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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120316015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912031601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912031601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-16
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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Bezvq».Prets W 9«w»t» GM» v„»n« »«rch « Irß»»« ««» e»«»u»«,» r»«l »4 t—ha», „»«chi « OI. «»»»rU «.? Nm«r»al» Donch»««»» ««» d«r »»»Nch»« g»l»ni»> »»»cieliadit. »M «1^ »»»alt. UWWtl »»»iqc. ^»üdrft»U»»ld t» Brlair», Da»»makt v»n ^«nauftaai»«. 2tol«»». Luz»md»i». ^i«d»i>a»o«. «»»» ««»»», t «»»»«»>« U«ua,n St-lN-o». tzchwrd»», l»cha>«»t « <r»a««»» 2, »U«» Üdk>»»» «io»!«» »»< »i<«N d»i<d »t» L«>»att»»«U« »<» «lall«» «ltzauuch. Da» r»i»ua«i Taaivlan »rlck««a« r»at tLßllck. «»»». » K«>««laa» »i »»»««»». Rj>»»»»»», !».»>, nad«« S»»a»»>»a«k« 8, da» »»>«««» t,a,«n< ^U«al,».v»«du«ak«i >M» T»»a-»«li«ll,» »»«,« «»flL»l«r» »ch lkn«tn»»«r». H AS Nr. 138. Morgen-Ausgabe. MWgerTagMaü Lrl.-Auschl. j 14 m» >14994 Handelszeitnng. re!.-Avschl. 14 mr 10«4«a»lchr»u 14 «sr 14 694 Ämtsökatt -es Nates und des Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Sonnsvenü, c^n l6. März 1912. L»ze1-e«.Prtt» 106. Zatzrgsng ltch«, r»u »t* P«m«u» U»« »»IchLft»a»j«l,«, «tt Uta,»«0ch»M*, t» «KtX »chSH«. aadaN^ch Taris V»U^«,«dSH,G»l»w» . 8«k«rt«n» L»fNag» kSaa»» at«d» »«40- -«»»«»» »ard«». Kilr da» 4rlch«l»«a « la»»» an» Vliw» wird k«i« Laraatt» SL«n,»«»»n. >a»«tg«» - >a,ad««: 2»tza»»t»«a>« b«t ISmlllch«» Atttal»» «. all»» 0»»»«»» E»p«dlUa»«, d«» 2a- and «»»land«» »nick »ad v«,l», »»» Mich«, ch KROW 2nhad»«: Gaal N«eK»». Nada««»» «»Hch4N»p«»r 2»da»»l»,ag« I» Ha«M«FUlal» D^»»«»r ««»ftraia ch 1 tL»l«»a» «0. I»W- Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 19 Seite«, di« vorliegende Morgennummer 16 Seiten, znsammen SS Seiten. Vas Wichtigste. * Di« »Rordd. vllg. Ztg." teilt zur Deckung»« frag« mit, daß die Wiederaufnahme der Erbschaft», steuer bedenklich erscheine, dagegen soll der Kon» tingentspiritu» der vollen Gebrauchsabgabe unterworfen, also die Liebesgabeaufgehoben werden. sS. Kes. Art. Seite 3.) * Der Reich »taghat am Freitag di« Beratung der Interpellation über den Bergarbei ter st r e t l fortgesetzt. sS. des. Art. Seite 1 und Be richt Seit« S.) * Die Sächsische Erst« Kammer hat sich am Freitag ». a. mit Leipziger Petitionen betr. da» höher« Mädchens chulroesen be schäftigt. lS- Bericht Seite 10.) * Zn den Gebieten, wo der Schutz der arbeits willigen Bergarbeiter ««»reichend ist, nimmt die Zahl der Streikenden weiter ab. (E. bes. Art. Seite 2.) * Die Verhandlungen -wischen den streikenden englischen Bergarbeitern und den Gru- benbesitzern sind abgebrochen worden. (S. Letzte Dep. S. 3.) * Theateranzeige» stehe Seit« ir. llatlsnaMbersie Umkehr. tZ»r Dag««g de» »ationalliberale» La>d«»«u»sch»sse» i» Leipzig.) —u. Der Tagung deS nationalliberalen Ge- stmrtvorstande» in Berlin, die auf den 24. März angesetzt ist, gehen landschaftliche Vertretertage voraus. Auf Rheinland, ScyleSwig-Holstein, Hannover folgt am Sonntag das König reich Sachsen mit einer LandeSauSschuß- sitzung in Leipzig. TS gilt, n^ch den Neichs- tag-N'ahlen die satzung-gemäßen