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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.05.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120503019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912050301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912050301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-03
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
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Bezug-Preis Utr L«U>»ta »»» ivar»«t* »ich a»I«r« Irig<> »ad 6o«vU«ur» r»,I tL,11ch tn» ya», «edrachl « Vi monatU, LTV VN. vlinrltohrl. V«t *»1«nißtltal«, » Ua» natz»«kbll,n «da,hol» 1» Vs. i»oaatU, L» ««. vt.N<l>LHU. »«ich — Pa«: innerhalb Deu»chlanb» an» brr drntlchen Aalanirn oirrleitährl. >M MI., «onatt. IM MI. aurllhl Pojldrftrllarld tiernrr in Belgie», Dänemark, drn Danauüaatrn. Italirit. Luiemdura. Niederland». Nar» «»«»». Ornerreich. Ungarn, «uftlond. kchmedrn an» Schwel». 2n all«» äbrlaen Slaaten n»i oireU durch »» kbelchist»« stell« de» Statt«. erd ältlich. Da, i-'elptlg«, lagedlan «rlcheinl r»al täglich. Sann» a. g«>«nag» »u> morgen». chdonnement^Lnnadm« I»d»»»r»g«Ii« 8^ bei unser«» I ragrrn. KMol«a Svedlieurrn »U> lllnnadm«K«ll«n, lawr« Paitämlern «rd Lriistrogeru. chtagilo«»!«,!,»»«», lll vt. Morgen-Ausgabe. UcipngcrTagthlatt r-,.-iln,chi.!" « Handelszeitung. i 14 884 1 D«d.»Kass« Grimm. Stetnw«g L Amtsbkatt des Rates und -es Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. WM AnzeigeuPreis titr Jnltrar« au» Lerpzlg und Um,«bung bi« lspaltig, V»tit«»il« lS Ps-bie ükekla««» »«tl« I Ml. oo» „«wärt, SV Dl, NeName» llll Ml Inserat« aon B«därden im aint- lichen T«U di« Petttieii» »U Ps. tb«Ichäii»ani«igen ml« vladoarichrilt«» im Preise »rdödi Nadan nach Tarts. Beilagegedilhr lt»samt- auslag« 5 Ml o Tausend «ikl. Poltg«diitzr. Teildeilage ddver 8«lt»rr,rll« Äultroa« tonnen nrclit »uräck» aezog«» werden Adr da» Erich««»»» an bestimmten Tagen and Plauen wird lein« Garantie iid«rnomm«n. An»»ig«n. dlnnodnr«: I»d»»»i»«»Ii« ft. bei sämtlichen Atltalen a. allen Nnnan««»- Erveditionin b», 2n» and tlusland«» Dru« »ud Verl», »»» Atsch«» ch Nttrst« Indaver. V«»i Rilritrn. Uedattio» au» <bescht>I»>t«ü«. 2»Üanni»aaI1« il chauat-StUat« Dr«»»en: S««itkaft» < l tT«l«od»a ätLI). M. 224. /rritsg, -en 3. Mui !SI2. 106. Jahrgang. IE' Unsere gestrige Abendausgabe umsaht 1V Teilen, die vorliegende Morgennummer 18 Setten, zusammen 28 Seiten. Das Wichtigste. * Der Reichstag hat am Donnerstag die Beratung des Kolonialetats fortgesetzt. (-L. Bericht S. 9.) * Die Sächsische Zweite Kammer genehmigte am Donnerstag den Etat des Königs. Steinkohlenbergwerkes Zauckerode und den Verkauf fiskalischen Gebietes an die Stadt Dresden. (S. Bericht * In Leipzig traf der Präsident des Reichsversicherungsamtes Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat K o ch mit noch anderen Her ren des Amtes zu einer Konferenz mit massgeben den Handels- und Industriekreisen ein. sS. Leipzig S. 6.) * An der Küste von Tripo lis soll ein italienisches Kriegs schiff geschei tert sein. (S. bes. Art. S. 2.) * Theateranzeigen sieh« Seite 12. Zwei Stimmen. >o. Mit 160 gegen 158 Stimmen ist am 25. April vom Reichstag beschlossen worden, den Gesetzentwurf über die Beseitigung des Branntweinkontingents einer besonderen Kommission von 28 Mitgliedern zu über weisen. Die Mehrheit bestand aus den Natio nalliberalen, Fortschrittlern und Sozialdemo kraten. Diese Parteien erhielten dann 15 Sitze in der besonderen Kommission, die Gegenseite nur 