Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS Ar L«ip,tß «u> v»i»tt« d»rch »s«, Tri>g»r un» Sorbtt«»r» L«al tirltch i»Z Pau, ,«dracht: »V>. monatÜ.r.?t>Mr. »irnriiährl. Brt a»l«r» sttttatr« «. »ahmcsleUen ada«hott' 7S Vf- monatl, L»«I. vttrttliichrl. L«ch »t« W»U r innerhalb Deuycktand» nnb der dentschen Kolonien vteNeljährl. !.« Mt., monatl. 1.A»ik. auoichl. Poltdeftellaeld. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauslaaten, Italien, Luiemdura. Niederlande, Nor wegen. Oeverr,ich. Ungarn, Nukland, Schweben und Schweig. 2» allen übrige» Staaten nur direkt durch die Eeichasi»« stelle de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt «richeint Lntal täglich. Sonn- a. Feterlag» nur morgen». tU>onnem«nt»->ännahm» 2,haa»i»,alie S, bet unseren Trägern. Filialen. Spediteure» »»d Annahmestellen, >owt, Bostämlern »ad Brtesträgern. »ini«lv»rka»k»»r«t» ill Bk- Abend Austtabe. MpMcr.TaMaü Tel.-Anschl. l 14 892 («achtanschl«») ; 14 89» l 14894 Handelszeitung. Lankkonto: Allgemein« Deutsch« Tredit» Anstatt Brühl 75,77 Deutsche Bank, Filiale L»ip»tg De»-Kass« Stimm. Stetnweg L '-.V."« Ämlskkatt des Nates u«d des Notizeiamtes der Stadt Leipzig. UWU- Anzeige»-Preit für Inserat« -»» t!«t»i>, ,»d Um^bu», di, llpaltig« Vetttt'il« SPf-dt, NeNam» »eil« l Mb »on »»»wärt»»Pf.Reklamen llll Ml. Inserat« »»» Behärden im amt. lichen Teil d«, B«tit,,tl, « As. <b«schäst»anzetg,n mit Plahoorschriste» im Preis« erhöht. Rabatt nach Tarik. Betlagegebühr Selamt- ouslag« 5 rkk. p Tausend «rkl. Postgebühr. Teildetlag« höher. A«ft»rteilt« Äustraa« können nickt turilck- gerogen werden. Für da» Erscheinen an deftimmten Tagen und Plitsttn wird kein« Garantie übernommen. Anjtigen-Annahme: 2«h»M»g»ll« bet sämtliche» Filialen ». allen Ann»»«» Lrpedtttonen de« Zn» a»d Kurland«» Trnä nnd Verla» «,» Atsch«» A kürst«» Inhaber: Paul kürst«». vedttktton «» Seschiististeü«: Iohanntsgall« o. Hannt - Filiale Dr«»»«»: Serftranc ». l tTelepho» «SAt. Ar. LIS. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seiten. Das Wichtigste. * Ueber die Ursachen der Revolte in Marokko wird eine amtliche Erklärung veröffentlicht. (S. bes. Art.) * Die Verhandlungen über die Vier Mächte anleihe Chinas sind wieder ausgenom men worden. (S. bes. Art.) * Das Ministerium von Chile ist zurück- getreten. * Sämtliche Ballons, die von Leipzig und Dresden an dem Ausscheidungsfahren zum Eordom-Bennett-Wettfliegen teilgenommen haben, sind glatt gelandet. sS. Sport.) Die veränüerungen ües üeutlchen Wetthsnüels im letzten Jahre. Nachdem nunmehr die Ein- und Ausfuhrwerte unseres Handels für das Jahr 1911 vorlicgen, ist ein Ueberblick möglich üoer die Entwicklung des Eesamthandels wie des Warenaustausches mit den einzelnen Landern. Und in beiden Beziehungen ergeben sich Zahlen, die der Stellung des deutschen Außenhandels im Wellhandel ein glänzendes Zeugnis geben. Mit 18,2 Milliarden war Deutsch land im Jahre 1911 am Welthandel beteili.t, es wird nur noch von Großbritannien übertroffen, dessen Anteil sich auf 23 Milliarden beläuft. Unser Umsatz des Jahres 1910, der mit 16,3 Milliarden die bis dahin höchste Zahl erreichte, ist also wiederum um fast 2 Milliarden übertroffen. Um diese Zahlen in ihrer Bedeutung ganz würdigen zu können, muß man sich erinnern, datz noch im Jahre 