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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.03.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191203179
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19120317
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19120317
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-17
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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M^rz, Per« erum, irrte» Lrd« -ter: Witte r^lug. ^rchs- iloten Flug, istung a. M.I ctoria r ent« iUpt« wird Zahl« mnen. Dorf lama allen, heißt, »rines einem n und geben alien) Flug eitag, legen tötet San nalen rn — die tsch- oaren s h i k örter. Die Poli- >t in leben- Maß, renn- jedes deren einer Buch- r t v. Lachs t mit n sind d l«d« Ntcrter se von verden alz. rder 69 50 >8 02 02 ,, 28 ,, 02 ,, 15 40 „ Z „ 05 ,, mit d mit ifsteak kohl 4 50 70 10 28 30 8 2 2 - Se imen« nfalls rkohl« eselbe tweise r Zu« bener (An kakka« heile», lilleton hUsaal Lmtlich in de« «Pilger Rück. wird BezugS-PreiS Ille Leipzig und Vorort, durch unfn, Iräaer und Spediteur« 2«al tilatich ins v°u, gebracht: M PI. monatl., r.7V »il. «terteljädrl. Lei unser» Filialen u. Ln» nahmestellen adgeholl: 7b Pt. monatü. 2L «tt. »ierieijahrl. Durch di, Polt: .anerhalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vierteliuhil. »,«a Mk., monatl. 1.2» »Ik. au»ichl. P-itdefteUaeld Ferner rn Lelgien, Dänemark, den Donauitaaten. Italien, Luremdurg, isitederland«. Vor wegen, Oesterreich» Ungarn, Vutzland. Schweden, Schwei» u Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Eeschästrftelle de» Llatie» «rhäitlich. Da» i!«ip»ig»r Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». llldonn«ment».Bnnahm«: I»bannt»gasl« bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Eta»«lo«rkaut»prri» 10 Pf. MpMcr TaMalt -et..^,chi.j>«M Handelszeitnng. -.>.-^1.) »Z- Ämisötatt -es Astes und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Nr. 140. Sonntag, üen 17. Man ISIS. Anzeigen-PrtiS für Inserat« au, üeipjig und Umgebung di« lspaltig« Pettiteile 25Pf, di« vellame» »eil« I Mk. von auswärts 20 Pt, veklamen 1^!V Mk. Inseiate von Lehärden im amt- sichen Teil d>« Petttjeil« SO Ps E«schäsi»an»eiaen mir Ptagvorschristen >m Preis« «rhäht. vabatt na» Taris. Letlagegedähr Gesamt auslag« L Mk. p. Tauiend erkl. Postgebühr. Irilbetlage Hoyer. Festerteilte Auslraae tonnen nicht »urück- ae,og»n werden Für das Erscheinen an bestimmten lagen und Plahen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen»Annahme' Johanni»,ass« 8» bei sämtlichen Filialen u. allen Ännoncen- Slpcditionen des In» und Auslandes. Druck un» Verlag »oa Fischer L Kürst«, Inhaber: Paul Kllrfteu. -ledattion «nd S«Ichist»stell«r Iohannisgasie 8. -aupi-Filiale Dresden: Eeeftrag« 1. 1 (Telephon »6211 , 106. Jahrgang. 48 Seiten Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 1« Seiten, die vorliegende Morgennummer 38 Seiten, zusammen Das Mäkligste. "Der Reichstag hat am Sonnabend die Zentrumsinterpellation über den B e rgarbei - leraus stand beendet. (2. des. Art. 2. 1 n. Bericht S. II.) * Der Rücktritt des Schaysekretärs Wer muth wird in der gesamten deutschen Presse lebhaft bedauert. (S. Leitart. S. I.) * Die Verhandlungen im Lugau - Ocls - nitzer Revier sind gescheitert. Die heu rigen Bergarbcitervcrsamm langen werden über den Ausbruch des Streiks ent scheiden. (2. des. Art. S. 2.) * Bei Ea stb o u r n e ist eine dcutschcBark mit einem englischen Dampfer zusam mengestoßen. Das englische Schiff ist ge sunken. (S. Tageschr. S. 12.) * Bei einem Grubenunglück in Taganro g (Rußland) wurden 49 Bergarbeiter ge tötet. (S. Tageschr. S. 