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Bezug--Preis sür L«tp»ta »nd Voran« durch »ft» IrSarr uud bo«dtt«ar» Lmal «-glich t«»x,au» „bracht «I Vk. manatU L7V »«. vierttUährl. tk«t a»I«ra tzlttatra ». Nn- nahmestrllei» adgcdoU IS VI. «oaatl., 2.»»». ot«Nrll-hrl. »urch »l« V»«r tnn«rhald Druttchlanb» and der deutschen «olanten »teneliahrt. r.«U M»„ manatt. :.»><»». aueicht. Vottdelleüaeld Ferner m Belaien, Dänemark, den Donauliaaten. Jtalten, Luiemdura. !ttled«lland», Nur» wegen O»F»r,»ich. Unaorn. Rußland. Schweden VLweu a üpanten. 2n allen übngen Staaten nur direkt durch di« ibrichatteftelte de» Blatte» erhältlich. Da» U«tp,tg«r Tageblatt »rlchetnt Lmal täglich. Sonn» n. Feirnag» nur morgen». läbonn«ment»»>tlnnodm« A»d»na>»gaii» b, bei unleren Tragern, Filialen. Spediteuren und Lnnahmeltellen. lowt« Bollämtern und Bneiträgern. Sinjekoerkausipret» kl) Bl- Morgen-Ausgabe. MipMerTagMM s 14 SS2 l«»chta»lchl»tt s 14 6S2 (Nachtanlchlu» Tel.-Änschl ^ 14 883 Tel.-Anschl.^ 14 883 Amtsblatt des Aales und des Nokizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis «, Inserat» au» kleid,m und Um„du»> dt« >lpalNg»B»titt«»l, »Ps die lSeklaiu«- »eil» 1 Mk. »d" au»wärt» SV Ps, «ektamn« 1Ä Mt. Inierat« von Behoiden »m amt lichen Teil dl« Brtitj.il« S>> Ps <re>chäft»an,eigen mit Biadvorlchrtste« im Brette «rhShi. Rabatt na» Tarts Bella,»gebakr Le,amd. auslag« S Mk d Taulend erkl. Postgedühr. Irildetlagr höher. »«»«rt.ilte «usträae können nickt »urilck. ««zogen werden. Flir da» ikrscheinen „ de'timmten Tagen und Plauen wird keine ibarantt« übernommen. Nn,ei,«n.«nnahme: S»d«»ui»«»Ise «, det lamilichen Filialen u. allen Lnnon«». Lrvrdlttonen de» 2a- und lllu.lande» Druck uud Verla, »«» glich«» 4 tkiirft« Inhabern Paul Nllrpe». Nedatti-n ,n» »«schöstoskeller 2ohannt»gall« 8» -au^i. Filiale Dr«o»«n: S.estra»« e. l llelephoa Nr. 77. Mama,, üen 12. /evrnsr ISI2. ISS. Zshrysng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Lencn. Oss Mchtislte. * Freiherr von Hertling hat das neue bayrische Ministerium aus Anhän gern der Zentrumspartei zusammengc- setzt. (S. Lertartikel.) * Die gestrige Versammlung der Na tionalliberalen in Hessen hat sich da für ausgesprochen, daß die Abgeordnete,: Heyl von Hernsheim- Worms und Dr. Becker- Spreudlingcn nicht als N a t i o n a l l i b c- rale betrachtet werden sollen. ^S. Letzte Dep.) * Die AnnahmedesMarokkoabko m- mens durch den französischen Senat wird in der französischen Presse eifrig er örtert. (S. bes. Art.) * Prinzessin Viktoria Luise von Preußen hat sich nach Cclerina zum Kron- prinzenpaar begeben. (S. Dischs. R.) * Einer Breslauer Meldung zufolge beab sichtigen die sozialdemokratischen Ver bände im nächsten Monat einen allge meinen Bergarbeiterausstand für ganz Deutschland, sobald in England der angckündigte Streik ausbricht. (S. Letzte Dep. S. 3.) ! Das neue dsyriNe MinMerium Aus absolut zuverlässiger Quelle erführt unser Münchener st.