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s. vetls-e. Donnerstag, 8. /ebrusr 1912. Leipziger Tageblatt. Nr. 70. 106. Jahrgang. politische Umschau. Lanüesverteiüigung unü Mttennovelle ist in den neuesten „Grenzboten" eine beachtenswert« Abhandlung überschrieben. Sie geht von den eng lischen Ueberfälls- und Landungsabsichten d«s letzten Sommers aus und bezeichnet als die Vorbedingung englischer, gegen Deutschland gerichteter Truppen transporte den Besitz -er absoluten Seeherrjchaft. Wie unsere defensive Flottenrüstung auszubauen sei, damit England verhindert werde, die unbedingte Seeherrschaft zu erlangen, darauf gibt der offenbar sachkundige Gewährsmann der „Evenzboten" im wesentlichen folgende Antwort: Vollendet« Bereitschaft schwimmender Verbände wird, besonders angesichts der modernen Uebersalls- politik. dre für den Beginn des italienisch-türkischen Krieges nicht minder bezeichnend war, als für den des japanisch-russischen, nur durch dauernde Jndienst- haltung erreicht. Die Anforderung größerer Mittel zum Zwecke vermehrter In di en st Haltung dürfte somit die Hauptforderung der kommen den Flottennovelle sein. Die hiermit verbundenen vermehrten Einstellungen machen bei dem Ueber- fluß nicht ausgehcbener Wehrfähiger nicht nur keine Schwierigkeiten, sondern dienen auch dem paritäti schen Grundsatz, daß jeder Wehrfähige das Waffen handwerk erlernt haben müsse. Werden die auf den Werften liegenden Schiffe mit aktivem Personal in Dienst gestellt, so müssen sie gleich den anderen Schiffen zu Uebungsfahrten im Verbände in See gehen und deshalb aus organisatorisch-militärischen Gründen zu einheitlichen Geschwadern zujammenge- faßt werden. Das Flottengesetz sieht 2 aktive Linien schiffsgeschwader (die Hochseeflotte) vor, 2 weitere Geschwader, zur Hälfe bemannt, im Zustande der Reserve. Vermehrte Indiensthaltuno würde somit die Schafsung eines dritten aktiven Ge schwaders zur Folge haben. Hand in Hand da mit müßte wohl eine entsprechende Vermehrung des Verbandes der A u f k l ä r u n g s s ch i f f e gehen, weil die Zahl der Kreuzer zu der der Linienschiffe überall in einem bestimmten, durch Vie Praxis ge schossenen Verhältnis steht. Auch hier könnte der vorhandenen Knappheit durch Indienststellung der als Materialreserve vorgesehenen Schiffe in gewissen Grenzen begegnet werden. Unser Torpedoboots wesen, organisatorisch auf der Höhe, lägt infolge steten kriegsmäßigen Uebens eine Erhöhung des für die schwere Arbeit reichlich knapp bemessenen Per sonals sehr erwünscht erscheinen. Endlich hat die wachsende Größe und damit das Anschwcllen der Kosten des einzelnen Unterseeboots zahlen mäßige Beschränkungen auferlegt, zu deren Milde rung eine Novelle beitragen könnte. Die Schaffung eines dritten aktiven Geschwaders denkt sich der Gewährsmann der „Erenzboten" fol gendermaßen: „Unter Verwendung bereits vorhandener Schiffe ließe sich ein drittes Geschwader ohne sehr große Kosten dadurch schaffen, daß man die durch das Flottengcsetz vorgesehenen vier Schiffe der Material reserve, die jetzt ohne Besatzung auf den Werften liegen, bemannt und als fünftes Schiff im Notfälle das Flottenflaggschiff der Rescrveflotte hinzutreien läßt. So wäre vereits ein wenn auch zunächst nur aus fünf Schiffen bestehendes drittes Geschwader ge schaffen, ohne daß man die Reserveflotte anschnitte. An der Gesamtzahl der organisatorisch bewährten Zahl von acht Eeschwaderschiffen fehlten