Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.04.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120422025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912042202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912042202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-22
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ISIS. izrr. I»». ltt. DlMtSt. r» rStaa: Tt» iN'ptel »arl (am oLV«: : den Ita» «alle», c stLvcisch«» Bezugs-Pnis tU Leipzta »ad Xiocon« dnech »le« Träger und Soedtteuk« 2mal tLaltch In» van» gebrachr: Sü PI. monatü, r.?U Mk. »ieneUahcl. Bet unlrrn^rltaien ». La. aahmeftellen adaihoU: 7S Vs. moaatU LLMk. »terteltahrü D»vtz »t« P«U: tanerhald DeutZckland» und der deutschen Kolonien vtertelsährt. ».LI »I., inonutt. 120 «k. au-s-hl. Polrbestell-eld. Ferner in Belgien, Dänemark, den DonauuEcn, Italien, Luremdura, Niederlande, Nor» wegen. Orllerreich. Ungarn, Nubland, Schweden und Schweiz. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die ibeschästs« stelle de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint Sinai Waltch, Sonn« u. Feiertag» nur morgen». Wh»nn«ment».Annahm«. I»hanni»gass« 8, Ni unseren Trägern, Filialen, Spediteuren »ad Annahmestellen, sowie Postämtern und Briesträgern. Stn,,ü>»rra,t»pr,t» tll Ps. Abend Ansaabe. WMcrTagMaü r.l..A»,ch>. j!L Handelszeitung. --MM«:! '"NLAU'^„. (14 884 o ( Dep.«Kass« Trimm. Etetnweg kl. Amtsblatt des Rates und -cs Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. ML' Anzeige«-Prei- t»r Inserat« «»» Leipzia und Um^bn», di» lspalttg, Petttzeil« APs. die««»-»»» geil« I vkk. von a»»»Lrt, » Ps, Reklamen 1Ä Mk. Inserat, o«n B«hörd«n im amt. lichen Teil die Petttzeil» » Pf. L«>chäst»anzeig«n mit Plahverschttften im Preis« erhöht Rabatt nach Tatts. Betlagegebiidr Gesamt» auslag« L Mk. o. Tausend erkl. Postgeviitzr. Teilbeilag« höher. Felietteilt« Lusträae können nicht luttlck- aezogen werden Für da» Erscheinen an oesnmmten Tagen und Plagen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen.Annahme: Iodannt,,«!!« 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Ezpeditionen de» In» und Au»lande». Bruek ,,» Verlaa »»» Fischer L Riirst«» Inhaber: Pani Rüritrn. Redaktten nn» S«schilt»»stell«: Iohann»»gasse 8. -anpt > Filiale Dre»den: Eeestrahe 4, I (Telephon 4821). Seo FaS. « »l«or« l rdarart, S!em.n. :'a»ko. tzolchau«. -etztnaer. Schuman». er». Kinder, >er 8. At l« dem Ait. - und Deka» t U-L '! sal», Preis« niekonzsrt Syrakus. Dänemark. zleuer z»ha»nt«n ht erstatte^ rdeu. etagelad«», lllLwri« d« ender, i-Md» bei Zugabe s» Let-rick, ohanui-stlst. »U4 1>«1» ksnfl WM«» !i^ t»4»1 rli» .«k 70 «M» «ftr.». llr. 204 Montag, üen 22. gprtt 1912. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seiten. Dss Wichtigste. * Ueber die Opfer der Unruhen in Ma rokko liegen genauere Meldungen vor. (T. bes. Art.) * Der internationale Hochstapler Stall mann soll in Monaco verhaftet worden sein. (S. Tageschr.) * Bei einem Zyklon in Oklahoma sind 20 Menschen ums Leben gckommcn. <S. Tageschr.) Vie lSchlllchen Ksnüelskammern unü üer Volks,üiulgelrtzLnkmurk Die sächsischen Handelskammern haben dem Land tag eine eingehend begründete Eingabe überreicht, in der sie gegen eine Reihe von Bestimmungen des Dolksschulgesetzentwurfs, die sich auf die Fortbildungsschule