13. Also auch hier wieder eine Mehrheit von 2 Stimmen, und zwar, lediglich auf die Parteizugehörigkeit gesehen, eine feste und sichere, auch von Erkrankung und Behinderung einzelner Abgeordneter unabhängige Mehrheit, während die Mehrheit von 160 zu 158 vom Zufall beeinflußt war. Die Kommission hat nun in ihrer Sitzung vom 1. Mai wichtige Abstimmungen vorgenommen, bei denen sich 15 zu 13 Stimmen gegenüber standen. Also wieder die Mehrheit von zwei Stimmen. Nur bedeuteten die 15 Stimmen nicht die Großblockmehrheit, sondern die 13 Stimmen der Gegenseite, vermehrt um zwei Nationalliberale. Die Namen der Abge ordneten sind entgegen der früher geübten Sitte in der Presse genannt worden; die Abg. Sieg und Paasche haben gegen den Antrag der Sozialdemokraten gestimmt, den ge samten Steuersatz für Branntwein — also unter Beseitigung des Kontingents — auf 105 Mark festzusetzen, mithin auf den Dorzugssatz öerab- zugehen, zu dem bisher der Kontingentsbrannt wein versteuert wurde; das wäre eine allgemeine Steuerherabsetzung, keine Erschließung neuer Einnahmen. Mit der gleichen Mehrheit wurde ein von konservativen, polnischen, national liberalen und Zentrums-Abgeordneten einge brachter Antrag angenommen, den zur Ver breitung und Verbilligung des gewerblichen Spiritus bestimmten Geldstück durch jährlich 16 Millionen zu verstärken, die aus dem Er trage der Verbrauchsabgabe zu entnehmen sind; wenn diese Bestimmung Gesetz würde und alles übrige bliebe unverändert, jo würden durch die Neuordnung jährlich 16 Millionen weniger für Rüstungszwecke zur Verfügung stehen, als die Vorlage vorsieht; für das laufende Jahr würde sogar gegenüber dem Ansatz ein Minus von mehr als einer Million entstehen. „Wenn alles übrige unverändert bliebe", sagten wir. Das ist nun freilich nicht die Absicht aller Par teien. Die Sozialdemokraten wollen die Lücke, die sie reißen, durch die Erbschaftssteuer ausfüllen, das gehört noch mit zu ihrem An trag; die Liberalen wollen die Bestimmungen über Durchschnittsbrand und Vergällungszwang ändern, und andere Parteien werden sich auch nicht wunschlos zeigen. Man wird sich also weiter in den geschlossenen Räumen des Kom missionszimmers über die Branntweinsteuer- zesetzgebung unterhalten, die nicht ohne Grund nne „Geheimlehre" genannt worden ist, und für das große Publikum werden auch diese Beratungen, Anträge, Unteranträge usw. nicht viel mehr als eine Geheimlehre sein. Aber so viel ist klar, daß hinter dem verhüllenden Schleier Vorgänge von großer politischer Trag weite sich vollziehen können. Die Tatsache, daß die sogenannte große Linke bei der Ueberweisung der Branntwein steuervorlage an eine besondere Kommission zusammenwirkte und ihren Willen durchsetzte, konnte die Vermutung nahelegen, daß die Linke auch in der Kommissionsarbeit materiell Zusammenarbeiten wollte. Das hat sich, wie wir gesehen haben, zunächst nicht erfüllt; aber die bisherigen Beschlüße sind nur tastende Ver suche; noch ist nichts ausgemacht und die Wahr scheinlichkeit spricht fast dafür, daß das Ende der Beratungen ganz anders ausfallen wird als ihr Beginn. Die Ueberweisung an eine besondere Kommission ist im Plenum von dem Redner der Nationalliberalen, dem Abg. Bassermann, damit begründet worden, daß das Ziel, die Wehrvorlagen und die Deckungsvor lagen vor Pfingsten zu erledigen, nur durch die Arbeit von zwei Kommissionen erreicht werden könne; Abg. Dr. Müller-Meiningen stimmte dem Anträge zu, um jede unnötige Verzögerung zu vermeiden und die sachlich-technische Prüfung