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2. Beilage. Rlrmtag, 3^ Juni I9l2. iq SeimUAe Li^be. Roman von Xssrsb Revttisg. (X.chüru-1 ocrvotr».) »Da, habe ich wohl <u»ch gedacht, im ersten Augenblicke" — jagte er nack/denklich. als spräche er zu sich selbst — »man ist so voran gewöhnt, well es eben — wie du sagst — das Liebliche ist in einem sol chen Fall«. Ob cs aber auch das allein Mögliche ist — zwischen uns beiden, w-cine ich" — Helldorf war völlig vcLwirrt. Was wollte War. now denn? Es gab doch^uf per weiten Welt leine sichere Möglichkeit! »Za — aber — wie. denkst du denn?" fragte er unsicher und verstündni-,los. Warnow zog die schultern in die Höh«. »DerchalL bin ich M zu dir gekommen. Wir müs se» Ären darüber sprechen und zu einem Schluss« kom. »en. Tritt doch nicher, bitte, und setz' dich!" Helldorf machte <ine Bewegung, dann aber sagte « leise: »Zch — kann nicht. Das Licht blendet mich. Und" — plötzlich brach seine Stimme — »o mein Sott, Rudolf! —Wenn^du doch nicht in diesem Tone sprechen wolltest Zch — kann dir nicht ins Gesicht sahen!" Warnow aHmete ein paarmal schwer auf, ehe er antwortete. ,Za. Da-rn bleib' nur! Das ist wohl so — Glaubst du, daß es fchc mich weniger schwer ist? Nein — weiß Gott, nicht."» Hellborz begriff den Freund nicht mehr. War diese gefaßte Ruhe nur dumpfe Verzweiflung, oder war sie der Ausdruck einer stillen, großen Seele, di« in ihram Verstehen und Verzeihen über menschliche Kraft und Menschensatzung hinausging? Da. Helldorf schwieg, begann Warnow nach einer kurzen Pause zu sprechen — langsam, eindringlich mch bedächtig: ^,Wir können die Sache also nicht in der üblichen Meise zum Austrag bringen. Ich habe viel darüber i/achgedacht. Urrd auch du wirst das wohl «irischen. Verstehst du es, wenn ich dir sage, daß es vor allem 'unser nicht — nicht wiittng ist? Nun — da kommt «in beliebiger Mensch daher, und — nun ja — und tut das, was zwischen uns beiden und Hanna ge schehen ist. Der beleidigt« Ehegatte erfährt davon und fordert den anderen vor die Pistole. Gut. Sie schießen sich. Wie die Sache ausgeht, ist gleichgültig. Der ausglcichenden Gerecht itzkcit ist Genüg« geschehen und die Ehre allerseits wiederhergestellt. Das ist natürlich Unsinn — um nicht zu sagen Unfug. Aber es ist die allgemeine Anschauung, Sitte — oder wie man es sonst nennen mag. Man kann sich diesem — Ehrbegriff schlecht entziehen; und auch ich würde höchstwahrscheinlich danach handeln — in einem an deren Fälle. Bei uns ist das etwas anderes — etwas ganz anderes — naturgemäß! Wir beide, du und ich, sind Freunde gewesen im allerbesten Sinne des Wor tes" — er machte eine Paus«, als erwartete er eine zustimmende Antwort: da aber Helldorf schwieg, fuhr er sott — „ja, das sind wir gewesen. — Nun weiter: du bist nicht dahergekommen wie ein leichtsinniger, gewissenloser Mensch, der mit dem Schicksal spielen wollte" — wieder die Paus« und dann das bekräfti gende — „nein, das bist du nicht! Du kanntest Hanna und mich von Jugend auf — sie vielleicht noch früher als mich. Du «nagst sie wohl damals schon ge . . . Leipziger Tageblatt ——^Morgen<w«-ad« - stt, geliebt haben. Dann gingst du fort, mehrer« Jahre, kehrtet zurück und fandest sie als meine Frau wieder. Und dann" — nun wurde sein« feste, ruhige Stimm« doch etwas unsicher — »nun, dann kam es eben so, wie es gekommen ist." Helldorf schien etwas erwidern zu wollen, aber nun hob Warnow di« Hand. — „Nein — davon wollen wir nicht sprechen. Aber, was sagt« ich doch zuletzt? Ja — nun ist es also ge schehen, und es läßt sich auf die Art nicht wieder gut machen. Ueberhaüpt ... ich mein« das