Volltext Seite (XML)
Chris» Triumph in der GroWa-k Erhebender Auskiang -es Essener Kathottkenfaqes — Der MassengoNesdiensl der 160 000 Bedeutsame Reden der Essener Tagung Der Feslgottesdiensl am Sonnlag Essen, !>. September. Bei wolkenlosem Himmel wurde in der Frühe des Sonntags der F e st g o t t e s d i e u st des Katholikentages abgehalten. Seit den frü hesten Morgenstunden führten Straßenbahn, Autos und Autobusse sowie die Eisenbahn ungezählte Scharen nach dem Festplatz auf dem Baldeneyer Berge und noch größere Scharen wanderten zu Fuß dem gleichen Ziele zu. Der Festplaß liegt hoch auf einem Berge, von dem aus man das Ruhrtal, die Stadt Essen und das weitere Industrie gebiet überblicken kann. Auf dem höchsten Punkte war der Altar aufgebaut. Daneben standen die Kanzel sowie die beiden Baldachine für den päpstlichen Run t ins Orsenigo und Kardinal Schulte. Um den Altar baute sich ein ganzer Wald von vielen Hunderten von Fahnen und Bannern auf. Die Studeutenvcreine und Jugendvcrbände hatten dort Ausstellung genommen, wei terhin Ehrengarden und Sebastianusschüheli, sowie Berg knappen mit ihren sedergeschmückten Hüten. Der große Festplaß, der für li>I)l>l>i> Menschen vorbereitet war, war bis aus den letzten Platz beseht. Beim Eintrcfsen der höheren Geistlichkeit ertönte Glockengeläute. Kardinal Schulte ergriff fodann das Wort zur F e st z> r e d i g t, worauf der päpstliche Runtius unter Assistenz zweier Bi schöfe das Meßopfer dnrbrachtc, während die ve ammelte Schar der Gläubigen Kirchenlieder sang, am ( 'laß er teilte Runtius Orsenigo den päpstlichen Legen. In ge schloffenem Zuge verließ dann die Geistlichkeit den laß. Oie Gchrußverfammlungeu Hatte schon der Festgottesdienst am Bormittag Tau sende zufammeugcsührt, so waren auch die Schlußver sammlungen stark überfüllt und die riesigen Hallen aus dem Ausstellungsgclände bis au> den letzten Platz besetzt. Präsident Professor Dr. Baumgartner eröffnete dir aber- füllte Schlußsißung und hieß den Apasivl-sche» Runtius vrfe- nigo, den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held, den österreichischen Bundeskanzler Dr. Dollfuß, den Erzbisctzos von Freiburg. Dr. Gröber, und andere Ehrengäste willkom men Runtius Orsenigo wies in seiner Ansprache darauf hin, daß der Papst in nicht weniger als drei Enzykliken die Auflösung der Familie, die Mißwirtschaft des Kapitalismus und die Notwendigkeit von Gebet und Buße eindringlich aus gezeigt habe. Der Katholikentag von Essen mit seinem über aus zeitgemäßen Arbeitsprogramm habe diesen Weckruf gründlich durchgearbeitet. „Christus in der Großstadt" sei die Parole. Dieses Thema behandelte daraus der österreichische Iustizminisler Dr. Kurt von Schuschnigg. Kardinal Schulte erteilte hierauf der Bersammlung den bischöflichen Segen, woraus die Anwesenden das Tedeum anstimmten. In der Parallelversammlung sprach gleichzeitig neben Kardinal Schulte der frühere Reichsarbeitsminister Dr. Branns ebenfalls über das Thema „Christi Auferstehung l» der Großstadt", Reichsmintster a. Nr. Brauns» Ehrlsti Auferstehung in der Großstadt Heule, um Schluß der Beratungen des Katholikentages, liegt die Frage nahe: Sverden wir der Großstadt Herr werden? Der Geist jener maßlosen wirtschaftlichen Expansion, der die Wirtschaft zum Selbstzwecke gemacht, den Menschen allzusehr beiseitegestellt oder ignoriert hat und heut« rat- und tatenlos der entschlichen Wrlt- krisis gegenübcrsteht: der absolute