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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.06.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120615017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912061501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912061501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-06
- Tag 1912-06-15
-
Monat
1912-06
-
Jahr
1912
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BezuqtPreit «« V«»r «««». Oenenrta - Ünaar«, SÜ>k!l»«d. Schweb«, »iw Schweiz. 2, ul», udnaea Staat«, m»r otr«kt durch di« S«lchäst»» tt«ü« d«» Lian«, «rhülltch. Da» L«id,i,«r Ta,«blau «NchNiU ,«al tialtch. 6«,,» ». geiirta«» »ur «ar,««, «««»««ut—Ranahm«: 2»tz«,^^«ll« S, d«t »»>««, Lrigrru, FUtaie^ Spediteurin «d >»«-«« ft«li«^ I«wt« B«stämt«r» «ad vrt«ftra>«n>. Gl»,«l»«rra»I,,r«1» 10 Vt. Nr. 301. Morgen Ausgabe. MipMer Tageblatt «rU-Anschl. 14882 lNachtaalchUch» 1489» 14894 Handelszeitung. 1 UHa«««iu« Deutsch« Tredtt- »lnitalt Brühl 71/77. VÜklkköNlO. i Deutlch« Bank, Final« L«ip,lg 1 Dep.-Kass« Summ. Stetnwrg 8. *LWL' Amtsblatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Postscheck!«,»« L«i»ii, SW. Sonnadenü, Len lS. Juni l9l2. Lnzeiq en Preis für Tinserat« au» t!e»p»i- und Umgeb»»« di« Npaltig« PeNizeil« 25Ps..dteReklam«. NtlelMt. von auiwärt» 30 Ps, Reklamen 1Ä) Mk. 2nl«rat« von Behörden im amt- ltchen T«tl di« P«tit,«ile S0 Ps. 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S. 3.) * Das Urteil im Spionageprozeß, gegen den Buchhalter Napoleon Barbier ist heute nachmittag zu erwarten. (S. Gerichtssaal S. 7.) * Heute nachmittag 4 Uhr nehmen die für zwei Tage berechneten Offiziersflüge auf dem Flugplatz LLnddenthal ihren Anfang. (S. Sport S. 8.) ' * Theateranzeigen stehe Seite 18. Der Lurüksnster. k Dor einigen Monaten schienen hinter dem englischen Kriegsmini st er Lord Hal da ne seine sämtlichen Kollegen an Bedeutung zurückzutretcu. Es ist gewiß keine patriotische Ueberhebung, wenn wir meinen, daß hinter dem VtrhältnissezuDeutschland gegenwär tig alle anderen Fragen von Englands auswär tiger Politika» Wichtigkeit zurücktveten; denn in den Beziehungen zu Frankreich und zu Rußland handelt es sich ja nur um etwaige Vertiefung oder Ausbau der bestehenden Ententes Cordiales zu förmlichen Bündnisverträgen. Das Verhält nis zum Deutschen Reiche tvirkt aber vermittels der Schwankungen im Flottenbautempo sogar auf die innere Politik zurück, da Meinungsver schiedenheiten mit dem antimilitaristisch gesinn ten radikalen Flügel der herrschenden Partei über die Verwendung des vielberuscnen 6V, Millio.ren- Ueberschusses unter Umständen zum Sturze des Kabinetts führen können. Und die bessere Ausgestaltung dieses so wich tigen Verhältnisses zu Deutschland hatte man im Mittwinter mit Umgehung des Ressort ministers in die Hände seines Kollegen vom Kriegsamte gelegt, der durch die Natur seines Amtes zum Friedensboten eigentlich am wenig sten geschickt schien. Man kennt ja die inneren Beweggründe dieser Wahl zur Genüge. Haldanes rühmliche Kenntnisse von deutscher Sprache und Art waren durchaus nicht hauptbestimmend ge wesen: das Entscheidende war, daß er in Berlin als stersona ßrsts und Grey als Kulto minus xratL galt. Ein Zweifel, daß Haldane persönlich die ehrlichsten Absichten zu einer aufrichtigen Ver ständigung mitbrachtc, bestand an keiner Stelle und besteht auch jetzt ebensowenig. Indessen ist doch der Erfolg jener großes Aufsehen erregenden Berlinfahrt vom Januar, der zunächst von Asquith wie von Bethmann in offiziellen Erklärungen noch optimistisch be urteilt wurde, verzweifelt gering