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Der Reichstag hat sich konstituiert Das neue Präsidium: Göring (Naksoz.)» Esser (Jenlr ), Gräs (Dual.), Rauch (Bayr. Bp.) reichte' schien ihr bei' einer Erschöpfungspause eine Abkürzung der Rede vorgeschiaacn zu haben: aber Frau Zellin wehrte ab: .Nein, nein!" und sehte dann die Ansprache nach dein formu lierten Wortlaut fort. Nach dem Schlich der Rede legte sich Krau Zetkin erschöpft zur'Dann folgte der Namcn-Ausruf der Abgeordneten und nun erst kamen die Dcutschnationalcn in den Saal. Der Schrift führer, Abg. Torgler (Komm.), verliest dann das Verzeich nis der eingegangencn Vorlagen, in dem auch die lehten Not verordnungen ausgcsührt find. Nach Feststellung der Beschlus,, fähigkeit des Hauses — es sind 578 Abgeordnete anwesend — beantragt Abg. Rädel (Komm.) die sofortige Hast Entlassung des am Sonnabend in Stuttgart verhafteten kommunistischen Aba. Knatter. Aba. Frick lNat.-SozZ erklärt,-s«j.ne Die Eröffnungssitzung Ich bin fest davon überzeugt, das; der Herr Reichsprä sident nur gemäss der von ihm an dieser Stelle beschworenen Verfassung handeln wird und ich stelle vor dem ganzen deut schen Volke ausdrücklich fest, das, die Sihung sowie vor allem die Wahi de» Präsidiums eindeutig ergeben hat, das, der neue Reichstag über eine grolle arbeitsfähige nationale Mehr heit verfügt und somit in keiner weise der lalbesland eine» lkaaksrechtlichen Rotstande» gegeben ist. Ich bin überzeugt, vaß der Reichstag, wenn alle werkvollen Kräfte zusammen wirken. die schweren Aufgaben erfüllen wird, die seiner har ren. Endlich besitzt der Reichstag wieder eine nationale Mehr- heit, die gewillt ist, das deutsche Volk aus drückendster male- rieller Not und dumpfer seelischer Verzweiflung herauszu führen. Diese Tatsache beseelt mich mit der hossnung, daß ich mein Amt ausüben kann, bet dem die Ehre des Volkes, die Sicherheit der Nation und die Freiheit des Vaterlandes di obersten Leitsterne beim handeln sein können." Das neue Präsidium: Gö ring «NSDAP.!. Esser «Zen- Iruin) und Graes (Dnat.) Freunde würden diesem 'Antrag nicht widersprechen, «r oe- antrag« die Haftentlassung des Abg. M o d e r-Schleswig-Hol stein (Nt. Soz ). Beide Anträge werden einstimmig an- genoin in e n. Die Alterspräsidentin Frau Zetkin setzt nunmehr die Wahl des Präsidiums auf die Tagesordnung. Abg. Frick (Nat.-Soz.) schlägt zum Reichstagspräsidenten den Abg. Eoering (Nat.-Soz. vor. Abg. Rädel (Komm.) schlägt den Abg. Torgler (Komm.) vor. Er verliest dazu eine Erklärung seiner Fraktion, das, sie im Falle einer Nicht wahl Torglers siir den sozialdemokratischen Präsidentschafts kandidaten stimmen werde, ohne damit ihren Kampf gegen die Sozialdemokratie cinstellcn zu wollen. Abg. Dittmann (Soz.) erklärt kurz, da» die Sozialdemokraten siir den bisheri gen Präsidenten Paul Löbe stimmen würden. Daraus wird die Wahl des Reichstagspriifidcnten durch Abgabe der Stimmkarten vorg«nomm«u. Pröslderit Eoering verliest darauf die Namen der Vertreter der Fraktionen Iin 'Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung und zum Auswärtigen Ausschuß und erklärt weiter, daß sämtliche weiteren Ausschüsse schon heute konstituiert werden. Der Präsident bittet dann um die Ermächtigung, dem Herrn Reichspräsidenten in einem Telegramm die Bitte aus zusprechen. das Präsidium des Reichstage» nicht, wie e» die Zorm vorschreibt, gelegenllich. sondern unverzüglich zum Vortrag zu empfangen. „In letzter Zeit häufen sich", so fährt der Redner fort, „die Nachrichten über eine beabsichtigte Ausschaltung des Reichstags. Er solle angeblich über keine arbeitsfähige Mehr heit verfügen. Das deutsche Volk und das Ausland wird durch solche Nachrichten mehr und mehr beunruhigt. Als Präsident des Deutschen Reichstags weise ich derartige