der schwierigen Vorlagen zu erleichtern. Es war also in dankenswerter Weise die Be schleunigung der gesetzgeberischen Arbeit zum Ziel gesetzt. Alles wäre in Ordnung, wenn nun auch ein Programm zur materiellen Verständigung über die Deckung vorhanden und einer Mehrheit unter den bürgerlichen Parteien gewiß wäre. Daran fehlt es leider. Bei den Mittwoch beschlüssen der Kommission hat sich ein National liberaler, der badische Abg. Kölsch, von den beiden andern Nationalliberalen getrennt und an die Seite der Fortschrittler und Sozial demokraten gestellt; sonst hätte das Stimmen verhältnis 16 zu 12 sein müßen und nicht 15 zu 13. Was ist nun die Absicht jener 13, die sich sehr leicht zu einer Mehrheit sowohl in der Kommission wie im Plenum verwandeln können? Ihre Absicht wird durch den im sozial demokratischen Antrag enthaltenen Vorschlag, den Einnahmeausfall durch die Erbschafts steuer zu ersetzen, und die dazu abgegebene, formulierte Erklärung des Abgeordneten Wurm gekennzeichnet. In einem linksliberalen Blatte war ferner bereits vor einigen Tagen ein vollständiges Programm für die Arbeit der Linken in der Sonderkommission aufgestellt worden. Dies Programm ist nicht genügend beachtet worden. Es ging ungefähr dahin: Gleichgültig ist, ob die Deckungsvorlage ein paar Monate früher oder später fertig wird; die Kommission wird nach neuen, beßeren Deckungsvorjchlägen Umschau halten müssen und da namentlich an die Erbschaftssteuer zu denken haben; auch ist eine Revision der Fina nzreform von 1909 notwen dig. Unzweifelhaft läßt sich der Hebel der Parteipolitik für diesen Plan anjetzen. Einen Eegenhebel hat das Zentrum angelegt, indem es erklärt hat, nur dann für die Wehroorlagen stimmen zu wollen, wenn gleichzeitig die Deckung geregelt wird. Nach alledem scheint der Wunsch, daß diese Vorlagen über die Parteipolitik heraus gehoben werden möchten, leider nicht in Er füllung gehen zu sollen. Dss Zentrum unü üer Vatikan. Man schreibt uns: Der Jesuitenpater Otto Psüls veröffentlicht im neuesten Heft des Ordensblattes „Stimmen aus Maria-Laach" aus Windthorsts Korrespon denz einen Abschnitt, der sich mit den Anfängen der Aera Jacobini beschäftigt. Es handelt sich dabei hauptsächlich um das preußische Gesetz vom 14. Juli 1880, das erste „Friedensgesetz", das der Regierung die diskretionäre Gewalt verlieh, nach Bedarf Mil derungen der Maigesetze eintreten zu lassen. Auf den allgemeinen geschichtlichen Wert dieses Abschnitts der Korrespondenz Windthorsts soll hier nicht eingegan gen werden; um so nachdrücklicher sei dafür aus Grund dieses urkundlichen Materials der innige Zusammenhang nachgewiesen, der zwischen dem Vatikan und der Zentrumspartei unter Windthorsts pflegenden Händen bestand. Am 3. November 1879 bringt Windthorst für Ja- cobini, den damaligen Nuntius in Wien, eine Aus arbeitung zu Papier, die die Lage im Landtage, die Stimmung der Zentrumsfraktion und die Haltung der polnischen Abgeordneten betrifft. Am 5. Mai 1886 berichtet Windthorst „zur Mitteilung an Herrn Nuntius" über di« tags zuvor stattgehabte Soiree beim Fürsten Bismarck. „Höre ich noch Nähe res", heißt es am Schluß dieses Berichts, „so teile ich es mit; mit der Lhsendung dieses habe ich nicht einen 1 Augenblick warten wollen." — Am 9. Mai 1880 er- f gäirzt Windthorst seinen Bericht durch die Mitteilung eines anderen Ohrenzeugen, der aus dem Munde Bismarcks das sinnvolle Wort gehört hatte: „Mit dem nos passuros esso (des Papstes. Rod.) läßt sich nichts anfangen; ich verstehe nur Deutsch und Fran