1820, also vor 20 Jahren, unser Außenhandel sich auf 8 Milliarden belief. Die Zunahme im Gesamthandcl verteilt sich annähernd gleichmäßig auf die Einfuhr und Ausfuhr, denn unsere Einfuhr stieg von 9,3 auf 10 und die Ausfuhr von 7,6 auf 8,2 Milliarden Maik. Unter den Ländern, aus denen Deutschland in erster Linie die ihm fehlenden Produkte bezieht, steht wiederum weit an der Spitze Rußland. Für fast 1,6 Milliarden liefert uns das Russische Reich an Waren, und damit ist unsere Einsuhr von dort wiederum in einem Jahr um 200 Millionen ge stiegen. Wenn man sich der unglaublichen Angriffe erinnert, die noch kürzlich in der russischen Duma gegen den Handelsvertrag mit Deutschland gerichtet wurden, io spricht die Ausfuhrziffer von 1,6 Milliarden einesehrdeutliche Sprache über die Berechtigung solcher Klagen über die Schädlichkeit des deutsch-russischen Handelsvertrages. Unsere Ausfuhr nach Ruß land hat allerdings auch eine Steigerung von rund 100 Millionen erfahren, sie bleibt aber gegen die Einfuhr von dort noch um eine Milliarde zurück — Neben Rußland sind die Vereinigten Staaten dasjenige Land, das unseren Markt mit den höchsten Einfuhrwerten versorgt: 1.3 Milliarden hat die Ausfuhr der Vereinigten Staaten nach Deutschland im letzten Jahr erreicht, d. h. ein Mehr von 156 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Unsere Ausfuhr im Werte von 239 Millionen hat nur eine Steigerung von 7 Millionen zu verzeichnen. Sie vleustss, üen 30. April 1912. erreicht also noch nicht die Hälfte der Aus fuhr der Vereinigten Staaten nach Deutschland. Schon in Aen Vorjahren war Großbritannien das bedeutendste Absatzgebiet der deutschen Ausfuhr, und dieses Verhältnis ist im vergangenen Jahre ausrechterhalten. Mit 1139 Millionen hat unsere Ausfuhr nach dem britischen Mutterlande die des Vorjahres um 37 Millionen übertroffen. Unsere Einluhr von dort ist ebenfalls um 12 Millionen gestiegen, sie bleibt jedoch mit 808 Millionen noch immer hinter dem Rekord jahr 1907 um 169 Millionen zurück. — In unseren Handelsbeziehungen zu Frankreich ist ebenfalls ein erfreulicher Fortschritt zu verzeichnen, uniere Aus fuhr stieg um 35 Millionen, unsere Einfuhr um 15 Millionen. Die erstere Zahl zeigt asto, daß die > großen Befürchtungen für unsere Ausfuhr nach s Frankreich aus Anlaß der letzten Zollerhöh- , ungen nicht begründe! waren. Unser Waren austausch inrt Oesterreich-Ungarn ist in I der Ausfuhr nach dort um 96 Millionen gestiegen, i in der Einfuhr von dort um 20 Millionen zurück gegangen, eine Erscheinung, die in den besonderen Wttterungsvcrhällinssen des lehren Sommers ihre Erklärung findet. Mit Italien hat der Warenaus- tau ch eine weitere Steigerung erfahren, und zwar in der Ausfuhr um 25. in Einfuhr um 10 Millionen Mark. Sibwsden zeigt in bezug auf unsere Ausfuhr mit 190 Millionen einen Stillstand, die Einfuhr ist dagegen um 19 Millionen auf 183 gestiegen. Unter den überseeischen Ländern verdienen besonders genannt zu werden Indien, dessen Aus fuhr im Werte von 4-10 Millionen um 36 und dessen Einfuhr um 1t> Millionen gestiegen ist. Auch Argen tinien hat mit 369 Millionen Ausfuhr und 255 Millionen Einfuhr eine erhebliche Steigerung zu ver zeichnen, desgleichen Brasilien, von wo wir Waren im Werte von 320 Millionen bezogen und woOin wir solckie im Werte