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Sächsische Volkszeitung : 01.09.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193209017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19320901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19320901
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-09
- Tag 1932-09-01
-
Monat
1932-09
-
Jahr
1932
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 01.09.1932
- Autor
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Noktzen Die Lewen der Katholischen Kroaten. Mr die Verschärfung des (Oegensatzes zwiscinm dein kroati- schen Volk und der derzeitigen jugoslawischen Regierung ist die Amtsniederlegung des lgemeinderats Plärrer Dr. Rittig in Agram charakteristisch. Dr. Rittig gehörte zu jenen Kroaten, die eine Zusammenarbeit mit den Serben immer befürwortet haben. Die Niederlegung seines Mandats hat er in einem Briefe begründe», indem er zunächst bekennt, dah er und seine Freunde geglaubt hatten, die Ideale des kroalisä>en Volkes im Rahmen des jugoslawiscl»«» Staates verwirklichen zu können. Aber: „Die Ereignisse vom Oktober v. I. sdie oktroyierte Echeinverfassung. D. Red.) und jene nach den Novemberwahlen haben aber alle Hoffnungen aus de» schließlichen Erfolg unserer Aktion vernichtet ... Ich bin unter der Last des Kreuzes zu- sammengebrochen, welclzes ivir Einige aus uns genommen ha ben. um eine Verbindung zivisckzen dem kroatischen Volke, sei ner geschichtlich» 'Vergaiigenh'i» und seine» Interessen. u»d der Idee des jugoslawisch» Staates hrzustellen. Es ist uns dies nicht gelungen, ebensoivenig wie anderen Mröhren und Stärkeren. Der Kreuziveg Hs kroatisch» Volkes dauert daher weiter, ebenso wie jener des Königreiches Jugoslawien. Jener wird dessen Retter sein, der zum Herzen und zur Seele des Volkes findet, ivelchs mit seinen Gefühlen weit weg von dem hentigen System steht . . ." Dieser Vries zeigt, dah die grohserbisch Diktatur seht auch mit jenen Kroaten in Konslikt geraten ist, die eine Zu sammenarbeit mit dem Belgrader Zentralismus an sich durch aus befürwortet Hahn. Nochmals: Dresden im Niedergang. Stadtschulrat Dr. Harlnacke Dresden hat kürzlich in einer hi I. F. Lehmann in Münch» erschienenen Schrift „Bildungs wahn — Volkstod" die Zusammenhänge dargelegt, die zwischen der volkswirtschaftlich untragbaren Zunahme der (hbildeten und den Rückgang der ltzeburlen,Ziffern hsleh». In einem Ar tikel in den Dresdner Nachrichten lNr. -108) iveist Dr. Harlnacke daraus hin, dah in Dresden die Zahl der Lebendgeburten im Juni 1030: 702 betrug, im Juni 1031: 627, im Juni 1032: Z08 Im ersten Halbjahr 1030 wnrden in Dresden -1-103 Kinder gebo ren, 1031 im ersten Halbjahr: 3752, in der ersten Hälfte des laufenden Jahres aber nur 3150. Daraus folgert Dr. Harlnacke: „Wenn die Mensch» hule im Durchschnitt 57.