradnetze (wie das Wort AtlaS auch) gehen nun aufGerbard Mercator zurück. Mit ihrer Schaffung und mit der genauen mathematischen Untersuchung ihrer Be deutung hat Mercator in der ganzen Kartenkunde eine solche Umwälzung hervorgerufen, daß er al» Reformator der Geographie bezeichnet werden kann. Bor feiner „Reformation" waren auf Karten die Umrisse der Länder usw. gezeichnet, außerdem sanden sich an verschiedenen Stellen Kompaßrosen gezeichnet, die Längen- und Breitengrade dagegen waren nicht vorhanden. Die Grundlagen der damaligen Kartenzeichenkunst waren bekannte Abstände zweier Punkte auf der Erde und die Richtung, die nach dem Kompaß bestimmt werden konnte; beide» waren aber unzuverlässige Hilfsmittel, denn die Abstände verschiedener Punkte beruhten zum Teil auf recht alten Angaben, viele auf denen deS PtolemäuS oder auf unsicheren Schätzungen, und der Kompaß war kein sicherer Helfer, da seine Mißweisung die größten Fehler Her vorrufen konnte. Dies« beiden Mängel erkannte Mer- cator nicht nur, sondern er fand auch Mittel zu ihrer Beseitigung. Mercator hatte ursprünglich nickt mathematische Wissenschaften, sondern humanistische Studien getrieben. Mit mathematischen und geo graphischen Dingen hatte er sich auf eigene Faust bescl>astigt. Ganz allgemein untersuchte er als erster die Frage, wie man die Kugel in einer ebenen Zeich nung so darstellen könnte, daß man auf einer so erhaltenen Karte Messungen anstellen könnte. Im Jahr« 1569, und ^var im Monat August erfclfien die wichtigste Fruclst seiner Studien, die große Weltkarte zum Gebrauche der Seefahrer, die uicht nur die Umwälzung der Kartenkunde, sondern zugleich die Umwälzung in der Steuermannskunst bedeutet. Bei dieser Karte ist zum erstenmal die winkeltreue Zylinderprojektion angewendet, bei der die „Loxodrome", die krumme KnrSlinie des Schiffes, die alle Meridiane unter gleicl>em Winkel schneidet, als gerade Linie erscheint. Dabei sind zwar die GrößenverhSltnifse zcrzerrt, aber die Richtungen sind beibehalten. Als Mercator diese Projektion an wandte, wußte er genau, warum er gerade sie wählte: „Weil die Vierecke bleiben und weil auch die Breiten- und Längengrade unter sich dasselbe Verhältnis bewahren wie auf der Kugeloberfläche, so behält das Bild überall seine ursprünglich« «.Gestalt, ohne irgendwelche Verzerrung." Was man in der Kartenprojcklionslehre Yente als „konforme Abbil dung" bezeichnet, hatte Mercator also damals bereits in einer Form ausgesprochen, die beinahe al» Defi nition anzusehen ist. Merkwürdigerweise wurde der Wert dieser ProjektionSart besonder« für die Steuer«, mannskunst erst viel später erkannt. Die Mercator- schen Karten wurden zwar nachgedruckt und nach- geahmt, aber manchmal ließ man die Gradnetze weg. Tas große geographische Kartenwerk Mercators, das zum erstenmal den Namen AtlaS trug, erschien übrigens erst 1595, ein Jahr nach Mercators Tode, von dessen Sohne herauSgegeben. Sieben Jahre später war eS bereits vergriffen, so daß ein neuer Druck erscheinen konnte; dann gingen bald die Originalplatten Mercator» in holländischen Besitz über, und von 1611 an erschienen in Amsterdam zahlreiche Auslagen nack,einander. 1653 erschien eine sechsbändige AtlaSauSgabe in Folio, die nicht weniger als 451 Karten umfaßte. Bei einem Mann« von der Bedeutung Mercators ist es kein Wunder, daß einige ausländische Gelehrte ihn nicht als Deutschen gelten lassen wollen, sondern für Holland in Anspruch nehmen, besonders da in den Niederlanden bald nach ber Zett Mercators tatsächlich die Kartenkunst außerordentlich aufblühte. Allein Mercator, der eigentlich Kremer hieß, ist nach seinem eigenen Zeugnis ein echter Deutscher. In der Widmung seiner „Tabula Galliae et Ger- maniae", die 1585 zn Duisburg erschien, sagt er selbst: „Obwohl ich in Flandern (und zwar in Rupel- monde) geboren bin, so sink doch die Herzöge von Jülich meine angestammten Herren, und unter ihrem Schutze bin ich im Jülicher Lande von jütische« Eltern erzeugt und erzogen.
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