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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.04.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120425016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912042501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912042501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-25
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
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Bezuqt-Prei» t» Hau, „dmcht: X dl.«—U»L, >.r» »r. vieäeliShrl «et »»len, KUlala« » Tu- nahmelteU»» obeedett: 7» W. «««tl. r»«a. vteUiliShL »V» dt. P.»: bmerhalb DeutlchUmd, »»d dar de»ttch«n It-lonten vteNeljahrl. ».X »»„ xuatl. IM Vit. euejchl. PoltbefteUaeld. Ferner in Lelgie«, Danemart, de» Danaunaattn, Ätalten, Luirmbura. Nted«rla»d«. dar. ««gen. Oesterreich» Uaaan». Schweden und Schort». 3« all«« llbnae» Staat«« nur direkt durch di« Gelchästs» stelle d«, «tatte» «r-LMich. Da» L«tp»ta«r lagrdlatt «ichetrrt 7 »al tügllch. Sann» n. Seien««» nur »arg««,. Ldannrm«nt^«nnat>n». SaHamrt^,«»« 8, Xi»nlere»Irüsern. SUtala«. Spedite»«« n»d LanahoaftrUan. lowt« Paviunlrrnund LNestriger». St»,«t»«rra»t»»,,t, 10 dl. Nrorgen-Aus^abe. rMgcrTagMaü Sankkonto: « »llgemetn« Deutlch« Lredtt- . I Änftatt Brühl 7Z/77 - i De-tlch» Bank, Filiale Leipzig i Dep -ttall« Tnmm. Stetnweg v rel.-r»W. Handelszeitung -- Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. 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UM- Unser« gestrig« Abendausgabe umfaßt 1V Seiten, die vorliegende Morgrnnnmmer 18 Setten, zusammen 28 Seiten. vss Mchtiglte. * Der Kaiser nimmt regen Anteil an einer internationalen Regelung der Ret tung Schiffbrüchiger. (S. Tagescsironik S. 11.) * Der Reichstag hat am Mittwoch die erste Lesung der Wehrvorlagen fortgesetzt. (S. bes. Art. u. Bericht S. 9.) * Die Sächsische Erste Kammer hat am Mittwoch u. a. den Entwurf eines Fischerei- gesetzes beraten. (S. Bericht S. 10.) * Ueber Fez ist der Belagern ngszu- stand verhängt worden. (S. bes. Art. S. 1.) * Theateranzeigen siehe Seite 18. Schmeüisthe Lmpkinüungen. —u. Unter den Ländern der talmarischen Union, Dänemark, Norwegen, Schweden, hat sich trotz des Trennungsstrebens skandinavisches Gc- samtgefühl erhalten. Nicht am schwächsten in Schweden. Der dortige Skandinavismus war in den vierziger bis sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ziemlich ausgesprochen deutsch gegnerisch. In der folgenden Zeit grollte Man in Schweden den Deutschen wegen der Aus einandersetzung mit Dänemark. Man haßte Bis marck und konnte die Lostrennung Schleswigs nicht verschmerzen, gleich als wäre es ein Stück vom eigenen Leibe gewesen. Es ist dann nach und nach ein Umschwung zugunsten Deutsch lands cingetreten, besonders als man — wir schöpfen hier aus einer schwedischen Quelle — den Eindruck gewann, „daß die dänischen Brü der die schwedische Sentimentalität (wegen Schleswig-Holsteins) ein ganz klein wenig ko misch fanden". Der alte König Oskar hat die Herstellung freundlicher Beziehungen zu Deutsch land gefördert. Man hätte dann vielleicht denken können, daß die Auflösung der schwedisch-nor wegischen Union die Schweden in erhöhtem Maße geneigt machen werde, dem südlichen Anwohner der Ostsee die Hand zu reichen, und man begegnet tatsächlich dieser Ansicht in Schweden selbst. Aber andere Stimmen bezeugen, daß man nicht gewillt ist, sich grollend von der skandinavischen Gesamtidee abzuwenden. Auch in Kreisen, die man nicht als deutschgcgnerisch bezeichnen kann, wünscht man nicht, vor die Wahl zwischen