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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.06.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120626012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912062601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912062601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-06
- Tag 1912-06-26
-
Monat
1912-06
-
Jahr
1912
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Selle 2. Nr. 331. los. Istzrssns. Leipziger Tageblatts Moegenausgade^^E—E smimoitz. rs. I«ü »SlL italienischen Volke- yeyeigt. (Di« Mitglieder der Kammer und deS Ministerium- erhoben sich von den Plätzen.) Ter Präsident prie- da- große Werk ttziolittis und seiner Mitarbeiter. ES sei ihm eine hohe Genugtuung gewesen, die Arbeiten der Kammer zu leiten, die ioährend der ganzen gegenwärtigen Legislaturperiode dem Parlament zur Ehre gereicht und die hauptsächlich in der letzten Zeit gezeigt hätten, welche hohe moralische Kraft dem Parlament innewobne. Er wies dar auf hin, welche Einmütigkeit des Wil lens sich beim .König, welcher zum Heil Ita liens dem Meuchelmörder entgangen sei (don nernder Beifall. Rufe:Eslebeder König!), der Königi n, der Königin-Mutter, wie bei sämtlichen Parteiführern gezeigt habe. Dem Heer und der Marine forme deren Führern zolle die Kammer Bewunderung, ebenso dem ganzen Volle, das erhaben sei über jeden Egoismus und sich zu deu größten Opfern bcreitgesunden habe in dem Bewußtsein, das; nur der mora lische Kredit des Vaterlandes sein Geschick sichern könne. (Allgemeiner, andauernder Bei fall. Hufe: Es lebe der König! Es lebe Italien!) Allgemeiner Mlorye-Lkztttlungstag. (:) Dresden, 25. Juni. Unter zahlreicher Teilnahme der Berufsarbeit« und Freunde des deutschen Fürsorge-Erzichungs- ivesens trat der Allgemeine Fürsorge-Erziehungstag im Konzerthaus dcs Zoologischen Gartens zu feinen auf drei Tage berechneten Beratungen zusammen. In den Vormittagsstunden wurde zunächst die mit der Tagung verknüpfte Ausstellung vorbereitet, die ein interessantes Bild der Tätigkeit auf dem Gebiete des Fürsorgcwesens darbictet. Besonderes Interesse erregt das in der Aus stellung vorhandene Gipsmodell, der von dem Fiir- sorgevcrband der König!. Kreishauptmann- ichaft Leipzig geplanten großen Fürsorge- Erziehungsanstalt bei Mittweida, aus dem man die großzügige Anlage des ganzen Unternehmens deutlich ersehen kann. Von der Viel- eitigkcit und der Ausdehnung der Fürsorge-Er- -ichnng auf dem Gebiete der Vcsck-äftigung der Zög- inge legen die zahlreichen in der Ausstellung vor- mndencn Arbeiten in Papier und Pappe, Holz und Ton. Metall und Glas Zeugnis ab. Nachmittags 3 Uhr trat der Vorstand des All gemeinen Fürsorge-Erziehungstages zur Vorberei tung der auf der Tagesordnung der Ausschußsitzung stehenden Angelegenheiten zu einer Sitzung zu sammen, woran sich nachmittags 4 Uhr eine Sitzung des Ausschusses anschloß, in der der Geschäftsbericht und andere geschäftlichen Angelegenheiten sowie Wahlen erledigt wurden. Abends fand die erste öffentliche Versammlung ftatr, in der zuerst das Thema: „Die Beziehungen der Fiirsoroe-Erziehungs- organe zu den Familien unserer Fürsorgezöglinge" behandelt wurde. Die Referate hierzu hatten di« Herren Regierungsrat Direktor B ö t t ch e r-Bräuns- dorf und Direktor Pastor Riehl-Steinfeld über nommen. Der erste Referent behandelte die Schwie rigkeiten, di« die Eltern der Zögling« den Anstalten verursachen. Di« Eltern sind zu 7b Piment Ursache der Verwahrlosung. Teil, schuldlose Ursache al, Be» erber geistiger