Wahlen vor zunehmen und auch die politische Meinung des Landes zu erforschen. DaS letztere sollte eigent lich nach allgemeinen NeichStagSwahlen nicht nötig sein; die Vorgänge bei der Wahl deS ReicyStaaSvorstandeS haben aber eine neue tief gehende Bewegung verursacht. Es ist angezeigt, sich mit dieser Bewegung zu beschäftigen, nicht um rückrvärtS gerichtete Anklagen zu erheben, sondern um die Lehren für die Zukunft zu ziehen. Die Vorgänge der letzten Vergangenheit tra gen leider den Charakter deS Unnötigen und Un- nützen an sich. Der Uebergang des Reiches zum Schutzzzoll Ende der 70er Jahre führte auch zu einer „Krisis" in der nationallibcralen Partei, aber stier war wirklich eine große, neue, volks wirtschaftliche Idee: eS gab ein Streitobjekt. Warum die „KristS" der nationalliberalen Par tei in den letzten Wochen hevausgeführt werden mußte, läßt stch nickt sagen. Der Widerstand der weitesten nationalltberalen Kreise gegen Zu geständnisse an eine antimonarchische Partei oder richtiger gegen die Antastung des monarchischen Gefühls m den eigenen Reihen kann gewiß als eine erfreuliche Wirkung und Lehre bezeichnet werden; aber die Führung der nationalliberalen Partei im Reichstage und jedes einzelnen Mit glied- der Fraktion hätte eine solch« Lehre nicht nötig Haven sollen. Einem jeden hätte eS, wenn nicht verstandesmäßig, doch gefühlsmäßig eingeschrieben sein sollen, daß die parteipoliti schen und parteitaktischen Berechnungen bei der Präsidialwahl nicht veranlassen durften, die Jn- pondcvabilien deS deutschen Volkstums außer acht zu lassen und die Grundtatsachen unseres natio nalen Daseins zu verkleinern. Rein auf die nationalliberale Partei gesehen, ließ sich kehr leickt ein Verhalten der Fraktion bei der Präsidialwahl denken, das weder die Grohblocksreunde, noch die scharfen Gegner de- Großblocks vor den Kopf stieß. Es kann hier nicht in wenigen Zeilen eine Auseinander setzung mit dem au; badischem Boden geschaffenen Großblock versucht werden. Es läßt sich bei der keineswegs besonders nationalen Haltung des Zentrums in Baden, bei dem Gewissenszwang, der vielfach von Dienern der katholischen Kirche dort zugunsten dieser Partei ausgeübt wird, und bei der traditionellen Stellung des nationalen Liberalismus im Großherzogtum der Großblock bis zu gewissem Grade plausibel machen. Der ehemalige nationalliberale Vertreter Dresdens, Dr. Heinze, hat sich vor einigen Monaten in einer bemerkenswerten Veröffentlichung aus die sen Standpunkt gestellt. Rem als taktisches Ge bilde konnte der badische Großblock bis zu gewis sem Grade sogar imponieren. Man kann die Disziplin bewundern, die ein Zusammengehen der beiden verschiedenartigen Parteien jahrelang möglich gemacht hat. Wenn man allerdings dann durch die Zeitung von den Telegrammen erfuhr, die von einer maßgebenden badischen ParteUnstanz zu? Präsidialwahl an die Reichs Fortsetzung üer Streiküedstte. (Stimmungsbild au» dem Reichstage.) O Berlin, 15. März. Dl« Streikbesprechung wurde bei leidlich besetztem Hause, aber in Abwesenheit des Reichs kanzlers fortgesetzt. Nach einer gestrigen Neuste- rung des Staatssekretärs Delbrück hatte wohl mancher heute seine Anwesenheit erwartet, aber es wird auch ohnedies der Geschäfte genug für ihn geben. Als Höhepunkt der heutigen