12.) * Theateranzeigcn siche Seite 29 und 30. Wermuths Prinzip ohne Wermuth. Hü Der Wechsel im Amt des Reichsschatz- sekr^tärs hat sich in Formen vollzogen, die nicht in jeder Beziehung erfreulich anmuten. Biele glaubten nach der Veröffentlichung der „Nordd. Allg. Zig." vom Freitagabend, daß die An schauung Wermuths einen vollen Sieg errungen hätte und er daher bleiben werde. Die „Nordd. Allg. Ztg." vom Sonnabendabend sucht die Kon tinuität herzustellen, indem sie nochmals betont, daß das Prinzip Wermuths: Keine neuen Aus gaben ohne hinreichende Deckung in den Be sprechungen des Reichskanzlers mit den einzel staatlichen Ministern über die Wehrvorlagen und die Deckungsfrage voll anerkannt worden sei; also Wermuths Prinzip, ohne Wermuth! Es ist zuzugeben, daß durch die überhand nehmenden Bemühungen des Tagesschrifttums, das Werdende zu belauschen, in der letzten Zeit der Eindruck der Unruhe in den höheren Regierungskreisen zum mindesten ver stärkt worden war. Daß etwas los war, darauf war man durch die Ausführungen, die der Reichsschatzsekretär und der Kanzler im Reichs tage zur Frage der Erbschaftssteuer gemacht hatten, hingewiesen worden. Soweit sich Wer muth über die ihm vorgeschriebene Linie hinauswagte und sich bemüht hatte, den Kanzler gegen seinen eigenen Wunsch auf die Erbschaftssteuer festzulegen, hatte der Kanzler in einer Weise, die keine Schärfe gegen den Schatzsekretär verriet, sondern kameradschaft lich-kollegial war, sich eine größere Entschei dungsfreiheit zu rückerobert, nämlich durch seine letzte öffentliche Erklärung im Reichstage. Da wir Herrn Wermuth für einen besonders tüchtigen Schatzsekretär hielten, bedau ern wir, daß nicht durch Weiterbeschreiten des Weges der gegenseitigen Verständigung der bei den Männer, er dem Amte erhalten bleiben konnte. Es kann wohl nicht bezweifelt werden, daß der Schatzsekretär deshalb gegangen ist, weil seine Anschauungen in der Donnerstagkonferenz der deutschen Minister nicht durchgedrungen sind und daß sie nach seiner Meinung deshalb nicht durchdrangen, weil sie vom Kanzler nicht ge nügend gedeckt wurden. Also auch hier eine „Deckungsfrage". So unerwünscht das Ausspionieren von Dingen ist, die nicht ohne Ursache von den Beteiligten selbst dem Grundsatz nach als geheim behandelt werden müssen, kann man doch auch an der all gemein verbreiteten weiteren Behauptung nicht vorbeigehen, daß der Widerstand gegen die Wünsche des Schatzsekretärs vom Vertreter des Königreichs Bayern Freiherrn von Hertling kam. Nun ist in der deutschen politischen Welt, in der konservativen, liberalen und sozialdemokratischen, eben falls nicht ohne tieferen Grund, bisher Sitte gewesen, Wünsche und Anregungen, die von dieser Seite kamen, mit besonderer Liebe zu behandeln und eine Majorisierung nicht zu befürworten. Es kommt aber mehreres zusammen, um die Art der Einfluß - nähme des bayrischen Ministers doch als be denklich erscheinen zu lassen. Die Erbschafts steuer ist sicherlich eine politische Frage geworden, aber der bayrische Minister hat doch das sach liche Interesse des Reichshaushalts und des Reichsschatzes allzusehr zurücktreten lassen. Durch die Aufhebung der Liebesgabe kann unmöglich der Betrag der Wehrvorlagen zu einem erheblichen Teil gedeckt werden. Es klafft also eine Lücke oder wie die „Kreuztg." sagt: „Es steht noch allerlei im Hinter grün d." Der Reichskanzler hat das Prinzip retten wollen. Er hofft es durch wiederholte Betonung zu sichern. Gut! Da ist wenigstens etwas gerettet. Es bleibt die Möglichkeit, sich auf das Prinzip zu berufen, wenn sich zeigt, daß die anderen Deckungsmittel — namentlich die sagenhaften Ueberschüsse — nicht