-1 Jahr« alt wer den, so ergibt sich für Dresden nach 57,-1 Jahren eine Zahl von 3-111110 Einwohnern, gegen 028 53!) jeht. Die Rechnung seht voraus, dah die mit 1035 s20 Jahre nach Kriegsbeginn) schwä- chr iverdenden Ellernjahrgänge di« Nachwnchszahlen nicht noch iveiter nach unten drücken." Das ist eine sehr beachtlich, ahr auch sehr traurige Er gänzung zu den Zahlen über Dresdens Niedergang, die wir kürzlich an Hand des Slatislischn Jahrbuchs der Stadt Dresden für 1031 gegeben Hahn. Oie Jagd im September Mit Beginn des Septembers ist die N e b h ü h ne r s a g d In alten Ländern frei. Schtagaus, schlagab suchen die Vorsteh hunde vor den Jäger»: lustiges Knallen und gute Strecken cnt- schdigen für lange Schonzeit und sorgsame Hegemaßnahmcn. Es kcmmt nicht selten vor, wie die illustrierte Jagdzei tung „Wild und Hund"Verlin SW. 11, schreibt, dah die Junqhiihner zu Beginn der Jagd noch nicht vollmiichsig sind (Spät- oder Zweilbrutcn). So achte man genau aus die abstrei- ihnden Ketten und schone d>c noch nicht abschuhrcisen Hühner. Ebenso schieße man möglichst nicht die Althiihner eines Volkes, weil die dann führerlosen Junghllhner leicht Opfer der Wit terung oder des Naubwildes werden. Ucbcrdies mache man sich zum Grundsatz, ein Volk nicht restlos auszureiben. Etwa sechs bis acht Stück sollten stets übrigblciben, damit ein genügender Bestand für das nächste Jahr vorhanden ist. Außer dem Hasen, der sich noch der Schonzeit erfreuen darf, sind im September ferner aus: Wildtauben, Wildgänse, Enten, Bekassinen usw., sowie Kaninchen. Die Wildtauben bieten seht im Spätsommer «ine schmackhafte ikZeule. Ebenso Enten, vle man zumeist aus den Abendzug an Brüchern, Wasicriöchern pnd auf Gersten- und Hnserstoppeln erwartet. Such- oder Treib jagden lohnen gewöhnlich nicht mehr, da beim ersten Schuh alles auisteht und abstreicht. Erfolgreicher und schöner dagegen ist gelegentliches Buschicrcn und Abklopfen von Schonungen und Dickungen, wobei es dein flinken Kaninchen gilt. Gegen End« Hs Monats ist auch der Insa» frei, und so ist Gelegen hit vorhanden, die bunte Seplemberstrecke wir dem einen oder andern „Gockel" noch abwechslungsreicher zu gehalten. Auch im Hochwildrevier naht hohe Zeit. Ian alles Tckzalen- wild, soweit männlick. ist irei. 'Noch kann der Nehbock erlegt werden, sofern der Abscknszplan noch nicht ersiilll sein sollt«. — Erfolgreich kann ein Ansitz aus zu schaden gebendes Schwarz wild sein. Aus Feldreviereu. die stark unter den Sauen zu leiden haben, wird man den Abschuh von Keilern und — sofern sie nicht noch zu gering — Iriscblinnen billigen können. Gröhte Borsicht ist aber geboten, wenn es sich um stärkere Stücke handelt z leicht geschieht es dann, dah man eine Bache sckießt. deren Frisch- linge führerlos und kümmernd einem vielleicht harten Winter cntgegengehcn. Zu Anfang September ift der Damichaaslcr häufig noch nicht mit dem Fegen fertig. Er prahlt mit breiten, vollen Schau feln und wcißbclupster Decke, rin prächtiges Bild im bunten l_tzipriq und Umgebung Oie Leipziger Handelskammer an Or. Trendelettburg Leipzig, 31. August. Die Industrie- und Handelskammer Leipzig hat dem bishrigen Leiter der dentschn Wirtschafts politik, Staatssekretär Dr. Trendelenburg, aus Anlah seines Rücktritts in einem Dankschreiben zum Ausdruck gebracht, mit wclchn Sorgen weite Kreise der Wirtlchast im Zusammenhang mit den Gerüchten über eine grundsätzliche Umstellung Hk deut sch» Wirtschstspolitik den Rücktritt ausgenommen hben. Vor allem weist die Kammer darauf hin, dah nach wie vor nur der Ausbau wirtschaftlicher Freihit im Innern und weltwirtschaft lich!: Beziehungen nach auhen der Lage Deutschlands gerecht werden und die Grundlagen zur Ueberwindung der Krise schassen können. Statt dessen