altem Stammesgefühl und freundlichen Beziehungen zu Deutschland gestellt zu werden. Niemand hat es gerne, wenn seinen Ge fühlen zwang angetan wird, wenn sie in eine Schablone gepreßt werden, die ihnen nicht ent spricht; diese Stimmung merkt man einem libe ralen Stockholmer Blatte, den „Dagens Nh- hete r", an, das sich in längeren Darlegungen mit dem Artikel eines deutschen Blattes über diese Fra gen beschäftigte. Der Artikel des deutschen Blattes stammte nach dessen eigener Angabe von schwedi scher Seite; wir werden also Zeugen einer unter schwedischen Landsleuten geführten Auseinander setzung, die man überschreiben könnte: „Wie stehen wir zu Deutsch land?" Diese Frage ist in einem ylugenblick, wo ein Wechsel auf dem Posten des schwedischen Gesandten in Berlin — durch Rückkehr des Grafen Taube — eingetre- ten ist, auch von tagesgeschichtlicher Bedeutung. Das schon genannte Stockholmer Blatt schreibt unter anderem: „Der deutsche Geist hat viel verwandte Züge mit dem schwedischen In Schweden finden sich besondere Voraussetzungen für Aneignung deut scher Wissenschaftlichkeit, deutschen Denkens, deut scher Organisation und deutscher Disziplin Unsere wissenschaftliche Studienarbeit hat von 'Deutschland starke — mancher meint — zu starke Antriebe erhalten und ebenso unser Bertcidi- gungswesen Die Polizeihelme sind von deut schem Zuschnitt, ebenso unsere Sozialdemokratie. Auch ließen wir uns mächtig von der einzig dastehenden Entwicklung der deutschen Industrie imponieren, und der Warenaustausch zwischen den beiden Ländern hat tatsächlich einen größeren Umfang angenommen. Der Artikelschreiber hat somit durchaus recht, wenn er sagt, daß man in Schweden besonderen Wert auf die Brücke für gesteigerte Verbindung mit Deutschland setze, I die die Dampffährenverbindung Trelleborg-Saß- ! nitz darbietet. Dennoch aber kann man sich fragen, ob nicht der Berichterstatter die deutschen Leser durch seine schwedische Liebeserklärung irrcsührt, insofern er seinen Ausführungen einen politischen Hinter grund gibt und die Sache so darstellt, als ob ein direkter Zusammenhang zwischen der Frage des Skandinavismus und einem guten Verhältnis zuDeutschland bestände. In seinen Betrachtungen schließen diese beiden Be griffe einander aus, und er gibt sich viele Mühe, die Lage so darzustellen, als ob die deutsch schwedische Freundschaft ihre Bürgschaft lediglich darin hätte, daß die Unionsauflösung vom Jahre 1905 einen Zustand geschaffen, der es den Schwe den, Norwegern und Dänen unmöglich mache, in absehbarer Zeit zu einem politi schen Zwecke, zunächst defensiver Art, zusammen- zuarbciten. Sicherlich gibt cs noch Schweden, die so fühlen. Man erweist aber den Nachbarn jenseits der Ostsee keinen Dienst, wenn man sie glauben läßt, daß Schweden eigentlich durch eine Art Rassenhaß gegen die verwandten Völker Skandinaviens in die deutsche Interessensphäre hineingezogen sei. Dem ist nicht so. Sowohl Schweden wie Norwegen und Dänemark sind sich bewußt, ans eine aufrichtige Neutralitätspolitik hingewiesen zu sein, die eine Feindseligkeit gegen irgendeine andere Nation ausschließt; das ist die Richtschnur für die Politik aller drei Län der: aber sie können niemals das Bewußtsein dafür verlieren, daß das Geschick der drei klei nen nordischen Länder von der Natur selbst miteinander verknüpft ist. Der Selbsterhaltungs trieb muß sic dahin führen, trotz zufälliger Miß stimmungen sich so miteinander einzurichten, daß sic sich helfen können, wenn es nottut. Für einen „Skandinavismus" dieser Art findet sich immer Raum und