zösisch; auf den Kurialstil laße ich mich nicht ein." Aber der schriftliche Verkehr mit Windthorst ge nügte dem Vatikan nicht. Der Wiener Nuntius er hielt daher, wie der Kanzler der Nuntiatur von Leon hard dem vatikanischen Vertrauensmann und Freund Windthorsts, dem Geschichtsklitterer Onno Klopp, am 6. September 1880 mitteilte, den Auftrag, Windi horst zu einer Konferenz nach Wien einzuläden. Aus demselben Schreiben des Kanzlers von Leon hard ergibt sich, daß die Wiener Nunriatur mit Windthorst auch mittels einer geheimen han növerschen Adresse sich in Verbindung zu setzen pflegte; diese Adresse war damals abhanden gekommen. Onno Klopp, der Preußenhasser und Ver kleinere! Friedrichs des Großen, erklärte sich des wegen bereit, jene Einladung durch Vermittelung einer Frau „I-. L." in folgender Form an Windt- horst gelangen zu lassen: „Herr Walter jr. (d. i. Nun tius Iacobini. Rod.) bittet Herrn Niewedde (d. i. Windthorst. Red.) zu einer Konferenz an demselben Orte wie früher, baldmöglichst. Simon (d. i. Onno Klopp. Red.)." — In dieser versteckten Sprache er hielt Windthorst am 27. Oktober 1880 die telegra phische Einladung zur Konferenz mit dem Nuntius in Wien. Am 31. Oktober sowie am 1. November hat sie stattgefunden, und aus Onno Klopps Feder stam men di« jetzt vorliegenden ausführlichen Aufzeich nungen über ihren Verlauf. Dieser Verlauf aber be weist, daß der Intimität des äußeren Verkehrs zwi schen Windthorst und dem Nuntius die politische In timität zwischen Zentrum uwv Vatikan vollständig entspricht. Windthorst machte dem Nuntius eingehend klar, wie für eine einheitliche Aktion Roms Sorge zu tragen sei. Für diesen Zweck müße sowohl im Staatsjckrctariat der Kurie als bei der Wiener Nuntiatur ein deutscher Geistlicher zur Information tätig sein. Windthorst empfahl ferner, daß der Vati kan eine absolute Reserve beobachte, damit erfried- fertiger erscheine als das Zentrum! Windtkorst berichtete des weiteren, was auf seine Veranlassung dem Minister von Puttkamer über das Kölner Domfest geschrieben war, um Kaiser Wil helm I. in klerikalem Sinne zu beeinflussen. End lich erbat Windthorst politische Verhal tungsmaßregeln für das Zentrum. Und zwar stellte er dem Nuntius in bezug auf das Gesetz wegen der diskretionären Anwendung der Maigesetze folgendes vor: „Ich meine, daß die Bischöfe resp. die Geheim delegaten aufzufordern seien, sich über die Frage, ob auf Grund des Zuligesetzes entgegengekommen werden solle, zu äußern. Ich persönlich würde nicht gern, ohne diese Ansichten zu kennen, eine bestimmte Meinung äußern. Denn es ist bedenklich für das Zentrum, etwas zu tun, was nicht in voller Har monie mit den Bischöfen." Auch Modifikationen der Maigesctzc wollte Windt horst gemäß den Weisungen des Vatikans vom Zen trum beantragt wißen, indem er ausführte: „Ich meine, der Heilige Stuhl könnte unter Zu ziehung der Bischöfe eine Kommission niedcrsetzen, die erwöge, wie weit das Zentrum bei seinen An trägen gehen könnte. Es ist das ein Gedanke, den ich vor Jahren schon angeregt, und über den sich in den römischen Akten Notizen finden werden." Schließlich verabredete Windthorst mit dem Nun tius sowohl für Wien als für Rom Deckadressen, unter denen er den schriftlichen Verkehr mit Iacobini fort setzen könnte. Auch zu Iacobinis Nachfolger in Wien, dem Nun tius Vannutelli, hat Windthorst in den gleichen vertrauten Beziehungen gestanden, und wiederum war Onno Klopp der Mittelsmann. Als Windthorst am 6. Februar 1886 wunschgemäß für die Nuntiarur die