gewesen. Ein Rückfall des Rüstungsfiebers hat die nachwcih- nachtliche Friedensstimmung bald wieder abge löst. Die Mittelmeerreisen englischer Minister mit Besuch des französischen Bizerta, das angekün- di^te neue Reval: das alles ist schwer mit den deutsch-englischen Annäherungsabsichten unter einen Generalnenner zu bringen. Auch Lord Hal dane selbst scheint durch seine jüngste Rede von Marylebone, welche nur noch das Tl)ema verstärkter Rüstungen zu Wasser und zu Lande behandelt haben soll, einen Strich unter das Kapitel von seiner Friedensmisfion gezogen zu haben. Vorher schon hatte er eine zweite Reise in die deutschen Gaue ausgeführt, aber so ziem lich die Reichshauptstadt und alle sonst möglichen Treffpunkte mit maßgebenden politischen Persön lichkeiten vermieden, daß es fast wie Absicht aussah, die vordem mehr vorgeschützten persön lichen Reise-wecke dieses Mal etwas kräftiger zu unterstreichen^ Um ihn aber aller weiteren Verlegenheiten zu überheben, hat man ihn gleichzeitig durch einen Aemterwechsel den mannigfachen Berüh rungen mit der auswärtigen Politik entrückt, die die Beharrung der HeereSfragen ihm bisher geboten hatte. Denn so ist doch wohl seine so- eben erfolgte Berufung zum Lordkanzler und Großsiegelbewahrer aufzufassen, zu Aemtern, mit denen der S p r e che r p o ste n im Ober Hause verknüpft ist. In den Beurtei lungen wird vielfach das Hauptgewicht auf das hohe Ansehen dieser Stellung gelegt. Gewiß: die oberste Aufsicht über die Gercchtigkeitspflegc flicht gerade beim englischen Volke, dessen leben diger Eifer um eine korrekte Rechtsprechung mit manchen seiner Schwächen versöhnt, um den In haber des Amtes einen besonders hell'' rahlcndcn Nimbus; und der außerordentlich hohe Bezug von 10 000 Pfund entspricht solcher Wertschätzung. Es ist aber irrtümlich, diese „Beförderung" gewisser maßen als die Vorstufe zu dem politisch bedeut samsten Staatsamtc zu betrachten. Schon daß uns Ausländern der Name seines Vorgängers Lord Loreburn so überaus unbekannt ge blieben ist, zeigt, wie weit der Posten vom Mittel punkte des weltpolitischen Interesses ab gerückt ist. In Großbritanniens innerem Staats leben bleibt natürlich der Sprecher des Ober hauses eine gewichtige Person; aber doch nur im Verhältnisse zur Bedeutung des Oberhauses über haupt, die erst im Vorjahre wieder eine so starke Schwächung erfahren hat. Hinzuzufügen ist noch, daß selbst der konservativen Partei es schwer fallen wird, künftig wieder einmal einen Premier minister dem Oberhause zu entnehmen, nachdem unter Lord Salisbury und sogar schon unter dem geadelten Beaconsfield die Nachteile offen sichtlich geworden sind, daß der leitende Staats mann nicht im Unterhause reden darf. Wenn wir uns nun aber auch der Hoffnung entschlagen müssen, daß einmal eine Welle den vielleicht deutschfreundlichsten Staatsmann des gegenwärtigen Englands an die oberste Lei tung der Geschäfte emporschwemmen möchte, so kann immerhin sein Wort im Kabinett und Ge heimrat künftig in umfassender Weise auch in Frage« außerhalb seines neuen Ressorts zu Gehör kommen und durch das Gewicht seiner hohen Würde sogar begünstigt werden. Don einer förmlichen „Kaltstellung'" zu sprechen, ist darum auch wohl zu viel gesagt. Um so mehr, als Hal- danes gründlicher Vorbildung das neue Amt näher liegt, als gerade die Verwaltung des Kriegswesens dem Zivilisten, und cS ihm bei der ersten Bildung des liberalen Kabinetts haupt sächlich seines noch zu jugendlichen Alters wegen versagt wurde. Seines bewiesenen guten Willens aber zu einer ehrlichen Verständigung mit unserm Reiche werden wir dankbar eingedenk