ausreichen, Aber viele sind der Meinung, daß der 14. März, der Tag der Zusammenkunft der deutschen Mini ster, der rechte Zeitpunkt war, um die prak tischen Folgerungen aus dem Wermut h- schen Prinzip zu ziehen und daß der falsche Weg des Fortwurstelns nur noch schwer zu ver meiden ist. Man könnte auch hoffen, daß Wermuths Grundsätze und die Stetigkeit durch die Wahl seines Unterstaatssekretärs zum Nach folger bis zum gewissen Grade gesichert seien. Aber Kühn ist kein Wehrmuth; wenigstens hat er sich bisher im öffentlichen Auftreten nicht als gleich tatkräftig und durchgreifend er wiesen. Erfreulich ist, daß die Wertschätzung des jetzt scheidenden Staatssekretärs auch im Regierungsorgan, der „Norddeutschen Allge meinen Zeitung", unumwunden zum Ausdruck kommt. Es ist nicht wie bei Lindequist, der auch seinerseits das Reichsschiff in abrupter Weise verließ. Hoffentlich findet sich für die hervorragenden Gaben des Herrn Wermuth bald ein neues Betätigungsfeld. Der neue Schahfekretär Kühn wurde 1851 in Schlawe in Pommern geboren, studierte an den Universitäten Leipzig, Heidel berg und Berlin und war längere Zeit als Kreis- und Amtsrichter in Pommern tätig. Nachdem er aus dem Justizdienst ausgeschieden war, wurde er Justitiar bei der Provinzial steuerdirektion in Stettin. 1886 wurde er zum Oberzollinspekteur und Regierungsrat in Thorn ernannt, 1892 kam er als vortragender Rat und Geheimer Regiernngsrat in das Reichs schatzamt. 1896 wurde er zum Geheimen Ober regierungsrat, 1905 zum Direktor im Reichs schatzamt und 1910 zum Unterstaatssekretür er nannt. AndenVerhandlungenüberdie Brüsseler Zuckerkonvention hat er als Delegierter des Reichsschatzamts mitgewirkt. Anläßlich der Ver abschiedung der Finanzreform wurden ihm die Brillanten zum Roten Adlerorden zweiter Klasse verliehen. O Schon die Halde Deckung. Dem Vernehmen nach ist die Schätzung der Kosten der Wehrvorlagen auf 170 bis 180 Millionen Mark jährlich viel zu hoch gegriffen. Mit der Beseitigung des Kontingents, wovon ein Ertrag in Höhe von 35 bis 40 Millionen Mark erwartet wird, hofft man schon mehr als die Hälfte der Kosten zu decken. Auch der scheidende Schatzsekretär Wermuth stand nicht auf dem Boden einer Anforderung in Höhe von 170 bis 180 Millionen Mark. * pretzlttmmen zum Rücktritt wer wuchs Tie „Deutsche Tageszeitung" schreibt zu der Ab schaffung der Liebesgabe: „Das muß schon heute gesagt werden, daß es nicht recht verständlich ist, wie der Vorschlag in Ein klang gebracht werden kann mit der offiziösen Be- merkung, es habe von vornherein festgestanden, daß keine neue Belastung des Konsums in Aussicht zu nehmen war. Tie Beseitigung des sogenannten Kon- tingents wird doch am letzten Ende eine neue Be- lastung des Konsums bedeuten und tatsächlich herbei führen. Sie ist in ihrer Wirkung sowohl eine Kon- sumstcuer, als auch eine Produktionssteucr, und sie belastet ein landwirtschaftliches Erzeugnis erheblich stärker, das ohnehin bereits jetzt am schwersten be lastet ist. Man hat geglaubt, die neuen Opfer der Landwirtschaft zumuten zu dürfen." Ter „Berliner Lokalanzeiger" schreibt. „Nackchem was gestern halbamtlich als Ergebnis der Beratungen zwisclfen den einzelstaatlichen Mi nistern über die künftige Steuerpolitik des Reichs festgestellt worden ist, erscheint das Mschiedsgesuch Wermuths schwer verständlich. Tic Auslegung, Wer muth gehe, weil die Erbanfallsteuer dem Widerstand des Zentrums geopfert worden sei, erscheint recht oberflächlich. Ter Widerstand gegen eine neue Ein bringung der Erdansallsteuer ging von einem Teile der Bundesregierungen ans." DaS „Berliner Tageblatt" meint giftig: „So sagt sich vom Reichskanzler wieder ein Mann los, dem