dann nur noch drei, die eventuell allmählich durch Neubauten zu beschaffen sein würden. Wird dieser Weg einge schlagen, so kämen wir relativ rasch und billig zu einem dritten Gefchwader." Nach Indienststellung des dritten Geschwaders ist es im Interesse der Kostenersparnis vielleicht denk' bar, bei den zwei gesetzlich vorgeschriebenen Re servegeschwadern künftig weniger Schiffe in Dienst zu halten, als das Gesetz vorsieht. Wird durch ein« derartige Flottennovelle unsere Seerüstung ausgebaut, dann ist die feindliche Truo- penlandung verhindert, und die deutsche Flotte stellt sich so deckend an die Flanke des deutschen Heeres. Aankreich unü üie LultlchiftalM. Der russische Militärflieger Popow benützt die Stiftung des 50 OOO-Mark-Preijes für den besten Flugzeugmotor durch Kaiser Wilhelm dazu, im „Figaro" die Franzosen vor dem deutschen Wett bewerb auf dem Gebiet der Luftschisfahrt eindringlich zu warnen. LLenn solche Warnungen von russischer Seite an die französische Adresse gerichtet werden, so ist es natürlich, oaß aus sranzöstschem Mund« die gleichen Mahnrufe noch lauter erschallen. So läßt sich im neuesten Hefte der „Revue des deux mondes" Kommandant Paul Renard folgen dermaßen vernehmen: „Menn wir das Monopol der militärischen Luftschisfahrt nicht beanspruchen können, dürfen wir doch den berechtigten Ehrgeiz haben, den ersten Platz im Luftmecre zu behaupten, und wir dürfen deswegen nicht um die finanziellen An strengungen feilschen. Das Parlament wird sicher lich von der öffentlichen Meinung unter stützt sein, wenn es auf diesem Wege entschlossen weitergeht: was man ihm nicht verzeihen würde, Las wäre, Frankreich die Führer rolle in der Luftschisfahrt rauben zu lassen. Wir besitzen jetzt eine respektable Luftflotte; wir haben, ohne Widerspruch, das erste Aviatiker korps der ganzen Welt. Es fällt uns leicht, dieses Verhältnis aufrecht zu erhalten, aber Las Mittel besteht nicht darin, daß wir von Grund aus eins Organisation ändern, die erst seit einem Jahre besteht und schon bemerkenswerte Ergebnisse erzielt hat. Unter dem Vorwande von Mängeln im ein zelnen, die bei allen menschlichen Dingen unver meidbar sind, wollen wir gcoeniiber unserer mili tärischen Luftschisfahrt und ihren Führern nicht mit dem Vertrauen geizen, das sie verdienen; außer dieser moralischen Unterstützung wollen wir ihnen reichlich die Geldmittel zur Verfügung stellen, deren sie bedürfen. So werden wir jetzt und für lange Zeit die erste Luftflotte der Welt besitzen." Das Bewußtsein der militärischen Stärke pflegt bei unseren westlichen Nachbarn leicht ihre Aus landspolitik zu beeinflussen. Unter diesem Gesichts punkte müssen wir die Entwicklung der französischen Luftschisfahrt um so sorgfältiger ins Auge fassen, als die Erfahrungen des letzten Sommers dafür sprechen, daß Frankreichs Haltung in der Marokkofrage nicht unberührt geblieben ist von dem Gefühl der llcber- legenheit, das sein Vorsprung in der Luftschisfahrt ausstrahlte. Die Meinung des Russen Popow: die Eroberung der Lust bedeutet die Eroberung der Welt, übertreibt gewiß das Tatsächliche. Aber die Fran zosen sind für Uebertreibungen emviänalich und rasch geneiqt, ihre Politik nach übertriebenen Vorstellungen von der eigenen Stärke einzurichten. Deutlches Reich. Leipzig, 8. Februar. * Der neue Etat für das Reichsgericht umfaßt, wie der alte, Ansätze für den Präsidenten, 11 Senatspräsi denten, 88 Räte, 1 Oberreichsanwall, 5 