bleiben, auch wenn die kurze „Episode Haldane" schon ihren endgültigen Abschluß gefunden haben sollte. Hinaus in Sie Pronin;! Die „Arbertsmarkt-Korrespondenz" schreibt: Die Abwanderung der jüngeren Arbeitskräfte nach den Großstädten, die schon seit Jahrzehnten auf dem platten Lande und in den mittleren und kleineren Provinzstädten als eine große Kalamität empfunden wurde, wird jetzt auch den großstädtischen Arbeitern unbequem. Auf verschiedenen Gebieten des gewerb lichen Lebens herrscht zurzeit in Berlin und in an deren Großstädten ein besorgniserregender Andrang am Arbeitsmarkte und eine auf fallend große Arbeitslosigkeit. Aus diesem Grunde sehen sich neuerdings verschiedene Ar beitnehmerorganisationen genötigt, ihre jüngeren Mitglieder zur Abwanderung in die Provinz zu ver anlassen. Am ungünstigsten ist das Angebot am Arbeits markte des Holzgewerbes verteilt. Die höheren Lohnsätze der Großstadt, der Glaube, daß in den besonders berühmten Großbetrieben Berlins usw. die Ausbildung noch auf ein höheres Niveau gebracht werden könne und nicht zuletzt auch das Bestreben, das großstädtische Leben kennen zu lernen, haben eine überaus starke Wanderung von Holzarbeitern aller Art aus der Provinz nach Berlin, Hamburg usw. veranlaßt. So kommt es, daß im März d. I. in Ber lin insgesamt 8229, im April 6507 und im Mai 6475 Holzarbeiter arbeitslos waren. Diese ungünstige Lage des großstädtischen Arbeitsmarktes bildet natur gemäß eine ständige Gefahr für die Aufrecht erhaltung der vereinbarten Arbeitsbedingungen und ein Hindernis gegen jeden Versuch der Arbeitnehmer organisationen, weitere Verbesserungen zu erreichen. Die Situation wird im Holzgewerb« noch dadurch verschärft, daß in den lebten Jahren in Berlin und anderen Großstädten ausfallend wenig größere Be triebe neu errichtet worden sind, während in der Provinz zahlreiche neue Unternehmungen entstanden sind. In ähnlicher Weise wie der Holzarbeiterver- band sucht auch die gewerkschaftliche Organisation der Buchdrucker und Schriftgießer auf eine rationelle Verteilung des Angebots am Arbeitsmarkte hinzu wirken. Immer wieder wird in Zirkularen und in der Gewerkschafispresse ein« Entlastung des Arbeits marktes in den Großstädten zugunsten der Provinz verlangt, ferner sollen di« jungen, ungebundenen Kollegen nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer Abwanderung nach der Provinz hingewiesen werden. Nicht nur den aus der Provinz zugezogenen Arbeits kräften wird di« Rückwanderung anempfohlen, auch der großstädtische Nachwuchs wird darauf hinaewielen, daß «r in den mittleren und kl«ineren Provinz betrieben weit mehr Gelegenheit hat zu umfassender Weiterbildung, als in den modernen Großbetrieben, in denen «ine gewisse Einseitigkeit der Arbeitsweise vorherrscht. Daß jetzt auch die Arbeitnehmerorganisationen dazu übergehen, eine positiveNrbe.itsmarkt- politik zu treiben, bedeutet zweifellos im volks wirtschaftlichen Sinne einen großen Fortschritt. Wäh rend vom großstädtischen Warenmarkt ganz selbst verständlich bei starkem Neberangebot die Zufuhren nach Möglichkeit ferngehalten werden, hat man bis her der planlosen Zuwanderung von jungen Arbeits kräften rach den Großstädten ziemlich ruhig zugc- sehen. Aehnlich wie im Holzgewerbe und in der Buch druckerei liegen die Dinge bekanntlich noch in einer ganzen Reihe anderer Gewerbezweige. Hier kann nur durch pst mäßige Arbeitsmarktpolitik unter Ans lnetung des ganzen Einflusses der Kcv-rkschaften eine befriedigende Lösung erreicht werden. Immer hin befinden sich die gewerblichen Arbeiter noch rn einem ganz erheblichen Vorteil gegenüber anderen