beziehen, Widerspruch er heben. Sie weisen zunächst darauf hin, daß bei dem grundlegenden Unterschiede des Entwurfes gegen die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen über Fortbil dungsschulen, wonach in Zukunft der berufliche Unterricht im Mittelpunkte der Fortbildungs schule stehen soll, während es sich bisher nur um die weitere Ausbildung und Fortsetzung der allgemeinen Lehraufgaben der Volksschule handelt, eine Be grenzung des Wesens der Fortbildungsschule gegen die durch Gesetz vom 3. April 1880 geregelten ge werblichen Schulen erforderlich erscheint. Dies um so mehr, als die gewerblichen Schulen dem Königlichen Ministerium des Innern unterstehen, während die im Entwurf vorgesehenen beruflichen Fortbildungsschulen als Teile der Volksschule dem Königlichen Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts unterstehen sollen. Die Handelskammern wünschen eine Begrenzung beider Schularten dahin, dasz bei Einrichtung von mehr als 6 Stunden wöchent lichen Unterrichts in beruflichen Fachklassen der Fort bildungsschule ihr Charakter als berufliche Fortbil dungsschule oder gewerbliche Schule der besonderen Feststellung durch die beteiligten Ministerien unter liegen soll. Dies möchte auch dann der Fall sein, wenn ohne Erreichung dieser Stundenzahl in Fort bildungsschulen besondere, der beruflichen Ausbil dung dienende Einrichtungen benutzt werden, nach welchen sich diese beruflichen Fortbildungsschulen den gewerblichen Schulen nähern. Zur weiteren Auseinanderhaltung der beruflichen Fortbildungsschule von der gewerblichen Schule wün schen die Handelskammern sodann, daß für die be stehenden oder zu errichtenden gewerblichen Schulen ein unmittelbarer Schulzwang durch Ortsstatut vorgeschriebcn werden könne. Sie nehmen an, dasz damit die Gefahr einer Kollision zwischen der beruflichen Fortbildungsschule und ge werblichen Schule vermindert wird, da voraussichtlich eine Reihe von Gemeinden von der Möglichkeit der Einführung eines direkten Schulzwanges für den Be such ihrer gewerblichen Schulen Gebrauch machen werden. Im übrigen soll wie bisher der Besuch einer gewerblichen Schule, für die ein ortstatutarischer Schulzwang nicht eingeführt wird, als Befreiungs grund vom Besuche der Fortbildungsschule gelten. Für die Handelsschulen fordern dagegen die Handelskammern, mit Ausnahme der Handelskammer Leipzig, im Interesse einer vertieften kaufmännischen Ausbildung einen direkten gesetzlichen Schulzwang, da nach ihrer Ansicht kein Anlasz vorliegt, eine ört liche Verschiedenheit beim zwangsweisen Besuch die ser Schulen zuzulassen. Die Handelskammer Leipzig wünscht dagegen auch für Handelsschulen nur die Möglichkeit der Einführung eines ortsstatutarischen Schulzwanges, und begründet diesen Standpunkt mit dem Interesse an einer glcichmäsziqen Vorbildung des Schülermaterials, das durch Einführung einer Auf nahmeprüfung gesickzert werde, und mit den voraus sichtlichen finanziellen Belastungen bei einem gesetz lichen Schulzwange. Die Handelskammern wünschen im übrigen, das; das Gesetz vom 3. April 1880 über die gewerblichen Schulen einer vollständigen Neue rung unterzogen, dafz ferner die Handelsschulen aus diesem Gesetze ganz heraus genommen und für sie eine besondere Rege lung getroffen werden möchte. Zu erheblichen Bedenken geben den Handels kammern