Sitzung, wenigstens bis in die späten Nachmittagsstunden hinein, dürfte das Auftreten des Abg. Behrens sWirtsch. Dga.) gegen die Sozialdemokraten zu betrachten sein. Es ist bemerkenswert, mit welcher Unerschrockenheit und Ueberzeugungsstärke ein evangelischer Arbeiter gegen die Sozialdemokatie hier im Hause und g«t<n ihr Wirken da draußen auftritt. Nach dem Mandat zuwachs der Sozialdemokratie hatte man eigentlich «in« derartige Konstellation kaum erwartet. Auch draußen im Berggebiet hat sich di« Macht der Sozial demokratie als geringer «wiesen, als viele Außen stehende ursprünglich angenommen haben. Immer mehr gewinnt man den Eindruck, daß bei weitem der größte Teil der Bergarbeiter nicht itretken will und nachdem ihnen durch den energischen Schutz die Ent» sch«idungsfreih«it zurückgegeben ist, di« Bewegung rückläufig wird. Die heurig« Streikerörterung war durch den Abg. Gothein sBpt.) eröffnet worden. Seine Dar legungen schmeckten gegenüber den unmittelbar in di« Arbeiterkämpfe versetzten Ausführungen Schiffer» und Sschles von gestern etwas nach Theorie, wirtschaft», politischer und sozialpolitischer. Er verlangte Siche rung des Koalitionsrechts und Schaffung eines Reichsberggesetzes, erkannte aber auch seinerseits den Schutz der Arbeitswilligen als berechtigt an. Der nächste Redner sprach wieder aus der Praxis der Arbeiterkämpfe heraus. Der in Kattowitz gewählte Pole Sosinski ist Vorsitzender des polnischen Atbciterverbandes, der zu dem bekannten ..Dreibund" des Ruhrgebietes gehört: sozialdemokratische Gewerk schaft, Hirsch-Duncker und als dritter der polinsche Verband. Sosinski verhielt sich erheblich maßvoller als gestern SoMe. kam aber Loch einmal mit dem präsidierenden Paasche in Konflikt. Abg. Mertin sRpt.), der bisher nur dem preußischen Abgeordneten hause angehörte, verlangte namentlich energisches Durchgreifen der Behörden. Dann erhob sich Behrens (Wirtsch. Vag.). Er faßte den Stier bei den Hörnern und kämpfte gegen SaMe persönlich, wie gegen das Verhalten des Alten Verbandes. Natürlich billigte er als Avbeiterver- treter weitgehende Arbeiterforderungen. Auch ver warf er den Streik als letztes Kampfmittel nicht, aber ein kurzer Streik, so lautet« sein Urteil, war an gesichts der großen Kohlenvorräte nutzlos, und für einen langen Streik reichten die Finanzen nicht. Das Blatt hat sich nun gewendet, der Alte Verband wollte einen Vernichtungskrieg gegen die „Christ lichen" führen, aber diese im Bunde mit den evan gelischen Arbeitervereinen und den Unorganisierten erweisen sich als die Stärkeren. Di« Arbeiter wollen sich nicht von Streikenden erschießen oder die Knochen zerschlagen lassen. Lebhafter Beifall lohnt« den Redner. Don sozialdemokratischer Seite wurde eine Ant wort durch den „Akademiker" Dr. Erdmann er teilt. Sie fiel aber ziemlich matt aus. Das letzte Wort hatte heute Werner-Hersfeld (D. Refvt.), während vorher der preußische Handelsminister Sndow eine kurze Erklärung über di« Befugnis d«r ArbeiterauSschüsse zur Erörterung von Lohnfragen abgegeben hatte. — Die Beratung wird am Sonn abend fortgesetzt werden. Politik unü Erze. (Bon Dr. Albrecht Wirth-München.) Zum Kriegführen gehört der Nerv des Krieges, nämlich Geld. Da» weid aber haben seit alter» in hervorragendem Maße neben einfachem