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Notizen Seelsorge und Arbeitslager Das kirchlicl)« Amtsblatt der Diözese Paderborn schrieb anlässlich der Einführung des Arbeitsdienstes der Fugendlickien: „Wir müssen den Grundsatz vertrete», dass unsere katholische Jugend von allen Arbeitslagern fern,ruhalten ist, die Konfessio nen gemischt sind oder von nichlkatholisck)en Verbänden getragen werden." Begründet wurde das in durchaus sachlick>er Weise da mit, dass die katholiscl«! Jugend in den Arbeitslagern selbstver ständlich seelsorglich betreut werden müsse. Das liberal einge stellte Organ der ivestlick-en Grossindustrie. die „Rheinisch- Westfälische Zeitung", knüpfte daran folgende bissige Bemerkungen: „Gibt es konfessionelle Kanäle, protestantisch« Entwässerungsanlagen, katholtscl-e Entwässerungsanlagen? Noch nicht! Aber es scheint, dass sie geschaffen iverden sollen. Dann ist es nicht mehr weit zum konfessionellen Gemüsebau und zur kon fessionellen Blumenzucht, »ach den für die verschiedenen Be kenntnisse als richtunggebend anerkannten Gesichtspunkten. Zu letzt dürfte nur rechtgläubig gezogener Kohl in der Familie Sier- wendung finden und beileibe keine Kartoffeln gekauft werden, die etiva auf einen, konfessionell gemischten Felde gewachsen sind." Wenn die rlieinisch-ivestfälische Grossindustriepress«, der die Einsicht in die Zusammenhänge von Wirtschaft und Ethik voll ständig fehlt, solcl^s schreibt, dann kann man es noch verstehe, ; wenn aber die Allgemeine Deutsche L e h re r z e i t u n g sNr. 34 vom 20. August 1932) diesen Blödsinn beifällig abdruckt, daun wird die Sack)« lx-denklich. Aus den zitierten Sähen spricht doch eine solch« 'Verständnislosigkeit sür die religiösen Grund lagen aller Erziehungsarbeit — und eine solclx' ist doch auch die Arbeit in den Arbeitslagern der Fugendlichen —. das; man mit Scham erkennt, wie wenig die offizielle Vertretung der freien Lehrerschaft erkannt hat. welckie Bedeutung di« höchsten und leigen Werte sür die Erziehung haben. Goebbels schmäht Papen Fosef Goebbels, der Leiter der Berliner NSDAP., wen det sich mit der Masslosigkeit. die ihn von je ausgezeichnet hat, heute gegen die Regierung Papen. Unter der Ueber- fchrist „Politisck)« Erbschfeicherei" schreibt er in seinem „An griff": „Staatsautorität, Konservatisierung, Rul>« und Ordnung, Ueberwinduug der Demokratie, das sind für die Hcrrenhäusler nur leere Begriffe. Es geht ihnen ewig um die Besetzung der Aemter, der Posten, der Pfründe und um die Wiederherstellung eines durch keinerlei Leistungen gerechtfertigten politiscl)«n Ein flusses. den sie aus FeiMit im November 1918 verloren halcen und nun durch die Indienststellung nationalsozialistischer Kraft und Energien zurückgewinnen möchten. Sie haben nichts gelernt und alles vergessen. Die vergangenen 14 Fahre sind an ihnen spurlos vorbeigegangen. Sie haben seitdem nichts sür die Wie dergeburt der Nation getan, es sei denn, das; sie Pläne und Pro jekte entwarfen, Personallilten aufstellten und ihre Fräcke biir- fteten, um. wurden sie zu holk-'n Dingen berufen, als vollendete Kavaliere in neuer Schal« vor die Oessentlichketi hintreten zu können..." Man sieht: Herr Goebbels hat vollständig vergessen, das; der Druck der Nationalsozialistisck-en Partei es gewesen ist. der Pnzcen an Brünings Stelle gesetzt hat. Ohne die Herren Hitler und Goebbels wären die „Herrenhäusler" — wie er sie voller Bosheit nennt — nie in der Lage geivesen, ibrc Fräcke mit Er- solg zu bürsten. Umgekehrt: Fn den ersten Wochen der Regie rung Papen konnte man den Eindruck haben, das; die National sozialisten keine dringendere Sorge hatten, ais jedes Stäubchen, das etwa von anderen auf den Fräcken der neuen Minister ent deckt