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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.02.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120212014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912021201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912021201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-12
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Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Sette 2. Nr. 77. 10S. Istiryans. fall» nur eine geringe Lebensfähigkeit gehabt haben würde: zumal bei der eigenen numerischen Schwäche der Nationalliberalen. Die nationalliberale Frak tion bat deshalb von Anfang an einmütig ad- ge lehnt, der sozialdemokratffchen Fraktion irgend welche bindenden Erklärungen dar über abzugeben, wie sie leibst sich nach vollzogener Wahl eines Nation al libe ralen Präsidenten bei der Wahl der beiden V i z «Präsidenten verhalten würde. Die Berechtigung der sozialdemokratischen Partei als der stärksten Fraktion des Reichstages, im Präsidium überhaupt vertreten zu sein, mag von diesem Gesichtspunkte aus anerkannt werden. Aber irgend eine Garantie, den sozialdemokratischen Kandidaten zum ersten Vize präsidenten zu wühlen, ist nicht übernommen, vielmehr ausdrücklich erklärt worden, dasz hierfür keine Mehrheit in der Fraktion vorhanden sei. Da gegen wurde in Aussicht gestellt, daß — vorbehaltlich der Besetzung der beiden ersten Stellen — bei der Wahl des zwei ten Vizepräsid enten die national liberale Fraktion nahezu einmütig für den Sozial demokraten stimmen werde Es ist also über die Haltung der nationalliberalen Fraktion nicht der geringste Zweifel gelassen worden, so dasz es unrichtig ist, wenn rn der Presse gesagt wird, sie zei eine miß verständliche gewesen Nach der Wahl des Herrn Spahn zum Präsidenten ergab sich eine durchaus neue Situation. Da die rechtsstehenden Parteien als ersten Vizepräsidenten Herrn Dietrich, als zweiten Herrn Paasche zu wählen beabsichtigten, trat nunmehr die Gefahr eines Prä sidiums der Rechten unter Anfügung eines national liberalen Anhängsels in greifbare Nähe. Dieser Ausgang mußte in erster Linie verhindert werden und die nationalliberale Fraktion konnte sich nun mehr entschließen, einen Sozialdemokraten zum ersten Vizepräsidenten zu wählen, weil durch die Wahl des Herrn Spahn ein sogenanntes „Eroßblockpräsidium" mit seiner ganzen, oben angedeutcten Unmöglichkeit ausgeschlossen war. Der Grundsatz, daß bei der ein mal geschaffenen Sachlage dre Sozialdemokratie im Präsidium vertreten sein müsse, wird bei ruhiger Ucberlegung gebilligt werden können. Er entspricht schließlich dem Gesühle der Billigkeit: ebenso auch der Notwendigkeit, die numerisch stärkste Partei des Reichstages zu zwingen, an der Leitung der Geschäfte teilzunehmen und sich damit selbst für eine ordnungsmäßige Erledigung der Reichs- tagsgeschäste einzusetzen. Demgegenüber ist denn doch festzustellen, daß von Einigkeit, wovon in dem Schreiben mehrfach die Rede ist, bei der Abstimmung, aus der Herr Scheide mann hervorging, wirklich nichts zu spüren ist. Die „Deutzche Tagesztg." weist darauf hin, daß es noch keineswegs sicher ist, daß die Neuwahl des Präsidenten bereits am Dienstag erfolgt. Sie schreibt: „Manche meinen, daß diese Wahl schon in der nächsten Sitzung des Reichstages am Dienstag vorgenommen werden