Berufsgruppen, die mangels straffer Organisationen nicht zu einer Beseitigung ähnlicher Mißstände ge langen können. Es sei hier vor allem auf die ganz unheimlich starke Ueberfüllung des Bankbeam ten- und desAerzteberufsin den Großstädten, besonders in Berlin, hinaewiesen. Es ist bekannt, unter welch ungünstigen Bedingungen das Gros der Berliner Bankbeamten arbeitet. Auch ein großer Teil der in der R«ichshauptstadt praktizierenden Aerzt« muß sich mit einem Einkommen begnügen, das in gar keinem Verhältnis zu ihrer Vorbildung, ihren Leistungen und ihrer aufreibenden Tätigkeit steht. Auch hi«r gilt jetzt mehr der Ruf: „Meidet di« Groß stadt! Hinaus in die Provinz!" lieber Erfahrungen mit üer klnemsmgrsphillhen Zenlur plaudert in der jüngsten Nummer der „Deutschen Juristenzeitung" Regierungsrat Dr. Lindenau vom Berliner Polizeipräsidium, der über reiche Er fahrungen auf di-sem Gebiete verfügt. Er ist kein Gegner des guten Lichtspiels, dem er jede Unter stützung gewähren will, doch sind leider die Miß bräuche der Kinotechnik nicht mehr selten. Ein erheblicher Teil der Kinobesitzer und die Film fabriken spekulieren auf die niedrigen In stinkte der Massen, und in jeder Woche müsse» von der Berliner Zensur Bilder beanstandet werden, die Schafottszenen. Köniystnord, Stratzenprostitutton, Kaschemmenszenen anstößige Tänze Verbrechertricks, Wechselsälschung, Operationen, Scheintod. Vivisektion und so weiter behandeln. Diese Films sollen erst in den 300 Berliner Kinos gezeigt werden und gehen dann in das Reich hinaus. Gegen diese Aus wüchse muß angekämpft werden. Lindenau zeigt verschiedene Wege hierfür. Zunächst müssen die Kinos in die konzessionspflicy- tigcn Gewerbe eingereiht werden, was auch der Reichstag gewünscht hat. Jede Neuerüffnung muß rom Nachweise des Bedürfnisses abhängig ge macht werden (H 33a Gewerbeorbnung, Ziffer 3). Ferner ist eine amtliche Filmprüfung vor der Genehmigung der Aufführung des Films not wendig. Kein Film darf ohne Genehmigung aufge- führt werden. Preußen ist in bieser Richtung vorbildlich durch Ministerialerlasse vorgegangen, die die Auswüchse im ganzen ziemlich beseitigt haben. Da die meisten Films der Berliner Kinozensur unter liegen, so hat das Berliner Polizeipräsidium eine Liste der genehmigten Films herausgegeben, die die Arbeiten der übrigen Polizeiverwaltungen wesent lich erleichtert. Aehnliche Einrichtungen bestehen in anderen Bundes st aaten. Die landesgesetz- lichcn Zensurbefugnisse haben sich auch als aus reichend erwiesen sittlich anstößige Films und Schundfilms zu unterdrücken. Zu begrüßen wäre trotzdem aber die Schaffung einer Reichszentral stell« für Prüfung der Films, die, aus Pädagogen, Aerztcn. Künstlern und Fachleuten zusammengesetzt, die voneinander ab- neichende?. Entscheidungen der Ortspolizeibchörden ausscb ltet. Die Vereinheitlichung der Filmzensur durch ein- Zentralstelle würde einen Fortschritt be deuten. Der Autor lenkt die Aufmerksamkeit 'noch auf einen andern Miß st and, die Kinoreklame durch »unte Plaka'te. Diese Reklame bedarf keiner Genehmigung, doch entsteht die Frage, ob die oft beliebte Reklame nicht das Wesen des erlaubten Geschäftsbetriebs überschreitet, da der Inhalt der Plakate vielfach Formen angenommen hat, die einen öffentlichen Skandal bedeuten. Was hier an blut rünstiger und anstößiger Schauerromantik geboten wird, übertrifft noch die verderblichsten Schundfilms, es ist schwer, sich dem Anblick dieser Auswüchse des Straßenlebens zu entziehen. Es ist für die Polizei sehr schwierig, hier einzuschreiten, so daß ein gesetz geberisches Eingreifen notwendig erscheint. Das