Schwäche, wegen mangelnder Fähia- Kit zum Erziehen, wegen wirtschaftlicher Unmöglich* Kit genügender Aufsicht. Teils schuldhafte Ursache: Selbstverschuldete Armut, z. B. auch infolge un geeigneter oder zu zeitiger Heirat, Trunk und Un- zücht, leichtsinnige Anschauungen in sittlichen Fragen, falsche Nachsicht aus übertriebener Zärtlichkeit, falsche Nachsicht aus Gleichgültigkeit und Mangel an Liebe, grausame Strenge, Verführung zu Ver- gehungen und böses Beispiel. Uebcr das Thema: „Wie können wir den Eltern helfen?" referierte Direktor Pastor Riehl-steinfeld. Seinen Aus führungen lagen folgende Grundsätze zugrunde: 1) Unsere Erziehungsarbeit ist unvollständig und deren Erfolg zum großen Teil in Frage gestellt, wenn wir uns nicht bemühen, auf die häuslichen Verhält nisse der Zöglinge bessernd einzuwirken. 2) Not wendig ist zu diesem Zweck eingehende Information ül>cr die häuslichen Verhältnisse der Zöglinge. 3s Direkt können wir auf die Eltern einwirken durch persönlichen und schriftlichen Verkehr. 4) In direkt günstige Beeinflussung ist möglich, wenn wir uns in Verbindung fetzen mit den Seelsorgern, Lehrern, Vormundschafts- und Waisenämtern, be sonders aber mit den charitativen Vereinen des Hei matsortes (Knaben- und Mädchenschutzvereine, Dinzenzverelne, innere Mission usw.). Vormittag- 9 Uhr fand die 2. öffentlich« Tagung statt, welcher auch eine große Anzahl Vertreter von Behörden usw. beiwohnten. Mr bemerkten Le. Ex zellenz den Wirk!. Geh. Rat 1). Graf Otto Vitzthum v. Eckstädt, Herrn Geh. RegieruugSrat Dr. Blase als Vertreter der Ministerien deS Innern und des Kultus und öffentlichen Unterrichts, Herrn Amts gerichtspräsidenten Dr. Becker als Vertreter deS Königl. Justizministeriums, von der Kömgliä>en Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt die Herren Amtshauptmann Dr. Streit und RegierungSamt- mmln Dr. v. Loeben, vom Leipziger Armendirck- torium Herrn Rektor Prof. Dr. Walther Schmidt, Herrn Kreishauptmann Dr. Fraustadt Zwickau, Ge heimen Regierungsrkte Dv. Oertel-Chcmnitz und Schecker-Bautzen ustv. Die Tagung »vurde von dun Vorsitzenden Herrn P. Seüffrrt, Direktor der Brandenbuvgischen Pro vinzial-Schul- und Erziehungsanstalt Strausberg, eröffnet. Namens des Königs. Ministeriums des Innern und des König!. Ministeriums deS Kultus und öffentlichen Unterrichts begrüßte hierauf Herr Geh. Regierungsrat Dr. Blase, als Vertreter deS Königlichen Justizministeriums Herr Amtsgerichts präsident Dr. Bocker die BeHamlung. Herr Bürge» meister Dr. May hieß die Teilnehmer im Namen der Stadt Dresden willkommen. Im Auftrage deS preußischen Ministeriums deS Innern sprach Herr Geh. Rat Schlosser-Berlin. Herr Geh. Rat Gläßmann-Berlin sprach namens der preußi schen Provinzial- und Kommunalverwaltungen. Nach DankeSworten des Vorsitzenden P. Seiffert trat die Versammlung in die Tagungsordnung ein. Zunächst referierte Herr Oberarzt Dr. ined. Mönk e- niöller - Hildesheim über Psychopathologie der Pubertätszeit. Für die Besprechung waren folgende Diskussionsredner vorgemerkt: Geh. Rat Dr. Ganser-Tresden, Geh. Lanitätsrat Lramcr- Berlin, Frau AmtSaerichtSrat NcuhauS, Direkt« P. Noch, AmtSaerichtSpräsident Dr. Becker, Diri gierender Arzt Dr. Schnitzer-Stettin und Direktor Dr. Kluge-Potsdam. Im weiteren Verlaufe der Verhandlungen refe rierte Herr ?. Friedrtch-Strausberg über da» Thema: Pros*« und Fürsorgeerziehung- woran sich eine Mittagspause schloß. Zahlreiche Teilnehmer unternahmen dann eine gemeinsame Fahrt mit Sonderzug nach Moritzburg zur Be sichtigung des dortigen Brudcrhauses und