stenographischen Berichte über den Antrag Achenbach, betreffend den Schutz der deutschnationalen Interessen in den östlichen Provinzen, an Klopp sandte, schrieb letzterer aus Windthorsts Begleitbrief für den Nuntius die nachstehende Stelle ab: „Es ist mir sehr lieb, wenn man sie dort stu diert, damit man sich enolich überzeugt, daß es sich um ein Stück Kulturkampf der grimmigsten Art handelt. Nach den Blättern in Rom schien man sich dort gar noch nicht davon überzeugt zu haben." So sorgten die beiden deutschen Männer dafür, daß der Vatikan in der polenfrcundlichen Haltung bestärkt wurde, die er bis zum heutigen Tage festge halten hat. Den Führer einer großen deutschen Par tei in heimlicher Verbindung mit einer auswärtigen Macht gegen den eigenen Staat schüren zu sehen, — dies und die ganze lichtscheue Verbindung mit der Kurie charakterisiert den Sachverwalter des Ultra- montanismus im neuen Deutschen Reiche. Wenn das Organ des Jesuitenordens auf die Schleichwege der Windthorstschen Politik die allgemeine Aufmerksam keit lenkt, hat es dabei vermutlich bestimmte politische Absichten gehabt. Vielleicht wollte das Jesuiten organ der Zentrumspartei an dem Beispiel Windt- horsts zeigen, daß sie als „nichtkonfeßionelle", „rein politische" Partei in den Bahnen Windthorsrschcr Politik nur so lange bleibt, wie sic nach dem Muster Windthorsts Hand in Hand mit dem Vatikan geht. DieÄdlchsiklmg üer Liebesgabe vom Stsnüpunkt üer Spiritus oer- vrsuüzenüen Unüuttrien. Aus industriellen Kreisen wird uns geschrieben: Seit Einführung des Durchschnittsbrands und des Vergallungszwangcs sind alle Branntwein ver arbeitenden Industrien auf Gnade und Ungnade der Macht der Spirituszentrale ausgeliefert. Das Branntwcinstcucrgesctz vom Jahrs 1909 hat es der Spirituszentrale ermöglicht, vollkommen frei zum Besten ihrer Gesellschafter disponieren und mit den Verbrauchern umspringen zu können, wie es ihr be liebte. Sie hat diese Machtstellung in vollem Maße ausgenutzt und ihre Rigorosität hat nichts zu wün schen übrig gelaßen. Die Preissteigerung ist seit Oktober 1909 bis April 1912 bei Rohspiritus von 46 per 100 Liter bis auf 72,70 .tl getricoen worden, und wenn auch ein Teil der Teuerung auf die überaus ge ringe Kartoffelernte im Jahre 1911 und die sehr hohen Maispreise im letzten Halbjahr zurückzuführen sein dürfte, so steht doch fest, daß dis Zentrale in keiner Weise ihren früheren Versprechungen und den Aniprüchen der Industrie nachgekommen ist. Diese Versprechungen bestanden Larin, daß die Zentrale für stetige, gleichbleibende Preise Sorge tragen wolle, und daß in keinem Falle die Spannung zwischen dem Abschlagspreis und Verkaufspreis 8 .tt übersteigen solle. Statt dessen waren stetig steigende Preise zu verzeichnen: Oktober 1908: 16,40 »tt; Januar 1909: 39,40 --1t; Oktober 1909: 42,70 .1l; Oktober 1910: 46 Ok- tober 1911: 50 November 1911: 55,70 Ja nuar 1912: 58,70 .tt; März 1912: 66,70 April 1912: 72,70 .K. Die Spannung beträgt heute nicht 8 -H, sondern 20 Der vorliegende Gesetzentwurf betr. Abschaffung der Liebesgabe wird eine weitere Steigerung der Preise zur Folge haben und somit von neuem, ent gegen den Versprechungen de: Reichsregierung, die Verbraucher belasten. Anzunehmen, daß das Reichs schatzamt hierüber nicht unterrichtet sein sollte, wäre naiv. Im Reichsschatzamt kennt man die Verhält nisse genau und weiß, wer die Kosten bei dem vor liegenden Steuerprojekt aufzubringen hat. Es muß auf das nachdrücklichste betont werden, Laß nicht allein der Trinkbranntwein es