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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120320012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912032001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912032001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-20
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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preußische Minister Les Innern -egen meinen Freund Sachse erhoben hat. waren ungerechtfertigt: T» Unterstaatssekretär Dr. Richter: Der Abg. Tobn hat bei der Besprechung der Frage der Der. teilnng der Propaganldagewer auch di« Frage unter« sucht, ob der Bund der Landwirt« ein poli tischer Verein sei. Diese Frage braucht nicht untersucht zu werden. Ts fragt sich hier nur. ob die Gel der wirklich für Propagandazwecke verwenldet werden. Das Reichsamt des Innern hat diese Frage in vor- liegendem Falle bejaht Das? der Bund der Land wirte Propagandagelder zu Wohnzwecken benutzt hat, ist vollständig unmöglich. Es liegt wohl eine Verwechslung mit den Rabatten vor, di« den Gesellschaften zum Teil aufgenötigt werden, und wo mit sie machen können, was sie wollen. Daß das In stitut für da« Gärungsgewerbe kein wissenschaftliches Institut sei, muß ich entschieden bestreiten. Es gibt kaum «in wissenschaftlichere« Institut als dieses, und wenn wir «s ausschließen wollten, so dürften wir Propagandagelder auch keinem anderen geben. Abg. Gothei» (Fortschr. Dpt.): Eine viert« Ausgangsstation ist nötig. Die Veröffent lichung der Durchschnittslöhne mag angenehm sein, großen Ruhen kann ich mir nicht davon versprechen. Gegen die Verteilung der Provagandagelder außer- hakb der Reichsbehörde ist an sich nicht» «tnzuwenden, praktisch aber nutzt der Bund der Landwirte diese Gelder zu seinen einseitigen politischen Zwecken aus. Meine Fraktion ist in ihrer grossen Mehrheit der An sicht, daß ein Neichsmonopol immer noch einem Privatmonopol vorzuzieben ist. Der Krach in der Kaliindustrie ist nicht aufzuhalten; dann wird es Zeit sein für ein Reichsmonopol. G» Abg. Graf von Westarp (Kons): Einer Ab» änderung des jungen Kaligesehes können wir das Wort nicht reden' dadurch würde eine unnötige De- unruhigung der Industrie und ein« Aufreizung der Spekulation verursacht werden. Die Verteilung der Propagandagelder soll nicht an das Kalisyndikat ab getreten werden, sondern beim Reichsamt des Innern bleiben. Bezüglich der Grundsatz« für die Verwendung der Propagandagelder wünschen wir, daß di« Organisationen, wie die landwirtschaftlichen Genossenschaften und die Verkaufsstellen des Bundes der Landwirte auch künftig nicht benachteiligt werden. G» Abg. -och fTo^) tritt nochmals für Mono- polisierung des Kalibergbaues ein. Als vierte Ausgangsstation wird Kalmar in das Gesetz eingefügt. Die vorliegenden Resolu tionen werden angenommen. Kapitel „Statistisches Amt." Die Freisinnigen beantragen hierzu eine Resolu tion, in der verlangt wird, daß gelegentlich der 1913 fälligen Reichserhebung über die Boden benutzung Ermittlungen über Verkauf und Zu kauf von Getreide. Mehl, Brot und anderen der land wirtschaftlichen Haupt- und Nebenbetriebe für das Erntejahr 1910 in der Weise zu veranstalten, wie solche in Baden von den gros-herzoglichen Amtsvor- ständen im Jahre 1912 durchgeführt wurden. Abg. Schumann-Forst (Soz.): Ueber die Ar- beitszeit, die Gesundheitsoerhältnist« und die Vor bedingungen für Einführung der allgemeinen Sonntagsruhe im Binnenschisfahrtsgewerbe sollten umfangreiche statistisch« Erhebungen angestellt werden, so dasi die dringend nötige gesetzliche