die Bestimmungen des Entwurfes über eine über das fetzige Mafz weit hinausgehende fakul tative Ausdehnung des Fortbildungs schulunterrichts Anlafj, da hiernach bei Er höhung des Lehrziels eine ortsstatutarischc Aus dehnung des Fortbildungsschulunterrichts auf wöchentlich 12 Stunden gestattet ist. Den Handels kammern erscheint es befremdlich, dafz in der Be gründung hierzu mit keinem Worte Rücksicht auf die Verhältnisse der Industrie genommen wird, deren tatsächliche dauernde Knappheit an jugendlichen Ar beitern doch unbedingt eine gewisse Berücksichtigung verdiene. Sie wünschen deshalb, daß eine derartige Ausdehnung in der Regel nur im Einverständnis mit den beteiligten Kreisen erfolge. Von der einschneidendsten Bedeutung für die In dustrie Sachsens erscheinen den Handelskammern die jenigen Bestimmungen des Entwurfes, welche einen Fortbildungsschulzwang auch für die aus der Volksschule entlassenen Mäd chen- festsetzen. Wenn in der Begründung darauf hingewiesen werde, daß bisher von der landesgesetz lichen Möglichkeit eines ortsstatutarischen Fort- bilüungsschulzwanges für Mädchen nur ein geringer Gebrauch gemacht sei, und daß es in bezug auf die Fortbildungsschule für Mädchen einer näheren Aus führung nicht bedürfe, so müsse nach Ansicht der Handelskammern denn doch bei gesetzlicher Ein führung der Fortbildungsschule für Mädchen auf die Bedürfnisse der Industrie Rücksicht genommen werden, die namentlich in der Weberei und Spinnerei unter einem ständigen fühlbaren Mangel an jugendlichen weiblichen Arbeitskräften leide, so daß sie bei Ein führung der gesetzlichen Mädchenfortbtldungsschulen voraussichtlich zum Schaden der beteiligten Kreise von der Beschäftigung jugendlicher Arbeiterinnen überhaupt absehen müsse. Da der gesetzliche Fort bildungsschulzwang für Mädchen aber insbesondere mit der Notwendigkeit eines Haushaltungs unterrichts begründet wird, so empfehlen die Handelskammern, diesen Haushaltungsunterricht ver bindlich im letzten Schuljahre für die einfachen und mittleren Mädchenvolksschulen vorzuschreiben. Sollte trotz dieser Bedenken ein gesetzlicher Fortbildungs schulzwang für Mädchen eingefllhrt werden, so mühte zur Vermeidung von Störungen in der Industrie nachgelassen wetden, dah der Unterricht an den Sonn- i uvendnachmittagen nach Schluh der Arbeitszeit erteilt ! werden kann. Die Handelskammern weisen im übrigen darauf hin, dah nach dem Gesetz zur Aenderung der Gewerbe ordnung vom 27. Dezember 1911 allgemein durch Ortsstatut, soweit nicht ein landesgesctzlicher Schul zwang brsttht, für Mädchen ein Fortbildungsschul zwang eingeführt werden kann, und dah dieser Schul zwang auf Antrag beteiligter Arbeitgeber oder Ar beiter in Gemeinden, in denen er nicht eingrführt wird, durch Anordnung der höheren Verwaltungs behörde erzwungen werden kann. Die Kammern empfehlen, doch zunächst abzuwartcn, inwieweit von dieser durch die Gewerbeordnung gegebenen Befugnis Gebrauch gemacht wird. Ein Bedürfnis für zwangsweisen Fortbildungs schulunterricht für Mädchen erkennen die Handels kammern jedoch für weibliche Handlungs- gehil sinnen und Lehrlinge an, für die be reits nach den bisherigen Bestimmungen der Ge werbeordnung durch Ortsstatut ein« Pflicht fortbildungsschule begründet werden konnte. Die Handelskammern möchten in dieser Beziehung weiter gehen und wünschen, dah in Orten, in welchen von mindestens 30 weiblichen Handlungsgehilfinnen und Lehrlingen in Fortbildungsschulen Unterricht ge wünscht wird, ein solcher in Form des beruflichen Fortbildungsschulunterrichts durch die Gemeinde zwangsweise eingeführt werden muh. Soweit eine Handlungsfortbildungsschule als gewerbliche Schule in derartigen Orten besteht, mühte der Besuch dieser Schule als Bcfreiungsgrund vom Besuche dieses be ruflichen Jortbildungsschulunterrichts gelten. 