könne. Das ist nicht möglich. Der Reichstag kann nur über das verhandeln, was ails der beschlossenen und verkündeten Tagesordnung steht. Die Wahl des Präsidenten muß also zunächst aus die Tagesordnung gesetzt werden und kann sonach frühestens in der übernächsten Sitzung des Reichstages erfolgen. Diese Sitzung kann allerdings schon kurze Zeit nach der nächsten Sitzung anberaumt werden. Sich in Vermutungen darüber einzulassen, ob das geschehen werde oder nicht, hat keinen Zweck. Jedenfalls wird der Reichs tag die Freude und Ehre haben, unter dem Prä sidium des Genossen Scheidemann die nächste Sitzung abzuhalten. Man darf wohl annehmen, daß er in sachliche Beratungen nicht eintreten, sondern sich darauf beschranken wird, eine neue Sitzung mit der Tagesordnung: „Wahl des Präsidenten" an zuberaumen." - - - —tlr.' " Zum Rücktritt des Reichstagspräsidenten Spahn schreibt das führende Blatt des Zentrums, die „Germania": Damit ist eine neue, aber klare Situation geschaffen, wie wir sie von Herzen freudig begrüßen, wenn auch damit das Zentrum auf die „Ehre" ver zichtet, in diesem Reichstage im Reichstaas präsidium die erste Stelle einzunehmen. Der sozialdemokratische erste Vizepräsident Scheidemann, der mit 188 gegen 174 -f- 3, also mit nur 11 Stimmen Mehrheit gewählt worden ist, hat es abgelehnt, die dem Reichstagspräsidium durch einen feit mehr als vierzig Jahren geübten und damit gewissermaßen zum Gesetz erhobenen Brauch obliegenden Repräsen- rationspslichten, insbesondere gegenüber dem Kaiser, zu erfüllen. Die Sozialdemokraten haben das bisher stets verweigert, und wegen dieser Weige rung sind sie auch bisher stets vom Präsidium aus geschlossen morden. Insbesondere hat die Zentrums traktion stets diesen Standpunkt vertreten, dem der verstorbene Zentrumsführer l)r. Lieber gelegent lich auch öffentlich Ausdruck gegeben hat. Die Zentrumssraktion folgt also lediglich der bis zum gestrigen Tage sestgehalienen Tradition des Reichstags und den eigenen Grundsätzen, wenn der Abg. >»r. Spahn das Präsidium niederlegt, nach dem ein Sozialdemokrat zum ersten Vizepräsidenten gewählt morden ist, der die Uedernahme der höfischen Reprasentationspflichten verweigert hat. Der Abge ordnete Dr. Spahn konnte bei der Annahme des Reichstagsvräsidiums nicht wissen, daß der erste Vizepräsident ein Sozialdemokrat sein werde: der nationalliberale Abgeordnete Dr. Paasche aber wußte es, und er ließ sich trotzdem zum zweiten Vize Präsidenten wählen! LschMche parlsmrntswoche. >Von unserer Dresdner Redaktion.) V o l k s s ch u l re f o r m hieß die Parole dieser Woche, und nun sind auch sie vorüber, die Tage, denen das ganze Sachsenland, Beufene und Laien, mit so großen Erwartungen entgegcngcsehen hatte. Der Vorhang ist gefallen, und hinter ihm sott das wichtigste Werk dieser Tagung, der Entwurf , eines neuen VolksschulHesetzes, seiner definitiven Gestaltung cntacgenaesührt werden. Wer von diesen zweitägigen Verhandlungen etwa leidenschaftliche Bilder und Szenen einer heißen Redeschlacht erwartet hatte, ist jedenfalls nicht aus seine Kosten gekommen. Gewiß gab es Momente, in denen die Ueberzeugungcn hart aneinander gerieten, im allgemeinen aber bewegte sich die Debatte über eine an so tiefgehendem Konfliktsstoff reiche Materie in ruhigen Bahnen. Und wie war das Ergebnis? Zunächst herrschte im Hause unstreitig