von 152 Millionen lieferten. Der Umsatz mit Chile betrug 158 Millionen in Einfuhr und 85 in Ausfuhr. Diese Zahlen lassen den gewaltigen Aufschwung des deutschen Außenhandels und die mächtige Ent- wick ung der deutschen Erwerbstätigkeit auch während des letzten Jahres deutlich vor Augen treten. Wieder sind größere Mengen an Rohstoffen und Halbfabri katen vom Auslände herangehott und als Fertig produkte wieder ins Ausland abgesetzt worden. Mag auch an diesem Aufschwung der eine ode* ander« Zweig der gewerblichen Belangung ernen mehr oder weniger großen Anteil haben, es kann nichts an dem Gesamtbild unseres Außenhandels ändern, der auch im letzten Jahre eine Hohe erreicht hat, um die uns alle Völker beneiden können. Oer üeutlch-bötzmilcheAusgleich (Von unserem Prager Mitarbeiter.) Prag, 29. April. Seit Oktober v. I. tagen die Permanenzkqminis- siouen, die berufen find, den Ausgleich zwischen den beiden Böhmen bewohnenden Völkern abzuschließen. Baid lauteten Die Berichte gut, bald hieß es, daß sich dem Fortgangs der Verhandlungen Schwierig keiten entgegenstellten. Bor acht Tagen wurde der Welt gemeldet, es stehe äußerst günstig, die Ver handlungen seien dem Abschluffe nahe, aber ein Einblick in dir Verhandlungen wurde nicht gewährt. Einen Tag nach diesem günstigen Bulletin beschloß die staatsrechtliche Fortschrittspartei, ihren Partei- genossen Dr. Sokol aus oer politischen Kommission abzuberufen, weil die Verhandlungen „eine Gefahr für das böhmische Staatsrecht" seien. Die Jung tschechen erklärten, es sei kein Grund vorhanden, für die Verhandlungen zu fürchten, da di« genannte Fort schrittspartei wenig Einfluß hab:, zudem ihr geistiges Haupt Dr. Baxa aus der Partei ausge.reten ,ei. Run hat am Sonntag (wie wir bereits kurz bs- lichteren, d. Red.) der Parteitag cer Nationaliozia- listen, denen jetzt Dr. Baxa angehört, üöer den An trag des Atg. Chotz gleichfalls dr« Abberufung ihrer Delegierten aus den Permanmzkommts. sionen zum Deichluß erhoben, weil durch einen Aus- gleich nur die Deutschen gewinnen könnten und di«ser eine Gefahr für dl« Unteilbarkeit des Köniz reiches Böhmen bilde. Durch Liesen Austritt ist wohl den Ausgleichs».r Handlungen ein Ende bereitet worden, denn d e Jungtschechen werden es nicht w.'gen, gleich den Alt. lichechen vor 20 Jahren, weite: zu oerhan. dein und einen Ausgleichsentwurf ferrigzustellen; sie würden sich dadurch in ow gleiche Lage setzen, in der die Altt.chechen damals sich befanden, und in der die Jungtschcchen die Nolle der Rarionalsozialen spiel ten. Damals wurden die Alttschrcken vollständig vernichtet uno zu Verrätern gestempelt. Die Jung tschechen werden also wahrscheinlich auch aus den Permanenzkommiffionen treten und ihnen werden oi« tschechischen Agrarier folgen. Hierdurch werden die Kommissionen selig verblichen sein. Für die Deut- jchen werden harte Tage kommen, doch, wenn sie, was hoffentlich sein wird, einig bleiben, kann ihnen nichts geschehen, selbst dann, wenn die Regie- rung sich auf sriten der Tschechen stellen würoe, um ihre Stimmen für das Wehrgesetz zu erkaufen. Was aber mit der Ordnung in Oesterreich geschehen wird, das weiß Gott. Lloyd George über ürn englischen Bnügetüberlchutz. London, 30. April. Bei Fortsetzung der Budgetberatung im Unter haus kritisierten verschiedene