5. Oeullcher vvlkstzochlchultsg. Frankfurt a. M.» 22 April. Im Gebäude der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften findet zurzeit unter dem Vor sitz des Rektors Professor Dr. Panzer-Frankfurt a. M. der 5. Deutsche Volkshochschultag statt, der von zahlreichen Vertretern des In- und Auslandes be sucht ist. An Stelle des am Erscheinen verhinderten Vorsitzenden des Verbandes, Geh. Medizinalrats Prof. Dr. Waldeyer-Berlin begrüßte Geheimrat Professor Dr. Engler-Karlsruhe di« Versammlung. Ober bürgermeister Dr. Adickes-Frankfurt a. M. hieß die Erschienenen im Namen der Stadt Frankfurt Herz lich willkommen. Dann wurde in die Verhandlun gen eingetreten. An erster Stelle sprach Professor Dr. Natorv- Marburg über die Aufnahme des Volksbil- dungswesens als Lehrfach an den Uni versitäten. Die Aufnahme des Volksbildungs wesens als Lehrfach an den Universitäten sei drin gend nötig. Das tiefere Durchdringen der Nation mit wissenschaftlicher Forschung und Lehre sei zu er streben, wobei Wissenschaft und schaffende Arbeit in engster Wechselbeziehung zu einander stehen müssen. Sehr wichtig lei die Pflege der Sozialwissenschaften, wie sie heute schon in der Frankfurter Akademie be trieben werde. In engem Zusammenhänge damit stehe die soziale Erziehung und die sozial-wirtschaft liche, sozialpolitische und sozial-pädagogische Schu lung, mit voller konfessioneller Unabhängigkeit. Sozial-Pädagogik erfordere das Zusammenarbeiten der Soziologen mit den Pädagogen. Den Volksschul lehrern, die schon bisher in weitem Mähe für die Volksbildung tätig gewesen sind, sei der Weg zur Universität freizugeben. Schliehlich schlug der Red ner vor, das sozial-pädagogische Institut mit einer sozial-pädagogischen Professur an die neu zu errichtende Frankfurter Universität anzugliedern. — Zn der Diskussion bezeichnete Prof. Reich- Wien die Forderung der sozial-pädagogischen Professuren als Zukunftsmusik. In Oesterreich wür den di« Volkshochschulkurse vom Staate unterstützt, und das wäre auch für Deutschland anzustrebcn. 106. Jahrgang. Pros. Dr. Lotz-München lehnt die Forderungen Natorps ebenfalls ab. während Stadtrat Dr. Zie hen- Frankfurt a. M. Natorp zustimmt. — Auch die weitere Diskussion ergab, dah hauptsächlich die Ver treter aus Frankfurt sür den Natorplclzen Vorschlag cinlratcn. Von einer Beschluszfaisung wurde Abstand genommen. Dann sprach Professor Dr. Joseph-Wien übe, die Statistik bei den volkstümlichen Hoch- ichulkurse n. Er verlangte hauvtinchlich eine Er» Weiterung der Fragen auf den Zählkarten. — Nach einer längeren Diskussion wurden die Verhandlungen vertagt. Die Dsröanellenlrage. —* Zu der Anjchncidllng der Dardanellen frage in der internationalen Politik werden von maßgebender diplomatischer Leite folgende Mit teilungen gemacht: Die Dardancllenfrage wird brennend bleiben, wenn