Individualismus, ist bereits entthront. Ucbcrlebt ist auch die Konstruktion der Aieltwirtschaft nach den alten Rezepten. Akas an Möglichkeiten im Welthandel noch bestehen blieb, hat die größt« kapitalistische Torheit der Weltgeschichte, die Kapitalfehlleitung auf Grund der sogenann ten Frievensverlräge, noch weiter eingeschränkt. Verschlimmert wurde diese Krisis — man darf sagen — durch eine maßlose Mechanisierung der Gütcrerzeuguna unter gleichzeitiger Tkerviel- fachung der Produktionsmöglichkelten. ohne daß durch Erwei terung der Märkte, durch eine Verbilligung der Waren infolge Ersparnis von Produktionskosten den üblen Folgen dieser neuen Expansion entgegengcwirkt worden wäre. >- > Wir stehen an einer Zeitenwende. Die Welt ringt »ach neuen geistigen Grundlagen, sie sucht nach neuen ÜUcgcn in Wirtschaft, Gcsellschast und Staat und ebenso in den Beziehungen der Völker untereinander. Auch das hinter uns liegende Zeitalter hat schon nach Heilmitteln für seine Akängcl gesucht. Ich nenn« di« Sozialpolitik der Vorkriegszeit. Es ist bekannt, wie stark der katholizche Volksteil und lein.' Führer aus den Motiven der christlichen lbercchiigkeit und Lieb« dabet mitgewirkt haben. Bon diesem oder jenem mag die Sozialpolitik nur als Staatswelshelt ausgefaht worden sein, für uns Katholiken war sie mehr. Es geht aus dem Wege der inneren Kolonisation in ihren vielgestaltigen Formen, sei cs durch bäuerliche, sei es durch andere gemischte Formen der Siedlung, wenn auch auf privaten Wiegen. Es ist selbstverständlich, dazz die sorigeßhrittene Mechani sierung der Arbeit und die beschriebene strukturelle Veränderung liniere' Wirtschaft auch eine aller Rcattiou abholde Anpassung der Sozialversicherung und des Arbciisrechtes an die neue Lage fordert. Instizininisler Dr. tturi von Schuschui g g: „EW MeMlW In -er AGM" Alle Nvlprvbleme unserer Zeil, ob sie nun ai., oer wirt- Ick-ajle-, sozial- oder tullurpolitijcheu Ebene liege'- sind am dcntlichstcn mit Großstadtmoliven zu zeichnen. In unerbittlicher Konseguenz führt der Weg von der Vermassung zur Entpersön lichung nnd zur Entseelung. Hinter den illuminierten Fassaden und der Lichtreklame stieg das graueuhast vermessene Scbattenphanlom irgend eines neuen Turmbaus zu Babel in die Walken. Es ist der richtige, emigkeitswertigc und daher zeitlose Renn r zu finden für all das, was heute zu Errungenschaften und Forlshritl zahlt, da mit die Verbindung wieder hergcstellt sei von Geist und Materie, vom Körper und Seele, von Mensch zum Menschen: die ganze Wirtschasts-, Gesellschaft;- und staatliche Ordnung muß von dem gemeinsamen Renner beherrscht sein. Nicht» kann uns ferner liegen, als etwa den lonsessionellcn Hader zu fördern. Es ist so viel haßgeborenes Leid unter uns: wir gehen aneinander vorüber und denken zu wenig daran, daß es Zeit ist, die Brücken zu schlagen über die Klüfte, die uns vielfach trennen. Wenig stens müßten wir lückenlos zusammensinden, getragen vom Glau- len, daß unser Gottesdienst zugleich vollendeten Volksdienst be deutet! ... .... .... Uraltes, katholisch-deutsches Kulturland am Rhein hat die ^igivle ausgegeben, im Schatten von St. Albert den Großen, dem Sucher nach der Einheit zwischen Gott und Menschen. Aus deut schem Douaulanü kommt das katholische Echo! Von St. Severins und Vctrus Kanisiuo' und Klemens Hof bauers Zeiten her ist Wien in seinem wertvollsten Kultur gut gesättigt von latholiirber Harmonie, aus deutscher Erde gewachsen, wie die ganze Ostmark des alten heiligen Reiches, die gange Jahrhunderte zugleich dessen Herzstück war. Katholische Landwirte-, Arbeiter ¬ und Beamten-Kundgebung ivtb. Essen, I. Septemtu.