Mitglieder beider Seiten die Absicht der Regierung, den Ucberschuß non 6 5 Millionen für möglicherweise eintretende Er- ferderniffe zu reservieren, statt sie zur Schulden tilgung zu verwenden. Austen Chamberlain richtete an den Schatzkanzler Lloyd George die Frage, ob irgendein T-ii des Uederschnffes. der nicht mr Deckung cutzeroroentlicher Forderungen für die Ma rine in diesem Jahre oder zur Deckung eines außer- gewöhnlichen Einnahmeausfalles gebraucht würde, zur Schuldentilgung verwandt werden solle. Lloyd George erwiderte hierauf, daß die Re gierung über den Ucberschuß nicht verfügen wolle, erstens wegen der Unsicherheit der Wirkung der A r - b e i t e r u n r u h e n aus die Staatseinnahmen, zweitens wegen der im vorigen Jahre entstandenen Kosten für die A d m i r a l i t ä t, die sich auf 600 000 Pfund beliefen, und hauptsächlich wegen der Unsicher heit der etwa noch erforderlichen Geldmittel für die Flotte. Es sei seh: schwierig, über diese Angelegen heit sich weiter auszulaffen, ohne vielleicht Unheil anzurichten. (Beifall.) Deswegen möge das Haus entschuldigen, wenn er Las nicht tue. (Beifall.) Der Erste Lord der Admiralität Churchill habe darauf hingewiesen, daß die Voranschläge auf der Annahme basierten, daß sich die Programme anderer Länder nicht von denen früherer Jahre unterschieden. Er hab« aber gleichzeitig erklärt, wenn diese Pro gramme geändert würden, er an das Haus neue Forderungen stellen müsse, und daß solche Aenderungen einen schwerwiegenden Einfluß auf das Programm Englands haben könnten und. wie er, Lloyd George, meine, haben würden. Wir wissen 106. Jahrgang. nicht, schloß der Schaytanzler, wie es zurzeit damit steht. Ich weiß nicht, welche weiteren Forderungen an uns herantreten könnten, jedenfalls aber müßen wir mit der Möglichkeit rechnen, und wenn dies der Fall sein sollte, wird es sich nicht nur um Forde rungen sür dieses Jahr allein handeln. Sollten aber weitere Forderungen nötig werden, so brauchen wir sicher nicht zu borgen, um ihnen gerecht zu werden. Wenn es möglich ist, eine weitere Be steuerung zu vermeiden, sollte man das tun, und wir könnten es vermeiden, wenn wir einen Fonds haben, auf den wir zurückgreifen können. Wenn die Negierung nach dem ihr vorliegenden Nachrichten- molerial und noch endgültiger Gestaltung der Dinge zu dem Schluß kommt, daß es notwendig ist. weitere Ausgaben zu machen, so muß die Zustimmung des Hauses für diesen Zweck sichergestellt wer den. Diese Frag« »bunte aber später, wenn das Budget zur Kvmmissionsbcratung kommt, wieder ausgenommen werden. Dann wird auch die Re gierung und das Haus im Besitze alles tatsächlichen Materials sein. Die bestimmte Zusage, die Cham- berlain zu erlangen versuchte, daß das Geld, wenn es nicht für die Flotte oder zur Deckung des Ein- nahmcausfalles aus Anlaß des Kohlenarbeiterstreiks gebraucht würde, zur Schuldentilgung ver wandt werden sollte, lehnte der Schatzkanzler ab, zu geben. Oie Unruhen in Marokko. Nach einer Note der „Agence Havas" hat die Untersuchung der Ereignisse in Fez durch den Gesandten Reg na ult folgendes ergeben: 1) Die Truppenmouterei hatte ihren Grund in der Unzufriedenheit, die durch die Entschei dung betreffend den Sold und die Befürchtung der Soldaten, daß sie Tornister tragen müßten, hervorgerufen worden war. 2) Die Unterzeichnung des Protekto rats kann nicht als «ine der Ursachen der Un ruhen angesehen werden. Ohne Zweifel hat da» Ereignis in der fanatischen, unwissenden Bevölke rungsschicht «in« gewiss« Erregung »»ich Feindseligkeit heroorgrrufen, aber dieser Geist hält« keine ernst« Gefahr heraufbeschworen, solang« di« Truppen treu blieben. 