der Eindruck und die Auffassung vor, daß die Regierung im Entwürfe mit Fleiß und bestem Wollen zusammengetragen und geboten, was an erfüllbaren Wünschen und Forderungen in den letzten Jahren an sie heranaetreten und was ihr nach ihrer Ueberzeugung zu geben irgend möglich war. Strittig« Punkte, zu deren Beilegung beider seits großes Enlgegenkommen nötig sein wird, bilden nur die Fragen der Einführung der allge meinen Volksschule und der Beseitigung des Schulqeldcs. Hierin stehen der Regierung nur di« Konservativen zur Seite und sic dürste in den weiteren Verhandlungen gewiß keinen leichten Stand haben. Aber nicht allein von ihr. auch aus der Mitte des Hauses selbst ist während dieser Bc ratungen der Satz ausgestellt worden, daß das Gc- deihcn eines großen. Io verschiedenartigen Interessen Rechnung tragenden Werkes vorau»setze ein« Be- Lelpriger Tageblatt. schränkvna feffkich« WAnk^e auf das mit Rücksicht auf die Allgemeinheit Mögliche und daß Ueber- spannung der Forderungen zeden Fortschritt in der gesunden Entwick.ung hindern müße. Die Be tätigung dieser vernünftigen Auffassung wird bei der Lösung dieser beiden Koniliktsfragen kräftig einsetzcn müssen, soll nicht, wie Abg. Hettner erklärte, an diesen Problemen das ganz« Gesetz scheitern. Bei den andern, weniger grundsätzlichen Streitpunkten wird zweifellos eine Einigung erzielt werden können. Der Volksschulentwurf stellt an die Spitze die sittlich religiöse und vaterländische Erziehung. Er hält fest an den unerschütterlichen Grundlagen jeder menschlichen und sittlichen Ordnung und will die wirksame Entfaltung nicht nur der geistigen, sondern mehr als bisher auch der körperlichen Kräfte ins Auge fasten. Daß bei dieser sittlichen und religiösen Tendenz der Gesetzesvorlage die äußerste Linke als fanatischer Gegner austreten würde, war zu erwarten, sie würde andernfalls, um ein vielbenutztes Wort anzuführen, ja den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Der Minister konnte jedenfalls gegen Schluß der Debatte feststellen, daß die Vorzüge des Entwurfs mehr oder weniger Anerkennung gefunden haben, und daß die konservative Partei fast vollständig auf dem Boden des Entwurfes stehe. Daß er dabei Ge- lcgcnbeit nahm, verschiedenen Wünschen des Abg. Dr. Scyfert nicht nur sein« Billigung, sondern auch tunlichste Berücksichtigung auszusprechen, darf als ein weiteres Anzeichen für einen befriedigenden Abschluß des Reformwerkes aufgefaßt werden. Den letzten Tag der Parlamentswoche füllte aus di« Schlußberatung über das Dekret betreffend die Zusammensetzung des Landtagsausschusses zur Ver waltung der Staatsschulden und die Beratung des Reichszuwachssteuergesetzes, die jedoch keine be merkenswerte Debatte brachte. —o— Der SIMlutz Les Msrokko- hanLels. 2n sechs Tagen hat der französische Senat das große Werk vollendet, und als am Sonnabend abend 222 Senatoren für und 48 gegen die Unterzeich nung des deutsch-französischen Abkommens ihr Votum abgaben, da setzten sie den Schlußpunkt unter eine Epifode, die lange Monate hindurch die Köpfe der Diplomaten und die Gemüter der Vö ker erregt hatte. Die Verhandlungen der ersten Kammer der Republik waren während der ersten Verhandlungstage recht unauffällig und ohne be sondere Höhepunkte dahin geplätschert und erst als Stephan Pichon seine Anklagerede gegen seinen früheren Ministerkollegen Caillaux