-e. Heut« veranstalteten die katho- lischeu Bauern ein« Kundgebung, deren Vorsitzender, Reichs- Minister a. D. Hermes, die kathoiisckzen Landwirte ermahnt«, sich nicht für so arm zu hatten, daß sie ihren leidenden Volks genossen nicht noch irgend etwas Gutes tun bönnten Er G'< griilzl« lu-sonders den österreichisckzen Vnndeslranzier und Land wirtschastsminister Dr. Dollfuß und den bagerischen Mini sterpräsidenten Dr. Held. Dr. Dollfuß spach dann aber die Ver- bundenlzeit der oslerreichiscip-n und deulsclzen Bauen und iilx-r die Ursachen der Krise, unter der die Landwirtschaft in allen Ländern leidet. Auch die linthoiisclzen Arbeit « r - und K n a p p e n - vereine veransialtelen eine ösientlictie Kundgebung, deren Festrede Erzbischof Gröber Freiburg über das Tlzeina: „Di« Sendun g der katholisch e n Arveit erschasI in der Gegenwart" hielt Schließlich veranstalteten heute noch die katholisckzen Ve- ainlenvereine zivei Kundczebungen. Stolz dürfen wir auch mit Recht darauf fein, daß di« Sozial politik der Nachkriegszeit dem Proletarier ein besseres Recht in Gesellschaft und Staat verschafft hat. Auch dieser Tatsache liegen nicht etwa bloß Klassenintercfsen oder irgendeine Staats weisheit zugrunde, sondern wiederum wahrlzafl christliche Ideen, die der Gesellschaft eine neue rechtliche Grundlage geben solle», einen Ausbau, der den Schwachen schützt, di« Klassengegensätze überbrückt und dcm sozialen Frieden dient. Auch diese Akerke waren -- trotz aller Menschlichkeiten, die ihnen anhastcn mögen — Wegbereiter für die Auferstehung Christi in der Großstadt Habe» wir nicht auch schon wertvollst« Ansätze zu einer kul turellen Auswürlsbewcgung in der Großstadt in diesen Tagen seststcllen können?! Die Betreuung der Groszstadtkinder, das großstädtische Schul- und Bildunqswesen, die Volkshochschule in der Großstadt, das soziale Vereinsleben, die Karitas in der Großstadt und erst die Großstadtseelforge in all ihren Ver zweigungen! Was haben die letzten vier Jahrzehnte nißl alles an Kunst im Kirchenbau geleistet? Wie groß sind die Ver dienste, die sich die moderne Seelsorge in der Kirche und außer halb der Kirche um die Großstadtbevölkerung und vor allem um unsere Jugend erworben hat! Aber: Wir müssen dem ttebel- stand« noch mehr an die Wurzel gehen. Ein neuer Geist muß in uns wach werden. Sind wir in der Lage, eine» Ausweg zu weisen aus den gegen wärtigen katastrophalen Nöten der kapitalistischen Acra, einen Ausweg aus der Strukturkrisis dieser Epoche, der. auf deutsche Verhältnisse ««gewendet, sechs Millionen Menschen wieder Arbeit und Brot verschafft? In diesem Zusammenhänge genügt es auch, die wesentlichen Züge einer solchen Neuordnung zu zeichne. Nach der weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Seite kann es nur ein« Verständigung der Völker s«in. Ob sie in dem weitgespannten Rahmen aller Völker erfolgen kann oder zunächst in Gruppen, inwieweit sie aus dem tkvege über internationale ! Ko> vcntiönen wirtschaftlicher Natur oder auf politischem Wege I wachsen kann, das ist eine Frage d«r organischen Entwicklung, : Man muß nur das Ziel klar im Auge haben, dann werden sich ichon ALegc finden lassen. Wir müssen einem beträchtlichen Teil der Lohnarbeiter verschiedenster