3) Auch in den Kritiken, die sich im Nahmen einer Verurteilung des Mißbrauchs d«r Amtsgewalt des Machsen bewegten, kann kein Grund oder Vorwand der seindseligen Bewegung gegen uns gesunden werden. Diese Kritiken hat ten seit der Ankunft des Gesandten Regnault in Fez jede Schärfe verloren. Ebensowenig war irgendeine Spur, di« auf fremde Machenschaften hindeutet«, zu entdecken. 4) Die Ansicht, daß die Juden die Revolte an gestiftet hätten, entbehrt jeder Begrün dung: di« Ereignisse beweisen dies. Die Haltung Les Sultans und der Wesire ist ebenfalls über je den Verdacht erhaben. 3) Die Erhebung war nicht organisiert. 6) Die Erregung unter den Stämmen, die im Falle einer Verschwörung hätte zum Ausbruch kommen müssen, fiel nicht mit der Meuterei des 1,1 AÜ8. Geschichte eines Frauenherzens. Don Emmy von Panncwitz. «Nachdruck verboten.) Am folgenden Tage — die Damen saßen an dem schönen Septembernachmittag im Freien — kam Wil- borg mit eiligen Schritten durch den Garten geeilt. „Ada", rief er schon von weitem, „ich habe dir Be such eingeladen heute zum Abendessen. Ist ja ein ganz scharmanter Maitn, dieser Lebensretter. Die hohe, ritterliche Gestalt schien noch zu wachsen in dem niedrigen Zimmerchen, und wenn man den in Uniform steckte, so müßte er eine brillante Figur machen. Also, er kommt heute abend acht Uhr. Habe ich es recht gemacht, liebes Kind?" „Eine Einladung finde ich überflüssig, das sieht ja aus, als wünschten wir seinen Verkehr." Ada be tonte das „wir" mit einer gewissen Schärfe. „Kann er ja dreist, liebe Frau: der Mann hat so viel Formen, daß er stets es sich zur Ehre schätzen wird, in meinem Haus« zu verkehren. Die Idee, ihm einen neuen Rock zu kaufen, ist allerdings dem Manne gegenüber köstlich, fast hätte ich es erzählt." „Um Gvttes willen." Ada fuhr förmlich von ihrem Stuhle in die Höhe. nur gut sein", beschwichtigte der alte Herr, e Sybille schaute belustigt von einem zum andern. Am Abend erschien in elegantem schwarzem Anzug der Professor, er wußte so anregend zu plaudern, zu erzählen von Dorpat und den Verhältnissen in den baltischen Landen, wußte so ehrfurchtsvoll mit den Damen zu verkehren, kurz, zeigte sich so sehr als voll endeter Kavalier, daß der Freiherr ganz von ihm entzückt war und die Damen aufmerksam lauschten. „Verehrtester Herr Professor, verzeihen Sie eine Frage", wandte sich der Freiherr an seinen Gast. ..Woher haben Sie als gelehrter Herr, der Sie find, den Mut und die Geschicklichkeit hergenommen, mit der sie meinen toll«n Rappen in die Zügel fielen? Das hätte ich Ihnen kaum nachgemacht, obwohl ich in meiner Jugend als tüchtiger Reiter galt." „Herr Baron, das ist kein Verdienst meinerseits, so etwas bleibt hängen bei einem alten Kavalle risten", erwiderte lächelnd der Professor. ..Laß Tant Wilborg sprang auf, die Augen weit geöffnet in unsäglichem Staunen. Auch Horst lachte und gleich falls sich erhebend, stellte er in dienstlicher Haltung sich dem