drohe ein Experimentieren mit planwirtschasi- licheii Versuchen. Reben der Gxld- und Kreditseite der Wirtschaft sei dadurch be sonders die deutsche Auhcnhndclspolitit gejäbrdet. Unter einer unverständliche» Verkennung aller tatsächlichen Gegebenheiten werde künstlich ein Gegensatz zwisilren Auhenwcrtsch.st und Vin- nenwirtschast konstruiert und die Sachlage so dargestcllt, als ob es sich um eine notwendig« oder auch nur möglich Entscheidung zwischen diesen beiden, um ein „Entweder, oder" handle. Dabei lehre jeder Rückblick auf di« geschichtliche Entwicklung, wie mit der Ausweitung der weltwirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zugleich sich die Vcdcntnng des Binnenmarkts gehoben hat und die aus dem Export anwachscnde Kaufkraft der Entwicklung der deutschen Landwirtschaft zugute gekommen ist. Wenn heute die Tendenz vertreten werde, auf einem abgeschlossenen und kargen Markt sei mit planmirtschasllichcn Methoden besser zu wirtschaften, als es eine Grohwirlsihast vermöchte, die in freier wirtschaftlicher Betätigung mit aller 'Vielt in Verbindung und Arbeitsteilung fleh, lo sei das eine unheilvolle Verkennung der Lage der deutschen Wirtschaft, die das deutsch Volk mit eine' äußersten Einschränkung seiner Lebenshaltung zu bezahlen haben werde. Weiter reger Messeverkehr Leipzig, 31. August. In den Messe Häusern der Altstadt hält der Verkehr un vermindert an. Interesse besteht vor allein für preiswerte Artikel für den Massenabsatz, während Aufträge auf größere und teurere Objekte nach wie vor nur vorsichtig und zurück haltend erteilt werden. Praktische Neuheiten, die dein heu tigen Bedarf entsprechen, finden weiter gute Nachfrage. Gut und vielfach die Erwartungen übertreffend ist das Interesse für Sportartikcl und ebenso für Wintersportkleidung. Im Geschäft mit England machen sich die Folgen der englischen Hochschul,Politik lehr unterschiedlich gel- tend. Während billigen Massenwaren, besonders auch Stahl- waren, der englische Mark, ziemlich verschlossen ist, sind auch manchen deutschen Fabrikaten, die heute noch in der alten Qualität und auch zu den früheren Preisen geliesert werden, von der alten englischen Kundschaft vielfach recht bedeutende Aufträge erteilt worden. Andererseits treten ausländische i Grofziinportbäuser als Interessenten für Artikel auf, die kolo- s Herbitwald! Die Jago ons ihn ist in freier Wildbnhn ebenso stl micrin und ilUer<jsun! wie nus den Rothirsch, der noch in j d<r stehl. Tchon ober macht sich dic mihcndc Brunstzelt dem rllar. und man begegnet häufiger als sonst Hirschen, die ank der Tucke nach Kohlwild sind, llm die Mitte des Monats sicht der Hirsch bei seinem 'Rudel, und bald erdröhnt — vom Weidmann lange und ungeduldig ersehnt! der erste Vrunstfchrei des Königs unserer Wildbohncn. K. Die Schiverhörigcnschnle Im Ecntraltheater. Di« Direk tion des Eenirallhaters hreilete den Schülern der Staatlichn Schule für Tchiverhöriae und Ertaubt« in dankenswerter Weise «cnc große Freude, 'hi freiem Eintritt wurde den Kindern eine gesamt« Nachmittagsvorstellung geboten, ein Erlebnis für sie. Gespannt verfolgten sie die Vorgänge aus der Bühne. Der Beifall gab Kunde von ihrer Freude. niale Länder früher nver rrngiano vezogen haben. Man sucht also Waren, denen zollpolitisch der Weg über England