Raub, ferner neben Tausch und' Handel bergbauliche Betriebe, die in einheimischem Besitze waren, geliefert. Die Pharaonen bezogen die Mittel für ihre Kriege aus den Kupferminen des Sinai, die Großkönig« von Habel und Assur aus den Kupfergruben Cyperns. Zn der Folge bauten die Athener ihre Flotte aus den Erträgen der städtischen Silberbergwerke im Laurion, und König Philipp benutzte die Gold« erzeugung des Pangeios, um Hellas niederzuwerfen. Phönizier und Karthager wurden mächtig durch das Silber Spaniens und das Zinn der Bretagne. Später stützten die Spanier ihre Machtstellung auf die Silberschätze von Mexiko und Peru, und die Russen auf das Gold d«s Ural und des Altai. Ganz ähnlich beruht in der Gegenwart das Uebergewicht der angelsächsischen Staaten auf ihrer Kontrolle der Metalle. Es ist der Mühe wert, diese ausschlag gebende Tatsache durch einige Zahlen zu erläutern. Am geringsten ist noch der Vorsprung der Engländer und Amerikaner in der Kohlenförderung, die ja gerade augenblicklich den leidenschaftlichen Anteil der ganzen Welt erregt: gegenüber den 418 Millionen Tonnen der Vereinigten Staaten und den 306 Millionen Weltbritanniens nahm das Deutsche Reich 1S0S mit 217,4 Millionen keinen allzuschlechten Stand «in. Zn der Eisenerzeugung behauptet Deutschland sogar den zweiten Platz. Die Ziffern sind: in dem genannten Jahr rund 26 Mil lionen Tonnen Roheisen für Nordamerika, 13 für Deutschland und 10 für England. Dagegen ist um so auffallender das Ueberwiegen der Angelsachsen in der Erzeugung von Edelmetallen. Welt britannien erschmolz in dem genannten Jahre nicht weniger als 1371 Tonnen Silbers. Und Nordamerika gar 1702, während Deutschland nur mit 166 Tonnen aufwarten konnte. An Gold fördert« Weltbritannien 395 Tonnen, wobei Südafrika den Löwenanteil bei trug, Nordamerika 150 Tonnen und Deutschland di« lächerliche Summe von 0,1. Auch in Kupfer, das von Jahr zu Jahr für die Weltindustrie, und namentlich auch für die Kriegsindustrie belangreicher wird, können wir es nicht entfernt den zwei großen Kon kurrenten gleichtun: denn die Yankees, die schon jetzt den Markt beherrschen, und die von einem Kupfer universaltrust träumen, erzeugten 1909 nicht weniger als 496 000 Tonnen, weit mehr als die Hälfte der Weltproduktion, di« auf 893 000 Tonnen veranschlagt wurde, das britische Reich den immerhin noch in tue Augen fallenden Betrag von 73 000 Tonnen, das Deutsch« Reich aber — trotz Mansfeld und Otavi — nur 25 000 Tonnen, also nur '/-» der Welt produktion. Nehmen wir endlich Erdöl! Man hat mit großem Eifer die Mär ausgesprengt, daß unsere Lager im Norden und Nordosten von Hannover in absehbarer Zeit imstande sein müssen, den ganzen deutschen Bedarf zu decken. Es ist gewiß höchst er- freulich, daß dort, in einer zuvor fast wertlosen Steppe, so wertvoll« Vorkommen erschlossen word«n find, aber die 143 000 Tonnen deutschen Petroleums find nur '/-» der Weltausbeute, die sich auf 40 Mil lionen erhebt. Die Bereinigten Staaten erbohren davon wiederum weit mehr als di« Hälft«, nämlich 24L Millionen Tonnen, und Weltbritannien hat wenigsten« «ine Million aufzuweisen. Wir haben davon gesprochen, dast unser« Eisen herstellung «ine vorteilhaft« Roll« spielt. Man darf jedoch nicht vergessen, daß diese Herstellung nur zu zwei