wurde, eilsertigst wcgzubürsten. Heute alx'r, weil die neuen Herren die Auslieferung der ganzen Macht an Hitler verweigert haben belfert der gute Dr. Goebbels: „Ein dummpfiffiges, bauernschlaues Plänchen haben sie sich ausgeheckt: sie wollen eine Politik betreiben, di« der Sack)« nach Ihrem ganzen feudalen, bürgerlich-kapitalistisä>en Hochmut ent spricht. Fn der Form aber und im Wort wollen sie auf das ge- Kamburger Senat gegen Einsuhrkonlingentiernng - - -x. , - Hamburg, 10. September. Der hamburgische Senat hat an den Reichskanzler das nach stehende Telegramm gerichtet: „Der Senat der Freien und Hansestadt Haniburg hält es, nachdem die hanseatischen Wirt« schastskreise und die Verbände des Eroszhandcls bereits nach drücklich aus die schweren Gefahren hingewiesen haben, die sür die gesamte deutsche Wirtschaft durch die Kontingentierung grosser und wichtiger Teile der Einsuhr herausbcschworen wer? den, für seine Pflicht, auszusprechen, das; die Lage der deutschen Schisfahrt und der deutschen Hafenstädte durch solche Massnahmen erneut und in nicht mehr tragbarer Weise erschwert würde. Auch der Senat erkennt an, dasz die Pflege des Binnen marktes ein wichtiger Bestandteil jeder deutschen Mirtjchasts- politik sein mus;, und dasz der Schuf; der Landwirtschast eine wesentliche Voraussetzung sür das Gedeihen unseres wirlschast- lichen und sozialen Lebens ist. Aber Wohlstand und Existenz unseres Volkes »sind bei der Art und der Lage des deutschen Lebensraumes in entscheidendem Mas;e bedingt durch die Er haltung und Stärkung unseres A n s; c n m a r k t e s. Dieser würde auf das schwerste bedroht, wenn Einsnhrkontin- gentc in geplantem Umfange Wirklichkeit werden. Die Er- fchwerung der dentschcn Ausfuhr durch Gcgcnmahnahincn des 'Auslandes bedeutet aber Einschränkungen und Stillegungen und damit Steigerung der 'Arbeitslosigkeit, Schwächung der Kauf kraft und somit verringerte Möglichkeiten auch für den landwirt- schaftlicl;«» Absatz. Eine Reihe der vorgesehenen Kontingentie rungen würde auch der Landwirtschast wenig oder gar nicht Helsen und Handel und Schisfahrt erheblich schädigen. Die Minderung der Deviseneingänge bei weiterem Rückgang des Außenhandels würde ausserdem eine Verschlechterung der Währungsgrundlage bedeuten. Bei der Mittlcrstellung Hamburgs zwischen der deutschen Wirtschaft und den übrigen 'kswirtschasttcn glaubt der Senat, das Recht und die Pflicht gaben, in letzter Stunde der Neichsrcgierung noch einmal seine ..gweren Bedenken gegen die geplanten Masjnahmcn zum Ausdruck zu bringen." * Die Industrie- und Handelskammer zu Berlin bcschästigte sich mit dem Ankurbelungs-Programm der Neichsrcgierung: sie war der Ansicht, das; der Plan alle Aussichten aus Erfolg habe. schickieste nationalsozialistiscl^ Parolen ausfangen, damit die Masse irreführend, um sie dann allmählich aus der festen Bin dung der Hiller-Bewegung l>erauszu!ocken. Das nennt man gut dcntfch: Erbschleick-erei. Tas ist der nackteste, gemeinste und un anständigste politifcln: Eigennutz, den es in Deutschland jemals gegelwn Hal. Niemand wird uns in den 'Verdacht nehmen, das; wir Schleppenträger des Marxismus sind, aber das gestehen wir offen, das; cs uns sauberer ersclpnnt, mit der SPD. zu Kämpfen, die ivenigstens so ehrlich geivesen war, offen zu sagen, das; sie uns hahle und verabscheute und auch dementspreclzend handelte. Das böesinnungspack, das >>ente versucht, uns durch eine Drei wand van der Macht sernzuhaltcn, ist nicht nur dumm und bru tal, sondern auch heimtückisch und gemein, Ei« sollen uns ken nen lernen." Wir glauben, das Ke,men-Lernen ist sür di« Herren Schlei cher und Papen hinsichtlich der Nationalsozialisten nicht mehr nötig, die Herren kennen ihre Leute Und behandeln sie