losweiterte, kam es zu den ersten Sturmszenen im Senat. Der Abschlußtag bot dann eine Reihe geradezu tragischer Momente. Schon die Absicht der Regierung, im Senat bei der Abstimmung die Vertrauensfrage §u stellen, zeigte, wie ernst das „große Ministerium" und jein Leiter Poincarö die Angelegenheit nahmen, und wie große Widerstände man noch in letzter Stunde fürchten zu müssen glaubte. Und Porn- cards von mühsam verhaltenem Groll durchsetzte Staatsmannsrede bot ebenso wie des alten Feuer kopfes El einencenu Fanfaronade Momente dra matischer Spannung. Ohne die eindringlichen Worte Poincarös, in denen der Staatsmann den Parteipolitiker wenn auch mit sichtlicher Mühe zurückdrängte, und ohne die drohende Vertrauensfrage hätte der Vertrag wohl kaurwdi» große Mehrheit gefunden, die di« Regierung nicht ohne Grund für wesentlich halten mußte. Wenn es sich die Herren Senatoren aber in Ruhe überlegen — in Frankreich überlegt man aber nicht gern ruhig und besonders nicht, wenn man Volksvertreter ist —, so werden sie zu der Ueberzeugung kommen, daß diese Zustimmung zu dem Abkommen die einzig mögliche, aber auch die einzig vorteilhafte Erledigung der ganzen Angelegenheit war. Auch in Deutschland wird man wohl damit zufrieden sein, daß die leidige Marokkoangelegenheit endgültig abgetan ist und wir möchten einstweilen annehmen, daß die französische Re gierung trotz allem, was Heißsporne in den letzten Tagen der Senatsverhandlungen gewettert haben, ernstlich ver suchen wird, die Bestimmungen des Abkommens in durchaus loyaler Weise zur Ausführung zu bringen. Aber eines haben dce Sonnabendverhandlungen mit absoluter Deutlichkeit wieder gezeigt: Das Mißtrauen und die Abneigung gegen Deutschland schießen jenseits der Vogesen immer noch üppig ins Holz. Wenn PoincarL meinte, internationale Verträge gelten nur insoweit, als sie angewendet werden und hängen von der dauernden oder zufälligen Stim mung der Unterzeichner ab, so können wir Deutschen eine derartige Auffassung der Vertragstreue nicht zur unsrigen machen, sind aber für alle Fälle gewarnt. Auch die Erinnerung Poincares an die „un vergeßliche Trauer" Frankreichs gibt zu denken. Und erst Clemenceau! Er nennt das Abkommen „nur eine Tagesrast", ein Monstrum! Er überbot sich geradezu in leidenschaftlichen Angriffen gegen den Vertrag uud bewies seine Abneigung auch durch seine Abstimmung. Ob es mehr Ueber zeugung war oder mehr Pose, mehr Berechnung auf das französische Volksempfinden, das ihn denn auch bereits als einzigen Patrioten preist, sei dahingestellt. Jedenfalls ist solchen Ausbrüchen gegenüber feste ruhige Wachsamkeit geboten. » * Die französische Presse. Paris, 11. Febr. lTel) Die Morgen presse bringt ausführliche Artikel überdas infolge der gestrigenAbstimmungdesSenats nunmehr end gültig z u st andegekom mene deutsch französische Marokkoabkommen. Das Charak teristikum aller Preßstimmen bildet die lobende Erwähnung der Rede Clemenceaus, welche als eine große patriotische Tat hingestellt wird Der „Matin" äußert sich u. a. wie folgt. „Es ist eine seltsame Sache, daß die Männer, die mit ihrem Haß und ihrem Zorn aufeinander gestoßen sind, im Grunde alle für dieselbe Sache gearbeitet haben: nämlich für die Er weiterung der französischen Kolonialpolitik. Jeder einzelne hat einen anderen Gedanken gehabt, aber im gründe genommen sind alle auf