Dritteln auf der Erschürfung einheimischer Erze beruht. Wir sind bereits für ein Viertel der Tonnen zahl und «in Drittel des Ferrumgehaltes von dem Auslande abhängig. Wir besitzen namentlich viel zu wenig hochwertige Erze und müssen solche von tagsfraktion in Berlin gerichtet wurde, konnte man an dem taktischen Vermögen der badischen Nationalliberalen zweifeln; denn hier wurde in unumwundener Form das „Festhalten" am Groß block gebieterisch gefordert, wie etwas, worauf man ein Recht hatte; also an derjenigen Partei konstellation, die bisher auf allen großen nationallibcralen Vertretertagen, als völlig unmöglich für das Reich, abgelchnt worden war. Es war begreiflich, daß solche Kund gebungen mit tief innerlicher Erbitterung von denen entgcgengenommen wurden, die an die Versicherungen der Führer auf jenen Partei tagen geglaubt hatten. Wollte man die Bewegung in der national liberalen Partei vermeiden, so hätte vielleicht eine schlichte Erklärung etwa folgenden Inhalts genügt, die die Fraktion dem Wolffschcn Tcle- graphenbureau hätte übergeben können: „Die nationalliberale Fraktion hat, dem Wunsche badischer und anderer Mitglieder ent- sprechend, die Wahl eines sozialdemokratischen Vizepräsidenten erwogen. Die Fraktion hat aber, so gern sie den Sozialdemokraten die Mit verantwortung für den ruhigen Ablauf der parla mentarischen Geschäfte aufcrleqt hätte, es nicht über sich vermocht, einem Abgeordneten die Stimme zu geben, der die parlamentarischen Bräuche gegenüber dem Kaiser nicht restlos zu erfüllen bereit ist. Sie will die Hand zu einer Verwirrung deS monarchischen Gefühls, die da durch gerade in den Gemütern breiter, kaiser treuer Schichten des Volkes angerichtet würde, nicht bieten. Eine solche Wirkung herbeizusühren kann die Fraktion weder vor ihrer eigenen innersten Ueberzeugung rechtfertigen, noch mit ihrer Achtung vor der Gestalt des Kaisers, der für sie Sinnbild und Bürgschaft deutscher Ein heit und Freiheit ist, vereinigen. Auch diejenigen Mitglieder der Fraktion, die zunächst von anderen Erwägungen beherrscht wurden, haben sich dem Gewicht dieser Gründe nicht entzogen und die Fraktion hat sich einmütig dahin entschieden, einen Sozialdemokraten nicht zum Vizepräsiden ten des Reichstags ru wählen." Wenn die elsaß-lothrinaischen Liberalen, die keine Nationalliberalen sind, sondern im allge meinen weiter links stehen, sich von den Sozial demokraten, mit denen sie taktisch Zusammengehen, trennten, als diese erne Maßregel beschlossen, die als Brüskierung des Kaisers empfunden wer den konnte, so hätten die Nationalliberalen des deutschen Reichstags mit Leichtigkeit eine Hal tung bei der Präsidialwahl einnehmen können, gegen die weder der linke, noch der rechte Flügel der Partei einen Einwand erheben konnte. Die nationalliberale Fraktton des Reichstags ist damals von machtpolitischen Empfindungen und von taktischen Berechnungen zu sehr beein flußt worden. Der Fehler wurde am 8. März nach Möglichkeit gutgemacht. Doch konnte der Eindruck des Hin und Her nicht ganz vermieden werden. Wer verhindern will, dag die national liberale Partei je mit Recht des Schwankens be zichtigt wird, muß sich den Bemühungen wider setzen, sie zu einer radikalen Haltung zu nötigen, oie sie dann vor den Widersprüchen der eigenen