so, wie Goebbels und seine Freunde selbst gern di« anderen behandelt hätten... wenn die im folgenden erwähnten Voraussetzungen berücksichtigt wurden: Ter Markt sür deutsche Erzeugnisse muh durch einen möglichst umsangreichen Export erweitert werden. Die Bestrebungen, die darauf abzielen, sür die Einsuhr land- wirtschajtlicher Erzeugnisse bestimmte Kontingente vorzu sehen, bedrohen den Export mit weiterer Verkümmerung, da ihre Verwirklichung wichtigste Ansnahmeläuder der deutschen Ausfuhr schwer tressen könnte. So bedeutsam eine gesund« kauskrnstige Landwirtschast ist, so muh doch die Bereitwilligkeit, zu Helsen, «ine Grenze sindcn, wenn die Gesamtproduktion und damit die Kaufkraft der Vckoölkerung gefährdet wird, zumal gerade die Landwirtschaft aus eine kaufkriistige Abnchmerschast selbst in so hohem Mähe angewiesen ist. Die Ankurbelungsmasznahmen der Negierung werden um so mehr gelingen, je schneller Geld und Kapitalien aus deutschem Besitz der deutschen Wirtschaft zuströmen, die ihr zur Zeit noch serngehalten werden. Hossnungsvolle Ansätze in dieser Richtung werden sich weiter auswirken, wenn der Plan der gemalt, samen Zinssenkung endgültig ausgegeben wird. Das für den Wiedcranstieg der Wirtschaft unentbehr- liche Micdererwachen des Vertrauens mühte bei einem erneuten Eingriss in wirlschastlich« Nechtsverhältnisje aufs schwerst« be einträchtigt werden. Auf der anderen Seile muh alles geschehen, um die Zinslast, wo immer es angeht, aus dem normalen Wege der Diskont- und Bank-Politik und durch Förderung sreiwilliger Vereinbarungen zu senken. Mihbräuchliche Aus nutzung von Bestimmungen der Verordnung müssen, soweit irgend angängig, verhindert werden. Sache der Zusam menarbeit zwischen der Regierung und den Organisalonen der Wirtschaft wird es sein, solchen Mihbränchcn vorzubeugen. Mjenstausainm an der Wolga Moskau (über Kowno), 10. September. Einer Meldung aus Samara zusolgc sprach dort der Aka demiker Alexandrow über den projektierten groszcn Wolga damm bei Kamyjchiu, dessen Vorarbeiten bereits im Gange seien. Danach sind gegenwärtig 220y Ingenieure und Techniker und 11 NM Arbeiter beschäftigt. Nach Fertigstellung dieses Baues werden über vier 'Millionen Hektar bewässert werden können. lrär d-"> Zement erforderlich sein. Alexandrow, der ähnliche amerikanische Grohbanten ermähnte, stellte sest, dasz keiner von ihnen einen Vergleich mit diesem Wolgadamm aushalten könne. * Neue grosse ll-Bahnstrecke in Rcuizork eröffnet. In der City von Ncuyork wurde um Mitternacht von Freitag auf Sonnabend eine neue Untcrgrundbahnstrccke vom Stadtteil Manhattan nach dem Innern der Stadt eröffnet. Die neue llulergrundbahn durchfährt nicht weniger als 240 Strahenzüge. Der Bau dieser groszcn Strecke hat 190 Millionen Dollar ge kostet. Leubsdorf bei Augustusburg. (Grossfeucr.) Am Sonntag abend brannten das Wohnhaus und die Scheune des Guts besitzers Reuter durch ein Schadenfeuer vollständig nieder. Trotz dem die Feuerwehren der Umgebung eifrig bemüht waren, das Feuer auf seinen Herd zu beschranken, trug der herrschend« Sturm die Flammen aus die benachbarte Scheune des Wächt- lcrschcn Gutes über, die ebenfalls vollkommen niederbrannte. Alan vermutet Vrandstistung. In deinen Angen sieht mein Bild Boman von Peler Kelnrlch Keulers (51. Fortsetzung) (Nachdruck verboten.) „Blanche setzen Sie sich zu mir und hören Sie mich an. Ich denke nimt im Traum daran, diesem elenden Geschmeiss zu willen zu sein. Ich verschwinde sür einige Stunden und werde gegen Morgen wieder zurückkommen. Sie werden Msjö gleich melden, das; ich in die Stadt gehe, mich neu einzukleiden, und das; ich gegen Mitternacht zurück sein werd«. Inzwischen packen Sie meine Kosser und lassen sie durch das Hinterhaus zum