Re gelung dieser Materie getroffen werden kann. Die Logisverhältniss« der Transport arbeiter und der Fuhrleute sind Menschen, unwürdig. Auch die Arbeitsverhältniste der Rechts anwaltsbureaubeamten erfordern dringend eine Re form. Erhebungen über di« Arbeitsdauer der Straßenbahnbeamten müssen ebenfalls an gestellt werden. Für dies« Arbeiterkategorien ist «ine Einführung des Achtstundentages dringend nötig, ebenso «ine regelmässige 36stündrg« Ruhepause pro Woche, freies Koalitionsrecht und staatliche Gewerbe aufsicht. In einem Falle ist ein« Mündige Dienstzeit für Straßenbahnführer im Arbeitsvertrag festgelegt worden. (Hört! hort! b. d. Co^.) Redner geht so dann auf Einzelheiten von Arbeitsvertragen bei den Strassenbahnern ein und wird schliesslich vom Vize- Präsidenten Dove ersucht, sich auf Stichproben zu beschränken, (Heiterkeit.) Sorgen wir dafür, dass auch den Strassenbahnern «in menschenwürdiges Da sein beschieden wird. D» Abg. Sittart (Ztr.): Seit Jahren werden di« statistischen Erhebungen für die Straßenbahner von uns verlangt. Die Bedeutung der Straßenbahn wächst von Jahr zu Jahr. Deshalb erfordern die Arbeitsbedingungen der Angestellten bei diesen wich tigen Berkehrsanstakten auch die Aufmerksamkeit des Reichstags. Eine geregelte Arbeitseinteilung, Ver einheitlichung der Dienstzeit für Führer und Beglei ter sowie der Anfsichtsbeamten fit notwendig. Dann sind die Ruhezeit, die Möglichkeit zum Besuch des Gottesdienstes und die Urlaubsbedingungen zu re geln. Di« Verhältnisse find unhaltbar. D» Ministerialdirektor Caspar: Die reichs ge setzliche Regelung dieser Verhältnisse ist nicht angängig. Die einzelnen Bundesstaaten sind da für zuständig. Dazu kommt, daß die örtlichen Ver hältnisse zu verschieden find, wie es di« Erhebungen über die Arbeitsbedingungen speziell im Schiffahrts gewerbe gezeigt haben. D» Abg. Dr. v. Schulze-Gävernitz (Fortschr. Dpi.) begründet di« oben erwähnte Resolution seiner Dar- tei und fährt dann fort: Diese vom badischen Musterländchen durchgesührte Statistik ist leicht durchführbar und hat den Vorzug, daß sie nichts kostet Wir sind nicht die wütenden Freihändler, als welche wir verschrien »erden. (Zuruf rechts: Gcthein!) Auch Gothein nicht. (Lachen rechts.) Alle Agrarpolitik muß das Ziel Haven, eine zahlreiche, wohlhabende und deutsche ländliche Bevölkerung zu schaffen. (Sehr richtig' rechts.) Sie ist der Jung- Lorn unseres Volkes. Der Mittelpunkt der Dauern wirtschaft ist der Stall sgroße Heiterkeit), die FleM- und Milchversorgung des Volkes. (Sehr richtig!) Wir fordern die Aufhebung de« Futtermittel» zolls, um den Bauer sreizumachen für den Mehl getreidebau. Es muß dabin gewirkt werden, daß die Bauern künftig nicht mehr Getreid« zu- als verkau fen. Ich rufe: Mehr Licht! (schallende Heiterkeit) besonders in unserer Agrarpolitik. Diese Forderung wird die Fortschrittliche Volkspartei, als die berufene Bauernpartei, (erneute große H«iterkeit) immer wie der erheben. (Beifall.) D» Abg. Dr. Oertel (Kons): Der Zusammenbang der soeben gehörten Rede mit dem Statistischen Amt ist nicht recht zu erkennen. Auf Grohblockvolitik und Gotheinsche Wirtschaftspolitik lasse ich mich nicht «in. Reben dem Stall und dem Mist gehört auch noch der Acker zum Stützpunkt de, Bauerntum». Besonders interessant war es, daß d«r Vorredner den Bauern verfeinern möchte. Der Bauer soll Trinketer, Gemüse und Frühkartoffeln zu Markte bringen. Ja, wo soll das Leibweh hinkommen, wenn die Bauern nur noch Rhabarber bauen. sGroße Heiterkeit.) Aus alle diese Artikel will Herr v. Schulz-Gävernitz d«n Schutz- zoll