Parteigenossen erfahrungsgemäß doch nichta u s r echt erhalten kann. Der Ein druck des Schwankens und der Unentschiedenheit ist äußerst verderblich. Er ist geeignet, das ganze Prinzip der Mittelpartei: den Ausgleich der Hntercsssen, das Gesamtwohl, die maßvolle, ge rechte Behandlung der politischen Dinge, in Ver- ruszubringen. Auch ist das Geschimpfe von rechts, links und in den eigenen Reihen der Partei nicht geeignet, den Stolz auf die Partei und die Freude daran zu erhal ten, Empfindungen, deren jede große Or ganisation bedarf. Es wird dann leicht eine „Simplrztssimusstimmung" gegenüber der Partei hervorgerufen, die ihr den Schwung nimmt. Schweden, Algerien, Brasilien und dem Kaukafu» beziehen. Die Notwendigkeit, Erzlager unter eigener Flagg« zu besitzen, hat ja bei der Marokkofrage eine ansehnliche Rolle gespielt. An minderwertigen Erzen hat allerdings das Deutsche Reich einen er klecklichen Vorrat, nämlich 3,6 Milliarden Tonnen, gegenüber den 4,3 Milliarden der Vereinigten Staaten und Len 1,3 Milliarden Englands. Dagegen werden wir sofort in das Hintertreffen geraten, wenn einmal die Not dazu zwingt, noch geringere Erze als gegenwärtig auszubeuten. Dadurch sind un» wie- derum die beiden angelsächsischen Konkurrenten, die uns fortwährend Len Weg versperren, ganz bedeutend überlegen. Ter geologische internationale Kongreß in Stockholm schätzte die in Zukunft, wenn entweder die Gewrnnungsmethoden verbessert werden oder die berührte Not dazu drängt, und infolgedessen die Steigerung der Preise dazu befähigt, für die In dustrie noch benutzbaren Erzvorrät« Amerikas auf 41 und di« Englands auf 37,7 Milliarden. Dadurch würden neuerdings jene Konkurrenten auch politisch einen nicht leicht einzuholenden Vorsprung gewinnen. Wir haben schon an einem amerikanischen Oeltrust genug; an einem Welttruste in Eisenerz würden wir uns vollends die Zähne stumpf beißen. K oormir» aoi-sairs st <l«mi, auf den Prioattrust der Staats trust! Es ist vollkommen berechtigt, wenn wir wenigstens das bißchen schützen, was wir haben, wenn augenblicklich von dem klügsten unserer Minister neben Tlrpitz, Herrn Delbrück, ein Kalttrust einst weilen erwogen und demnächst gefordert wird. Italiens Mrcht «ar üen Meüenslreunüen. (Bon unserem römischen Mitarbeiter.) Den Satz ihrer Vorfahren: 8i vi» paosm para dsllllm! variieren heute die Römer dahin: Willst du endlich Frieden mit den Türken haben, dann jage die Friedensvermittlcr zum Tempel hinaus und schieße Byzanz nieder! Die Sehnsucht nach dem Frieden ist auch in Italien »um mindesten eben so stark, wenn nicht noch starker als in der Heimat der fünf Friedensbotschafter, die dieser Tage separat, einer hinter dem andern (als ob einer dem Frieden des andern nicht trauen wollte!) die Treppe zur Lonsulta erklommen, um dem MargutS di San Giuliano einen Frieden-» »tveig zu überbringen. Aber der Minister fürchtet, die fünf „Danaer", wenn sie Friedensgcschenke an- bieten, und die Italiener fürchten sie noch- ist«! mehr. Sie fordern heute ungestümer als je zuvor die energirche Tat vor den Toren von Byzanz, von Saloniki, Smyrna, vor Tripolis, kurz überall dort, wo ihre Feinde stehen. Heute ist ganz Italien kriegsbereiter als je! Uno das ist einzig und allein die unmittelbare Folge einer ebenso überflüssigen