der Er ziehungsanstalt. Daran schloß sich nachmittags 6 Uhr eine Nebenversammlung für Berufsarbeiter an schulentlassenen Zöglingen, in der der Direktor der städtischen Fürsorgeerziehung in Berlin, Herr ?. Kn aut, einen Vortrag über die Selbstver waltung derälterenFürsorgezöglinge hielt. Sal- «nS perlonMschrichten. * Der bayrische Gesandte Graf Lerche nfeld hat Berlin verlassen und wird während seiner M- Wesenheit durch den Legationsrat von Schön ver treten. * Dem württembergischen Oberst v. Habermaas, Inspekteur der 5. Festungsrnspektion, ist der Kronen orden II. Klasse verliehen worden. DeutlÄes Ästch. Der neu« Gouverneur von Samoa. Berlin, 25. Juni. Wie schon telegraphisch ge meldet, wurde zum Gouverneur von Samoa Ge- heimer Regierungsrat Dr. Schultz ernannt. Dr. Schultz, geboren am 8. März 1870, bestand im Mai 1897 die große juristische Staatsprüfung. Ende April 1898 wuchs er in den Dienst der Kolonialoer- waltung übernommen und nach erfolgter Vorbildung in der vormaligen Kolonialabteilung des Aus wärtigen Amts Anfang Januar 1899 dem Gouverne ment von Deutsch-Ostafrcka als Bezirksrichter über wiesen. Infolge Erkrankung war Dr. Schultz ge zwungen, bereits nach kurzer Zeit in die Heimat zurückzukehren, um sich einer Operation zu unter ziehen. Nach seiner Wiederherstellung war er bi» Ende des Jahres 1899 bei der Staatsanwaltschaft des Landgerichts I.in Berlin beschäftigt und wuche dann wieder in die Kolonialabtellung des Aus wärtigen Amts einberufen. Anfang August 1901 erfolgte seine Entsendung als kommissarischer Re- ferent und Bezivksrichtcr nach Sariroa. Er wuchs ab 1. April 1903 etatmäßig angestellt und am 17. Juli 1994 zum Oberrichter und mit Wirkung vom 1. April 1910 zugleich zum Ersten Referenten beim Gouverne ment von Samoa ernannt. Unter dem 16. Dezember 1911 wurde ihm der Charakter als Geheimer Re gierungsrat verliehen. Staatssekretär Dr. Sols in Südwest. Liideritzbucht, 25. Juni. Staatssekretär Dr. Soll verwandte die Taqe vom Freitag bis Sonntag zur Besichtigung der Einrichtungen in Colmanskop, der Kolonialen Bergbaugesellschaft, der Deutschen Diamantengesellschaft und des Pomona-Gebiets. Heute wohnt der Staatssekretär einer Sitzung der Minenkammrr bei. Di« Rheinschifsahrtsabgaben. «Grsoenshaag, 25. Juni. Da in Deutschland immer wieder falsche Nachrichten über angeblich« Verhandlungen zwischen Holland und Deutschland über die Rheinschiffahrtsabgaben gemacht werden, wird hier an maßgebender Stelle folgen, des erklärt: „Bis setzt ist in dieser Frage die deutsche Regierung in keiner Weise an die hollän dische herangctreten. Daß sich die holländische Regie, rung durchaus passiv verhält, versiebt sich von selbst. Es ist auch unrichtig, daß die deutsche Regierung der holländischen den Text des Gesetzentwurfs werde zu« kommen lassen, was zudem überflüssig ist, da die holländische Regierung, wie jeder Privatmann, sich den Gesetzentwurf verschaffen könnte. In Holland ist die Regierung und mit ihr das Parlament noch wie vor fest entschlossen, auf dem Wider stand gegen die Nheinschtffahrtsab. gabenzuverharren, und weder die Drohungen mit dem Ausbau der deutschen Rheinmündungen noch Versprechungen wie die Verlängerung der Schiff fahrtsrinne des Rheins können die Holländer von ihrem Widerstand auch nur im geringsten abbringen. Ablehnung einer Berufegenofsenschaft für de« Kleinhandel. 