Bahnhof schassen. Die Tür mei nes Zimmers halten Sie aus jeden Fall verschlossen. Hier haben Sie genügend Geld für alles, was Sie brauchen. Lösen Sie mir eine Fahrkarte nach Calais und nehmen Eie den Rest für sich. Um 23 Uhr kommen Eie bis an die Strassenecke und erwarten mich dort, um mir die Fahrkarte zu übergeben! — Dars ich mich aus Sie verlassen?" „Ganz, Mademoiselle, solange ich lebe." „Nicht solange. Manche. Vis morgen früh genügt. Und nun flink! Mein Strassenkleid, meinen blauen Mantel, ein Paar kräftige Schuhe, die Rote-Kreuz-Haube und den klei nen Handkoffer!" Im Nu stand Virginia in ihrer „Uniform" fertig. Das Mädchen musste Nachsehen, ob der Weg durch das Hinter- haus frei sei — dann schlich sie hinaus und erreichte unbe merkt die Strasse. An der Ecke schlief der Chauffeur in feinem Wagen. Sie klopfte an die Scheibe. Der Mann zuckte zusammen, er kannte sie aber sofort, obwohl es bereits dunkel wurde. Er sprang auf, öffnete und liess den Schlag wieder zuknallen, als Virginia Platz genommen hatte. Dann sprang der Wagen an und fuhr los — zur Stadt hinaus. Paris lag in tiefem Dunkel. Je mehr sich der Wagen dem Aussenbezirk näherte, um so «infamer wurden die Stra ssen. Aus offenem Felde wurde es wieder lebendiger. Lange Kolonnen, meist Rote-Kreuz-Wagen, fuhren vorbei, der Etadt zu. Nach zweistündiger Fahrt stoppte der Wagen. Der Chauffeur sprang heraus und erklärte, hier sei die Grenze, weiter dürfe er nicht. Wenn Sie cs versuchen wolle, könne Sie in anderthalb Stunden zu Fuss das Städtchen Neuilly erreichen. Die Strass« gehe geradeaus. Virginia entlohnte ihn fürstlich und bestellte ihn nach drei Stunden wieder zurück. Wäre sie noch nicht zur Stelle, so lolle er einige Minuten warten. wann schritt sie in die Nacht hinein. Die Luft war schon weich, und das erste Yrühlings- ahnen umfächelte in mildem Lauch ihre heisse Stirn. Aber oben am schwarzen Himmel geisierien Vie Scheinwerser der Niesenstadi wie mit Feuersingcrn über den Horizont. Das war, als wenn ein Heer wilder Hüllenreiier in wütendem Kampf läge. Alles ringsumher war still, nur dann und wann ein unheimliches Gebrumm von Flugzeugen. Virginia sühlte ein angstvolles Drängen im Nacken Als hinge alles nur au Sekunden, so stürmte sie vorwärts, an den Schauen der noch dürren Bäume vorbei. Die Strasse war ausgesahren und voll Tümpel. Darum hastete sie in grossen Schritten über den Ralenrand von Vaum ui - ^.ageu rageln vorbei, kleinere Kolonnen von Mann schaften halten sich an den Seiten der Strasse, betrachten sie neugierig und machen Platz, sobald sie die Haube des Roten Kreuzes sehen. 'Niemand belästigt sie. Sie überlegt, ob sie nicht einen Wagen anhaltcn und den Führer bitten soll, sie mit nach vorne zu nehmen. Aber während sie den Mut dazu sammelt, wird die Strasse allmählich leer und einsam. Weder vor noch hinter ihr ist etwas zu sehen. So marschiert sie also, fragt zuweilen, ob sie ans der richtigen Strasse sei, wenn sie einem Fussgänger begegnet und kommt endlich in das Dorf Ncuilli). Da stand also der Name, den sie sonst nur aus dem Papier gesehen, gross und dunkel vor ihr. Und das ist der Ort, den sie wach und im Traum gesehen, ganz anders freilich, verödet, nicht so nett und sreundlich. wie in Wirklichkeit. Kleine Häuschen aus Sandstein, typische, ge duckte, leichtgebautc französische "ai>bbä„r— Wo das Lazarett sei, fragt sie einen Soldaten, der vor einem Haus ein Pserd hält. Er zeigt um die Ecke: das erste Haus neben der Kirche. Vor dem Eingang zu diesem Haus bemerkt sie einen Lazarettwagen, der sich in Bewegung setzt, als sie etwa 50 Schritt vom Eingang entfernt ist. Am Tor steht noch ein« Schwester in weisser Schürze, sie winkt dem Wagen nach und will ins Haus gehen. Virginia ruft