wie zweckwidrigen Friedens- vermittlungsaktiön, die Oel auf das KriegSfeuer eines Volkes schüttet, das in allen Schichten, vom König bis zum Bettler, von dem Bewußtsein der nativ- nalen Ehre und deren Pflichten so durchdrungen ist, daß heute kein Souverän und kein Minister mehr imstande wäre, dem Volke einen das hoch gespannte nationale Selbstbewußtsein verletzenden Frieden zu empfehlen. Einen ehrenvollen Frieden nennen die Italiener nur den, der zur Grundlage das zum Gesetz erhobene Souveränitätsdekret über Tripolis hätte. Etwas anderes wäre eS, wenn es den Türken gelänge, das italienische Heer wirk lich zu schlagen (mit der Verkündigung türkischer Schein siege wird der Friedenssache nicht ge- nützt!) unk aus Tripolitanien hercnrszuwerfen. Dann würde sich das besiegte Italien in das Unabänder- lick schlecht und recht zu finden wissen. Aber so, wie heute die Dinge liegen, sieht es in allen noch so gutgemeinten Fricdensaktionen keine wirklichen Freundschaftsdienste, sondern fühlt sich ungerecht behandelt. Die Empfindlichkeit ist hier ins Krank hafte gesteigert. Dieser ncnrasthrnische Zustand des ganzen Volkes (die Handvoll kriegsfeindlich gestimm ter sozialistischer Agitatoren sollte man sich auch in Deutschland abgewöhnen ernst zu nehmen) kann Kon- flikte und Erplosionen von unabsehbaren Folgen heraufbeschwören. ' Der Hinweis, daß die Italiener auck fetzt nach 5l/,monanger Kriegstätigkeit noch nicht ins Innere von Tripolitanien Vordringen können, wird mit fol genden Einwänden abgetan: die Deutschen brauchten für die Bändigung der wilden Hererovölkerschaft, die keine moderne Kriegführung kannte, noch weit mehr Zeit: die Franzosen kämpften um Tongkina, um den Besitz von Tunis und Algerien, die Engländer mit dem Mahdi, dis Bereinigten Staaten von Amerika um die Philippinen viele, viele Jahre lang. Italien habe einen mit Ken modernsten Waffen ausgerüsteten Feind in der Wüste vor sich. Er wäre langst zum Nachgeben gezwungen worden, wenn er nicht immer noch von Tunis und von Aegypten her dank der ständigen flagranten Verletzung derNeu- tralitätspflichten durch England und Frankreich Verstärkungen erhielte. Die angeb lichen Friedensfreunde, so argumentiert man weiter, jagen, Italien müsse der Türkei einen entscheidenden Schlag versetzen, wenn sie, die Friedensfreunde, eine einseitige Pression ausüben sollen. Dieselben Frie densfreunde aber sagen dann im selben Atemzuge: Ihr Italiener dürst unter keinen Umständen die als neutral geheiligten Küstenorte beschießen und damit dem Feinde an den Lebensnerv gehen, mit dem zu gleicher Zeit auck die Interessen der Friedensfreund« verletzt werden. Bei diesem Widerspruch von Vor schlägen und Gegenvorschlägen geht den Italienern die Geduld aus, und so darr eS nicht wundernehmen, wenn jedes Zeichen einer „energischen Tat", die gleichbedeutend ist mit Schiffsbewegungen im Segä- ischcn Meere, begeisternde Zustimmung findet. Man fürchtet eine Verlängerung des Krieges auck wegen der Gefahren klimatischer Einflüsse aus die Truppen Malaria, Cholera usw.) in den Sommermonaten. Man fürchtet auck wohl die Kriegskosten, die man bisher dank der glänzend geführten Finanzwinschaft des Staates aus lausenden Mitteln bestreiten konnte.
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