Freiherrn vor als „Horst, Premierleutnant der Reserve vom Regiment Königsulanen." Als die erste Ucberraschung, die auch die Damen geteilt, vorüber war, fand es sich, daß unter den Be kannten des Herrn von Wilborg auch einer der Freund des Mannes von der Feder war. Nichts aber führt so rasch zwei fremde Menschen zusammen, als die gemeinsame Bekanntschaft oder Freundschaft mit einem Dritten. So ging es auch hier. Und als der Professor ziemlich spät die Villa am Schiffgraben ver ließ, verlieh der Baron seinen innersten Gefühlen Ausdruck, als er denselben bat, seinen Besuch recht bald und so oft wie möglich zu wiederholen, da er seit lange nicht solch angenehmen Abend verlebt habe. Bald war Professor Hans Horst ein heimlicher Gast im Hause des Freiherrn von Wilborg. Asa, die in der ersten Zeit ihres Zusammenseins ein« ge wisse Scheu gehabt hatte vor dem ernsten Gelehrten, sah nun auch seine Besuche mit immer größerer Freude. Es war das erstemal im Leben, daß ein bedeutender Mann ihr entgegentrat, das erstemal, daß ihr jemand nahe stand, der ihr geistig weit über legen war. So gewöhnte sie sich nach uno nach, als Tante Sybille langst wieder in rhrem Stifte sah, da ran, den Professor um Rat zu fragen in all den klei nen und großen Dingen, wo ihr Gatte ihr keine Auskunft zu geben vermochte. Wilvorg war in diesem Herbst und Vorwinter be sonders viel von d«r Jagd in Anspruch genommen und herzlich froh, daß er endlich für seine Gattin einen Verkehr gefunden hatte, oer sie voll und ganz befriedigte. Kam er nach Hause, so sand er ein freundlich Ge sicht, und Ada erzählte ihm in behaglicher Dämmer stunde, was sie inzwischen gelernt, wie ihr Mentor, wie sie ihn scherzend getauft, ihr berichtet von seinen Forschungen und Ausgrabungen in Sizilien und Unteritalien. Wilborg freute sich von Herzen über sein kluges Frauchen und «rzählt« mit Begeisterung von dem Anlauf, den er gehabt und wieviel Hübner heute auf seiner Strecke gewesen. Er fühlte sich so glücklich wie noch nie, war er doch endlich, dank seiner Geschicklichkeit, von der schwierigen Aufgabe ent lastet, seiner jungen Gattin Wissenshunger M be friedigen. Auch Ada war zufrieden im Innersten ihres Her zens. So schrieb sie auch an Tante Sybille. Wenn jemand ihr sorthelfen konnte über die schmerzliche Trennung von der geliebten Tante, so war es der Professor, der an jenem Tag der Abreise gekommen und sie getröstet hatte wie ein warmherziger Freund. vm. Der Winrer war gekommen mit Eis und Schnee, eine weiße Decke verhüllte die Erve und in allen Straßen sah man blaugesroren« Kinder mit Ham pelmännern, Knarren und all den Attributen, die meboen, daß das Weihnachtsfest, dieser Tag der ver söhnenden Liebe, bald wieoer einmal seinen Einzug hält. Es war der Tag vor dem Fest, der heilige Abend; überall sah man Leute in wilder Hast oie Straßen durcheilen, einen Tannenbaum in den klam men Händen, war er auch noch so klein und beschei den, heute sollten die Kinder ihn leuchten sehen, wenn man auch nichts hatte, als mit Aepfel und Nüsse ihn zu behängen und winzige Lichtlein, ihn zu zieren. Pferdebahnen und Omnibus waren über füllt, denn jeder, de mit großen und kleinen Päckchen beladen war, suchte in ihnen eine schützende Zuflucht yor dem schneidigen Wind, der an den Straßen kreuzungen mit wilder Gier