das gleiche Ziel zumarschiert. Jeder hat sich täuschen können, aber alle haben die Vergrößerung des Landes und der Nation im Auge gehabt. Warum also heute Oppo sition machen? Die Geschichte ist die beste Beweis führerin. Sie wird zeigen, daß jeder Recht gehabt hat. Auf der Spitze des Gebäudes aber wird trotz aller Angriffe die französische Flagge wehen." Der „Excelfior" schreibt: „Das Abkommen ist angenommen worden, da jeder andere Beschluß absurd gewesen wäre. Clemenceau hat dem Staate durch seine gestrige Rebe einen großen Dienst geleistet, indem er viele Mängel des Vertrages hervorgehoben hat. Aber eigentlich war das unnötig: denn da der Vertrag angenommen werden sollte, hat Clemenceau ge wissermaßen nur dem Gegner Argumente geliefert. Er tat zerstört, ohne aufzubauen. Aber weder Clemenceau noch der Senat sind aus den De batten der letzten Tage ohne Makel hervorgcaangen. Der Vertrag, der nach zehn Jahren hefttger Kämpfe zustande gekommen ist, bedeutet immerhin einen großen Erfolg." Das „Echo de Paris" sagt: „Die Redner aller Parteien haben gestern mit Resignation ihre Stimme für den Vertrag ab gegeben. Der Senat beugte sich einfach einem twt rtccompb, adernichtohne Bedauern. Clemenceau hat in seiner Rede viele Mängel des Vertrages aufgedeckt." „Petit Parisien" führt aus: „Es war nicht anders »u erwarten, al» das der Vertrag angenommen wurde: denn wenn er abge lehnt worden wäre, so würde auf aller Lippen die Frage geschwebt haben: „Was wäre dann geworden?" Eines ist gewiß: Die Ablehnung des Vertrages hätte Europa sehr große Wirrnisse gebracht. Der Vertrag wird unserer kolonialen Ausdehnung dienen und die Einigkeit unseres afrikanischen Reiches ver bürgen. Schauen wir mit Vertrauen in die Zukunft." „Paris Journal" meint: „Wenn man die Angelegenheit politisch be trachtet, so ist der Zustand, wie durch die Annahme des Vertrages jetzt geschaffen ist, für Frankreich kaum günstig zu nennen. Die Zukunft birgt eine Fülle von Gefahren in sich, die sich, sobald der Vertrag in Kraft getreten sein wird, geltend machen werden. Auch eine ökonomischeGezahr ist für die Zukunft vorhanden. Wie es möglich war, einen derartigen Vertrag zu unterzeichnen, ist uns unbegreiflich. Frankreich hat darunter zu leiden, daß die Debatten über den Vertrag seinerzeit unter vollständigem Ausschluß der Oeffentlichkeit stattgefunden haben. Frankreich hat in seinen Beziehungen zu Italien und Spanien eine Einbuße erlitten und zu Belgien sind die Beziehungen auch nicht mehr so freundschaft- jich wie bisher. Clemenceau war der einzige Mann, der Frankreich vor dem Eingehen eines solchen Vertrages retten wollte." Der „Figaro" erklärt: daß die Arbeiten der letzten Tage gezeigt haben, daß das Abkommen für Frankreich ein großes Opfer bedeutet. Auch jetzt nach dem endgültigen Abschluffe seien verschiedene Fragen noch nicht erledigt. So bietet z. B. die Frage der Aufrechterhaltung der deutschen Posten noch eine von den Schwierig keiten, die nunmehr entstehen werden. Auch habe die Rede Clemenceaus gezeigt, daß der Vertrag zahl reiche Mängel aufweise. Deutsches Reich. - Leipzig, 12. Februar. * Di« Prinzessin Viktoria Luis« non Preußen ist am Sonnabend nachmittag um 3 Uhr 25 Min. vom Anhalter Bahnhof nach Celerina abgereist, wo sich bekanntlich das Kronprtnzenpaar zurzeit befindet. Der Kaiser geleitete dre Prinzessin zur