8t. Köln, Juni. Der Ausschuß des Deut schen Handels tagS lehnte den Antrag, für den Kleinhandel eine besondere BernfSgenvs- senschaft zu errichten, init knapper Mehrheit ab. Der Antrag soll dem nächsten Handelstag noch mals zur Beratung vorgelegt werden. Neue Abkommen zum Internationalen Privatrecht. Haag, 25. Juni. Gestern wurden hier die Ab kommen über die Wirkungen der Ehe und scher die Entmündigung von den Vertretern der beteiligten Staaten ratifiziert. Die Unterzeichner Les ersten Abkommens sind Deutschland, Ungarn, Frankreich, Italien, die Niederlande, Po» tugal unö Rumänien. Der Minister des Aus wärtigen hob in eincr Ansprache die Wichtigkeit dieses diplomatischen Astes hervor, der das erste Buck Les neuen Code de- Internationalen Privat rechts vervollständige. Kein russischer Spiox. Berlin, 25. Juni. Die gemeldete Verhaftung eines russischen Kaufmanns hängt mit der Spionage angelegenheit des Hauptmanns Kostewitsch in keinem Zusammenhang. Die Verhaftung erfolgte wegen einer Unterschlagung. Auslanü. Vesirrrrich-Llngarn. Die Wehrvorlage« tm Abgeordnetenhaus. Wien, 25. Juni. Das Abgeordnetenhaus nahm die ersten 40 Paragraphen der Wehr vor lag e, darunter in namentlicher Abstimmung mit 322 gegen 113 Stimmen, also mit der vefassunqsgemaß erforderlichen Zweidrittelmehrheit, die Bestimmung an, durch die für die nächsten 12 Jahre das e r höhte Rekrutenkontingent festgesetzt wird. Das Hans nahm sodann in namentlicher Abstimmung mit 305 gegen 135 Stimmen eine Bestimmung an, wodurch lebhafte Unterhaltung entspann sich, und als der Zug dann weitetfuhr, winkte der gute Freund und Vetter mit der Hand: „Na — adieu. Eise!" Und adieu, Else!" st. In Heidelberg wird sich Dr. H. Franke an der medizinischen Fakultät habilitieren. — In Frei burg im Breisgau hat sich Dr. I. S chl i m p « r t aus Meißen als Privatdozent für Geburtshilfe und Gy näkologie niedergelassen. — An der Technischen Hoch schule in Eharlottenburg sind die «tatmäßlyen Do zenten Dr. O. Warschauer und Geh. Regierung^ rat Dr.-Jng. Konrad Hartmann zu Pro fessoren ernannt worden. siehe da, handwinkend und „Na rufend, fuhren die Passagiere der nachfolgenden Coupes hinter ihm her und an mir vorüber. Frechheit, nicht wahr? Und nun mal all der Besuch, der in unserm Logierzimmer gewesen ist! Eltern und Geschwister, Freunde und Bekannte! Mein Gästebuch nennt da von eine stattliche Anzahl. Die nettesten dabei waren aber die, welche nicht so sehr als Besuch be trachtet werden wollten. Die nicht verlangten, daß man von früh morgens an Konversation mit ihnen machte oder sie amüsierte, sondern die sich ruhig und gemütlich unserm Haushalt anpaßten. Wieviel fröhliche Menschen hat unser Logier zimmer doch gesehen und wieviel lustige Erlebnisse. Wenn ich nur noch an den guten Onkel Eberhard denke! Der ist eines Tages so plötzlich bei uns ein gerückt, daß wir im Eifer der Vorbereitungen ganz vergaßen, sechs Flaschen Mälzbier, die auf dem Schrank im Logierzimmer kalt gestellt waren, fort- zunehmcn. Und die Nacht kam heran, und der Morgen graute, da tauchte Onkel Eberhard auf, gebrochen, vorwurfs voll. Ihm war schlecht, hundeelend, er hatte sozu sagen einen „greulichen" Kater". Durch die Wärme des plötzlich geyeizten Ofen» war da» Malheur passiert. Die hatte,.