Resonanz, auch wenn man nicht daran denkt, dem Zusammenarbeiten irgend welche staatliche Formen und staatliche Organe zu geben. Vielleicht kann man noch hinzufügen, daß die 7 Jahre, die nach Sprengung der schwe disch-norwegischen Union verflossen sind, mehr, als man Hütte glauben können, das Gefühl der Zusammengehörigkeit trotz allem genährt haben. Das gute Verhältnis zu Deutschland ist glück licherweise auf sicherem Grunde als einer mehr oder weniger zufälligen skandinavischen Zwie tracht aufgcbaut. Es beruht auf Achtung und Anerkennung der Vorteile guter Beziehungen und freundschaftlicher Gemeinschaft Die Dauer haftigkeit der Sympathien stützt sich auf das Bewußtsein, daß die schwedisch-deutschen Be ziehungen nicht Scheelsucht bei irgendeiner an deren Macht erwecken können und am aller wenigsten ein skandinavisches Zusammengehörig keitsgefühl zu verletzen brauchen, das ebenso natürlich wie unentbehrlich ist." Es braucht nicht lange ausgeführt zu werden, daß die Sympathien des deutschen Voltes für Schweden unabhängig von der Frage des „Tkan- dinavismus" bestehen und durch ein weitgehendes Gleichläufen der Lebensanschauungen sowie durch germanisches Verwandtschaftsgefühl aufs natür lichste begründet sind. Ein guter Deutscher Pflegt gegenüber dem Skandinavier, schon auf Grund äußerer Merkmale, das Gefühl zu haben, ein reineres Germanentum vor sich zu sehen, als das, das in dem der Mischung mehr zugänglichen Deutschland sich erhalten hat. Dies Gefühl pflegt sich bei persönlicher Berührung von selbst in lebhafte Teilnahme und kameradschaftliches Sich- verstehen umzusetzen. Der dritte Tag. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) Berlin, 21. April. Zn nationalliberaleu uno konservativen Preß- äußerungen wird der Gedanke vertreten, es hätte bei Begründung der Wehrvorlagen vom Regierungs- tische aus mehr Begeisterung und Schwung an den Tag gelegt werden sollen. Nun wäre es gewiß schön, wenn uns die Verhandlungen ein Wort natioiraler Energie geschenkt lMten, wie das: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts aus dieser Welt." Das ist nicht geschehen. Es entsprach offenbar einer vorge faßten Absicht der Regierungsmänner, die Wehr vorlagen sachlich und ruhig, gleichsam wie etwas selbstverständliches, zu behandeln. Wer aber statt dessen mehr Leidenschaft gewünscht hätte — und die Empfindungen, denen dieser Wunsch entsprungen ist, mögen begreiflich sein- — müßte den gleichen Ta- del gegen die Parteiführer richten. Am meisten Tem perament hat vielleicht Gans Edler zu Putlitz nach der angedeuteten Richtung entwickelt, so z. B. indem er sagte: daß die deutsche Weh: die deutsche Bildung schützen solle. Bassermann, Müller. Meiningen, Freiherr v. Eamp und die Zentrums redner haben im allgemeinen den gleichen, nüchternen Ton. wie die Vertreter der Regierung angeschlagen. Bei der Wehrberatung sieht man so recht, daß de Einrichtung mehrerer Garnituren von Rednern einem inneren Bedürfnis nicht immer ent spricht. Nachdem man Herrn H aa s e - Königsberg die Ansichten der Sozialdemokratie gegenüber dem „Militarismus" hatte aussprechen hören, war es keine unbedingt« Notwendigkeit, noch stundenlangen Darlegungen des Herrn Dr. E ra d na ue r-Dres den zu lauschen. Nach seiner Meinung liegt die neu zeitliche Weltpolitik nur im Interesse einiger Kapita listen. Er haßt den Klassengeist in Heer und Marine, und diese Stimmung entwickelt er in möglichst brei ten Ausführungen Auch Abg. Erzberger (Ztr.) machte es nicht kurz. Er hat viel Material gesam melt, was dem, der selbst ZeitunLsschreiber