Bahn. * llnterstaatssekretitr Richter bleibt. Die Nach richt, daß der Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern, Wirklicher Geheimer Rat vr. Richter, aus diesem Amte schiede, entbehrt jeder Begründung. * Das neue Reichs» und Staatsangehörigkeit»- aesetz mit seinen Nrbeiiaesetzen ist nunmehr dem Reichstage zuaeaangen. Die Grundzüge des Gesetzes sind bereits halbamtlich bekanntgegeden * Deutschland und da» Vorkaufsrecht auf Spanisch- Guinea. Gelegentlich de» Abschlüsse» de» Marokko Der englilche Seluch. Ueber den Besuch des Lord Haldane geht der „Tgl. Rdsch." eine als offiziös anzusprechende Erklärung zu, in der es heißt: Nachdem die englische Regierung erklärt hat, daß Lord Haldane in Berlin politische Gespräche fuhren werde, stellt man auch im Aus wärtigen Amt nicht mehr in Abrede, daß der Besuch des englischen K ri egs- ministers in Berlin politische Bedeu tunghat. Absurd wäre es aber, zu glau ben, daß cs sich bei den Gesprächen um Fragen der Rüstungseinschränkung handelt. Daß es sich darum nicht handeln kann, geht ja schon aus der Rede hervor, die Churchill in Glasgow gehalten hat. — Deutschland hat aber wahrgenommen, daß sich seit einiger Zeit in England gewisse Anzeichen bemerkbar machen, das; dort der Wunsch besteht, mit uns in ein freundlicheres Verhältnis zu kommen. Tas sieht man hier natürlich sehr gern, und so ist es nur zu begrüßen, wenn Lord Haldane seine An wesenheit in Berlin dazu benutzt, den Boden für eine solcheVerständigungzu son dieren und fcstzustellen, auf welche Weise man in den Beziehungen der beiden Länder aus den bloßen Worten heraus und zu positiven Ergeb nissen gelangen könne. Ueber den Aufenthalt Sir Ernest Cas sels in Berlin werden dem Hirschschen Tele graphenbureau von vertrauenswürdiger Seite folgende Mitteilungen gemacht: Sir Ernest Cassel, der Sonnabend mittag erst Berlin wieder verlassen hat, hat während der ganzen Zeit im Hotel Adlon gewohnt, wo über seinen Aufenthalt die strengste Diskretion beobachtet wurde. Er hat das Hotel nicht einen Augenblick verlassen. Alle wichtigen Konferen zen haben bei ihm im Hotel stattgefundcn. Sir Ernest Cassel konferierte mit drei Herren, und zwar mit dem englischen Kriegsminister Hal dane, mit dem englischen Parlamentsmitglieds Admiral Lord Beresford und noch mit einer dritten Persönlichkeit, deren Name geheim gehalten wird. Die Besprechungen mit dem eng lischen Kriegsminister haben zeitweise drei Stun den in Anspruch genommen. Haldanes Besuch in Berlin und die französisch englischen Beziehungen. Wie der „Wiener Allgemeinen Zeitung" ans Paris von besonders gut informierter Seite mit geteilt wird, hat die englische Regierung die französische Regierung von der Berliner- Reise des englischen Kriegsministers Haldane schon vor einigen Tagen in Kenntnis gesetzt. Dieser Vorgang wird darauf zurück- gefül>rt, daß die englische Regierung nicht be absichtige, eine AenderungihresKur- ses in der auswärtigen Politik ein tret en zu lassen. Das englische Kabinett hält an dem Standpunkte fest, welchen Sir Edward Grey in seiner bekannten Rede genau präzisiert hat, da hingehend, daß England zwar gewillt sei, neue Freundschaften zu erwerben, aber nicht um den Preis der alten Freundschaften. Dagegen ist unter Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes eine Verständigung mit Deuts ch la nVnicht ausgeschlossen. Tas