Art neben der Lohnarbeit auch andere Quellen siir seine» Lebensunterhalt vcischassen. Der Freitag -es Katholikentages Die beiden ersten öffentlichen Versammlungen, die I parnilel in den Aiisstellnngshallcn statlsanden, führten mitten hinein in die bedeutsame Problematik des dies- jäyrigen Katholikentages. Beide Versammlungen boten ! tn ihrer Geschlossenheit ein stimmungsvolles Bild. Die , Kirchenchöre Essens legten Zeugnis ab von der hohen Psiege der kirchcn musiialischen Kunst. In Halle l präsi dierte Frau Staatspräsident Dr. Bolz. Prälat Pro sesjor Guido Pagnini (Florenz! überbrachte die brüderlichen Grüße der italienischen Katholiken, insbeson dere auch deren größter Tageszeitung „LAvenirc d'Italia" und gab der Bewunderung über die Geschlossen heit und Stoßkraft des deutschen Katholizismus Ausdruck. Dann sprach Arbcitcrsekrelär G o ck e l n - Düsseldorf über das Thema „Gott in der Großstadt". Arbeiterselireiär G o <k e l », Düsseldorf: ..All In -er WUM" Un,zähligen unserer Zeitgeuosien bedeutet das Thema „Gott in dcr Eroßstad «" ein Wagnis. Ich meine zunächst birjenigen, die di« Großstadt sehen und werten vom Laub« her Sie glauben Widersprüche zu sehen und llnvercinbarkeiien zu empfinden. Großstadt ist nach ihrer Meinung schlechthin mit Gott unvereinbar. Warum dies« Ablehnung durch die Landbewohner? Sie urteilen aus der eigenen Welt In der heimatlichen Scholle seit verankert, ist ihnen die Großstadt das Asyl, die Herberge siir Heimatlose und Enterbte. Bedenken andere, Art kommen aus der Großstadt selbst. Dazu gehören Summen aus unteren eigenen Reiben. E» sind di« Hoffnungslosen. Vor ibueu stehen Geburtenstatistik, Kirchenausirttie und Ehelchcidungs- zisfern. Sic erschrecken über das Tempo dieser Entwicklung Sie spüren den Drnck mächtiger mcltanjchanliclzer Gegner, und sind Zeuge der Vielsachen Gcsahren großstädtisclzen Lebens. Wiederum andere sehen wir, die siir das Thema „Gott in der Großstadt" nnr ein Achselzucken haben. Kein Gegner der Groß stadt an sich Es sind di«j«nigen Schichten, denen das Wart „Gott" nichts mehr bedeutet. Schon diese wenigen Hinweise umreißen die Bedeutung der Frage „Golt in der Großstadt" nnd zeigen die Rotwendigkcit der Auseinandersetzung Di» Großstadt ist fit« uns Tatsache. Sie wird nicht mehr ivegdiskutiert, sondern sie ist und bleibt. Gewöhnen wir uns an die Größenordnung Ist?', wohnten 27 Prozent der deutschen Bevölkerung in Z'> Großstädten. Heute wird es bereits einDrittclderGcsamIbevölkerung sein Rechne» wir die Mittel- nnd Kleinstädte hinzu, so sind es rund 7t> Prozent. Alle Niicksiedlungsromantik vermag daran nichts zu ändern. Unser wirtschaftliches Leben wäre ohne die Stadt nicht denkbar Großstadt gab Wissenschaft und Technik die unbegrenzten Möglichkeiten der Entfaltung Von der Stadt her hat unser berusliches Leben «in« tausendfältige Viel seitigkeit erlangt. Großstadt ist nicht nur Tatsache sondern sie i st auch Symbol Symbol siir d>c gewaltigen Veränderungen, die wir durchlebten. Sollen wir dieien Wandel beklagen? Es wäre nutzlos. Schrecken uns etwa di« Dimensionen der neuen Welt? Wir wären kleingläubig So ist d«r Essener Katholikentag das große „Ja" zu Gottes Reich in der Grohstadt. Das Gotibcwußtsein des Kroßstadimenstlu-n Hai seinen be sonderen Charakter Goll tritt ihm entgegen in den Zeichen, die eine moderne Technik nnd Wirtschaft gcschassen Hal Stetten wir aeaenuber: Das religiöse VewnßUeiu unserer Variablen er