ist, leicht wird, und wollte das nun, trotz Spahn, der schon na mens des Zentrums gesprochen hat, an den Mann bringen. Manches, was er ausführte, war auch noch nicht gesagt, wenigstens nicht in diesem Hause, so die Kennzeichnung der in letzter Zeit sehr stark hervor tretenden Zuneigung für Minister a. D. Daß man verdiente Staatsmänner und Beamte nach ihrem Scheiden aus ocm Dienste ehrt, ist nur gut und recht, noch richtiger aber wäre es, tüchtigen Männern, solange sie im Amte sind, Erfolge zu verschaffen. Der Zentrumsredncr dachte sich: Lobt ihr euern Wermuth, so lobe ich meinen Kühn. Zu begrüßen war, daß er in der Frage der Nach richtenbureaus eine vermittelnde Stelle ein nahm. Zwar hielt er auch gegenüber einer bedauern den Geste des Staatssekretärs des Innern, Del» brück, der kein Nachrichtenbureau beicht, an dem Prinzip der Zentralisierung des gesamten Nachrichtendienstes, direkt unter dem Reichskanzler, fest, aber er konstatierte doch auch, daß das Preße bureau des Reichsmarineamts sicherlich keine unlau teren Mittel angewandt habe. Damit hat die Nach- richtenforoeruna eine Formulierung gefunden, über die sich reden laßt. Der Schluß der Sitzung brachte leider eine Disziplinverletzung seitens des preußi schen Kriegsministers, wir meinen natür lich eine Verletzung der Derhanölungsdiszivlin, die die Regierungsmänner bis dahin streng beobachtet hatten. Der Abg. Erzberger hatte, wie es bei solchen Verhandlungen öfters geschieht, die Duell frage vorgebracht und die auf den Zweikampf be zügliche Kabinettsorder des Kailers.be- kl-rai Der preußische Krieasminister, der sich Mort nach Erzberger erhob, behandelte die Sache nicht re serviert, sondern erklärte kurz und bündig: „Gin Mann, der aus religiösen Gründen ein Duell ablehn'. sei zwar nicht würdig oder unwürdig der Offiziers stellung, er patze aber nicht in den Rahmen des Oifi- zierskorps." Dies« Erklärung eregte lebhaften Wi derspruch beim größten Teil des Reichstags und Abg. Paasche (Natl.) machte sich alsbald zum Sprach rohr d«r Mehrheit. Vielleicht war es für die Schärfe des Tones, den er anschlug, doch nicht ganz un wesentlich, daß «r in diesen Tagen den Ofnziersrock freiwillig ausgezogen hat. Der Vorfall bringt den Zusammenstoß des gleichen Abgeordneten mit dem Kriegsminister v. Einem in der Angelegenheit des Prozesses gegen die Grafen Lynar und Hohenau in Erinnerung. Die Verhandlungen wurden dann abgebrochen und für den Donnerstag wurde auch die Inter pellation über das I es u i t« n gesetz auf die Tagesordnung gestellt. Wann die Abstimmung über die Wehr- und Deckungsoorlagen erfolgt, steht nocy dahin. Nach der heutigen Ankündigung Erzbergers wird es zu einer Kraftprobe kommen: Das Zen trum will die Deckungsvorlagen nicht, wie die liberalen Parteien vorschlagen, einer be sonderen Kommission überweisen, sondern gemeinsam mit den Wehrvorlagen der Budget- kommifsion übergeben. Vvn üer üeutlch-cnglillhen Konkurrenz. Zn der guten Absicht, das bessere Verständnis zwischen Deutschland und England zu fördern, ver öffentlicht die „Deutsche Export-Revue" einen ihr „von geschätzter Seite aus London" zugegangenen Leit artikel über „die Mythe der deutsch-englischen Hanüclskonkurrenz". Zum tausendsten Male wird darin betont, daß die beiden Länder, weit davon ent fernt, einander unfaire Konkurrenten zu sein, im Gegenteil ihre gegenseitigen besten Kunden seien. Leider hat die Feststellung dieser Tatsache bis her noch niemals etwas gefruchtet. Der Londoner Autor schreibt dann weiter: „Es tut unter den gegenwärtigen Umständen viel