Hauptaugenmerk wird aber auf das Festhalten an der Tripleallianz gerichtet. Auch die Reise des Kriegsministers -Haldane wird darin keine Aenderung schaffen. Montag, 12. Februar »912. abkommens und der Abtretung eines Teiles von Französisch-Kongo an Deutschland, ist auch die Frage aufgeworfen worden, was mit der kleinen franzo. fischen Enklave Spanisch-Guinea, die im Süd westen an Kamerun grenzt und jetzt nun ganz vom deutschen Kolonialbesitz etngeschlohen ist, geschehen wird. Frankreich hatte em Vorkaufsrecht auf Spanisch-Guinea, das jetzt natürlich hinfällig ist. Allgemein wurde angenommen, daß das französische Vorkaufsrecht nun auf Deutschland übergeganaen ist. 2n dieser Annahme scheint man sich getäuscht zu haben. Die „Tgl. Rdsch." hört nämlich von ein- geweihter Seite, daß Spanien das deutsche Vor- kaufsrecht nicht anerkennt und überhaupt nicht die geringste Neigung zeigt, die Enklave an Deutsch land zu verkamen. * Neuaufstettung einer landwirtschaftlichen Be rufsstatistik. Wie wir hören, wird die landwirtschaft liche Berussstatistik eine Neuausstellung erfahren, die einem lange gehegten Wunsche landwirtschaftlicher Kreise und Interessenten entsprechen dürfte. Das bisherige Material ter landwirtschaftlichen Berufs zählungen soll mit tunlichster Beschleunigung zu sammengefaßt, vergleichsweise bearbeitet nnd mit graphischen Tafeln usw. der Oeffentlichkeit zugängig gemacht werden. Das Kai serliche Statistische Amt wird bei den Zu sammensetzungen in Zukunft Mitarbeiten, was einem Wunsche des Landcsökonomiekollcgiums entspricht, das an den preußischen Landwirtschaftsminister die Bitte gerichtet hatte, bei der Reichsregierunq Entiprechen- des zu beantragen. * Die Tagesordnung der nächsten Herrenhaus sitzung. Wie uns mitgeteilt wird, stehen für die nächste Sitzung des preußischen Herrenhauses am 7. März u. a. folgende Gesetzentwürfe auf der Tagesordnung: 1) „Ueber die Ausübung der Armen pflege bei Arbeitsscheuen und fäumigen Nähr pflichtigen", 2) „Ausführungsgesetz zur Maß- und Gewichtsordnung", 3) „Vertretung der Äerliner Synagogen-Gemeinde", 4) „Aenderungen der Amts- gerichtsbezirke Dirschau und Pr.-Stargard (West- preußen), sowie Mewe und Neuenburg (Schlesien)". * Thüringen und die Reichsversicherungsordnung. Zwischen den Staatsleitungen der beiden reußi - schen Fürstentümer und dem Herzogtum Sachsen-Altenburg sind gegenwärtig Ver handlungen im Gange, die die Errichtung eines gemeinschaftlichenOberversicherungs- amtes zum Ziele haben. Wie verlautet, ist die Initiative hierzu von den reußischen Regierungen ausgegangen, vermutlich auf Anregung des früheren Reichstagsabgeordneten für Reuß-Eera, Lanürat Horn, der bekanntlich hervorragenden Anteil an dem Zustandekommen der Reichsversicherungsordnung gehabt hat und auch hinsichtlich der Richtlinien für den organisatorischen Ausbau der Versicherungsord nung mitbestimmend gewesen ist. Die ursprüngliche Absicht, für ganz Thüringen ein gemeinschaftliches Oberverslcherungsamt zu schaffen, hat sich als un durchführbar erwiesen, weil einig« Regierungen der thüringischen Staaten, vielleicht nicht mit Unrecht, kleinere Verwaltungsgebiete für die Oberversiche rungsämter für zweckmäßiger erachten. * Um das langfristig« Kreditgeben der Handwerker einzuschränken, hat der Zentralausschuß der Ver einigungen der Lack- und Farbenbranche