einführen. Der Resolution w«rden wir zu stimmen. (Zuruf: Aha! linksZ Es hätte dieser freundlichen Ankitzclung garnicht bedurft, denn wir halten es ebenfalls mit dem Goetheschen Ausspruch: Mehr Licht! Wenn der Vorredner sich auf Baden be zogen hat, so kann ich ihm eine sächsische Sta - tistik entgegenhalten, die vom Bund d«r Landwirte veranstaltet ist. <Aha! links.) Warum sollte nicht auch vom Bund der Landwirte etwas Gutes kommen: das geschieht auch von der Volks partei; aber nur manchmal. (Heiterkeit.) Diese Sta tistik erstreckt sich auf 800 Ortschaften und 18 000 kleine bäuerliche Betriebe. Von dielen Betrieben bis Heltar hat die weitaus größte Mehrzahl regel- mäßig Getreide verkauft und Lis 143 ver dient, ein Beweis, daß auch der Kleinbauer ein er hebliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Ge treidezölle hat. Die Statistik müßte sich aber auch darau! erstrecken, wicnicl Vieh der Bauer verkauft und Fleisch zukauft. Vielleicht kann der Antrag bis zur dritten Lesung dahin erweitert werden. Der Bauernstand, ja die ganze Landwirtschaft, ist der Iungbrunn und der Lebensquell der gesam ten Bevölkerung. (Lebhafter Beifall rechts.) Darauf wird die Sitzung auf zwei Stunden unter- brock.-: n. Vorläufiger Schluß 6,03 Uhr. Lstlütsgsllschriüsten. (:) Dresden, 19. März. Die erste Deputation der Ersten Kam mer veröffentlicht soeben «inen ausführlichen Bericht über den Gesetzentwurf bctr. die N ev i e r w a s s e r - laufanstalt zu Freiberg und über die hierzu eingcgangenen Petitionen. Der Entwurf bezweckt nun, eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, daß diese Anlegen auch nach der Einstellung des staatlichen Bergbaues sich weiterbetreiben und nunmehr sich auch für andere Bergbalizwccke dienstbar machen lassen. Wie aus den Feststellungen der Staatsregierung und der Deputation hcrvorgeht, ist die Revierwasscrlaufanstalt ein Werk von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Ihre den Erwerb von Wasservorräten gewährenden Wasserrcchte beruhen in den meisten Fällen auf Verträgen mit den Anliegern oer Ursprungswässer. Mehrfach ist der Erwerb der Wasserrcchte so alt. daß Urkunden darüber fehlen. Im allgemeinen fand die Tendenz des Entwurfes die Billigung der Deputation. Sie beantragt infolge dessen, den Entwurf mit einigen redaktionellen Aen- derungen anzunehmen und die zu dem Entwurf ein gegangenen Petitionen, soweit sie nicht durch die ge faßten Beschlüsse ihre Erledigung gefunden haben, auf sich beruhen zu lasten. Das 17. Verzeichnis d«r bei der Beschwerde- und Petitionsdeputation der Zweiten Kammer ein gegangenen Beschwerden bzw. Petitionen ist soeben unter der Drucksachennummer 300 erschienen. Rach diesem Verzeichnis haben di« Beschwerden und Petitionen die Zahl 1410 erreicht. Von besonderem Intereste sind u. a. eine Petition des Vereins Leip ziger Sprachlehrerinnen und Genossen zu dem Ent würfe eines neuen Volksschulgesetzes. Zu demselben Thema äußert sich eine weitere Petition des Landesvereins für inner« Mission der ev.-luth. Kirch« im Königreich Sachsen, sowie «ine Petition de« Deutschnationalen Handlungsqehilfenverbandes, Gau Königreich Sachsen, Wirkungskreis Dresden und Bautzen. Nicht weniger als 25 Petitionen betr. di« Fortbildungsschule für Knaben und Mädchen sind von den landwirtschaftlichen Vereinen zu Herwigsdotf bei Löbau. Niederneukirch und Genosten einaeaanoen, denen sich noch 9 Petitionen hinsichtlich der Mädchen» fortbildung?schule anschließen, die von den landwirt schaftlichen Vereinen zu Dahlen, Deuben und Genossen gesandt worden sind. Außerdem sind noch vier Pe