ver legt ist, nunmehr direkt aus Deutschland zu beLehew Es bleibt beim alten Urteil. Leipzig. Die Grosze Strafkammer des Landgerichts Leipzig beschäftigte sich am Dienstag mit der Strafsache des 56 Jahre alten Bückzerrcvisors Friedrich Bänger, des früheren Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Bücherrevisoren. Vünger war vom Schöffengericht wegen Untreue zu einem Jahr sielien Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er hatte 20 Jahre lang die Ge schäfte seiner Berufsgenossen geführt und großes Vertrauen in dem Verband genossen. In den Jahren 1027 bis 1031 halte Vünger jedoch dieses Vertrauen mißbraucht. Er soll zusammen zz 000 NM. unterschlagen haben. Er halte Beträge von 5500 und 20 000 RM. von den gespurten Verbandskonten von der Stadtbank abgehoben, dic ihm damals nicht sicher erschienen lvaren. und hatte das Geld für sich verwendet. Auch andre Be träge soll er veruntreut haben. Gegen das Urteil des Schöffen gerichts lzatlen sowohl der Staatsanwalt, als auch der Ange klagte Berufung eingelegt, die aber von der Großen Strafkam mer verworfen wurde. Leipzig. Politisches chlägerei. Auf dem Meß platz am Frankfurter Tor in der Nähe des Restaurants „Vralwurftglöckle" wurde ein junger Nationalsozialist von einem Trupp Kommunisten angegriffen und ins Freie auf die Wiese abgedrängt. Dort schlugen die Täter aus ihr Opfer ein und rissen ihm die Kleider vom Leibe. Das Ueberfallkom- mando säuberte den Platz und nahm drei der Angreifer fest. Leipzig. Statistik der Bevölkerung. Nach dem Wochenausweis des Statistischen Amts der Stadt Leip zig betrug in der Woche vom 7. bis zum 13. August ds. Is. die Zahl der Lebendgeborencn 1-16, davon 75 Knaben und 71 Mädchen. Außerdem wurden 5 Kinder totgeboren. Gestor ben sind im gleichen Zeitraum 124 Personen, darunter 12 Kinder unter einem Jahr. Unter den Gestorbenen befan den sich 69 männliche und 55 weibliche Personen. In der ge nannten Zeit endeten drei Personen durch Selbstmord, wäh rend ein tödlicher Unglückssall zu verzeichnen ist. ) In einer Stacht drei Autos gestohlen. In der Nacht zum Montag wurde von dem Parkplatz am Nikolaikirchhoz ein Per- lonenkrastlvagen gestohlen. In der gleiclzen 'Nacht wurde auch in der Nosenlhalgcwc rin Personenauto von Dieben „entführt" und schließlich am Parkplatz am Diltrichring eine nagelneue ge schlossene Limousine. Noch eine Erkrankung an spinaler Kinderlähmung? Nach dem bereits zwei Kinder einer Leipziger Familie, die in 'Bad Dürrenbcrg zur Erholung weilte, an spinaler Kinderlähmung erkrankt sind und in das Leipziger Kinderkrankenhaus gebracht iverdcn mußten, soll am Dienstag im Südviertel ein gleicher Krankheitsfall ausgetreten sein. Ein« Bestätigung dieser Ace! düng liegt jedoch noch nicht vor. Zu den Diphtlnriccrkrankungen in dem Schullandheim des Leipziger Nikolaigymnasiums hört man, daß dic Erkrankungen leichterer Art sind und normal ver lausen. Wieder ein Schnusenslerritzer an der Arbeit. In einer Her letzten Nächte wurde die Sckmufenstcrsclxcibe eines Damcnhnt- geschästs in der Tauchaer Straße durch Anrißen schwer beschädigt. Ein« gleiche Beschädigung wurde am Nachmittag vorher am Sct-auscnsler eines Geicktzists in dcr Grimmaischcn Straße vorgc- nommcn. Die Täter konnten noch nicht ermittelt werden. In -einen Angen sieht