Deutschlands in seiner Präsidialsitzung am 2. Februar d. I. beschlossen, an die vereinigten Handwerkerkammern Las Ersuchen zu richten, d>eren Mitglieder zur pünklichen Ausstellung ihrer Rechnungen zu veranlassen. Hierdurch würden die Handwerker in die Lage versetzt, rechtzeitig die Be richtigung ihrer Rechnungen durchsetzen und ihre Lieferungen pünktlich bezahlen zu können. Der lang fristigen Kreditgewährung wäre damit «in Ziel gesetzt. * Die deutsche Post im Auslande. Die Zahl der deutschen Postanstalten in den Schutzgebieten und im Auslande belief sich im Jahre 1908 auf 187. Im Laufe von drei Jahren streg sie auf 219 und zwar gab es 1911 in Deutsch-Ostafrika 40, in Südwest- afrika 68, in Kamerun 33, in Togo 14, in Neu guinea 16, in Samoa 8, in Kiautschau 9, in Marokko 13, in China 13 und in der Türkei 5. Außerdem gab es in den Schutzgebieten 129 Telegraphenanstalten und 123 Fernsprechanstalten, sowie in China 2 deutsche Telegraphenanstalten und eine deutsche Fernsprcch- anstalt. Im ganzen wurde bei diesen außerheimischen Verkehrsanstalten ein aus 192 Mann bestehendes Fachpersonal beschäftigt. Ausland. Dänemark. * Befinden des Königs von Dänemark. Die Nachrichten über das Befinden des Königs lauten weiter günstig. Das Fieber hat nachgelassen, der Appetit stellt sich wieder ein und der hohe Patient beginnt bereits wieder reges Interesse für die «taats- geschäfte zu zeigen. Italien. * Keine Spaltung in der italienischen Sozial demokratie. Die sozialistische Kammerfraktion, die am Donnerstag nach der in Bologna abgebaltenen Tagung den Antrag Tal da angenommen hat, der verlangt, das Ministerium Giolitti zu be kämpfen, weil es für Len Tripolisfeldzug und die Art und Weise seiner Durchführung verantwort lich sei, gab der Minderheit dann die Freiheit, in der Kammer zu stimmen, wie sie will, weil sie sonst aus der Fraktion ausgetreten wäre. Damit ist die drohende Spaltung verhütet. Spanien. Unzufriedenheit über die innere Politik Spaniens. Der Bürgermeister der spanischen Hauptstadt, Franco Rodriguez, der früher Chefredakteur des „Heraldo de Madrid" und ein bekannter Abgeordneter war. hat leine Entlassung als Bürgermeister von Madrid ge geben. Der Grund zu der Demission liegt in der Unzufriedenheit mit der vom Kabinett Canalejas befolgten inneren Politik. Portugal. * Exkönig Manuel hofft. Die Agitatoren der Royalisten verbreiten in Tausenden von Exemplaren besonders im Norden des Landes einen Brief des Exkönigs Manuel, in dem es unter anderem heißt, daß Manuel die Hoffnung hegt, sein Land in nicht allzu langer Zeit wieder begrüßen und die Zügel der Regierung ergreifen zu können. Das Schreiben des Exkönigs hat zu neuen Bewegungen Anlaß gegeben. Da für die nächste Zeit Unruhen und Ausschreitungen erwartet werden, hat die Regierung abermals Truppenverstärkungen nach den nördlich gelegenen Provinzen abgehen lassen. Rumänien. * Königin Elisabeth erkrankt. Die Königin Elisabeth ist an einer Erkältung erkrankt, die sie zwingt, einige Tage das Bett zu hüten. kiov dtttislicko I-iilllllrur mit ^ssmsnnsdlin»er natUiIieb. clekt äusser. M^Wi tteill llsMrliebs k'vllnll?. mit votilrlioder aaxore clnrt. Lroseblire mit lieOdvrioütl'll », >r7.l-liut»cdton krei. »ososr bkMMkknfl. kmmüuui >. Neil Depot Teixr»-. OttoWeisenor LV»., >itzolamtr.8. Del.835.
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