titionen betr. den gleichen Geaenstnnd auch hinsichtlich de« Unterrichts in den Volksschulen des wendischen Sprachgebietes von den Gemeinden Truppen und Iohnsdorf bei Königswartha und Genosten ein gegangen. Weitere Petitionen betreffen Eisenbahn angelegenheiten, die Errichtung von Amtsgerichten, den Entwurf eines Gcmeindesteuergcsetzes und ver schiedene Privatangelegenheiten. preutzilches Mgeorünetenhsus Berlin, 19. März. Der erst« Gegenstand der Tagesordnung war die erst« Beraiung. eines Antrages der National liberalen aus Annahme eines Gesetzentwurfes über die Befreiung der Kinder von Dissidenten vom Religions unterricht. Auf Vorschlag des Abg. D. Hackenberg (Natl.) wird der Antrag an di« Unterrichtskom- mission verwiesen. Es folgte die Fortsetzung '«er Besprechung der In terpellationen betreffend den Vergarbriterstreik. D Abg. Trampezynvki (Pole): Die Polen waren zuerst anderen Sinnes als d«r Alte Bcrgarbeitervcr- band. Sie schlossen sich aber dem Streik an, weil sie der Ansicht waren, daß ohne die Solidarität der Ver bünd« ein Erfolg nicht zu erwarten war. Eine Lohn- erhöhung ist mit Rücksicht auf die Verteuerung der Lebensmittel notwendig. Es war ein tak tischer Fehler, daß di« christlichen Gewerkschaft«» sich nimt dem Streik angeschlost«n haben. Das große Aufgebot von Polizei und Militär macht den Ein- druck, als stände die Regierung auf feiten d«r Unter nehmer. Abg. Leinert (Soz.): Gestern ist hier in Scharf macherei geradezu geschwelat worden. Di« Lohn- bewegung ging nicht vom sozialdemokratischen Ver band aus, sondern vom christlichen Gewerkverein. Das Zentrum freilich hat nrcht erlaubt, eine Lohn bewegung durchzuführen. Nicht der jetzige Streik be ruht auf internationalen Abmachungen, sondern die ablehnende Haltung der Zeckenbefitzer gegen die Lohnforderungen der Arbeiter oernht auf internatio nalen Abmachungen. (Lachen rechts.) Durch Heran ziehung von Polizei und Militär sollen nicht di« Ar beitswilligen geschützt, sondern soll der Streik kaputt gemacht werden. (Ruf im Zentrum: Sehr wahr! Aba. Hoffmann (Sm.) rief: Da haben Sie sich mal oerschnapvt!) Abg. Lein«rt (Soz.) fuhr fort: D«r Schutz der Arbeitswilligen besteht nicht darin, Streikend« zu mißhandeln und totzuschlagen. Ich kann nicht anders, al» die Polizisten als Blut- Hund« zu bezeichnen. (Vizepräsident Dr. Porsch rief den Redner zur Ordnung.) Die Christlichen haben sich mit Revolvern bewaffnet, um der Polizei »u helfen. Auf dem Tische des Hauses liegen zwei Revolver, di« den Christlichen abgenommen worden sind. (Zahlreiche Abgeordnete nehmen di« Revolver in die Hand. Vizepräsident Dr. Porsch bat, vor sichtig damit zu sein, da möglicherweise einer ge Sericktslssl. Reichsgericht Leipzig, 18. März. rr. Ernste Folgen roher Tierquälerei. Das Das Landgericht Frankfurt a. Main hat am 25. November 1911 den Droschkenkutscher Wilhelm Bergmann wegen fahrlässiger Tötung zu 5 Mo naten Gefängnis verurteilt. Am 16. September 1911 fuhr er mit seiner Droschke auf der Großen Bocken« helmer Straße und von da in die linke Abzweigung derselben. Er überholte, nach links ausbieaend, einen Planwagen. Ku^, nachdem er an der Kaiserstraße vorbei war, begann er so heftig auf sein Pferd zu peitschen und es mit großer Gewalt an den Zügeln hin und her zu reißen, daß das Pferd in seiner Verzweiflung und Angst seine Gangart sehr beschleu nigte und im Zickzack über die Straße raste. Dem Angeklagten entgegen kam auf dem Räde der Hilfs arbeiter W. gefahren, der zunächst vorschriftsmäßig rechts ausbiegen wollte. Da er aber sah, daß das Pferd des Angeklagten immer weiter