auch politische Gegner Geschäftskenntnis und ungewöhnliche Tüchtigkeit nicht absprechen konn ten, der aber den Fehler besaß, in dieser Aegierungs- atmosphärc etwas wie Grundsatz und Rückgrat zu haben. Im Grunde ist cS völlig gleichgültig, ob der neue Reichsschatzsekretär Kühn oder sonstwie heißt, da er nach dein Vorbild des Reichskanzlers ja doch nur die Befehle des Zentrums auszusührcn hat." Tie fortschrittliche „Bossischc Zeitung" schreibt unter dec tteberschrift „Schwarz-blauer Triumph" unter anderem: „Tie Klerikalen haben den ihnen verhaßten Schatz sekretär Wermuth zur Strecke gebracht. Ter Rciclfs- kanzler in gottgewollter Mhängigkeit hat sich von ihm getrennt und sich den Machrsprücheu gefügt, die er nicht anerkennen wollte. Ter schwarz-blaue Block triumphiert, und unter der Firma Bethinaun Holliveg regiert das Deutsche Reich der bisherige Znitruins- sichrer Freiherr von Hertling." Tic „Tägliche Rundschau" begrüßt die Nach folgerschaft Kühns als etwas Erfreuliches im Un erfreulichen, denn Unterstaatssekretür Kühn werde zweifellos den gesunden Kerngedanken unserer reichs- amlichen Finanzpoliik in die neu-neueste Aera nach Möglichkeit hinüberrctten. Tie konservative „Kreuzzeitung" stellt allgemeine Betrachtungen über die Deckung der Wchrvorlage an und sagt u. a.: „Das Staatsinteresse fordert, daß nicht nur die Wchrvorlage selbst, sondern auch die Deckungen von allen bürgerlichen Parteien einstimmig beschlossen werden. Da konnte von der Hinterbliebenenstcucr nicht mehr die Rede sein. Ueberraschend wirkte in- dessen der einstimmig gefaßte Beschluß der einzel staatlichen Minister, zur Deckung der Militärvorlage den Kontingentspiritus mit der vollen Verbrauchs abgabe zu belasten. Mit der Aufhcbuna des so genannten 40-Millionen-Geschenkes kann die Deckung allein nicht beschafft werden. ES steht also noch allerlei im Hintergrund. Auffallend ist, daß das CommuniquS nichts von einer Besitzsteuer sagt, zu der doch sogar schon der Abgeordnete Bassermann sich bereit erklärt hat." Tie „Tägliche Rundschau" erführt noch, daß an Stelle des Unterstaatssckretärs Kühn Ministerial direktor Herz komme, der wieder durch den Ge heimen Lberregicrungsrat Meuschel ersetzt wer- den solle. Zum Rücktritt Wermuths schreibt die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung": „Herrn Wermuths Nücktrittsentschluß wird in weitesten Kreisen aufrichtig bedauert werden. Tie Darlegungen, in denen er die unter seiner Leitung aufgestellten Reichsetats ein brachte, waren jedesmal ein Muster von Klar heit und Sachkenntnis. Wenn unsere Fi nanzen heute sich in einem Zustande der Ge sundung befinden, wie cs vor zwei Jahren noch kaum erhofft wurde, so ist dies nicht zum kleinsten Teil das persönliche Verdienst des schei denden Staatssekretärs. Herr Wcrmutb ist vom Beginn seiner Amtsführung mit Energie dafür eingetretcn, daß keine neue Ausgabe ohne hinreichende Deckung bleiben darf. Dieses Prinziv ist auch in den Besprechungen des Reichskanzlers mit den eiuzelstaatlichen Ministern über Wehrvorlagen und Tcckungsfragc voll anerkannt worden und wird auch gegenüber den Mehrkosten zur Anwendung kom men. Um so mehr bedauern wir, daß Herr Wcrmutb sich entschlossen hat, um seine Entlassung zu bitten." Oie Leenüiguny üer Debatte über Sie StreikutterpeUstmn. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) -n. Berlin, 1V. März. Aller guten Dinge sind drei. Und io hat denn der Reichstag drei Tage auf die Bcrgarbeiterinterpella- tion gewandt. Die Verhältnisse waren, wie schon an gedeutet, gegen sonst eigenartig verschoben. Nicht die Sozialdemokraten waren die Einbringer der Inter pellation, nicht sie, die Mutiganstürmenden, sondern die Wortführer der christlichen Gewerkschaften und andere bürgerliche Redner, standen im Vordergrund. Heute trat zunächst Abg. Eiesberts i^tr.j, den man als einen der Leiter der Gegenbewegung gegen den Streik bezeichnen kann, den gestrigen Ausführun- aen des Sozialdemokraten Erdmann entgegen und hielt zugleich Abrechnung mit einer Fülle von Einzel handlungen der Sozialdemokratie und des Berg arbeiteroerbandes. Ein neuer Mann von den Na tionalliberalen, der V-'rschlosser Ick ler, hielt dann seine Jungfernrede. Er sprach in ruhigen und sym pathischen Worten zum Frieden. Seine Forderun gen bewegten sich auf der mittleren Linie: er wollte kein Ausnahmegesetz, aber allerdings tatkräftigen Schutz der Arbeitswilligen. Auch Heck sch er lVpt.) bemühte sich, einen ver mittelnden Standpunkt einzunehmen, was ihm nicht ganz leicht geworden sein maa, da die seiner Partei nahestehenden Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine am Streike teilnahmen. Er erkannte das Recht der eige nen Meinung auch den Arbeitswilligen zu und ver warf den Streik mit Kontraktbruch. Die Aufgabe, die Sozialdemokratie hcrauszuhauen, übernahm der in Hagen-Schwelm an Stell« des Oberbürgermeisters Euno gewählte Abg. König, sozialdemokratischer Parteisekretär in Dortmund. Im kleinen „Kürsch ¬ ner", der sich auf eigene Mitteilungen der Abgeord- neten zu stützen pflegt, wird von Herrn König bekannt- gegeben, daß er wegen Preßvergchens und sonstiger politischer Vergehen mehrfach zu Geld, und Gefängnis strafen verurteilt worden sei; Herr König scheint also Wert darauf gelegt zu haben, von dieser Seite sich der Oefsentlichkeit vorzustellen. Heute zog er ziem lich milde Saiten auf. Den Schluß machten die Abgg. Becker-Arnsberg (Ztr.s sowie Sachse (Soz.j und Behrens (Wirt schaft!. Vgg.), die sich schon einmal gemessen hatten. Behrens, der wiederum nicht den Streik als solchen, wohl aber die Wahl des Zeitpunktes und die Art der Inszenierung verurteilte, behielt das letzte Wort. — Am Montag wird die Beratung des Reichs- amtsdesJnnern wieder ausgenommen werden. Kullilche Diplomatie. e. c. Rußland nimmt gleichzeitig Botschafter wechsel in Rom und in Konstantinopel vor, also in den Hauptstädten beider kriegführenden Mächte, die es eben in diesem Augenblicke durch eine unter seiner Aegide eingeleitete internationale Vermittlung in den Friedenszustand zurückzuführen strebt. Bei dem in Nom stehenden Fürsten Dolgorucki scheint tatsächlich eine ernstliche Erkrankung vorzuliegen, sonst hätte er sich wohl kaum dem wahrscheinlich mehr theatralischen als bedeutungsschweren Gange ent zogen, den das diplomatische Korps der italienischen Kapitale am jüngsten Sonnabend in die Consultä vollführte, da doch ein Russe als Vertreter der „an regenden" Macht dem Brauche gemäß an der Spitze der fünf Herren paradieren mußte. Herr Tfcharykow aber in Konstantinopel liegt nicht nur nicht zu Bett, sondern er ist nicht einmal zu den doch so beliebten fiktiven „Gesundheitsrück sichten" begnadigt woroen, als der maßgebende Mann Rußlands über die Form seiner Entfernung be stimmte. Und noch weniger hat man seine Pille mit irgend einer fonderlichen Ehrung verzuckert, wie sie z. B. die Berufung in den neben der mifzachtlich be handelten Duma täglich an Bedeutung gewinnenden Reichsrat dargestsllt haben würde. Blotz im Senat war ein Platz für die gestürzte Größe offen, in den einzutreten ziemlich dem politischen Tod gleich geachtet wird. Den Wandel menschlicher Größe und menschlicher Gunst hat der Gefallene in reichlichem Maße aus gekostet. Kaum ein Jahr ist vergangen, daß man in ihm den Favoriten sah, wenn wirklich der damals für sterbenskrank angesehene