- die sechs Flaschen Malzbier nicht vertragen. Eine nach der andern war explodiert. Als der erst, Korken absprang, ist Onkelchen aus seligen Träumen hochgefahren und hat das elektrische Licht angedreht. Im dunklen Strom sieht er ein feuchtes Etwas vom Schrank herunterfließen. „Hier muß aeholten werden!" denkt er, steigt auf einen Stuhl, ergreift die Flasche und trinkt sie aus. Zwei andere Korken springen ab. Auch diese Flaschen leert er. Alle sechs trinkt er schließlich in mitternächtiger Stunde aus. Obgleich er eigentlich Antialkoholiker ist und vor allem eine Aversion gegen Malzbier hat. „Aber Onkelchen, warum tatest du s denn nur? Das war doch nicht nötig!" „Erbarm dich, Töchterchen, wie sollt' ich denn nicht! Man darf doch nichts umkommen lasten!" Also darum! Armer Onkel Eberhard, ich werde dir eine Gedenktafel stiften in unserm Logierzimmer. Ja, richtig, und einmal wollt' ich doch auch sparsam und praktisch sein, hab' auf den Etat „anderer Leute" gehört und mir kein besonderes Logierzimmer eingerichtet. Unser Junge zog eben in» Badezimmer, wenn Besuch kam! Das hörte sich so einfach an, aber es war bei näherer Betrachtung ein ganz komplizierter Zustand, den ich schon zehnmal verwünscht hatte, als eines Tages „Schwiegermama" bei uns einzog. Mit unendlichen Mühsalen hatte ich das Kinder zimmer eingerichtet und Fritzchen tm Badezimmer installiert. Lange hatten mein Mann, Schwiepermama und ich dann am ersten Abend bei lebhafter Unterhaltung aufgesesten, um endlich müde in die Klappe zu kriechen Wer besckreibt mein Entsetzen, als plötzlich mit Fäusten gegen unsere Schlafstubentür getrommelt wird. Erschreckt öffne ich. Da steht Schwiegermama im Gewand« der Nacht und geisterbleich. »Hilfe, Hilfe!" „Um Gotteswillen, war ist denn postiert?" Schwiegermama lehnt halb ohnmächtig an der Wand. „Ts liegt schon einer in meinem Bett!" stöhnt sie mit erlöschender Stimme. Mit Säbel und Revolver,-vvaffnet stürzen wir In das «improvisierte Logierzimmer. Ja, da liegt wirklich einer im Bett, fest eingewickelt in die Decke, man sicht nur gerade einen blonden Wuschelkopf und zwei braune Fäuste. Fritzchen — unser Junge! Gedankenlos hat er sein gewohntes Lager auf gesucht, und ruhig ist er eingeschlafen, ohne nur im inindesten daran zu denken, daß ihn seine praktische Mutter in die Badestube verbannt hat. Schwiegermama hat sich ja glücklich beruhigt und ist nicht „gleich abgereist", wie sie zuerst drohte, aber sobald es ging, habe ich die Sache geändert, und jetzt habe ich wieder ein süßes Logierzimmerchen! Und was ich erst für einen „süßen" Gast darin habe! So etwa, gibt » wirklich nicht alle Tage! Ein achtzehnjähriges blondes Mädel ist's. die ihren ersten Svortfommer bei uns erlebt. Da gibt's jetzt duftige Kleider in dem großen Schrank, über den einst Onkels Malzbier floß, — und am Fenster stehen in Reih und Glied eroberte Strauße — ja, und was wohl für lustige junge Gedanken und Träume dazwischen hcrumschwirren ?! Ich möcht's wohl misten, aber unsereiner erfährt das nicht so leicht, so etwas Interessantes weiß einzig und allein unser Logierzimmer. Alma Tadema -j-. Der englische Maler Alma Tadema, der sich seit einiger Zeit in Wiesbaden zur Kur aufhiel^ fft in der vergangenen Nacht gestorben. Laurens Tadema war als einer der Senioren unter den lebenden europäischen Künstlern anzu sprechen: er wurde 1836 zu Dronrijp in Niederlan- disch-Fricsland geboren und war in Antwerpen Schü ler von Leys. Seit 1870 lebte er in London. 1861 trat er zuerst mit Genrebildern aus dem klassischen Altertum an die Oeffentlichkeit und überraschte durch eine lichte Farbenbehandlung feiner Werks in Oet und Aquarell, durch feine und genaue Zeichnung sowie ein« auf historischen Studien beruhende gediegene Treue. Seine Bilder sind in Photographien tausend fach verbreitet, z. B. Agrippina an der Asche des Eermanicus, Das Fest der Weinlese in Rom, Eine Audienz bei Agrippa, Antonius und Kleopatra, Im Heiligtum der Venus usw. Tadema genoß auch großen Ruhm al» Porträtist. 