nach links drängle, so versucht« er links an der Droschke vorbei laden sein könnt«. Zuruf: Sie find beide ge laden, aber gesickert!) Abg. Leinert (Soz.) fuhr fort: Sie (nach rechts) sichen io, daß Sie die Wähler der dritten Klasse, die Arbeiter, nicht brauchen. Das gibt Ihnen noch nicht das Recht, diese in hundsgemeincr Weis« zu »«schimpfen. (Vize präsident Dr. Porsch rief den Redner zur Ord nung.) (-) Abg. Gescher (Kons.): Wenn Poli^eiboamte durch Beschimpfungen und tätliche Angriffe zum Aeußersten gereizt werden, ist kein Wunder, wenn sie zur Waffe greifen. Den Streik mißbilligen wir und heißen die zur Aufrechterhaltung der Ord nung angewandten Mittel gut. Wir billigen durch aus, daß di« Negierung sich in den Streit der Ar- beiter und Arbeitgeber nicht eingemischt hat. Wir haben das Vertrauen zur Regierung, daß sie auf ihrem Standpunkt stehen bleibt. Die Zuziehung von Militär ist ein ernster und schwerer Schritt, der nur unternommen werden soll, wenn andere Mittel versagen. Wenn es aber durchaus nötig ist, soll man mit der Anwendung dieses Mittels nicht zögern und sich durch das Geschrei der sozialdemo kratischen Presse nicht abhalten lasten. Die öffent liche Meinung verurteilt den Steil einmütig. Ich hoffe und wünsche, daß die Bergleute Haid zu ihrer ruhigen Ucberlegung zurückkehren und erkennen, wie sehr sie getäuscht worden sind, damit der Streik bald beendet werde. (Beifall rechts.) Minister des Innern von Dallwih: Gestern wurde von sozialdemokratischer Seite meine Erklärung, daß Bombenattentats gegen die Arbeitswilligen verübt worden seien, bezweifelt. Im Landkreis Dortmund und vielen anderen Orten lind mit Sprengpatronen und Sprengstoffen gefüllte Eimer ufw an den Wohnungen von Arbeitswilligen zur Explosion gebracht worden, so daß die Türen und Fenster zerstört worden sind. Wenn ich gestern die Bezeichnung der Polizisten als Blut hunde durch den Abg. Sach'e eine Beschimpfung nannte, entspricht das den Tatsachen im Sorach- gebrauch. Als preußischer Ressortminister habe ich das Siecht, die beleidigten Beamten in Schutz zu nehmen. Der Augenblick für die Heranziehung von Militär war nach meiner Ansicht richtig gewühlt. Tatarennachrichtcn sind die amtlichen Beucht« nicht, sie stammen von vereideten Zeugen und ver dienen mehr Glaubwürdigkeit als die sozialdemokra tischen Meldungen. Das Militär ist lediglich dazu da, um Ausschreitungen zu verhindern. Lasten sich die Streikenden nichts zuschulden kommen, dann können sie streiken, solange sie wollen, sie werden hieran vom Militär nicht gehindert werden. Wenn di« Polizeibeamten von Reichstagsmitgliedern beschimpft werden und di« soziawemokratische Presse sie als Mörder bezeichnet, darf man sich nicht wundern, daß die von solchen Führern beratenen Streikenden in eine immer größer werdende Aufregung geraten. (Lebhafter Beifall rechts.) O Abg. Knupe (Natl.): Es ist kein Zweifel, daß der Streik im ursächlichen Zusammenhang mit der internationalen Bergarbeiterkon ferenz in London steht. Der Terrorismus der Streikenden ist gegen die Arbeitswilligen in un- erhörter Weise ausgeübt worden. Der Streik ist e r» he blich zurückgegangen. Ich kann hoffen, daß die Streikfllhrer bald Offiziere ohne Soldaten sein werden. Der rheinisch-westfälische Betrieb ist vorbildlich für den gesamten deutschen Bergbau. (Beifall.) o Abg. Spinzig (Freikons.): Diesmal ist die öffentliche Meinung gegen den Streik. Ter Streik ist in ideeller und materieller Hinsicht nicht berechtigt und ist mit dem Bruch von Treu und Glauben begonnen worden, obwohl die Zechenbesitzer ein« Lohnerhöhung