unver antwortliche Gerüchte zurück. Der Präsident bittet um die Ermächtigung, den Termin der nächsten Sitzung selbst zu bestimmen. Di« Abgeordneten Torgler (Komm, und Dillmann (Soz.) beantragen dagegen, schon am anderen Tag, «ine Sitzung abzuhalten und über die Mißtrauensanträge gegen da» Kabinett abzustimmen. Diese Anträge werden abgelehnt, der Vorschlag des Präsiden ten findet Annahme. Zum Schluß der Sitzung gedenkt Präsident Goering der Opfer der „Niobe", zu deren Ehrung sich die Abgeordneten von den Plätzen erheben. Sitzung des Aelteftenrates Der Aeltestcnrat des Reichstages beschäftigte sich mit der Frage, wann der Reichstag wieder zusammentreten soll. Es wurde beschlossen, vorläufig den 8. evtl, den v. September für die nächste Sitzung in Aussicht zu nehmen. Auf die Tages ordnung wird eine Erklärung der Neichsregierung gesetzt werden. Der Termin der Reise nach Neudeck wird erst entschieden werden, wenn die Antwort des Reichspräsidenten auf das Telegramm des Reichstagspräsidiums vorliegt. Fer ner wurde verabredet, daß sich am heutigen Mittwoch zunächst nur der haushaltsausschuß, der Auswärtige Ausschuß, der Ständige Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksver tretung und der Geschäftsordnungsausschuß konstituieren sotten. Den Vorsitz in den beiden ersten Ausschüssen werden die Nationalsozialisten besetzen, den Vorsitz im Ständigen Ausschuß übernimmt ein Sozialdemokrat, den im Geschäfts- ordnungsausschuß ein Zentrumsmann. Sächsischer Kunstvcrcin zu Dresden, Vrühlsäze Terrasse Donnerstag mittag 12 llhr Eröffnung der neuen Ausstellung. Nach 'Begrüßung durch Konsul Dr. Herbert Klippgen als Vor standsmitglied wird Gottfried Müller ein Präludium und ein« Berkin. 30. August. Die konstituierende Sihung de« neuen Reichstage» kft entgegen allen Befürchtungen in einer Ruhe verlausen, wie es bei früheren Gelegenheiten wohl selten der Fall war. Die Kommunistin Klara Zetkin, eine gebreAiche Greisin, Überraschte das Haus mit einer Eröffnungsrede, die weniger ihres Inhaltes, der meist unverständlich blieb, als ihrer Länge wegen eine harte Probe bedeutete. Diese Rede wurde ruhig und ohne Interesse angchört, und al» sie ohne jeg lichen Zvischensall beendet war, atmete alles aus. Auch das uniformierte Auftreten der Nationalsozialisten, die mit ihren 230 Abgeordneten einen großen Teil des Saales beseht halten, wurde ruhig ertragen. Alle Parteien, auch die der äußersten Rechten und Linken, die es srllher mit der Ordnung des Hauses nicht so genau nahmen, waren sicht lich bemüht, die ersten Ausgaben des Reichstages in sicherer Disziplin und Ordnung abzuwickeln. Der Grund hierzu ist bekannt: der Reichstag will von sich aus alles vermeiden, was der Neichsregierung Vorwände für ihren Kampf gegen das Parlament geben oder die öffentliche Meinung in ihrem Sinne beeinflussen könnte. So hat der Reichstag jedenfalls gestern gezeigt, das, er auch in kritischen Situationen die Disziplin und die Würde zu wahren weiß, »nd sein Anfang war deshalb nicht sch'echt. Nach der Rede der Alterspräsidentin Klara Zetkin folgte der Namensaufruf der Mitglieder, ein Vorgang, der sich unendlich lange hinzog. Nicht längere Zeit nahm dann die Wahl des Präsidiums in Anspruch, die unter er neutem Namensaufruf durch Stimmzettel erfolgte. Der Wahlvorgang selbst brachte keinerlei Ucberraschungen. Von den Naiionalsozialiften wurde für das Amt des Präsi denten der Abg. Göring vorgeschlagen. Die Kommu nisten und leider auch die Sozialdemokraten, die dem bis herigen Brauche der Besetzung des Präsidiums nach der Fraktionostürkc nicht folgten, nominierten die Abgg. Torg ler bzw. Paul Löbe. Wie zu erwarten war, wurde der von den Nationalsozialisten präsentierte Abg. Göring mit 307 von 583 abgegebenen Stimmen gewählt. Der bis herige Präsident