-Mitarbeiter die Zusammensetzung Les Ministeriums Hertling. Danach präsentiert sich das neue Kabinett als ein ausgesprochenes Zentrumsmini st e- rium. Ein Privattelegramm meldet uns darüber folgendes: Die Neubildung des bayrischen Ministerkabinetts ist vollzogen. Sie bringt eine große Sensation insofern, als alle bisherigen Minister ab gesetzt und die neuen Männer durchweg Zcntrumsleute sind. Zum Justizminister ist Neichsrat v. Thelcmann, bisher Senats präsident am Münchener Oberlandesgericht, ernannt worden, zum Verkehrsminister der bisherige Nürnberger Eisenbahndirektionspräsident v. Se id le in, zum Finanzminister Staatsrat von Breunig, zum Minister des Innern Freiherr von Soden, der in den maning- fachen Dr. Heim-Prozessen eine Rolle gespielt hat. Zum Kultusminister ist ernannt Mini sterialrat von Knilling. Bezüglia, des K r i e g s m i n i st e r s ist zur Stunde die Entschei dung noch nicht gefallen. Es ist wahrscheinlich, daß der Nürnberger Kommandeur Kreß von Kressen st ein dieses Portefeuille erhält. Falls der Nürnberger Kommandeur ausschcidct, kommt der Würzburger Kommandeur Graf Giro Luümigs Leden unü Werke Bon Professor Dr. Hugo Traut. -Nachdruck verboten.) Der 11. Februar ist der Geburtstag Otto Ludwigs. Im Jahre 1813 wurde er in Eisfeld an der oberen Werra im Herzogtum Sachsen-Meiningen geboren. Er hatte zunächst unter Verhältnissen zu leiden, die seine freie Entwicklung beengten, und mußte eine Jugend durchleben, die teilweise voll war von düsteren und schwer auf ihm lastenden Eindrücken. Er hatte dann zunächst die Absicht, zumal ha den hoch begabten Autodidakten der damalige Herzog von Sachsen-Meiningen mit Geld und Einfluß zu diesem Zwecke unterstützte, in Leipzig unter dem großen Felix Mendelssohn-Bartholdy Musik zu studieren, gab aber dieses Borhaben nach kurzer Zeit auf und widmete sich mit anhaltendem Fleiße der Philosophie und literarischen Studien. Darauf lebte er längere Zeit teils in der Residenzstadt Meiningen, teils in der Schleifmühl« bei Meißen im lieblichen Triebisch- tal, verheiratete sich und siedelte 1850 nach Elbflorenz über, wo er in stiller Zurückgezogenheit lebte. Sein hoher Geistesflug wurde jedoch tragischerweise gerade während der Zeit der blühendsten Entwicklung seiner Kraft und während der reifsten Vollendung feiner literarischen Beschäftigungen infolge körperlicher Leiden so gehemmt, daß auch sein Gemütsleben darunter litt, und er starb auch in Dresden nach langem, schwerem Siechtum am 25. Februar 1865. Im letzten Jahrzehnt seines Lebens war er un ermüdlich damit beschäftigt, di« Geheimnisse der dramatischen Kunst Shakespeares zu ergründen und zu gleicher Zeit Mängel Schillers aufzufind«n. Er griff dessen Schicksalsauffassung leidenschaftlich als griechisch und nicht modern an: er behauptete steif und fest, daß unser volkstümlichster Dichter di« Jugend nicht für das Leben, sondern zur Flucht in Las Reich utopischer Ideale «rzi«he: er warf ihm Mangel an Objektivität und Ueberfluß an Rhetorik vor. zumal die Ein mischung ..des Herzens" ins Großzügige des Geschicht lichen. Nicht, was der Dichter fühlt und denkt, sondern was er sieht, ist nach Ludwig die Hauptsache: „Das einzige Medium, welches einem besonders reichen Ganzen Haltung und Uebereinstimmung geben kann, ist die Phantasie. — Das ist nun wohl richtig gedacht, aber ein episches und kein dramatisches Ideal. Duerkheim-Mon martin in Frage. Sollte Kreß von Kressenstcin Kriegsminister werden, so glbt es noch eine andere hochinteressante Ver schiebung. Kreß von Kressenstein ist jünger als Prinz Rupprecht. Prinz Leopold würde also in diesem Falle im Frühjahr als Inspektor des 1. Armeekorps zurücktreien und Prinz Rupprecht würde diese Stellung übernehmen. Auf der Sonntagnachmittagsparade vor der Feld- herrnhalle brachten verschiedene eingeweihte Beamte plötzlich