1899 wurde er »nn Baronet erhoben. Seine Gattin Laura Alma-Tadema und seine Tochter Anna haben sich ebenfalls eifrig und mit großem Erfolge in der Kunst des Sir Laurens Alma Tadema bemüht. Unser Loqirrzimmer. Lustige Erinnerung von Els« Ritter. (Nachdruck verboten.) Man sollte eigentlich gar keins haben, sagten die Leute. Bei „den" Wohnungspreisen heutzutage wär s ein Luxus, ein Leichtsinn geradezu, noch ein Logier zimmer zu mieten. Aber wo läßt man denn seinen Logierbcsuch? Lieber Himmel, irgendwo! Man schlägt eben ein Lager in einem andern Wohnraum kür ihn auf, eventuell zieben auch die Kinder in di« Badesiube, aber das einfe.chs'e und beste ist, man hat gar keinen Logierbesuch, denn Logierbesuch ist sicher auch ein Luxus. Mag sein, daß es so ist, aber meist macht einem solch Besuch doch auck Freude, und ihn gut unter dringen zu könne:,, ohne daß die Familie in ihrer Bequemlichkeit aesiört und das ganze Haus auf den Kopf gestellt wird, das ist geradezu ein Vergnügen. Ich spreche aus Erfahrung und habe nun mal was übrig für Logic zimmer, aus diesem Grunde und auch noch aus andern, denn ich will's nur ver raten. bei uns wird dasselbe zu allen möglichen edlen Zwecken benutzt. Wie schön ist's doch, solch Extrazimmer zu haben, in dein mun alle überflüssigen Möbel, Bilder und Handarlei-cn untcrbringen, wo man alles aus den Händen legen kann, was man gerade nicht nötig braucht, oder vor den Augen der Familie verbergen will. Wenn ich dabei allein schon an meine Weihnacht«, qeschcnkc denke, wie sie wohlgeordnet und übersicht lich auf Berten und Kommode verteilt liegen, uner reichbar für jedes neugierige Auge, da ich abschließe, erfüllt »ück ein dankbares Gefühl gegen mein Logier- zimmer. Auch für die segensreiche Tätigkeit der Flick- und Plättsranen und des Schneiderfräulcins ist es der gegebene Ort, damit der Hausherr nicht „nervös" wird. Einem „on ckif" zufolge soll eine enragierte Haus frau sogar mal Fässer mit Pökelfleisch im Logier zimmer ausgestellt, eine andere eine Zucht von weißen Mäusen angelegt haben, ich vermut« aber, dies ist Verleumdung. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch neck eine aanz raffinierte Ausnutzung emp fehlen, nämlich selbst vier Wochen lang im Sommer in sein Logierzimmcr zu ziehen und fick einznbilden, man märe im behaglichen Hotel einer billigen Sommerfrische. Die verschiedensten Logierzimmer haben wir ge habt im Laufe der Jahrs, große und kleine, warme und kalte, hübsche und Läßliche. Eines davon ist mir besonders in der Erinnerung. Das lag keine zehn Schritt von einem Bahndamm entfernt. Ein Bahndamm, auf dem im Laufe von 24 Stunden etwa I M Züge verkehrten, weswegen ick mich erst energisch geweigert habe, die Wohnung zu mieten. Und schließ lich wurde gerade dies eine Quelle großen Genusses für uns, und mit schöner Ausdauer haben wir im Logierzimmer gesellen, um den besagten 140zllgigen Bahndamm auszukosten. De jeweilige Logierbcsuch behauptete ja nach der ersten Nackt immer, einen Neroenchock von gelegent lichen V-Züqcn davongetragen zu haben, beruhigte sich aber bald und gab sich mit schöner Begeisterung einem n aLrdast fanatischen Gcoinke mit Hand- und Taschentüchern hin. Die Reuenden winkten dann treulich wieder, und oft kamen Bekannte vorbei, die uns vorher an unser Logterzimmcrfenster bestellten, um „abgewinkt" zu werden, wie der technische Aus- dr' ck bei uns lautete. Dabei ist's denn einmal passiert, daß ein guter Freund und Vetter vordeirutschte und, da der Zug keine Einfahrt in den Bahnhof hatte, etwa fünf Minuten still vor unserm Logierzimmer hielt. Eine Kunst