den harmlosen Wanderer zu überfallen suchte und ihm di« kleinen Eiskristalle, die trotz der kalten Sonnenstrahlen vom Himmel niederftelen, in das verfrorene Gesicht trieb. Auch Professor Horst, der noch einige Besorgungen zu machen gehabt, denn er wollte seiner alten Mutter einige kaum geäußerte Wünsche erfüllen, suchte den Sturm zu überwinden, der am weiten Welfenplatz ihm fast den Mantel von den Schultern riß. Mit einem Gefühl Les Geborgenseins öffnete er das klein« Gittertürchen seines Gartens. Frau Horst sah aus dem Fenster, als sie ihres Sohnes Fußtritte auf, dem hartgefrorenen Kies des Gartenweges knirschen hörte. Das ruhige Beisammensein, auf das sie sich so gefreut, als er vor einigen Monaten nach der Heimat gekom men, war nur sür eine kurze Zeit gewesen. Ihr Sohn war hineingezogen in den Verkehr, bei weitem mehr, als ihr lieb sein konnte. Aber sie empfand es als eine große Ehre, daß ihr kluger Sohn so anerkannt wurde, das schmeichelte ihrem Mutterherzen. Auch heute eilte sie hurtig di« Stufen hinab, ihrem Hans beim Lbneymen de« schneefeuchten Mantels behilflich zu sein. „Laß nur. Mutter, ich kann es wirklich allein", wehrte der Professor ab, denn es verletzte sein Zart gefühl. die Mutter Magodienste tun zu sehen. „Komm nur, mein Junge, die Stube ist schön durchwärmt unv der Kaffee und selbstgebackene Krapfen warten auf dich", und indem sie mit einem Tuch das schmelzende Eis von seinem dunklen Bart zu entfernen sucht«, führie Frau Horst ihren Sohn, dessen Arme sie liebevoll umschlang, in das Wohn zimmer, wo ern einladendes Tischchen ihrer wartet«. „Liebes Mütterchen", begann der Professor, al» nach einer Weile dem leiblichen Memchen Genüge getan war, „ich habe eine Bitt« an dich. Können wir nicht unseren kleinen Baum anstatt heute abend, mor. gen früh airzünden? " „Aber Hans, ich bin fertig, wir haben ja Zeit heute abend!" rief in erstauntem Tone die alte Dame. Hans drehte verlegen die Krümchen zusammen, die auf dem Tische lagen. „Mütterchen, ich hab« mich vielleicht übereilt, aber ich kann es nicht mehr ändern, ich habe Wilborgs versprochen, den Abend mit ihnen zu verleben. Sie erwarten mich wohl in einer Stunde." „Wilborgs, der reiche Baron? Heute am Weih, nachtsabend? Ach Hans, was willst Lu dort bei den vornehmen Leuten! Sie holen uns, wenn es ihnen bequem und sehen uns doch nur über oie Achtln. Ich weiß nicht, was d-u dort findest, aber bei einem so jung verheirateten Ehepaar ist wirklich der Dritte überflüssig, das war wenigstens so zu meiner Jugend zeit. Dein seliger Vater und ich. wir hätten uns für einen Hausfreund bedanken wollen!" Horst lachte. „Ach, gute Mutter, du machst dir wirklich falsch« Dorftellungen. Der Baron liebt, jemanden zu haben, mit dem er plaudern kann von Jagd, Sport, Pferden und allen dergleichen Sachen, Vie auch die klügste Frau nicht versteht. Und war di« Baronin anvetrifft, so ist sie «ine ungemein ae« scheite Frau, die ihren Wissensdurst zu stillen sucht, wo sie kann, di« Quelle ist ihr Nebensache. Ich wollt«, du kenntest Frau von Wilborg. Sie hat so etwa« unschuldig Schwesterliches im Verkehr mit mir, das Wort Koketterie steht nicht in ihrem Lexikon, ich glaube, an die Frau würde sich nie ein unlauterer Gedanke hevanwagen." (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)