die Nachricht von der Neubildung des bayri schen Kabinetts. Die Ministerliste zeigte eine so eigenartige Zusammenstellung, dag man die ersten Nachrichten für einen Faschingsscherz hielt. Keiner der in den letzten Knsentagcn genannten Namen stand auf dieser Liste, insbesondere wollte man es nicht für möglich halten, daß tatsächlich alle bis' herigcn Minister abgesägt seien, also euch der Intimus des Regenten, Justizministcr Miltner. Be vor wir auf die einzelnen Personen näher cin- gehen, diene folgendes zur Charakterisierung der politischen Lage: Bayerns neues Kabinett ist zur Hälfte ausgesprochenes Beamten-, zur anderen Hälfte Zentrums Ministerium. Das Zentrums-Dreigestirn Hertling—Soden—Knilling ist das Charakteristikum des neuen Regimes. Wenn auch die anderen neuen Minister in gewissem Sinne weniger ausgesprochene Parteileute find, so ist das jetzige Kabinett eines der schwärzesten in Bayerns bisheriger Geschichte. Jetzt ist in Wahrheit Zentrum Trumpf. Von den neuen Ministern ist wohl das unbe schriebenste Blatt der neue Kultusminister, Ministerialrat von Knilling. Pas Erbe Weh ners übernimmt ein Mann, der :n gewissem Sinne als modern angesprochcn werden darf und sich als Inhaber des Universitätsreferats un streitig Verdienste erworben hat. Schon als junger Student zeigte er hervorragende Befähigung. Er genoß seine Ausbildung im Maximilianeüm, wurde Asseßor in Rosenheim, bald darauf als Negierungs assessor in das Ministerium des Innern berufen und avancierte dann zum Lezirksamtmann in Vilshofen. Von hier kam er als Reaierungsrat in das Kultus ministerium, wo er zum Ministerialrat aufrückte und jetzt an die Spitze dieses Ministeriums tritt. Knilling hat die 50 noch nicht überschritten und dürfte die von Wehner einseitig behandelten Univ ersi- tätsfragen von einem höheren Ge sichtspunkte aus behandeln. Die zweitinteressantcste Persönlichkeit ist der neue Justizminister Reichsrat von Thelemann. Er ist der einzige Protesta » t der Hertlinggesolgschast. In seiner 20jährigen Tätigkeit als Persoiralreferent im Justizministerium hat er sich Verdienste erwor ben, die durch seine Ernennung zuerst zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dann des obersten Landes gerichts anerkannt wurden. Thelemann hatte kürzlich die undankbare Aufgabe, die Eigenmächtigkeiten des Justizministers Miltner in der bekannten Dreier- juristen-Frage Lurch Len Entwurf einer neuen Prü- zungsor-nung einigermaßen auszugleichen. Tele mann zählt etwa 60 Jahre. Der Ruf eines Akten Menschen haftet dem neuen Finanzminister Staatsrat von Breu- n i g an. Seine Karriere hatte nur folgende Etap pen: Rat am Verwaltungsgerichtshof, Berufung in das Finanzministerium. Er hat als Nachfolger des von allen Parteien als tüchtig anerkannten Finanz ministers von Pfaff einen besonders schweren Stand. Nachfolger des bcstg.haßten Mannes des alten Kabinetts, des Vcrkehrsministers Frauendorfer, wird der Nürnberger Eifenbahndirektionspräsident vonSeidlein, ein ausgesprochener Zentrums mann, von dem schon oft die Rede war, ein Freund Und so hat er denn wirklich sein Bestes in seinen Novellen gegeben. In „Heiterethei und ihr Wider spiel" gibt er eine bis ins kleinste genaue Schilderung Les thüringischen Dorflcbcns. Die Heldin ist ein ein faches Landmüdchen, das sich vor den begüterten Damen nicht beugen will und schließlich mit dem gleich biederen und gleich