mein Bild Aoman von Peler Keinrtrh Keulers (41. Fortsetzung) (Nachdruck verboten.) Virginia nahm, zufrieden mit dieser fachlichen Sven- düng ihres Besuches, die Papiere in Empfang und erhob sich, um zu gehen. „Noch eins, Fräulein Vach. Wenn Sie morgen früh wirklich schon abreisen wollen, was ich sehr bedauere, nach dem wir uns doch erst flüchtig kennengelernt haben, muß ich Herrn Foisset heute noch benachrichtigen." „Ich fahr« morgen schon ab", erwiderte Virginia be- stimmt. „Dann gute Reise! und Auf Wiedersehen!" Van der Lee küßte ihr wieder galant den Handrücken und ließ sie durch seine Sekretärin hinausbegleiten. Vor der Tür wartet« das Auto, mit dem Virginia schnurstracks zum Hotel zuriickfuhr. Antwerpen lag in tiefem Dunkel, der Novemberabend hatte ein garstiges, unfreund liche« Gesicht. Der Bahnhofsvorplatz war ebenfalls kaum beleuchtet, durch di« Fenster des Hotels drang kaum ein Lichtschein auf die Straß«. „Scheußlich, diese Finsternis!" bemerkte sie beiläufig, al« sie vom Portier den Zimmerschlüssel annahm. „Zwang, mein Fräulein! Die Flieger habens auf Mntlverpen abgesehen." „Flieger, o Gott!" erschrak Virginia. „'s ist nicht so schlimm. Wenn wir Damenbcsuch haben, kommen die Franzosen nicht. So galant lind die Herrcn", versichert der dienst- und trinkgeldbeflisfeno Mann und lacht, daß sein künstliches Gebiß in seiner ganzen Breit« sichtbar wird. Wie man nur so lachen kann! denkt Virginia und Ist heilfroh, daß sie dem Mann« sagen kann, sie fahre moracn früh mit dem Zuge nach Den Haag. Nach dem Abendessen «rbitte sie ihre Rechnung. Auf dem Weg« über die Treppe zu ihrem Zimmer bemcrkto sie an den Wänden nxiße Schilder, die vorher noch nicht da waren. Lei Llieaeralarm werden die Gäste gebeten, sich In die Kellerräüme zu begeben. Das Alarm- Zeichen ist ein langanhaltcndes Zeichen mit der Hausglocke. Mühsam erreicht sie ihr Zimmer, die Angst sitzt ihr in den Gliedern, beinahe bleibt ihr dcr Atem weg. Fast fürchtet sie, Licht zu machen. Aber schließlich kann sie nicht im Dunkeln umhertappcn. Und dann hat sie sich vorge nommen, den versiegelten Vries dieses Herrn Van der Lee zu untersuchen. Sie muß wissen, mit welchen Nachrichten man sie in di« Welt hinausschickt. Zuerst will sie essen, dann ihre Sachen packen, dann .hinter verschlossener Tür . . Na, es wird sich schon eine Möglichkeit ergeben. Aus jeden Fall läßt sie eine Stange Siegellack kommen. Kaum hat sie einige Nissen hinuntergewürgt, da dröhnt auf einmal ein dumpfer Knall durch die Lust. Sie fährt zusammen und lauscht. Da, ein zweiter Schlag. Dann Stille. Sie hält den Atem an und horcht. 'Noch immer kein Alarm signal! Vielleicht war es nur eine Täuschung .Dumm- heit, Einbildung von mir", redet sie sich vor, erschrickt aber sogleich über ihr« eigene Stimme; denn es ist mäuschenstill geworden auf den Fluren. Plötzlich setzt ein donnerähnlichcs Getöse ein. Es ist, als ob hundert Höllenhunde ansangen zu bellen. Das Licht geht aus, sie rennt aus den Flur und will hinunter. Alles lst stockfinster, nichts rührt sich O Golt. Hai denn sie nur allein Angst, hat man das Schießen nicht gehört? Sie tastet zur nächsten Zimmertllr und klopft. Das Zimmer scheint leer zu sein. Am Ende des Flures nahen Schritte, «ine Tür wird geöffnet und von innen wieder verriegelt. Soll sie