leicht ganz aut, einmal die Mythe der deutsch-eng lischen Handelskonkurrenz zu analysieren und festzustellcn, was wirklich Wahres an derselben ist. In England selber hat England der deutschen In dustrie immer ein offenes Tor gehalten. Die deut schen Fabriken verkaufen in England unter denselben Bedingungen wie die englischen, und kein Schutzzoll hindert den Verkauf deutscher Waren. Freilich ist wiederholt der Versuch gemacht worden, deutsche Waren in England zu boykottieren. Man muß sich aber sehr hüten, daß man diese Bewegungen, die von einigen unbedeutenden wirtschaft lichen Vereinigungen inszeniert werden, als nationale Bewegungen ansieht. Sie haben auf den Absatz von deutschen Waren keinen Einfluß, und es ist nicht mehr als recht, festzustellen, daß in englischen kaufmänncschen Kreisen keine Animosität gegen deutsche Waren besteht. Natürlich gibt es immer einige Leute, die glauben, ihre eigene Unfähigkeit auf die deutschen Schultern abwälzen zu können; aber die Tatsache, daß selbst in Deutschland mit seinem hohen Zoll hier und da der Ruf nach einem Regierungsschutz für irgendeinen bedrohten Industriezweig tönt, be weist, daß auch Deutschland nicht ganz frei von diesen Leuten ist." Was hier über den Versuch gejagt ist. deutsche Waren in England zu boykottieren, stimmt denn doch nicht so recht; er ist in Wahrheit keineswegs nur von „einigen unbedeutenden wirtschaftlichen Ver einigungen" inszeniert worden, sondern vom ganzen Lande, von Regierung und Parlament. Denn was war das berühmte — allerdings so glän zend vorbei gelungene — Gesetz über die Waren zeichnung „Made in Germany" anders als ein Ver such, in ganz England die deutschen Industrie erzeugnisse zu boykottieren!? Gegen Schluß des er wähnten Artikels heißt es dann: „Vor allen Dingen aber sei eines f e stg e st e l l t: England hat niemals eine handelspolitische Be stimmung ausschließlich gegen Deutschland getroffen. Es ist schwer einzusehen, warum zwei Länder, deren gegenseitige Handelsbeziehungen so wohl geregelt sind, daß der Austausch von Waren fast gleich ist. als zwei Konkurrenten angesehen werden sollen, die jeden Augenblick bereit sind, sich an den Kragen zu gehen. Es ist übrigens bezeichnend, daß dies« Anschauung auch durchaus nicht von denjenigen geteilt wird, die am besten dazu berechtigt sind, zu urteilen, den Export- und Importkaufleuten auf beiden Seiten. Dennoch genügt sowohl in Eng land als auch in Deutschland die einfache Erwähnung des Schlagwortes „englisch-deutsche Konkurrenz", um friedliche Bürger in Siedehitze geraten zu lassen." Ganz gewiß ist es schwer einzusehen, weshalb Eng land und Deutschland sich dauernd als böse Kon kurrenten betrachten und vergessen sollten, daß sie einander doch eben die besten Kunden sind. Aber es über wiegt doch nun einmal bei weitem nicht das Verständnis für diese beste Kundschaft, sondern das Empfinden der gefährlichen Kon kurrenz, und der Konkurrenzkampf nimmt in der Tat oft recht bedenkliche Formen an. Die Opfer der „Titanic "-Katastrophe liegen auf dem Meeresgründe, die ersten Schrecken sind über wunden, das internationale Mitgefühl aller Völker hat gesprochen; nunmehr ist es an der Zeit, ohne Gehässigkeit und ohne Schärfe, aber doch mit aller Deutlichkeit auszusprechen, daß die 1508 in Wahrheit ja doch eigentlichen Opfer einer verhängnis vollen britischen U e b e r t r e i b u n g des deutsch-englischen Konkurrenzkampfes waren. Es sollte um jeden Preis ein neuer britischer Rekord aufgestellt und der Welt die hohe Ueberlegen- heit britischer Industrie, britischer