trotzigen Fritz glücklich wird. 1857 vollendete er die psychologisch gewaltige, packende, von unermeßlicher Tiefe und unerbittlicher Folge richtigkeit der Charakterentwicklung zeugende Erzäh lung „Zwischen Himmel und Erde". Der Kampf zweier Brüder aus einer Dachdeckerfamilie um die von beiden geliebte Frau bildet die Katastrophe: der eine stürzt ab, der andere entsagt. Außer „dramatischen Studien" und drei Dramen, die unvollendet geblieben sind, hat Ludwig geschrieben das Schauspiel „Das Fräulein von Scuderi", in dem er sich besonders vom Schillerschen „Don Carlos" ab hängig zeigt, und zwei Trauerspiele, von denen „Der Erbförster" 1850 und „Die Makkabäer" in der neuesten Bearbeitung, der dritten, 1852 vollendet wurden. Das erstere hat seinen Namen an einem Tage groß ge macht. Es ist von den Bewegungen des Revolutions jahres beeinflußt. Der Konflikt zwischen dem Förster und seinem Herrn bricht infolge der Frage aus, ob „durchgeforstet" werden sott oder nicht und führt durch verhängnisvolle Zufälle zu den tragischsten Folgen. Die Intrige ist mehr als kompliziert. Der Inhalt ist ähnlich dem eines Schicksalsdramas. Die Charakte ristik ist in höchstem Grade vollendet und eindrucks voll. Wenn dieses Stück auch nicht als häufige Kost des Theaterpublikums und einer Bühn« dienen kann, die noch andere literarische Verpflichtungen fühlen muß, so wird es doch von Zeit zu Zeit immer wieder aufs neue verlangt werden, und einen Schauspieler von Mark und Kraftfülle wird die Rolle des Erb- försters immer als eine der höchsten Aufgaben seiner Kunst reizen. Ludwigs „Makkabäer" können noch heute aktuelle Kraft haben und dazu dienen, unserem Volke einen Spiegel oorzuhalten, in dem cs sich selbst schaut: denn «s ist in einem erschreckenden Maße auf oem Stand punkte des ödesten Materialismus angelangt, dessen geschichtliche Analogien -en unwiderleglichen Beweis liefern, daß in einer solchen Zeit für ein ganzes Volk die größte Gefahr besteht, daß es seine politische Freiheit und Selbständigkeit verliert. Darum wehe Pichlers. Er wird dem Zentrum sicher in allen Fra gen entgcgcnkommcn, die Frauendorfers Sturz und damit auch die Auslösung des Landtags und den To des alten Kabinetts h-rbeigcführt haben. Seidlein ist auf sozialpolitischem Gebiet versiert und gilt veriehrspolitisch als beschlagen. Besonders überraschen muß die Berufung des Frei- Herrn von Soden als Minister des Innern. Er ist jener Mann, der hinter den Kulissen der Zen- tvumsxartei der eigentlich: Lenker und Diplomat war. Des Bauernführers Dr. Heim erbittertster Gegner zieht mit Soden in das neue Kabinett ein. Ucbcr das Portefeuille des Kriegs ministeriums si d bis >ur S'unde die Würfel noch nickt gefallen. Hohe Militärs versickerten mir wiederholt, daß der Nürnberger Kein Mandant Kreß van Kressenstein in erster Linie al-' N ich- folger d^s Grffen Horn in Bet acht komme. D r ver dienstvolle Brigadier steht im 56. Lebensjahre, stammt aus einer alten Soldatenfamilie und war bereits im Kricgsministerium tätig. Neben ibm wird als neuer Kriegsminister Graf Ducrkhrim Monnvartin, zurzeit Brigadier in Würzburg, genannt. Daneben erhalten sich die Gerüchte aufrecht, daß vorläufig Graf Horn, der bisherige Kriegsminister, im Amte verbleiben werde, jedoch könnte dieses Ver bleiben, wie wir mit aller Bestimmtheit zu er klären in der Lage sind. nurvonkurzerDauer sein, denn es ist jetzt