Reichsanwälte und so weiter. In der Bibliothetsverwaltung be findet sich der Zugang eines Bibliothe kars, der damit begründet wird, daß seit Schaffung 'der zweiten Biblivthekarstelle im Etatsjahre 1893/91 sich der Umfang der Bücherei und ihre Benutzung er heblich gesteigert habe. Für mittlere und untere Beamte ist stellenweise Mehrbedarf angesetzr. Er hebliche Veränderungen bringt der Etat nicht. * Sachsen im Erat des Reichsheeres. Der Etat des Reichs he eres sieht E.woterungsoauten für Etatsverstärkung der Pferd« eines Trainbatail- lon« inLeipzi g 18 000, Erweiterung LesGarni- jonlazaretts Bautzen «rne Rate von 109 000, zur Herstellung von Untcrbringungsräumen für Feld- artillericgeräte und Munition eine Rate von 862 009, zur Herstellung von Unterbringungsräumen für Feld artilleriegeräte und Munition infolge Verlegung von in Dresden lagernden Munitionsoorräten nach Riesa eine Rate von 150000 und für Erwerb und Einrichtung von Uebungsplätzen in Pirna 107 500 -N vor. * * Kaiser und Kanzler. Nach einer Zeitungs meldung soll cs bei der AbfassungLer Thron rede zur Eröffnung des Reichstages zwischen dem Kaiser und dem Kanzler zu einem Gegensatz ge kommen sein. Tragen derartige Verlautbarungen schon infolge des Umstandes, daß nur die direkt in Betracht kommenden Persönlichkeiten von dergleichen Vorkommnissen wissen könnten, nm sie natürlich nicht sofort der Presse als Material zu überweisen, den Stempel des müßigen Geredes an der Stirn, so sind sie, wie wir an unterrichteter Stelle hören, gerade im Augenblick besonders deplaciert, weil zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler zurzeit eine Uebereinstimmung in der Auffassung der Lage unv des 'Nötigen besteht, wie kaum je zuvor. Der fast tägliche Verkehr des Kaisers im Palais des Reichskanzlers dokumentiert dies ja auch besonders deutlich. Daß aus der Thronrede auf Wunsch des Reichskanzlers Vorhaltungen gegen eine Partei des Reichstages herausredigiert wurden, ist natürlich nichts als Klatsch. * Dr. Solss Erfolge in London. Wie hier in Diamantcnhändlerkreisen bekannt wird, sck-eint die Reise des Staatssekretärs Dr. Solf doch mehr als einen informatorischen Charakter gehabt zu haben. Man spricht in diesen Kreisen davon, daß schon im Frühjahr di« Emanzipation des deutschen Diamanten Händlers vom Ant werpener Diirmantensyndikat in die Erscheinung treten könnte, denn bis dahin ließe sich der Versuch eines Arrangements durchführen, den Absatz deutscher Diamanten durch den englischen Markt und das englisch« Diamantensyndikat zu heben, welches hieraus insofern einen weiteren Nutzen ziehen könnt«, als es dann gls .Ersatz für Antwerpen dem deutschen"" Diämänten'ffasidler die größeren Steine zu liefern Hätte, die eben den deut schen Verbraucher in eine Abhängigkeitsstellung zu Antwerpen gebracht haben. Trotzdem die Versuche erst di« Möglichkeit der praktischen Ausführung er geben müßen, spricht man schon jetzt von einem E r - folge des Staatssekretärs Dr. Solf. * Ausreise des neuen Gouverneurs von Kamerun. Wie wir hören, wird der neuernannte Gouverneur von Kamerun, Dr. Ebermaier, am 9. März die Ausreise in das Schutzgebiet auf einem Dampfer der Woermann-Linie antreten. * Der Lotterievertrag zwischen Preußen und Süd- deutschland. Dem Preußischen Abgeordnetenhaus ging ein Lotterievertrag, zwischen Preußen einerseits und Bayern und Baden anderseits, zu. ' Deutsch-englische Verhandlungen? Einem Ber liner Blatte ist