Technik, britischer Schiffahrt über die deutsche vor Augen geführt werden! Die Ausartungen dieses rücksichtslosen Kon kurrenzkampfes häben sich in denkbar bitterster Weis« gerächt. Und wenn der englischen Handelspolitik nach gerühmt wird, daß sie Deutschlands Handel überall eine offene Tür biete — ja warum standen denn die Engländer nicht an unserer Seite, als wir in Afrika unsere Einflußsphäre ansbreiten wollten, in der Eng land gleichfalls die offene Tür vorgefunden hätte; weshalb stellten sie sich auf die Seite Frankreichs, das die Politik der geschloffenen Tür treibt; weshalb verkündeten sie, keine deutsche Festsetzung in Südwe st Marokko zu dulden, weshalb veran laßten sie Frankreich, uns an nennenswerter Ex pansion an der afrikanischen Guineakiist« und im Kongogöbiet zu verhindern? Englische Kauf leute selbst haben im wohlverstandenen eigenen Interesse beklagt, daß die englische Politik nicht Deutschlands, sondern Frankreichs Ausbreitung förderte, obwohl von den Deutschen auch für englische Gesellschaften und englischen Handel die offene Tür zu erwarten war, von den Franzosen hingegen nicht. Die Tatsachen sprechen deutlicher als die Theorien; noch sind die britischen Auswüchse der deutsch britischen Konkurrenz keine „Mythe", noch sind sie recht positive, schwer ins Gewicht fallende Er- scheinungen. > LrsnMWe Trsuertsge. (Von unserem Pariser Mitarbeiter.) Paris, 23. April. Tote. 71 Verwundete werden heute offiziell als Bilanz des Gemetzels in Fez zu- geitanden, und man kann sicher sein, daß noch ein „Nachtragsetat" kommen wird. Der berühmt« Borer aufstand war nichts gegen die marokkanisch« Emeute, die alle französischen Kolonialschwärmer gehörig aus ihren Träumen aufgeweckt hat. Die ersten durch Eil- ret'kas nach Tanger gebrachten und von dort nach Paris telegraphierten Berichte der Aezer Zeitungskorrespon denten melden übereinstimmend, daß es sich nicht um eine Verschwörung gegen die Europäer im all gemeinen handelt, sondern daß die Wohn stätten der Franzosen ganz genau bezeichnet und die anderer Fremden geschont worden waren. Aus den heutigen Pressekommcntaren kann man die Enttäuschung und Erbitterung hcrauslesen, daß Frankreich als die mit „islamitischer Kolonisation" vertrauteste Nation sich so überrumpeln und vor aller Welt bloßstellen ließ. So schreibt der „Motin": Die Revolte von Fez ist nicht nur ein Aufstand der Garnison. Daß die Soldaten, die doch schon unsere Stärke kennen gelernt hatten, es wagten, sich zu er heben und ihre Offiziere nicderzumetzeln — Elite, offiziere, die wegen ihrer Eingeborenenkenntniffe aus. gewählt worden waren —, beweist, daß sie sich von einem ungeheuren Haß der Allgemein heit gegen die Ungläubigen unterstützt wußten. Sie kannten die Strafe, die ihrer nach der Rebellion wartete, wenn sie auf sich allein angewiesen waren; sie mußten also fest an den Aufstand der benachbarten Stämme glauben, der die zerstreuten französischen Truppen fernhalten würde. Es war ein ungehaerer Fehler, daß wir unser H«er io zerstückelten. Diese Aeußerungen beleuchten sehr deutlich die Er- eigniffe. Es wird auch erzählt, daß mehrere Minister Vorahnungen hatten. Poincar« und Bourgeois fallen seit längerer Zeit besorgt ge wesen sein, daß die marokkanischen Angelegenheiten nicht mit genügender Vorsicht geführt würden. Als die Minister Bourgeois und Klotz mit dem^Ministerpräsidenten am vergangenen Donnerstag in Saint-Germain, wo sie die Sonnenfinsternis bester DM" Man beachte auch bi« Inserate in -er Abend.Ausgabe.
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