schon absolut sicher, daß im Frühjahr PrinzLeopold von der Inspektion des 1. Armeekorps zurllcktritt, Prinz Rupprecht sein Nachfolger wird und Graf Horn an Stelle des Prinzen Rupprecht kommandierender General des 1. Armeekorps wird. Die bisherigen Minister haben sich wenigstens im Fallen solidarisch gezeigt und sind den Lockungen des neuen Ministerpräsidenten, die besonders an die Adressen der Herren Brettreich, Millner und Wehner gerichtet waren, nicht gefolgt. Spät kam die Er kenntnis, doch sie kam. Var üer Nenmshl. Die durch den Rücktritt des Abgeordneten Spahn vom Amte des Präsidenten des Deutschen Reichstags geschaffene Lage bildet naturgemäß den hauptsäch lichsten politischen Diskussionsstoff in diesen politisch so außerordentlich bedeutungsvollen Tagen. Daß das am Freitag gewählte Präsidium des Reichstages, in dem neben dem Zentrum die Sozialdemokraten und die Nationalliberalen vertreten waren, nicht von langem Bestände sein würde, haben wir sofort nach seiner Wahl festgestellt. Daß aber nach den Aeußerungen der einzelnen Parteiblätter der verschiedensten politischen Richtungen die nach dem Rücktritt Spahns entstandene Situation die bür gerlichen Parteien immer noch nicht zur Besinnung kommen zu lassen scheint: das ist das Bedauerliche an der ganzen Angelegenheit. Die nationalliberale Partei mag aus dem Zureden des Berliner Tageblattes und seiner Gesinnungs genossen ersehen, wohin sie die Taktik der letzten Tage führt. Ernste Bedenken werden gegen die Unschlüssigkeit und Unzuverlässigkeit der national liberalen Reichstagssraktion im eigenen Partei lager laut. Das große rheinische Organ der Na tionalliberalen, die „Kölnische Zeitung" erklärt, wie wir, schon mitteilten, daß es jenen Abge ordneten, die dem sozialdemokratischen Vize präsidenten zur Wahl geholfen hätten, auf diesem Wege nicht folgen könne. Das Blatt erkennt ferner an. daß viele Gründe gegen ein reines Eroß- blockpräsidium sprechen, weshalb es ratsam sei, daß durch einen Vertreter der Rechten der wahre Cha rakter des neuen Reichstages gewahrt werde. dem Volke, Las Len Gedankenflug dieser erschütternden und befreienden Tragödie nicht versteht: Lenn ihre Anschauungen sind nicht so altjüdisch, daß sie in unseren Tagen nicht mehr auf Teilnahme und Ver ständnis rechnen dürfen, wie mancher kurzsichtige Kritiker behauptet hat. Gewiß — es scheint un begreiflich, unfaßbar ist Lea, die Mutter der Makkabäer, sich selbst: eine Tigerin verteidigt ihre Jungen, sie hat ihre Kinder ins Elend gebracht: die Situation ist also derjenigen Les „Erbförsters" im Schlußakte ähnlich, wo der Held dieses Stückes seine eigene Tat in Len schwärzesten Farben malt. Aber Leas Kinder wollen von freien Stücken sterben, be seligt im Gefühle des Todes für eine Idee, und ihr Enthusiasmus, mit dem sie für die Freiheit ihres Glaubens und ihres Vaterlandes Len selbstgewähltcn Untergang der Knechtschaft unter Antiochus Eupator vorziehen, reißt schließlich auch die Heldenmutter zur Billigung der heroischen Tat fort, so daß es die gött liche und also auch di« poetische Gerechtigkeit ver langt, daß ihre Partei den schließlichen Sieg davon trägt. — Vielleicht verdankte Ludwig die erste An regung zur dichterischen Behandlung dieses Stoffes seinen musikalischen Studien, insbesondere seiner Be kanntschaft mit dem Händelschen Oratorium „Judas Makkabäus". Anton Rubinstein hat seine gleich