zugestanden hatten. Außerdem bestand die absolute Sicherheit, daß die Löhne am 1. April eine weitere Steigerung erfahren würden, so daß der Stand von 1907 überschritten werden würde. O Abg. Kindler (Fortschr. Dolksp.): Die Arbeit geber sollten den Arbeitern mehr Verständni» entgegenbringen, dadurch würde die Zahl der Streiks verringert werden. Aber die Arbeitnehmer sollten auch die Kontrakte nicht leichtfertig brechen. Für die Ausschreitungen kann der sozialdemokratische Ver band nicht verantwortlich gemacht werden, da seine Leute zur Ruhe gemahnt haben. Mit Militär und Maschinengewehren brauchte man nicht gleich zu kommen. o Abg Brust (Ztr): Die moralische Verant wortung für den Streik tragen außer den Sozial demokraten die Führer der polnischen Berufs vereinigungen und des Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereins. Es geht sogar das Gerücht, daß die Sozialdemokratie von Zeit zu Zeit einen Streik inszeniert, in der Absicht, die Aktien herunter zudrücken, damit gewiss- Leut« Geschäfte machen. (Abg. Hoffmann (Soz.) rief: Pasten Sie nur auf, daß Sie nicht nach Dalldorf kommen!) Wenn der Abg. Leinert sagte, daß das Militär auf Mutter und Tochter der Streikenden schießen würde, frage ick: Warum gehen Mutter und Tochter auf die Straße und beschimpfen die Arbeitswilligen? Die Arbeiter sollten bald zu ihrer Arbeit zurückkchren. Alle Teile sollten in sachlicher Weise zum Frieden hinwirken. (Lebhafter Beifall.) Nach kurzer Geschäftsordnungsdebatte, bei der Abq. Liebknecht (Soz.) einen Ordnungsruf erhält, und nach einer Reihe persönlicher Bemerkungen waren die Interpellationen erledigt. Der Gesetzentwurf betreffend Abänderung des Berggesetzes wurde in erster Beratung an die Kommission für Handel und Gewerbe verwiesen. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr. zukommen. Dies gelang ihm aber nicht; er wurde vom rechten Scherbaum der Droschke erfaßt und um- geristen. Er erlitt eine schwere Beschädigung der Lunge und starb nach einer Operation. W. war ruhig gefahren und hat so gebandelt, wie er den Um ständen nach handeln mutzt«. Die Schuld an seinem Tode trifft lediglich den Angeklagten. — Die Re vision des Angeklagten, der verschiedene Einzel heiten der Feststellungen bemängelte, wurde vom Reichsgericht verworfen. (:) Dresden, 19. März. Wegen Totschlags und schweren Diebüahls wurde der 26 Jahre alte Arbeiter Hugo Müller aus Naunhof bei Großenhain, wohnhaft in Meißen, vom Dresdner Schwurgericht zu 10 Jahren 10 Monaten Zuchthaus und 10 Jahren Ehrenrechtsverlust ver- urteilt. Müller hatte nach einer Auseinandersetzung mit seiner Frau sein dreijähriges Töchterchen Walli erdrosselt und war dann geflüchtet. Er wurde in Niederau verhaftet, als er dort einen Diebstahl zu verüben im Begriff war. — Flensburg, 19. März. Selbstmord im Eerichtssaal. Wegen eines Sitt- lichleitsvergehcns verurteilte das Marinckriegsgericht einen Unteroffizier der Garnison Sonderburg zu sechs Wochen und einem Tag Gefängnis. Der Verurteilte zog darauf einen Revolver hervor, gab zwei Schüsse rn die Luft ab und tütete sich dann durch einen Schuß in den Kopf. — Wegen Ermordung seiner Frau wurde der Oberst Mordwinow in Kamcnz-Podolsk zu acht zehnjähriger Zwangsarbeit verurteilt. Tsgeschrmiik. Unwetter an der franröstschen Riviera. . Paris, 19. Mürz. (Tel.) Die Mittelmeerküste, namentlich die französische Riviera, ist in den letzten 48 Stunden von einem schweren Unwetter heim gesucht worden. Ein wolkenbruchartiger Rege« richtete große Verwüstungen an. Ein kleiner Küstenfluß ist über die Ufer getreten und hat den internationalen