Oberoerwaltungsgericht hat entschieden, daß gedruckte Plakate als Preßerzeugnisse im Sinne des 8 2 des Reichspreßgesetzes der polizeilichen Präventive ent zogen seien. Die Polizei kann nur eingreifen bei Plakaten, die strafbare Tatbestände enthalten oder die über den Rahmen einer gewerblichen Ankündi gung hinausgehen. Englische Mittelmeerlorgen. Erst bei der Ansage der Maltakonferenz, zu der in den Pfingsttagen der Premier Asquith, Lord Churchill und Lord Kitchener auf dem vom Mittel meer umspülten Felseneiland zusammenkamcn, wurde man auch in Deutschland starker auf die Tatsache des durch den Trivoliskrieg gewaltsam a e st ö r - tenGleichgewicytS imMittelländischen Meere aufmerksam gemacht. Bis dahin hatte es vielfach nicht an Leuten gefehlt, die der Welt weismachen wollten, England und Frankreich hätten Italien in den Krieg gegen die Türken gehetzt, um Deutschland in eine unbequeme Situa tion gegenüber dem Alliierten und dem Freunde zu bringen. Wäre das John Bulls Absicht tatsächlich gewesen — weder die amtlichen Berliner noch die römischen Greife haben an diese Absicht stauben wollen —, so brauchte ec jetzt, wo er sich den Schaden besieht, für Spott nicht zu sorgen. Di: Annahme ist bei seinem scharf ausgeprägten politischen In stinkt eher gerechtfertigt, daß er im stillen hosste, Italien würde sich, als die Auseinandersetzung mit der Türkei sich in die Länge zog, eine >nilitärisck>e Schlappe holen. Eine Verminderung des italienisch» Prestiges aber wäre gleichbedeutend mit einer Schwä chung des Dreibunds gewesen, an der England mittelbar und unmittelbar selbsttätig und durch andere mitarbeitet. Unter diesem rein militärisch-politischen Ge sichtspunkt betrachtet, hat der italienisch-türkische Krieg für die Deutschen ein gewisses versöhnendes Moment erhalten. Seine Folgeschwere ist aber noch bedeutend gewachsen von dem Augenblick, wo Ita - lien ins Acgäischc Meer hinabsticg. Wie noch erinnerlich, sträubte sich die Londoner Tiplo- matie anfänglich gar sehr gegen eine Jnselokkupa- tion von feiten der Italiener, und es bedurfte des ganzen Einflusses des Petersburger Kabi netts, um Italien gegenüber englisch» Pressionen die volle Aktionsfrciheit da unten zu verschossen. Es wäre müßig zu fragen: Was wäre gcschelsen, wenn England dein russischen Truck nicht nack>- gegeben haben würde? Die Politik rechnet nicht mit Hypothesen, sondern mit Realitäten, und Ita- liens Borrückcn ins östliche Mittelmecrbcckcn und die nicht mehr auszuschiebende Lösung der Dar danellenfrage durch Rußland stellen eine solche rauhe Wirklichkeit für die englische Diplomatie dar, an der sie sich die Zähne auszubeißen hat, wenn Deutsch- land und Oesterreich nicht noch im letzten Augen blick die geradezu polizeiwidrige Dumm heit begehen würden, dem italienisch-russischen Mittelmcer-Machthungcr unvorhergesehene Hinder nisse zur Stillung entgegenzustcllen und damit dem britischen Vetter aus der wohlverdienten Patsche zu helfen. Die Organe der öffentlichen Meinung Englands haben uns nur ein schwaches Echo von dem Weh gegeben, das jenseits des Kanals infolge der Stö rung des Mittelmeerglcichgewichts in allen politischen Kreisen herrscht. Wie schlimm die Aktien stehen, ergeht am besten aus der Tatsache hervor, daß man sich sogar schon in liberalen Kreisen mit dem Ge danken — o Schrecken aller Schrecken! — vertraut macht, die Wehrpflicht einzuführen, um sich einmal Frankreich bündnissähig zu machen, zum andern aber, und dies nicht zum wenigsten, um dem deut- schen Heere bei einer eventuellen Invasion mit der neugeschaffenen Reick)sarmec entaegentreten zu können. Die nie ganz