ganze" . . . er begann nach Worten zu suchen uttd schien nun doch den Gedankengang und damit auch einen Teil seiner bisher bewahrten Ruhe und Fassung verloren zu Haden. Noch einmal versllcht« er es. — „Außerdem lind da noch allerlei Nebermmstände und Rücksichten, die wir zu nehmen haben. Du hast deine Mutter hier und bist ihr einziger Sohn ... Ich meine für den Fall . . . Und noch schlimmer stände es um mein« — um Hanna. Nach einem — Zweikampf käme not wendigerweise auch der — Skandal. Mag dieses Duell nun ausgehen, wie cs will, und Hanna wäre unmöglich. Siehst du — daran hast du wohl nicht gedacht?" Er schwieg plötzlich und begann langsam seinen Mantel wieder zuzuknöpfen. Er war zu Ende. Er fand kein Wort mehr, das er hätte hinzufügen kön nen, obwohl er jetzt erst fühlte, wieviel er noch zu sagen hätte. Es war leer in seinem Kopfe, öde und tot in seiner Brust. Und so erhob er sich denn nach kurzem Zögern: „Zch bin wohl nun eigentlich zu Ende." Da kam Helldorf näher, mit langsamen Schritten, den Blick zu Boden gesenkt. „Und — was soll nun geschehen?" fragte er dumpf. Warnow zog die Schultern empor: „Ja, darüber mußt du nun einmal Nachdenken. — Ich selbst" — seine Stimme klang plötzlich hilflos und gebrochen; er fühlte, daß sein« Kraft völlig er schöpft war; er konnte sich kaum noch aufrecht halten — „ich weiß nun nichts mehr." Langsam ging er bis zur Tür, nahm die Mütze voin Stuhl und hängte das Gewehr über di« Schul ter. Dann wandte er sich um und kam noch einmal zurück. „Lebe wohl, Georg!" sagte er und streckte ihm die Hand hin. „Wir — sehen uns nun wohl nicht mehr." Da rang sich plötzlich ein gequältes Schluchzen aus Hclldorfs Brust. „Allmächtiger Gott . . . Rudolf! . . . Ein einziges Wort der Verzeihung!" Warnow sah zu Boden; aber er zögerte nicht: „Ich verzeihe dir, Georg ... dir und Hanna." „Rudolf!" . . . „Nicht weich werden, Georg . . . jetzt nicht nrxhr! . . . Ich . . . du mußt . . . Nun — leb' wohl!" . . . Er ging zur Tür, öffnete sie fast lautlos und schloß sie «beäso wieder hinter sich. „Es ist schnell dunkel geworden", sagt« er drau ßen zum Kutscher und stieg auf den LLagen. „Wollen der Herr Baron nicht noch die andere Decke nehmen?" fragte dieser dagegen. „Nein. Lassen Sie. Mir ist gar nicht kalt." Dann stellt« er die Büchse vor sich hin, drückte die Mütze noch etwas fester auf den Kopf und wartete ruhig, bis d«r Kutscher gleichfalls den Wagen bestie gen hatte. Als sie «twa eine Viertelstunde gefahren waren, begann der Wald, rechts noch Hclldorfsches Gebiet, links schon zu Denzin gehörig. Ein starker Nebel sank herab, dicht und seltsam brausend, so oft ein Windstoß dazwischenfuhr; in klei nen Tropfen setzte er sich fest im Gesicht, auf den Kleidern und auf den Holz- und Leiderteilen des Wagens. Lüarnow bückte sich mehrmals vorsichtig und tastet« mit der Rechten am Kolben der Büchse ent lang, bis hinauf zum Hahn; mit der Linken hielt er den Lauf fest und richtete sich wieder so weit aus, wie es der ausgcstrecktc rechte Arm zuließ, dessen Hand am Gewehrschloß liegen vlieb. Plötzlich krachte ein Schuß. Mit einem jähen Sprung bäumten sich d'e er schreckten Pferde auf und wichen dann ängstlich zur Seite. Der Kutscher riß di« Leine zurück und suchte die Tiere durch einen Zuruf zu beruhigen; zugleich wandte er sich nach seinem Herrn um. „Das ist doch aber... Wer kann das gewesen sein, Herr Baron? Der Schuß fiel doch ganz in der Nähe?" Er erhielt keine Antwort. Rudolf von Warnow war mit zerschmettertem Schädel auf seinen Sitz zurückgefnnken. Zehntes Kapitel. Drei Tage später wurde Warnow beerdigt. Still uno ohne große