ist, der ^ine Mehr belastung erfährt. Eine ganze Reihe von Industrien sind gezwungen, Sprit zu ihrer Fabrikation zu ver wenden; so die kosmetische, pharmazeutische, Par« fümerie-, Zelluloidwaren- und photographische Papierindustrie. Sie alle sind durch die Erhöhung der Verbrauchsabgabe im Jahre 1909 schwer ge schädigt und haben kaum Zeit gehabt, sich in die neu- gelchafsene Lage einzuarbeiten. Durch die abermalige Mehrbelastung wird jetzt der Bestand und die ge deihliche Entwicklung dieser Produktionszweige von neuem in Frage gestellt Ganz besonders schwer wird der Export dieser Industrien getroffen, denn dort wird ihnen die Konkurrenz mit dem Auslande geradezu unmöglich gemacht. Wie z. D. soll ein deutscher Fabrikant einem französischen gegenüber leistungsfähig bleiben, wenn dieser 30 Fr. für 100 Liter Alkohol zahlt, jener aber 75 Den betreffenden Industriezweigen wird nichts anderes übrig bleiben, als ihre Betriebe für den Export ins Ausland zu verlegen und dadurch die Erwerbs möglichkeiten in der Heimat zu verkürzen. Angesichts dieser Sachlage ist es Pflicht aller industriefreundlichen Abgeordneten im Reichstag, da für zu sorgen, daß gleichzeitig mit der Abschaffung der Liebesgabe eine Korrektur des Branntweinsteuer gesetzes von 1909 erfolgt, die die Einschränkung der Machtstellung der Spirituszentrale verbürgt und den Branntwein verarbeitenden Industrien die dringend erforderliche Ruhe und Stetigkeit der Verhältnisse endlich wiedergibt. Der 13. Parteitag üerpalnllchenSozislüemakratle der am 7. und 8. April bei Posen tagte, hinterließ zuerst im großen und ganzen den Eindruck wüster persönlicher Streitereien. Bei näherem Zusehen aber zeigt sich doch, daß dahinter gewiße sachliche Gegensätze standen, die von Interesse sind. Es handelte sich um die Stellung der polnischen Sozialdemokratie des preußischen Anteils zur großpolnischen Idee und zur polnischen Sozialdemokratie Ruß lands. Auf dem Dresdner Gewcrkschaftstage war der Antrag gestellt: „Zum Zwecke der Agitation unter den polnischen Arbeitern wird eine polnische Gewerkschaftskommißion aus fünf Mitgliedern mit einem Vorsitzenden ernannt." Darin hatte das deutsche „Lorrespondcnzblatt der Gewerkschaften" den Versuch gesehen, für die polnischen Gewerkschaften eine besondere Zcntralinstanz zu schaffen und beschul digte die Antragsteller, Führer der polnischen Sozial- d-mokratie, separatistischer Tendenzen. Ferner hatten auf dem internationalen sozialistischen Kongreß in Kopenhagen swo die Polen, wie immer, eine be sondere Delegation bildeten) die sozialistischen Dele gierten Galiziens, Preußens und der „revolutionären Fraktion" Russisch-Polens einen Bericht heraus gegeben. in dem es hieß: „die Bestrebungen der polnischen sozialistischen Par teien aller drei Landesteile gehen dahin, die Einheit und staatliche Un abhängigkeit zu erkämpfen." Auch das hatte man seitens der deutschen Sozialdemokratie natürlich scharf verurteilt; die polnische Sozialdemo kratie gehe nationalisiisäxn Sonderbestrebungen nach. Man wird nun nicht sagen können, daß die Verband- lungen des Parteitags die Frage geklärt hätten. Zwar wurde eine lange Resolution angenommen, daß die preußische P. P 2. alle Bestrebungen zum nationalen und religiösen Sevaratrsmus bekämpfe man versicherte auch, von der Unabhängigkeit Polen« nickt gesprochen zu haben, auf der anderen Sein erklärte man aber, mit allen Kräften der Germani- MU" Alan beachte auch die Inserate in der Abenb-An-gabe. "MD
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