rufen? — Da, wieder das Getöse! Vielleicht sind's keine Flieger! Sie schleicht zurück in ihr Zimmer, setzt sich auf das Bett und wartet und starrt in die Dunkelheit hin ein. Entsetzlich lange Minuten vergehen. Tie Schüsse wer den seltener und verstummen schließlich ganz. Nach einer weiteren Viertelstunde kommt das Licht wieder: die Gefahr wäre also überstanden, denkt sie und atmet erleichtert auf. Aber sie wagt cs immer noch nicht, sich zu lxwegcn. Die Möbel starren sie stumm an, als wollten sie sagen: Siehst du, das ist der Krieg, so geht das hier, üftarte nur, es kommt noch ganz anders. Zähneklappernd drückt sic ein Kissen an das klopfende Herz und überlegt, ob cs nicht doch besser gewesen wäre, mit van der Lee in sein Kasino zu gehen. Welch ein Wahnsinn, sich eine 'Nacht in diesem Zimmer einzuschließen. Kein Mensch kann Helsen, wenn ihr etwas passiert. Die Zeit rinnt langsam Stunden werden zu Ewig keiten. Dann und wann hört sie ein Klingelzeiäp.'». Schritte huschen vorliei, aber draußen ist alles still. Sie schlägt sich die Wolldecke des Bettes um die Schultern und beschließt, die Nacht in ihre» Kleidern sitzend im Bett zu verbringen. Sie kauert sich zusammen und schläft ein. Als sie wieder erwacht, glaubt sie ein Klopsen'en der Tür gehört zu haben. Sic fährt hoch, reibt sich die Augen vor dem Licht, das immer noch brennt, und horcht Da, wieder! Es ist fünf Uhr, meldet eine Männerstimme draußen. Nichtig, um diese Zeit wollte sie geweckt werden. „Danke!" erwidert sie und schluckt vor Beklemmung. Dabei spürt sie eine Trockenheit im Mund«, die ihr bis in den Hals hinein Schmerzen verursacht. Aber, Gott dank! die Nacht ist um. In einer Stunde geht ihr Zug! ix. Im Hotel „Des Indes" im Haag sand Virginia das, was sie in Gens verlaßen hatte: Menschen, die wie auf einer wohlumfriedetcn Insel saßen und in stillem Behagen zusahen, wie man sich rechts und links in der irrsinnigsten Weise zerfleischte. Schon die Fahrt durch die gesegneten Niederlande, die sanfte Linie der Landschaft, der Blick über Ebenen, die schier in endlose Weiten zu gehen schie nen und sich in weißlichem Nebel verloren, alles das wirkte beruhigend auf ihre zermarterten Nerven. Es ging schon aus den Abend zu, als sie in der hollän dischen Residenzstadt anlanglc. Cie ließ sich gleich dorthin fahren, wo sie ihren Auftrag erledigen konnte. Womög lich würde sie selbst in diesem Hotel Wohnung nehmen können. Ihre Hoffnung, endlich wieder ein menschen würdiges Obdach zu finden, wurde weit übertroffen. „Des Indes" beherbergt di« Lente, die aus den Kolonien nach Holland kommen, um ihre Geldgeschäfte zu erledigen, alsü Leute, dic Handelsflotten aus dem Ozean schwimmen haben, „Des Indes" bietet feinen Gästen den auserlesensten Luxus, den holländischer Geschäftssinn, indischer Reichtum und weltmännischer Geschmack erdacht haben. Bon außen fast unscheinbar, empfängt es den Besucher mit einer Atmosphäre, die sich überall da, wo Geld keine Nolle spielt, aus kostbaren Teppichen, gediegenen Wandtäfelungen, glitzernden Leuchtern, aus lautlosem Geflüster der Lakaien, ans gepflegtem Nichtstun, aus dem Parfüm und dem Eharmc und der Biegsamkeit verwöhnter Frauen und au» der großen Geste der Geldbarone craibl. «Fortsetzung folgt).
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