Löbe erhielt als Kandidat der Sozial demokraten 135, der kommunistische Abg. Torgler 8g Stimmen. Mit dieser Wahlhandlung war die Tätigkeit der Alterspräsident!» abgeschlossen. Der neugewählte Präsident des Neichtages, Göring übernahm sein Amt mit der Zusicherung, den Reichstag unparteiisch und gerecht nach der bestehenden Geschäftsordnung zu führen. Der erste Wahlgang bei der Wahl des ersten Vize präsidenten des Reichstages führte zu keinem sofortigen Ergebnis. Es wurden 508 gültige Karten abgegeben, von denen 270 ans den Abg. Esser (Z.), 214 aus den Abg. Löbe (SPD.), 77 auf den Äbg. Torgler (Komm.) «nd 1 auf die Abg. Frau Zetkin entfielen. Da die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen für Esser damit nicht erreicht war, mußte eine Stichwahl zwischen den Abgg. Esser und Löbe vorgenominen werden. Bei der Stichwahl waren die 78 kom munistischen Stimmen ungiiltig, sodaß Esser mit 361 gegen 138 Stimmen zum 1. Vizepräsidenten gewählt worden ist. Als 2. Vizepräsident wird der Abg. Graes (Dcutschn.) gewählt, als 3. Vizepräsident der Abg. Rarich (Vayr. Ap ). Oer Verlauf der Sitzung Die Tribünen des Reichstagoplenums waren schon lange vor Vegiuii der Sitzung bi» au, den letzten Platz besetzt. Im Sitzungssaal finden sich die niiisoriniertcn Nationalsozialisten erst beim ersten Klingelzeichen, kurz vor drei Uhr, ein. Di« Regierungsplätze bleiben leer. 'Bus dem noch leeren Präsidenten fessel liegt ein dickes Kissen. Die Dcutschnakonalrn sind ihrem Fraktionsbeschluh gemäß zunächst der Sihung ferngcblicbeii. Um drei Uhr wird Frau Klara Zetkin, die kommu nistische Alterspräsidcntin, von zwei weiblichen Fraktions. genossen'zum Präsidentensitz geleitet. Die Kommunisten rufen im Sprechchor: „Wir grüßen die antifaschistische rot« Einheits ¬ front und unsere Genossin Klara Zetkin mit einem dreisachen Rotsrontt Oie Bene-itttner-Abtet Maria Laach wir- renoviert Die übrigen Abgeordneten hären diese Kundgebung schweigend an. Frau Zetkin erklärt mit sichtlicher Anstrengung: Nach der Eeschältsordnuiig wird die erst« Sitzung des Reichstages durch das älteste Mitglied eröffnet und geleitet. Nach den Fest stellungen des Neichstagsbüros bin ich das älteste Mitglied. Ich bin am 5. Juli 1857 geboren. Wenn ein Mitglied älter sein sollte, bitte ich es, sich zu melden und meine Stell« einzunehmen. — Dav ist nicht der Fall. Ich eröffne die Sitzung und beruf« zu Schriftführern die Abgg- Frau Lore Agnes (SozZ. Abg. Schwarz-Frankfurt (Ztr.), und Torgler (Komm), Rauch-München (Bayer. Vp.). Nachdem die Schriftführer ihre Plätze eingenommen haben, hält die Alterspräsidentin Frau Zetkin eine Ansprache, in der sie sich in ihrer Manier mit der augenblicklichen politischen Situation beschäftigt und Sowjetruhland herherrlicht. Unter stürmischem Beifall der Kommunisten schließt die Alters präsidentin ihre mehr als einstündigcn Ausführungen mit der Hossnung. trotz ihrer jetzigen Invalidität noch die Freud« zu erleben, als Alterspräsidentin den ersten Rätekongrcß Sowjet- Deutschland zu erössneu. Die Anipraä-e umrde an einzelnen Stellen von den Kom munisten mit Sebr-wabr!"-Nufen begleitet. Die übrigen Ab geordneten enthielten sich feder Kundgebung. Frau Zetkin merkte man deutlich die groß« Anstrengung an, die ihr das Sprechen machte. Sie war zwar deutlich verständlich, sprach aber langsam, mit immer größer werdenden Pausen und mußte häusia das Taschentuch zum Munde führen. Abg. Torgler (Komm ), der neben ihr stehend, da» Mannitriut veriolate und idr wiederholt «in Glas Wasser Die Abtei Maria Laach bei Andernach im Rheinland, eine der schönsten romani schen Bauten aus dem st2. Jahrhundert wird jetzt umfangreichen Nenovierunas- arbciien unterzogen. Di« Kosten werden zwijct-en der ÜZenediktiner Abtei und dem Preußische» Staat geteilt.