Feierlichkeit trug man ihn zu Grabe. Hanna hatte jede Hilfe, die man ihr von nachbarlicher Seite anbot, abgelehnt. Aber sie waren alle gekommen: die Komtessen Kramsdorff, Baron von Halbach, Dr. Neumann, auch der Rittmeister Degenhardt aus Wilkcnau und man cher andere. „Ein bedauerlicher Unfall!" hatte der Rittmeister zum alten Halbach gesagt und ihn dabei forschend von der Seite angesehen, als wolle er sich verge wissern, daß es in der Tat nur ein „Unfall" ge wesen sei. Aber der alte Halbach nickte nur und runzelt« die Stirn, als wäre ihm das Thema nicht ganz bequem. Und Degenhardt fuhr fort: »Ist ja leider nicht das erst«mal, daß so etwas passiert! Selbst der Vorsichtige vergißt einmal zu „sichern"; vielleicht funktionierte auch dis Sicherung nicht recht. Aber zu denken, daß der arme Herr von Warnow da ruhig und ahnungslos aus seinem Wagen sitzt, durch irgeird eine Bewegung des Fußes vielleicht den Hahn berührt und . . . und das Un glück ist geschehen. Uebrigens: ich wußte gar nicht, daß der Baron auch Jäger war?" Wieder entgegnete Herr von Halbach nichts, sondern nickte nur zerstreut und spann seine eigenen Gedanken weiter fort. Rittmeister Degenhardt aber beschäftigte sich nach diesem vcrgcblick)en Versuch, etwas Näheres zu erfahren, mit einer anderen Frage: Was würde nun aus Denzin werden? Die Witwe würde es kaum weiter bewirtschaften wollen und — können. Es grenzte — bis auf einen Zipfel Wald und den See, die sich nach Helldorf hinüberzogen — in der „an genehmsten" Weise an Wilkenau. Der Boden war gut, wenn auch natürlich nicht rm entferntesten mit seiner ostpreußischen Heimat zu vergleichen. Aber .. . er, der Rittmeister Degenhardt, war ein tüch- Nr. 27S. los. Islirgnny. Seite 9. tiger Landwirt, und. . . nun ja, er konnte ja ein mal sehen. Herr von Halbach hatte sich bei einer schicklichen Gclegcnh.it von der Seite des Rittmeisters entfernt und war zu den deioen Komtessen Kramsdorff ge treten, um sich nach dem Bruder zu erkundigen. Graf Udo hotte einen schölten, großen Krairz aus Straßburg geschickt; er wäre gern selbst gekommen, erzählten di« Schwestern, er lsabe Herrn von 2Uar- now sehr hoch geschätzt . . . aber die weite Reise! Und dann sei er ja erst vor kaum vier Wochen zu Hause gewesen. Es kamen immer mehr Lcwir.'ocndc: Landwirt«, die sonst nicht in den adligen treuen verkehrten, die aber trotzdem weniger aus P'tia.rgefühl als viel mehr aus wirklicher, menschliche''. Teilnahme er- chstcncn waren; einige von ihnen vielleicht auch aus einer gewissen Neugier: Der „Fall Warnow" war ja in der Tat ein Ereignis und . . . nun, man sprach ja u' bt davon, ooer immerhin. . . Ferner waren da einige Herren vom Gcrichl aus der nalren Kreis- stadk, mir b.'nen der Verstorbene hin und wieder einmal zusammengckommcn war, oer alte Sanitäts rar, Lcl Hanna wahrend ihrer Krankheit behandelt hatte, uns endlich, fast als letzter — als Pastor Friedrich aus Denzin bereits den saal betreten, ein paar 'Worte mic Hanna gewechselt und sich am Kopf- ciibr dos Sarges ausgestellt hatte — Georg von Holldorf. Niemand halte ihn wohl bemerkt; er war leise oingetretcn, hatte sich bescheiden in eine Ecke gestellt und auch niemand mehr begrüßen können, da der Pastor schon begonnen Halle zu sprechen. Er sah auffallend bleich aus, hatte die Lippen fest auseinander gepreßt und einen ernsten, fast finsteren Ausdruck im Gesicht. Ein eigentümlicher, atomraulumder und die Brust beengender Duft zog Lurch den halbdunklen Nanin: die ,enchlen Tannenzweige strömten ihn aus, die blassen, rin Treibhaus gezogenen Winterblume.r und die Wachskerzen, deren Flammen vom leisesten