und läuft. Die Schwester wartet und ist erstaunt, plötzlich in der Nacht Besuch zu erhalten. Virginia sagt ihr ohne Um schweife, was sie wolle. Da fasst die Schwester sie bei der Hand, zieht sie zur Strasse zurück, zeigt mit der Hand dem Wagen nach, der eben um die Ecke biegt und sagt: „Da fährt er! Herr Neubauer befindet sich mit einigen anderen deut schen Offizieren in diesem Wagen. Wir haben das Lazarett in dieser Nacht geräumt. Wenn Eie schnell laufen — viel leicht hält der Wagen draussen vor dem Dorfe ..." Virginia hörte nicht, was sie noch weiter sagte, rannte hinter dem Wagen her. schrie wie wahnsinnig, winkte und weinte. Aber als sie die Ecke erreichte, war der Wagen be reits äusser Tickt. » Einer Ohnmacht nahe, liess sich Virginia aus einen Kilometerstein nieder, der an der Strassenkreuzung stand. Das Herz pochte zum Zerspringen, der Echweiss rannte ihr heiss von der Stirne, dann strich der Wind sroftkalt durch ihre Kleider, die noch am Körper klebten. Es war ihr zum Sterben elend. Mit letzter Kraft erhob ü« sich, unfähig, nachzudenken, was nun zu luu sei. Fast vcstnnungslos trottete sie aus dem 'Wege weiter, auf dem der Wagen dä- vongesahren war. Hinter dem Dorfe merkte sie ckst, dass sie richtig aus dem Rückwege zur Stadt war. Der Soldat stand noch bei dem Pferde und wartete. Sie hätte ihn etwas fragen mögen, aber sie wusste nicht, was. Das beste war doch, wieder zurück zur Stadt zu gehen ... So trat sie wie eine Nachtwandlerin den Rückweg an, weinend ohne Tränen, kaum wissend, ob sie wache oder träume. Zermartert von einem entsetzlichen Durst. Als sie eine Weile gegangen war, merkte sie plötzlich, wie sich alles vor ihren Augen drehte. Der Atem stockte, der Herzschlag drohte auszusetzen. Cie tastete nach dem nächsten Baum und umklammert den riesigen Stamm. Langsam glitt sie zu Vodcu und lehnte mit geschlossenen Augen den.Rücken gegen den Vaum, Arme und Beine hingen ihr wie Biei am Kör per, die Zunge klebte am Gaumen. Sie wär« vor Schwäch cingeschlafen, wenn sic diesen Vrand nicht in Mund und Hals gespürt hätte. So riss sie sich au dem Baumstamm wieder hoch, versuchte lies und weit zu atmen und wankte langsam weiter. Neben sich bemerkte sie aus der Strasse in der Wagenspur Wasser. Sie bückte sich darüber und ver suchte, mit der Hand einige Tropfen zu schöpsen. Es sckmeckte nach Wagenschmiere und knirschte zwischen den Zähnen. Aber die Lippen und die Zunge wurden nass davon, wenn der Durst auch nachher um jo grimmiger wurde. Mährend sie weiterschritt, strich die Nacht mit ihrer Kühle kräftig Uber die sielcerndc Stirn. Sie überlegte, ob es nicht angebracht sei, nach Neuilly zurückzukehreu. Eie schalt sich selbst, warum sie nicht sofort zuriickgelauien und sich Auskunst über Georg geholt habe. Aber Antwort wusste sie nicht: ja, ob sie den Mut fände, überhaupt noch weiter hinter Georg herznjagen, mar ihr in diesem Augen blick nicht einmal klar. Vorerst brauchte sie nichts als Ruhe und Entspannung. Also zurück, zurück, ganz gleich wohin! Der Ehausfeur stand gewissenhaft an der Stelle, an der sie ihn verlassen hatte, und wartete. „Ecke Gambetta- strasse!" befahl sie und liess sich halbtot in den Wagen fallen. Etwas nach Mitternacht hielt sie dort, wo Blanche, bebend vor Ungeduld, mit der Fahrkarte nach Calais wartete. Sie klopste an die Scheibe des Wagens, Virginia schrak aus und wusste im Augenblick nicht, wo sie sich befand. Erst als Blanche zu sprechen ansing, wurde ihr der ganze Jammer ihrer Situation klar. „Msjö ist sehr aufgeregt: wenn sie um 24 Uhr nicht da sind, will er Ihr Zimmer ausbrechen lassen. Hier ist die Karte und hier und die Gepäckscheine." „Danke, Blanche, tausend Daul! Manu sahrt meor Zug')" «Um ein Ubr." (Forüetzung lolgt)