auch Italien augenblicklich jetzt seine Lchiffe zurückgezogen hat, so hat es das nur auf einen Druck Oesterreichs getan, der schon nahe an Kriegsdrohung grenzt. Die Meer enge der Dardanellen und des Bosporus tren nen und verbinden Kleinasien und die Balkan halbinsel mit Mitteleuropa, trennen und ver binden das Schwarze Meer mit dem russisch sibirischen Hinterland und das Mittelmeer. Die Wecks.licitige Trennung und Verbindung macht sie zum Kreuzungspunkt der wichtigsten strate gischen I n t e r e s s en l i n ie n. Wir haben vom weltpolitischen Standpunkt drei solche Jn- tcresscnlinien 1. Die mitteleuropäisch-türkische Landlini e. 2. Die britische Mittelmeerlinie. 3. Die russische Schwarzes-Meer- Mittelländischcs - Mccr Linie. Wir haben also drei fundamentale Gegen sätze. 1. Den Versuch N u f; l a n d s, die mitteleuro päisch-türkische Landbrücke nach Kleinasien po litisch zu zerschneiden, die natürliche Ver bindung territorial zu zerreihen, durch politisch militärischen Besitz des die Seecnaen eiuschnüren- den Festlandes mit folgender Angliederung Klein asiens, Syriens und Mesopotamiens. 2. Den Versuch Rußlands, sich in den Besitz der Meeresstrafzen zu setzen, um für seine Flotte freien Zugang zum Mittelländischen Meer zn haben und damit auf eine der Grund linien der britischen Weltherrschaft zu stoßen. 3. Die Angst Englands, die mitteleuro päisch-türkische Freundschaft möge einmal so start werden, daß sic eine gemeinsame Front- entwicklnng gegen England nicht nur in der Nordsee und im Mittclmeer, sondern auch im Südosren und Südwesten des türkischen Rei- ches, in Asien, am Persischen Golf (.gegen Persien und Indien) und am Luezkanal (gegen Aegyp- ten) zeigen können. Wir haben dementsprechend drei politische Ziellinien. 1. Mitteleuropa, Deutschland und Oesterreich hat mit der Türkei das gemeinsame Interesse der Erhaltung des Statusquo. 2. Rußland hat das Interesse der Eroberung und politischen und militärischen Sich e- rung der Meerenge. 3. Englands Interesse ist geteilt. Es ver neint die politisch-strategische Seeverbindung und bejaht also insofern die Landverbindung, aber es fürchtet wieder die territoriale Masse, „Linlsmkeit IS". Erzählung von Fr. Lehne. (Nachdruck verboten.) 15. Mai. Leise rieselt der Regen nieder — ein warmer, fruchtbarer Mairegen! Man sieht es förmlich wachsen. Wie die Kastanienbiälter sich leise ent faltet haben und in ihrem jungen Grün so zart und bräutlich aussehen — wie die Obstbäume so herrlich blühen — ach, es ist eine Lust, zu leben! — Nun hab' ich doch noch mal das Buch hervorgeholt — bei dem Regen soll ich nicht in den Park — Mama wollte es nicht — nun, da gehorche ich eben! Onkel und Tante haben neulich geschrieben und mir so vieles berichtet, was mich aber gar nicht ge rührt hat! — Apothekers Christoph hätte die „Knöppe" bekommen — als ob das was Rechtes ist — vier Wochen nach der Zeit! Nun wird er wohl den ganzen Tag vor dem Spiegel stehen und sich beschauen und stolz darauf sein, den ersten Krad der „Gemein heit" erreicht zu haben. Lieschen Neumeyer hätte sich heimlich mit Herrn Erbs verlobt. Pfingsten sollte es öffentlich werden meinen Segen haben sie! Und noch mehr — Frau Superintendent hat ein neues schwarzseidenes Kleid bekommen!! — Na, das alte glänzte auch schon recht speckig! Wir haben oft Besuch — meistens Offiziere! Ganz plötzlich und unangemeldet kommen die Herren aus der Stadt zu uns geritten oder gefahren. Besonders Sonntags. Papa trinkt regelmäßig an diesem Tage einen Frühschoppen mit ihnen in der Stadt, und am Nachmittag sind sie dann unsere Gäste. Da herrscht ein Leben! Es ist sehr unterhaltend. Mamsell bäckl zum Kaffee köstliche Waffeln, wovon eine unglaubliche Menge vertilgt wird. — Danach wird ein Spielchen gemacht, meistens Skat um die Ganzen oder Tarock, oder man geht in die Ställe, in den Park oder ein Stück über di« Felder. Ganz un gezwungen. ganz kau.« geve, wie es jedem beliebt. Mamsell hat unterdessen mit dem Abendbrot zu tun. Große Einfachheit haben sich die Herren zur Be dingung gemacht — nur was der Haushalt bietet. Brot, köstliche Butter, frische Eier, Wurst, Schinken und das schmeckt ihnen bester als das „aus erlesenste Liebesmahl", wie einmal Leutnant von Röder bemerkte. Ein kleiner, netter, über» wütiger Mensch, der hier eigentlich ein« Straf versetzung hat, wie Mama mir sagte. Aber das setzt ihn durchaus nicht in meinen Augen herab — nein, im Gegenteil! Zufällig erfuhr ich, daß früher H . . . seine Gar nison gewesen ist die große Stadt ist ihm aber nicht bekommen, wie er mir lachend erzählte — er wäre der Sündenbock für die andern, müßte für die die Strafen tragen, und sie wären auch nicht bester als er! Nur hätte es ihm leid getan, von seinem Freunde, einem Oberleutnant Hillinger, zu gehen, mit dem er gute Kameradschaft gehalten, jetzt aber durch die Verhältnisse ganz außer Verbindung ge kommen sei. Oberleutnant Hillinger? Ich fühlte, wie mir das Herz bis an den Hals hinan klopfte. Hier, wo ich es niemals erwartet, tönte mir seine Name entgegen! Nun werde ich sicherlich mehr über ihn erfahren können! Klug hielt ich das Gespräch an diesem Gegenstand« fest. Was er sagte, klang aoer gar nicht nachteilig über Josepha — im Gegenteil! — Seine Verhältnisse sollen glänzend sein: trotzdem lebt er nicht großartig. Alle im Regiment halten ihn gern: einen Feind besitzt er gar nicht. Stramm im Dienst, sehr klug und belesen, gemütlich in Gesell schaft — in einem Wort, ein Prachtkerl! — Das un gefähr erzählte mir Räder. „Dieser ..Prachtkerl", wie Sie sagen", bemerkte ich harmlos, „ist dann wohl auch sehr begehrt von den Damen?" „Das will ich meinen", entgegnete Röder, „aber er macht sich gar nichts aus ihnen —gar nichts! All« ihre Liebenswürdigkeiten prallen an ihm ab! — Hillinger sagt, er wolle sich nicht zersplittern — er wolle all sein Empfinden für die «ine aufsparen, die er einmal heiratet! — Wir haben ihn oft ausgelacht wegen seiner idealen Anschauungen — ich bitt« Sie. Baronesse, ist das nicht absurd? — Aber er läßt sich nicht beirren; er geht seinen Weg für sich. Und des ¬ halb ist er auch noch nicht verlobt, trotz der glän zendsten Avancen, die man ihm macht. Sogar die bildschöne Tochter seines Regimentskommandeurs ist ihm nicht abgeneigt — und das will viel sagen, daß diese hochmütige, adelsstolze Dame sich um einen bürgerlichen Offizier bemüht! Aber er kümmert sich nicht darum! — Doch Verzeihung, mein gnädiges Fräulein, daß ich Sie langweile mit meiner Er zählung über «inen Ihnen ganz fremden Kameraden." Ich wollte mehr wissen, deshalb sagte ich: „Nein, nein, bitte, erzählen Sie weiter! Es ist mir sogar sehr