Windhauch zitternd bin und herb-rwegl wurden. Ein paarmal strich Georg von Helldorf mit der schwarz behandschuhten Rechten über die Stirn, um die in ihm aufsteigende Schwäch« zu überwinden; dann ließ er die Hand wieder sinken und stand still und regungslos da, den Blick zu Boden gesenkt. Pastor Friedrich sprach — schlicht und etwas ein tönig; aber es waren warme, herzliche Worte und Gedanken, die er dem Verstorbenen widmete. Georg o > Helldorf hörte den Klang dieser Worte; oder ihr Inhalt drang nicht bis zu seinem Herzen; dazwischen lag eine öde, tote Leere. Das leise Weinen einer Frauenstimme schreckt« ihn plötzlich auf. Er erhob den Kopf. Nein. Es war nicht Hannas Weinen. Unwillkürlich bog er sich ein wenig zur Seite. Und nun sah er sie; in ihrem stumpfen, schwarzen Kleide, das Helle, iin Kcrzenglanz goldig schim mernde Haar uäbedeckt, einen Strauß weißer Nelken im Schoß und die Hände darüber gefaltet. Ihr Mund war fest geschlossen, die Lippen in hartem, tränenlosem Schmerz herabgezogen, die Augenlider leicht gerötet und zwischen den Brauen eine tieso, senkrechte Falte. Unbeweglich saß sie da. kaum daß ihre Brust sich bisweilen hob und ssntte, als sei alles Leben aus ihrem Körper gewichen. (Fortsetzung in der Abendausgabe.) 8.8cliiögeir reiir-Vogiiutt WM- KsWSrZ ^WW Leist LurpflMiieiiMkl. Leiv LurMstderstiMe!. I?. 5ielilegvl8 Zeln-Vogstnrt, sirr natüriiostes und unsrrmesttes Vittel gsgsn Fis lästige Korpulenz, erspart eins stostspieligs Iladeroiso Ist 8r-stleL?els Zostr- Vogdnrt vereint Fas Drinriip svcler Vststodon, uämliest Fis naest dsr 1'iol. vr. Ist Vetsestnistollsesten Voslrni tkur und der I>r. tstirrc list steir I'ileststur. ^Vomit man durost dis Modifizierung des Drost Dr. Vetsostnistoüs naest einer bestimmten stletstodo Korpulente entfettet ostne Xa^sttsils des Organismus. Vor allen Dingen vorusaestt dis Zsstr-Vogsturtstur steine Durosttalle, steine Lestädigung des Verdauungc-stanals und steiuo Lestväestung des Iler^musstsls Im Oegouteil, gerade das stiere erstästrt durost den Osnuss von Ist 86lkleg6l8 Zostr-Ugknlrt eins Ilntlastuug, dis in einer gesteigerten ^rbeitslreudi^steir, einsm neuen stebonsmute. eins Dlastixi'ät dos Körpers und dss Oleistes, dis dsr Korpulente ott soston längs eutbsstrte, auost äusserlich sum ^.usdrucst straostto. Damit stemmt, aber auost dis Kur mit, Ist 8oblogol8 Zelir-Vogsturt dis stortsobreitonds Lelbstvergiltung des Körpers durost Darmtäulnisbastterien und reinigt das Dlut in einer ZVeiss, die sogar Kautunroinstoststeitcn 2um Vorsostvinden bringt. ZVis soston oben ervästnt, ist eins Kur mir. Ist 8edlege!«i Zestr-Voxsturt niostt Fas ^Vuudermittel siues Kurptusesters, sondern eins ernsts und naostgovieseno visssnsostattliobe Kaosts, dis niostts Dnanögliostes mogliest maosten staun, dis Istncm aber 20 30 Irland Istres übermässigen Uttos ostne die LkrittLr8to Ke^ttudstolt«- sostLdlguog und obnv üerut'88töiuog Du beseitigen vermag. Der Drtolg einer Zestr-Vogstnrtstur ist unausbleibliost und vurds berei s bei unserer verton Krindsostatt naostvoisliost mit Lrtolg angsvandt. Drosodürs über ü. iZvstlogvl» Zestr Vogdurt, sovis über sümkllostt; Vogsturt-Drsiparate und unseres Vorzugs-! ogkurt stellen ^sdem Interessenten stets gern rnr Verfügung. Zuglsiost siuptoblon vir uus«rs Lpsrislmarste „eckt orikiitMelie Vsi'Mz-VoOlitt" nsck ?rot. llr. Sisiselimicsss, vslebsr in last sLintlioben einsoblägigvn (Fssostättsn in und Vororten ru staben ist. I-eipriger Vogkurtmilek-Zentrale L. Lestlsgel. Li»8te8 Ni*6«8ts8 SpeLisIunternekmen am ^LatLtz mit elekti»l8otisin KnakLbetr-ieb. Sotrsrndorststrssss 41. Telephon 14156.