Bahnhof von Ventimiglia unter Wasser gesetzt. Hummelshain, 19. März. (TödlicherUnglücks- fall.) Ter in den 60er Jahren stehende Mllhlenbesitzer Prüfer aus der Würzbachsmühle wurde als Leiche aus der Saale gezogen; jedenfalls ist er vom Wege in der Nacht abgekommen und in den Fluß gestürzt. Friedrichswert, 19. März. (Tödlicher Unfalls Der Deschirrführer Ernst stürzte mit dem unruhig gewordenen Pferd in einen tiefen Wassergraben; dem Reiter wurde vom Pcerde der Brustkorb einge drückt. so daß der Tod sofort eintrat. * Halberstadt, 19. März. (Vom Pferd getötet.) Heute mittag wurde Leutnant von Rüßdorf vom hiesigen Kürassierregiment am Schluß eines Offizier- reitens am Ausgang der Reitbahn von einem Pferd vor die Brust geschlagen; er starb kurze Zeit darauf. * Ratibor, 19. März. (Drei Bergarbeiter getötet.) Auf dem Schacht „Oskar" der Grube Petershofen in Hultjchm sind drei Bergleute ver schüttet worden. Alle drei wurden getötet. Lüneburg, 19. März. (Verhafteter Defrau dant.) Der nach Unterschlagung von etwa 30 000 von hier flüchtig gewordene Banklehrling Weiterer von der Filiale der Hannoverschen Bank rn Lüneburg ist gestern in Nizza verhaftet worden. Küllstedt (Eichsfeld), 19. März. (Wegen Lohn differenzen) legten sämtliche 28 Näherinnen der Firma I. Müller die Arbeit nieder. Kaltenwestheim, 19. März. (Stiftung.) Frau Major v. Hagen in Weimar stiftete zum Bau eine» neuen Gemeindehauses 1000 X, «in Segen für unsere arme Gemeinde. Zorge, 19. Marz. (Erschlagen.) Gestern abend löste sich in der Gießerei Unterzorge auf unerklärliche Weise eine 38 Zentner schwere Formlade vom elektrischen Kran lo» und fiel dem Former Heinrich Jahn derartig auf den Rücken, daß er sofort tot zu sammenbrach. Tanne, 19. März. (Lebensgefährlich verletzt) wurde bei einem Streit auf offener Straße der Waldarbeiter Hellerling, indem er von dem Former lehrling Hartwig einen Stich in den Unterleib erhielt, so daß ihm die Eingeweide heraustraten. Breslau, 19. März. (Schwere Verletzung eines Offiziers durch Unvorsichtigkeit.) Wie aus Brieg gemeldet wird, erhielt bei dem gestrigen Unteroffizierschießen mit Revolvern durch eine Unvor- sichiigkeit der Leutnant Tschorn vom 156. Infanterie regiment einen Schuß in den Unterleib. Es besteht wenig Hoffnung ihn zu retten. London, 19. März. (Das Schicksal der „Pisa- aua".) Im Hafen von Dover ist die „Pisagua", die bekanntlich mit der „Ozeana" zusammengcstoßcn war, notdürftig aus gebessert worden. Es verlautet, daß der deutsche Viermaster nunmehr von Schleppern nach London gebracht wird. Konstantinopel, 19. März. (Brandstiftung im Justizministerium.) Gestern vormittag versuchten , im Justizministerium vor der Oefsnung der Bureaus zwei Personen, darunter der Exleutnant Ismail, eine Brandstiftung, indem sie in zwei Stockwerken Petroleum ausschütteten. Ismail wurde verhaftet. Er versuchte zweimal zu entfliehen, indem er ins Meer sprang, wurde aber herausgezogen. Der andere Brandstifter ist entkommen. Washington, 19. März. (14 kostbare Perlen in einer Auster.) Frau Harri», eine Dame der besten Gesellschaft, fand beim Oeffnen einer Auster in einem vornehmen Restaurant 14 kostbare Perlen. filotoiMtzen k rmcken I />e/s//sle. -r 'M- ^OpciM IliiMlslieim^ .Xntomodilrertret.: >utoin"bll-H:>nki Donis t1!üetz, ttrosäev, Crsgvr dtr. 43 uack l.eipr'g, Oeorgiriog ksbrrsövorlreter: lilovver Lolckarckk, »»» äsw lvotgl. Xininüdro»»« snrä vor io vsilirlickem 2urt»n6e, roHeis es ckvr Quelle eotüiEt, unter Lovtroll« 6er LSoigl. ttsstsregieruog ^ekitllt umt eorssockt. wies«
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