namige Oper im Anschluß an Ludwigs Drama kom poniert (Text von Mosenthal). Mulik. Leipzig, 12. Februar. Der Liederabend von Ebe Colombo half eigentlich nur die Erinnerung an einige wertvolle altitalieni ch: Arien von Marcello, Durante, Cesti, Scarlatti und Paesiello aufftrschen. Im übrigen gab's des Gesangs recht wenig, da die Konzertgcberin oen Ion zu weit zurück bildet, für einen Sopran zu wenig Höh«, für einen Alt zu gering ansprechend« Tiefe hat und auch den Vortrag selbst nicht -eckt mit der eigenen Auftap- sung und Persönlichkeit. So vermochte sie denn auch aus Schuberts und Brahms' Liederschätze nichts Rech tes herauszuholen. In zwei altfranw-sischcn Chan sons s.,AH mon b<rger" und „Bminte") gestaltete nch die Wiedergabe lebhafter und eigenartiger, gleich darauf trat die stimmliche und musikalische Passivität Wenn aber das Blatt weiter meint, man muffe an die Reichs-artei Herangehen, damit diese als Partei des Ausgleiches zwischen rechts und links einen der Ihren in das Präsidium entsenden und so diesem eine versöhnliche Note geben solle, so dürfte das wohl kein gangbarer Weg sein, um zum Ziele zu gelangen. Die Reichspartei wird sich ebenso dafür bedanken, mit Herrn Scheidemann von der Revolu tionspartei Zusammen im Präsidium vertreten zu sein, wie Konservative und Zentrum. Ter verhängnis volle Fehler jener nationalliberalen Ab- geordneten, die am Freitag im zweiten Wahl gange Herrn Bebel und im dritten Wahlgange Herrn Sckieidemann gegen den Konservativen Diet rich ihre Stimme gegeben haben, währen- der Rest der Partei teils für den konse vatinen Kandidaten stimmte, teils sich der Stimme enth.elt, — dieser Fehler, der alle V'terianvsireunde mir aufrichtiger Besorgnis erfüllt, rst LieWurzsl des jetzi-'en Uebels. Diese Herren haben die letzige Lage geschaffen, haben ein Mitglied der Sozialrevolutionäre ins Präsidium gewählt, obwohl sie mußten, daß die Sozialdemo kratie nun und nimmer den Verpflichtungen eines Mitgliedes des Reichstagsprüsidiums, wie sie nach über 40jährigem ununterbrochenen Gewohnheitsrecht sich entwickelt haben, nachkommen würden. Ebenso zu verurteilen, wie jene nationalliberalen Abgeord neten, d:e Herrn Scheidemann auf den Schild er hoben, ja vielleicht noch bedauernswerter, sind die Fraktionsmitglieder, die sich in dem Wahlgange, aus dem der sozialdemokratische Vizepräsident her vorging. der Stimme enthalten bzw. ungül tige Stimmzettel abgegeben haben. Wahrlich, es gehört ein Mangel an Verantwortlichkeits gefühl ohnegleichen dazu, um in einem solchen Falle sich der Stimmpflicht zu entziehen. Sache der Liberalen ist es jetzt, dafür Sorge zu tragen, daß die Arbeitsfähigkeit des Reichstags sicher gestellt wird. Der verständigere Teil der National« liberalen — die Loch unseres Wissens eine Mittel partei und keine Linkspartei sein wollen — wird wohl inzwischen erkannt haben, welche politische Kurzsichtigkeit es darstellte, Len Parteien, die zusam men die Hälfte der Reichstagsmandate innehaven. die Teilnahme an den Prasidialge,chäften unmöglich zu machen. Wie wenig man sich in Kreisen der national liberalen Reichstagsfraktion darüber klar,u sein scheint, was die Fraktion durch ihre Zerfahren heit bei der Freitagswahl zuwege gebrächt Hat, geht aus einem Rechtfertigungsversuch hervor, den sich dre „Nationalliberate Korrespondenz" aus Kreisen der nationalliberalen Reichstagsfraktion schreiben