berichtet morden, daß zwischen Berlin und London gegenwärtig wichtige Verhandlungen schwebten, und daß sich in wenigen Wochen die Ver öffentlichung der Ergebnisse zu einem politischen Er eignis ersten Ranges gestalten werde. An unter richteter Stelle ist von solchen Verhandlungen nichts bekannt. " Das staatliche Verdingungsw-sen. Vom preu ßischen Minister der öffentlichen Arbeiten werden, wie die „Neue politische Korrespondenz" mitteilt, im Hinblick auf die bei staatlichen Verdingungen ge machten Erfahrungen und in Rücksicht auf die aus den Kreisen des Handwerks und des Klein gewerbes hervorgetrctcnen Wünsche Grund züg« für eine Ergänzung bzw. Erweiterung der ministe riellen Bestimmungen über das staatliche Ver- dingungswescn vorbereitet. * Graf Oppercdorff aus der Zcntrumssraktion aus geschlossen? Wie dem „Preßtelegraph" von sehr aut unterrichteter Zentrumsseite mitaeteilt wird, hat GrafOppersdorff zur ersten Fraktionssitzung des Zentrums keine Einladung erhalten. Damit wäre Graf Oppersdorfs aus der Z e n t r u m s f r a k - tion des Reichstages ausgeschlossen. * Angebliche Wahlmonöoer der Nürnberger Militärbehörde. Ein Nürnberger Lokalblatt meldet von angeblich gut unierrichteter Seite einen Ein griff der Militärbehörde in die Wahl freiheit. Danach hatten die sämtlichen Nürnber- ger Reserveoffiziere des Bezirtskommandos Nürnberg eine Mitteilung zur Landtags wahl erhalten, wonach jeder, der sozialdemo« kra tisch wähle, seinen Abschied erhalte. — Womit die Militärbehörde zwar etwas Uebcrslüssiges, aber anderseits auch etwas absolut Selbstverständ liches getan haben würde. D. Red. Ausland. Oeftor- l' - Uli garir. * Der russische Großfürst Andreas in Wien. Der Kaiser verlieh dem Großfürsten Andreas Wladi mirowitsch das Eroßkreuz des Stephan« ordens. — Erzherzog Franz Ferdinand be suchte heute vormittag in russischer Uniform den Großfürsten Andreas Wladimirowitsch in der rufst- scheu Botschaft. o „Der Lustige", Kalender für 1912, ist, solange noch der Vorrat reicht, zum Preise von 10 Pf. für das Stück lnach auswärts Porto extra) durch unsere Hauptexpedition in Leipzig, Johannrsgasse 8, zu beziehen. r>r»» ^nlan? äpril ä. w?räen sieb in meinem OsLekäftLbetried grLssere ^enäerungen voilriekeo, äie eins knuinung einLelnen Lesisnile We^snisgei'» ivünsokenslvert mieden vm speziell Kaum ru gewinnen für sekr grosse, vook unterwegs detinälioks Lenkungen oriontaNsoker leppieke, äie iek psrsöntick wäkrsnä äs? ietrten Lriegsunruken in ksrsien unä im Kaukasus gerammelt kabe, stellv iek mein gesamtes Estriges Kagor oi*ientslisvken l^eppivke, Vorgänge, Stivkei'sien, Kemel- tssoken Lu gsnL sussengeNeolinüvk enmsssigten Preisen in äer Leit vom 1.-15. kebruar rum Ausverkauf. vis Ermässigung auf äie jetzigen kreise erfolgt okne küoksiekt aut äie ebenen Ankaufspreise unä beträgt in keinem kalle wenigen als M krorent, viellaek aber 33V, ?rorent unä ciarüber. Vie trüberen unä äie Zetrigev Verkaufspreise sinä auk äsm Ltikett ^cäes einzelnen 8tüekvs ersiektliek. Lin leil äsr rum Ausverkauf bestimmten Orient-leppioks ste. gelangt vom 1. kedruar an in meinen 8ebau- tvvstsrn rur Ausstellung. ^ut sämt-ieko niebt bosonäers ermässigten Waren in slien Abteilungen meines I-agors — lapeton aus genommen — gewakre Lek in äsr Leit vom 1. bis IS. febnur»- einen Iksvklsss von 10 ^iro-ent gegen Ssi»L«k1ung. . 7 Mlkelw Köper Neubau äsr Vrvsäner Lank. OOölll68^1^3,886 3 —5 Neubau äsr vresclner Lank.