eingcschlafenc JnvasionSangst nimmt bei den englischen Furchthasen jedesmal dann greisbare Gestalt an, wenn die Gefahr einer Ver minderung des Wertes ihrer in der Nordsee liegen- den „Haus flotte" durch eine Vermehrung der deutschen „L u x u s fl o t t c" sichtbar in die Er- scheinung tritt oder wenn unten im Mittelmeer etwas nicht ganz in Ordnung ist. Heuer aber ist im schönen Lenz beides eingetreten: oben die Ver mehrung, unten die Störung der alten Ordnung. Oock save .... Auch wenn die französisch-englische Entente cor- dialc die Form einer Allianz annimmt, so wäre lediglich der Name gewechselt. Aber im Mittelmeer und ebensowenig in der Nordsee wäre die Sorge zum Schwinden gebracht. Tenn neue Dreadnoughts und lleberdreadnoughts lassen sich bei Biiiidnistaufscst- lichkeiten nicht mit schönen Reden und Verträgen hervorzaubern. Höchstens könnten die neuen Bundes genossen sagen, das italienische und österreichische Geschwader haben ihren Befähigungsnachweis noch nicht abgelegt. Aber ein Rückblick auf die jüngste Geschichte der französisck)en Marine wird Englands Sorgen auch nicht verscheuchen können. Jin übrigen aber stimmen Sachverständige in ihrem rückhalt losen Lobe der italienischen Flotte und deren Mannschaft überein und sagen z. B., daß die letztere physisch und moralisch turmhoch über den englischen Marinesoldaten stände, deren mehr als problematischer Wert stets ein Gegenstand uncingestandener Sorge der Londoner Adnriralität ist Wie mir von vorzüglich informier ter fachmännischer Seite mitgeteilt wird, baut Ita lien seine Schiffe mit unverhältnismäßig geringeren Mitteln, hat jedoch größere Kosten für den Unter- halt cmfzuwendcn. Für Ausrüstung und Operations fähigkeit der italienischen Marine hat mein Ge währsmann nur das Prädikat „erstklassig" iibii. Er hält die Organisation der Italiener für vorbildlich sogar für die Engländer, die doch mir gewisses Vorrecht lstittcn, auf die strebsamen Italiener mit einer nur durch das Mitleid gemil derten Verachtung herabzublickcn. Doch halten wir uns nicht bei relativen Wert abmessungen auf, sondern gehen auf lvescntlichc Punkte ein. Italien besitzt als strategische Stütz punkte für seine Flotte Lpezzia, Maddalena, Messina und Tarent, Frankreich Toulon und Biserta, Eng land, abgesehen von Gibraltar, im Mittelmeer Malta, Cypcrn und Alexandria. Bisher konnten Franzosen und Engländer die Italiener leicht kontrollieren. Nun hat aber Italien mit Tripolitaniens Besitz noch Tobruk und Bomba als leicht zu befestigende Plätze bekommen, und es wird schwerlich geneigt sein, die Inseln Stampalia und Rhodus im Acgaiscben Meere an die Türken wieder hcrauszugebeu, die den Werl ihrer Sporaden als Flottenstützpunkte bisher zu Englands Freude nicht auszuprobieren in die Lage gekommen sind. Das alles wäre für John Bull nicht so schmerzlich, wenn er nicht auch fühlte, daß er mit seinen 14 Kreuzern der total veralteten Nelsonklasse, die ^r im Mittelmeer stationiere» läßt, wirklich keine» Staat mackjen kann. Zwar könnte sein halb oder Hanz verbündetes Frankreich gegen wärtig noch 12 «chiffe mit 84 Kanonen (6 von der Danton-, 5 von der Patrie- und 1 von der Suffren- klasse) der vereinigten italienische» und österreichi- sck>cn Flotte von 9 Schiffen ^2 von der Margherita-, 4 von der Vittorio - Emanuele-, 3 von der Franz- Ferdinand-Klasse) mit Kanonen entgegenstellen. Aber schon in wenigen Monaten gestaltet sich da» Verhältnis weniger angenehm für England und Frankreich im Mittelmcer Tenn dann wird Frank- DM" Man beacht« anch -i« Infirat« in d«r Ab«nd-Au»gabe.
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