läßt. Als besonoers interessant sei noch hervorzuheben, daß das offizielle Organ der nationalliberalen Partei auch heute noch nichts von irgendwelchen Differenzen in der Fraktion zu melden für gut befindet. Sie berichtet nur von sehr eingehenden Erörterungen, die in der Angelegenheit stattgefunden haben. — In dem Schreiben des Reichstagsfraktionsmitgliedes heißt es u. a.: „Die nationalliberale Fraktion ist sich von vorn herein über zwei Grundsätze vollkommen einig ge wesen: einmal darüber, Laß sie sich zu einem Prä sidium der Rechten ablehnend verhalten mußte und selbst in ein derartiges Präsidium einzutreten nicht in der Lage war. In dieser Beziehung war dre Fraktion von vornherein entschloßen, die Konse quenzen aus der nach wie vor feindseligen Haltung der Konservativen und ihrer Presse zu ziehen. Zum zweiten bestand darin Uebereinstimmung, daß die Bildung eines Präsidiums aus den links vom Zen trum stehenden Parteien eben-owenig möglich war. Die Fraktion ging hierbei teils von prinipiellen Grünoen aus, teils war für sie aber auch die prak tische Erwägung maßgebend. Laß ein sogenanntes „Linkspräsidium", wenn überhaupt eine Mehrheit dafür vorhanden sein würde, auf die Dauer jeden- um so stärker auf. Einige Canti -es ausgezeichneten G. Sgambati beschlossen Las Programm. Noch ehe sie gelungen, verließ aber der und jener in stiller Re signation Len Saal. Liederabende ertragen lernen ist oft viel schwerer als Liederabende geben. L. 8. Klavierabend von Friedrich Wilhelm Keitel. Wenn wir Leipziger nur bedingungsweise in di« meist glänzenden Kritiken auswärtiger Zeitungen einstimmcn können, so mag sich Herr Keitel damit trösten, -aß gerade bei uns -er Vergleich mit den Größten auf -er Hand liegt, und zu ihnen gehört der Konzertgeber trotz starker Reklame noch lange nicht. Daß er etwas kann, sogar sehr viel kann, wird ihm niemand abstreitcn. Shine Technik ist glänzend, wenn auch nicht unfehlbar, sein Ton zeigt, besonders im Piano, Noblesse und Farbe. Damit allein ist man aber noch kein Pianist, und dem virtuos blen denden Finis stand ein recht mäßiger Anfang gegen über. Abgesehen davon, daß man nur alten Be kannten begegnete, ließ die Ausführung recht viele Wünsckw offen. Chopin (Berceuse, Impromptu Fis- Dur, Fantasie F-Moll) kam am schlechtesten weg und forderte direkt zum Widerspruche heraus. Der Berceuse fehlte jede Poesie, der Fantasie alle Ge staltungskraft und überlegene Freiheit des Spieles. Die besten Leistungen erbrachten Liszts Gnomen reigen und vor allem die Tarantella (Venezia et Napoli), neben denen Camillo Horns feingesetzt«, aber musikalisch nicht besonders wertvolle Konzert etüden einen schweren Stand hatten. Den Schluß reißer, Arabesken über den Donauwalzer, schenkte ich mir, da an dem Urteile, einen noch unfertigen, aber hochtalentierten, technisch wohlausgerüstrten Künstler kennen gelernt zu haben, nichts mehr zu ändern war. k. Konzert von Carlo Maffarenti. So kurz war noch kein Konzert wie dieses. Nach der Violinsonate von A. Porpora, die er musikalisch richtig, technisch genau, im langsamen Satz mit Ausdruck spielte, lieg der Konzertgcber erklären, daß er nicht weiterspielen könne, weil er sich unwohl fühle. So war man also um den Genuß gekommen, den Viotti. Beethoven, Sarasate, Nardini und Paganini noch verhießen, und mußte wohl oder übel nach Hause gehen, so leid e« einem auch tun konnte. , X. 8eH. .