lmü DMenMslt. Hochschul Nachrichten. ot. Der Dekan der theologischen Fakul tät zu Leipzig Tech. Kirchenrat Prof. v. Kittel gibt den Bewerbern um di« Fakultätsftipendien be kannt, daß die Trierfche Stipendien-' Prüfung Donnerstag, den 4: Juli, nachmittags von Uhr an im Theologikum (Universität, rechter Flügel, 1. Stock) stattfindet. Das Ergebnis wird etwa 7V? Uhr bekanntgegeben. Die zwei unter der Kollatur der Pastoren Loesche und Meyer in Wurzen stehenden Michaelis- schen Stipendien an der Universität Leipzig zu je 185 sind an Studierende der Theo logie, die Söhne Wurzener Geistlicher oder Bürgersöhne aus Wurzen, Roitzsch bet Wurzen und Dehnitz bei Wurzen sind, vom laufenden Semester ab auf zwei Jahre wieder zu vergeben. Bewerbungs' gesuche bis spätesten» 15. Juli 1912 an Pastor LooAe in Wurzen (H. Seelsorgebezirk). Der Internationale Studentenver ein an der Universität Leipzig beabsichtigt, am 6. Juli in Schloß Debrahof (Eutritzsch) ein Inter nationales Gartenfest abzuhalten, zu dem all« Kommilitonen und Kommilitoninnen Zutritt haben. Einladungslist« bei Kastellan Meisel (Augusteum). Der Akademisch-philosophische Ver ein zu Leipzig hält Donnerstag, den 27. Juni, abends 8^ Uhr, im „Burgkeller", 1. Stock, einen Vortragsabend ab, an dem Privatdozent Dr. Friedemann zum 200. Geburtstage Rousseaus über „Jean Jacques Rousseau" sprechen wird. Julius-Wolff-Grdenkkafrl. Man muß cs der Stadt Quedlinburg MM Ruhm nachjagen, daß sie dankbar und liebevoll das Andenken ihrer großen Geisteshelden wahrt und hütet und darauf bedacht ist, die Erinnerung an ihr Witten und Schaffen von Geschlecht zu Geschlecht wachguhalten. Außer dem im Geburtshause Klop- stocks hergerichteten „Ehrentempel", in dem die Bil der berühmter Quedlinburger die Wände schmücken, zeugen Denkmäler in Stein und Erz sowie eine Reihe von Gedächtnistafeln den Stätten, wo ihr« großen Söhne Kloostvck. Gutsmuths, Karl Ritter, Rod. Bolle, Albert Becker, Wallmann da, Licht der Welt erblickt kaben, von diesem löblichen Tun. Diesen Ehrenmalen ist jetzt, wie schon kurz berichtet, noch ein neue» hinzuqemgt worden, dos dem jetzigen und künftigen Geschlechte die Züge eines der liebens- wukoigsten Menschen, einer der treuesten verehr« der Stadt Quedlinburg und der heimatlichen Harr berge und «ine» erfolgreichen Dichters seiner Z«t vor Augen stellt, eine Gedenktafel für Julius Wolff, die an seinem Geburtshaus« Markt Nr. 1 (Hotel zum Bär) angebracht ist und deren Enthüllung am Sonntag stattfand. Zu der Feier waren, da Zur Pariser Immunisierung gegen Cholera. Der Vorsteher der Pasteur-Anstalt Professor Rourreilte. wie schon kurz berichtender Akademie der Wissenschaften mit, daß seine Mitarbeiter an der Anstatt Charles Nicolle, Conor und Con seil neue, interessante und vielverheißende Ve r- suche über Immunisierung gegen die Cholera ausgeführt haben. Ausgehend von der Beobachtung, daß der Kochsche Kom mabazillus sich nur im Darminhalt, nicht aber im Blute entwickelt, dort vielmehr rasch getötet wird, spritzten sich die Unerschrockenen selbst lebendige Kommabazillen in die Arm venen und erlitten von diesem Eingriff kein anderes Ungemach, als eine leichte Fiebertemperatur. Nach diesem Ver- uch führten sie sich auf dem natürlichen Wege ebende Kommabazillen ein und blieben von -eder noch so leisen Spur eines Choleraanfalls verschont. Sie glauben also, daß man Menschen gegen Cholera fest machen könne, ohne ihnen zu schaden, indem man ihnen lebende Kochsche Bazillen in den Blutumlauf einführt.
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