Minister des Auswär tigen von seinem Amte scheiden mußte. Solche Aus sichten scheinen Herrn Tscharykows Verderb gewesen zu sein. Für seinen ernstlichsten Nebenbuhler hielt er den zeitweiligen Verweser des Amtes, den aus dessen Kanzlei hervorgetretenen Neratow. Da dieser sich seine Anwartschaft nach Art ehrgeiziger Vertreter dadurch zu sichern juchte, daß er seinen Regierungs handlungen einen erborgten Schimmer falscher Genia lität lieh, der die allgemeine Aufmerksamkeit aus seine in des Chefs gesunden Tagen im Dunkel des Bureaus schlummernden Fähigkeiten leiten sollte, so hielt es Tschacykow an der Zeit, den Genialen zu übergenialisieren. Das ging natürlich nur auf den Wegen, daß er entweder die Petersburger Intentionen und Instruktionen übertreibend erfüllte oder ihnen zuwider am Goldenen Horn eine Politik von eigener Erfindung und Mache betrieb. Das erstere geschah im Monate der Sommersonnen wende. als ihm die Weisung zugegangen war, türkisch-montenegrinische Grenzverwickl ngen aus Veranlassung des Malissoren-Aufstandes zu verhüten. Damals murden nicht allein die türkischen Negierungskreise, sondern die ganze vernünftig und gerecht urteilende Welt überranht durch jene „münd liche 'Note", die Herr Tfcharykow der Pforte über mittelte, des an altrömische Carthager-Politik er innernden Inhaltes, daß den Türken verboten werde, sich ihrer Nebelten zu erwehren, um Rußlands „einzigen Freund" in den Schwarzen Bergen nicht zu „beunruhigen". Der Skandal war so arg, daß der läppische Mittelsmann von der Neicbszentrale einfach verleugnet werden mußte. In den Kriegswirren dieses Winters hat es ihm nun aber beliebt, den anderen Weg einzuschlagen. Schon im November scheint er einen Versuch gemacht zu haben, die Gelegenheit zur endgültigen Lösung der alten Dardanellenfrage auszunützen und durch unmittelbare Verständigung mit dem Sultan, dem Schlüsselbewahrer vom Seitenzugange zum Mittelmeere, Rußlands jahrzehntelange Wünsche zu verwirklichen, nachdem im Jahre 1908 Iswolskis Bemühen, die für die Frage ichließlich maßgebendste Stelle in London in der Maienblüte ihrer Deutsch land- und Oesterreichfeindschaft zu überrumpeln, so schmählich gescheitert war. Aber auch diesmal war man dort auf seiner Hut, und es wurde wieder nichts. Nun soll er in den jüngsten Tagen sein Angebot, gegen etwaige italienische Anschläge die russische Flotte zur Unterstützung der Abwehr herbeizurufen, ohne die Bedingung eines künftigen allgemeinen russischen Rechtes erneut haben. Das in demselben Augenblicke, da die Zentralregierung sich so viel zu gute tut auf ihre Einleitung einer neutralen Friedensvermittlung, die am 9. März die ge meinsame Visite der Großmachts-Botschafter auf der Consult.» zur Ermittlung des italienischen Angebotes gezeitigt hatte! Diese Harry - Arnim - artige Eigenpolitik des Untergebenen konnte natürlich der inzwischen in sein Amt zurückgekehrte und mit der Entwirrung der unter seinem Verweser eingerissenen Unordnung beschäftigte Ssasonow nicht länger ansehen. Hinzu kam noch, daß Tscharykow sich mit der in Petersburg ob ihrer Beständigkeit und ihrer Brauchbarkeit für Rußlands Wünsche beargwöhnten Jungtürken-Parter mehr eingelassen haben soll, als es dort für zweck- mätzig gehalten wird. Alles wirkte zusammen, um die sofortige Einholung einer mrischen Entscheidung gegen den selbstwilligen Beauftragten zur gebiete rischen Notwendigkeit zu machen, der in Stambul Ticharykowsche Politik statt russischer betrieb. Der noch ziemlich jugendliche Mann hat durch seine Un besonnenheiten eine vielleicht lebenswierige Muße verwirkt, im Kreise der Fossilien des Senats übe
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