interessant zu erfahren, daß es auch Leutnants mit Idealen gibt — da könnte man ja einen Roman schreiben! — Ist er denn auch hübsch?" „Selbstverständlich! Ein« blonde, aristokratische Erscheinung und angehimmelt wird «r — mehr als e"in Tenor! — Vielleicht hat er durch verschiedene Ereignisse Grund bekommen, nicht allzu hoch von der Damenwelt zu denken. Genug, er sucht sich ein Ideal, das ihm seine Häuslichkeit voller Glück und Behagen gestaltet vielleicht sehnt «r sich doppelt danach, weil es die seiner Eltern nicht ist. Sein Vater ist Regierungsrat. Die Ansprüche, die er an seine zu künftige Frau stellt, sind so groß, daß er bis an sein Lebensende suchen kann ohne zu finden! — Es muß wirklich ein ganz seltenes Geschöpf sein, dem es ge lingen wird, sein Herz zu erobern!" Länger koivnte ich den kleinen Röder aber nicht bei diesem Thema aufhalten, ohne Verdacht zu er regen. — Ich fragte ihn da nach diesem und jenem, und er beschrieb mir dann in drolliger Weis« die ein zelnen Kameraden. Laudien. der uns gegenüber saß, kam am schlechtesten weg — „Gnädigste, hüten Sie sich vor dem" — warnte er. Dieser hatte natürlich alles gehört. „Ich möchte zwar nicht Gleiches mit Gleichem vergelten," lacht« er, „aber der kleine Röder ist der Schlimmste — und dann heißt er noch Konrad mit dem Vornamen! Er ist einer von den falschen Pro pheten, di« in Schafskleidern kommen — innen aber find sie reizende Wölfe —", er hatte sich versprochen und statt'reißend reizend gesagt Wir alle mußten lachen! Es war so gemütlich — doch anders als Tantes Skatkränzchen. Der kleine Röder schrieb einige Karten, jeder sollte sich unterschreiben, deshalb wurden sie weiter gegeben. Ich schrieb natürlich auch einen Gruß auf dieselben, und da bemerkte ich zu meinem Schrecken die Adresse Hillingers auf der einen Karte. Um Gottes willen, was hatte ich da getan — aber das war nicht rückgängig zu machen, und im selben Augenblick sagte Röder: „Ich will dem idealen Leut nant auch mal wieder ein Lebenszeichen schicken — vielleicht kann man den guten Mann mal brauchen! — Er hilft so gern, wenn jemand in der Klemme sitzt!" Dann lachte er. als ob er einen guten Witz gemacht hätte, und mich empörte «s fast, in welcher Weise er von Joseph sprach! Das war alles gestern. Abends, als ich dann in meinem Bett« lag, mußt« ich jo viel daran denken, was mir der kleine Röder über Joseph gesagt hat — das hätte ich nimmer ge dacht. Aber es muß doch wahr sein, sonst hätte sich Röder nicht so halb unld halb lustig über ihn gemacht. „Das muß ein ganz seltenes Geschöpf sein, dem e« gelingen wird, sein Herz zu erobern —" hatte Röder das nicht gesagt? Und hätte Joseph in seinem letzten Brief nicht durchblicken lasten, daß ich ihm teuer wäre — ich, ich also sollte ein so seltenes Geschöpf sein — fast muß ich lachen. Zur Sicherheit las ich nochmals, was Joseph mir geschrieben, was in seiner feinen und doch energischen Handschrift zu mir sprach — und «ine Träne löste sich aus meinem Auge. Unsinn, was war mir nur? Hatte ich zu viel Waldm«isterbowle getrunken, oder war es der Mond, der ungehindert sein bleiches Licht in mein Zimmer sandte und gar seltsam« Gedanken in mir erweckte? Eon, du dummes Mädel, behalte doch deine Ver nunft! — (Fortsetzung in der Morgenausgabe s
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite