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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.04.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120416017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912041601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912041601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-16
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
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Sette 2 Nr. lS2. 10S. Jahrgang. Leipziger Tageblatt. Dienstag, Nprtt lS!2. Auch sie erfüllt in keiner Weise die dringenden Forderungen, die Fachmänner überall erhoben haben. Unser Ofiizierkorps «st überaltert, genügend, stamme für die Rescrvelormationen fehlen, die Feldartillerie leidet an» Mangel bespannter (.»ieschützc und an stelle der zehn sranzöfifu>en Kavallerie« Divisionen haben wir eine einzige' Heute ist Frank reich ganr anders gerüstet, und es ist mehr wie un- wahrscl-eiini l>, das» wir diesmal nur nach einer Front hin werden zu kämpfen brauchen. Aber trotz alledem bringt die neue Vorlage wie alle ihre Vor« gängeriunen keine großzügige Verbesserung der alten Fehler: d e scheu vor finanziellen Opfern rind inner- politisch» Sckxvierigkeiten ist zu tief eingefressen bei den Leut n, die heute das Reich regieren Da sollten i' nigstenS alle Vaterlandssreuude einmütig bestrebt sein, zu bessern, was noch zu bessern ist! (Stiirmifckier Beifall.» Daran schirm sich der Bericht des Herrn Ad mirals z. T B r e u s i n g«Berlin über Die Flottenvorlage, die der Bericht rstatter au sich als erfreulich schil derte. deren schwächen er aber scharf hrrvorhob. Der Redner begrüßte eS, daß das dritte lüejchwader Hocvseeslotte geschaffen lverden solle und billigte dura ans die Maßnahmen, durch ivelüze dieser Zweck erreicht werden solle. Auch sprach er seine Genug tuung über die Vermehrung der AufklärungSjchifse der .Hochseeflotte ans, insbesondere über diesenige der Panzerkreuzer, wie auch die Vermehrung der Unter eeboote und die Organiicition dieser Waffe seine Vi'igung sand: ebenso erfreut war er über die Einsübrung des Flugwesens für maritime Zwecke und erhoffte davon ersprießliche Wirkung. Dagegen hatte er auszusetzen, daß die Flotten vortage nicht dem Zweck entspricht, das Deutsche Reich gegen feindliche Uebersälle und brutale Ver- g-.valtigung in möglichst kurzer Zeit sicher zu stellen. Von größtem Nachteil sei anch der Umstand, daß nnser Panzerkreuzer-Geschwader erst im Jahre 1917 vollzählig sein werde, so dankbar man die Ver« besseruna der neuen Vorlage begrüßen müsse, ebenso entschlossen müsse unsere vssentlickn: Meinung ihren Mängeln gegenübertreten und verlangen, das, die Negierung und der Reichstag über das Maß des letzt Geforderten hinausgehen, das Treier-Tempo cm Bau der Großkampfickstsfe festsetzcn und ebenso den Bau der Panzerkreuzer beschleunigen. «Minuten- langer Beifall.) An beide Berichte schloß sich eine längere Aus sprache. Der Vorsitzende stellte eine Entschließung zur Erörterung, die, wie schon kurz gemeldet, in folgender Fassung einstimmig angenommen wurde. Der Vorstand deS Alldeutschen Verbandes hält auf Grund eingelpmder sachlicher fachmännischer Darlegungen die angekündigten Wehrvorlagen fttr unzureichend. Die Heeresvorlage läßt empfindliche Lücken organisatorisclser Art offen und nützt nicht genügend die verfügbare VolkSkrast aus, um dem Deutschen Reiche zu Lande unbedingt militärisch die erste Stelle zu sichern, wie das früher unbe stritten der Fall war. Im Zusammen l?ange hiermit ist auch unsere politische Machtstellung in Eurova gefährdet. Zn der Novelle zum Flottengesetz begrüßt der Vorstand die Schaffung des oritten aktiven LinicnschissS-GcschwaderS und die Art, wie dies geschehen soll, die Vermehrung der AufklärungS« Unterseeboote, solvie die Entwickelung, Kes 'Flüge- "Mfk-nS. Dagegen bekllrgt kKV'^in^ folge der Nichtannahme deS Dreier- tempoS im Bau von Großkampfschiffen die Vorlage den dringlichen Zweck nicht erfüllt, uns sobald wie möglich gcaen Ueberfall und Vergewaltigung zur See zu schützen. Der Vorstand des Alldeutschen Verbandes hält eS deshalb sür seine vaterländische Pflicht, auf die öffentliche Meinung einzu wir ken, damit eine Erweiterung beider Wchrvor- lagen aus dem Volke heraus verlangt wird. Fi nanzielle pdcr parlamentarische Rücksichten dürfen die Regierung nicht verhindern, solchem Verlangen nachznkommen, denn das deutsche Volk tvird ohne Zweifel bereit sein, bei dem Ernste der Welt lage entsprechende Aufwendungen für die Gröhe und Sicherheit des Vaterlandes zu machen. An dritter stelle staub ein Vortrag über Tat« kräftige Siedel ungSpolitik in unse ren Kolonien von Leminarobcrlehrer Tr. F. Hä n sch« Leipzig. Ter Redner wie» nach, daß man gerade einer vernünftigen LiedelungSpolitik größte Aufmerksamkeit widmen müsse, denn nur dadurch werde eine Kolonie vor Aufständen geschützt, nur dadurch werde sie deutsch. Turch solche siede» lungspolitik müsse man einen möglichst großen Teil der deutschen Auswanderung dem Reiche erhalten und der deutschen Industrie einen Absatzmarkt schis- sen. Nach der Eigenart der uns zur Verfügung stehenden Siedelungsländer ist eine proletarische Massensiedelung in unseren Schutzgebieten auSge- schlossen. Tie Kleinsiedelungen haben sich nur unt, r gewissen Voraussetzungen und in engbegrenzten Ge bieten als lebensfähig erwiesen. Aus diesem Grunde kann der Weg unmittelbarer AnsiedelungSbeihilsen sür die deutsche Kolonialregierung im allgemeinen nicht in Frage kommen, «ie hat vielmehr einer rascheren Besiedelung durch Verwaltungs- und Erschließungsmaßnahmen in groß« zügiger Weise und mehr als bisher vorzuarbeiteu. Zu diesem Zweck aber müssen vor allem die heimische kolonialregicrung und die Selbstverwaltuugsorgane der Kolonien einig sein und miteinander Hand in Hand gehen, und daraus hiuzuwirkc«, muß unsere nächste Ausgabe sein! Bei der Besprechung stimmte Reichstagsabge- ordneter von Licbcrt in allen Teilen den AuS- sührnngen des Berichterstatters zu und betonte bc« sonders die Nonvendigkeit des Verbots der Misch ehen. Tic Versammlung nahm darauf Leitsätze an, in denen die Vorschläge deS Berichterstatters in bestimmte Forderungen zu,ammengcfaßt wurden. Als vierter Berichterstatter sprach Herr Regie« rungsrat a. T. v. S t r a n y - Berlin über: Die deutschfeindliche Haltung der belgi schen Politik während der deutsch« englisch-französischen Krise im ver gangenen Jahre und führte etwa folgendes aus: Der Marokkostreit hat die allgemeine Auf merksamkeit im Deutschen Reiche aus England und Frankrcicb als unsere zu allem entschlossenen Geg ner gelenkt, und man hat ganz übersehen, daß vor unseren Toren im Nordwesten ein Bundesgenosse Frankreichs vorhanden ist, dessen Haltung tm nächsten Kriege von großem Einfluß werden kann. Es handelt sich um Belgien, das, trotzdem der überwiegende Teil seiner Bevölkerung vlumischer Abstammung ist, doch in seiner amtlichen Politik vollständig in das Fahr« wasser der eugfisch-sranzösisck>en Politik geraten ist. Es ist unbestreitbar, daß die belgische Negierung ganz dem französischen Einfluß verfallen ist, und eS steht fest, daß der belgische Ministerpräsident sich im vergangenen Herbst seine Weisungen aus Paris geholt hat und daß das belgische Heer gegen uns gerüstet war. Eine solche Haltung Belgiens kann man nicht anders als politischen Selbstmord an sehen, denn wirtschaftlich ist Belgien ganz aus das deutsche Hinterland angewiesen. Ter Redner forderte dazu auf, die belgische Politik genau ins Auge zu fassen und jede deutschfeindliche Hand« lung dem Urteil dec deutschen Oöffentlich- keit zu unterbreiten. Nach der Erledigung geschäftlicher Angelegen« heilen schloß der Vorsitzende nach 5 Uhr nachmittags die Tagung, an die sich später ein von der Ortsgruppe veranstalteter Deutscher Abend schloß, der einen sehr angeregten Verlauf nahm. um Tripolis. Der übliche Streit. Gegenüber den vom türkischen Kriegsministerium veröffentlichten Telegrammen über die Vereitelung eines italienischen Landungsversuches bet Zuara und über die Lage bei Grua erklärt die „Agenzia Stefani": Die Meldungen sind, wie gewöhnlich, falsch. Der Plan der Italiener war seit langem wohl be kannt. Auch die Türken wißen recht gut, daß vor Zuara nur eine Scheinlandung, gleichsam als Ablenkungsmanöver, vorgenommen worden ist, während die Landung auf der Halbinsel Macabez, die nich. ven einer einfachen Ab teilung, sondern von einem starken Truppcnkörper mit starker Artillerie ausgeführt wurde, seit dem lv. April vollendete Tatsache ist. Der Widerstand der Araber und Türken gegen die wirkliche Lan dung der Italiener besteht nur in ihrer Phan tasie. Wahr daran ist nur der von einer feind lichen Grupp« gegen da» Fort Buchamez am 1l. April unternommene Angriff, der sogleich von italienischen Askaris und Schisfsartillerie zurück geworfen wurde, und der Kampf vom 15. April, in dem die Astaris mit Genietruppen, Matrosen und Zottwächtern durch einen glänzenden Angriff gegen die Gruppen oe> l Arabern, di» die Arbeiten zur Verpflegung des Forts zu stören suchten, die Feinde unter schweren Verlusten zurückge trieben Haven. Ueber die italienischen Operationen bei Macabez verbreitet di« „Agenzia Stefani" aus Rom folgendes Telegramm: General Garioui telegraphiert von Ma cabez unter dem 14. April: Einzelheiten über den Angriff von Askaris und anderen Ab- teilungen, um sich von den Arabern zu befreien, welche dis Ausschiffung von Material und die Er richtung einer Operatiousbafis störten. Nachdem das Fort Buchamez durch den Ueb erhall einer Kompanie Askaris besetzt worden war, um stellte der Feind ein kleines Fort, um die Verpro viantierung durch die Bucht zu stören. Earioni be nutzte die durch den Ghibliwind verursachte Dunkelheit und sandte ein Bataillon Askaris auf eine andere Seite der Bucht. Das Bataillon überfiel den feindlichen Haufen, welcher unge fähr tausend Mann stark war, und teils den regu lären türkischen Truppen angehörte. Die Opera tion gelang und der Feind wurde zurückgeworfen. Er wurh; bis hinter seine Schanzgräbcn und Dünen verfolgt und ließ viele Tote und Ver wundete zurück. An diesem Vorgehen beteiligten sich sine Kompanie Askaris. sowie Abteilungen von Eeniesoldaten und Matrosen. Die Italiener hatten neun Verwundete, einer ist gestorben. Die Ausschiffung des Kriegsmaterials und der Lebensmittel wurde trotz der Schwierigkeiten, die das Meer an der offenen Küste, wie in der Bucht bietet, fortgeführt. Die Besetzung Buchamez schreitet fort. Halib Bei Gouverneur von Homs. Konstantinopel, 15. April. sTel.) Der Platz kommandant von Homs, Vizemajor Halib Bei, wurde zum Mutessarif von Homs ernannt. * Aeroplane als Geschenk der Senusfi. Aus London wir- gemeldet: Rach einem Telegramm au» Kairo führen die Senussi auf ihrem Vormarsch nach Benghasi zur Vereinigung mit den türkischen Streitkräften drei demontierte Aeroplane und zwar zwei Zweidecker und einen Eindecker mit sich. Der Ein decker ist französisches Fabrikat und aus Jaffa be zogen, die beiden Zweidecker rühren von einem Schau fliegen des letzten Jahres aus Kaico her. All: drei DArgzeuge sollen -en türkischen und arabischen Trup pen von den Senulsis als Angebinde und Zeichen.treuer Freundschaft überbracht werden. O Die türkisch« Thronrede, mit der das Parlament eröffnet wird, ist, wie aus Konstantinopel gemeldet wird, bereits vor- bereitet. Sie soll einen auf den Krieg bezüg lichen Passus enthalten. Auch wird die Regierung in der Kammer eine längere Erklärung über die aus wärtige Politik abgeben. Bis jetzt sind 11s Depu tierte definitiv gewählt, von denen 110 der Ko miteepartei und vier der Opposition angehören. Unter den Deputierten des Komitees befinden sich sieben Araber, v er Griechen, zwei Armenier und j» ein Bulgare, Serbe und Israelit. * Italiens Akttonsplan. (Von unserem römischen Mitarbeiter.) Rom, 14. April. Die italienische Regierung hat nach Mitteilungen, die mir aus untrüglichster Quelle geworden sind, den fünf Großmächten, die den Friedensschritt in Konstantinopel tun wollen, bekanntgegeben, daß sie folgenden A.tionsplan im Einverständ nis mit der Leitung von Heer und Flotte vorbe reitet habe: Es sollen im Laufe der nächsten Tage die Haupt punkte der Küste von Tripolitanien und Eyrenaika durch aufeinanderfolgende Flotten aktionen militärisch besetzt werden. Der Anfang ist mit dem Angriif aus Zuara resp. SidiSaid gemacht worden. Die alsdann gewonnenen Küsten plätze sollen die Stützpunkte für etwa notwendig wer. dea^e militärische Operationen im Innern oilüsn. Es finden zu d'escm Zweck zahlreiche Truppen nachschübe nach den neuen Positionen statt. So wohl die tunesische wie die ägyptische Grenze erhalten für die Ueberwachunq der Kricgskontredande ver stärkten Schutz, an oen äußersten westlichen und den äußersten östlichen Küstenplätzcn. Ein Vordringen ins Innere gilt zurzeit als ausgeschlossen. Die italienische Negierung hofft, daß diese Flotten aktion bis zum Tage der Eröffnung des neuen türkischen Parlaments ihren Höhepunkt er reicht habe und in Konstantinopel, als Demonstra tion ausgefaßt, ihren Eindruck nicht verfehlen wird. Wenn Italien mit dieser demonstratio ad oculos nicht schon früher begonnen hat, so waren ausschließ lich Rücksichten auf die geplante Wirkung sür das ottomanische Parlament maßgebend. Hätte man vor Eröffnung desselben die Aktion inszeniert, so wäre der Effekt nach der Auffassung dec italienischen Re gierung vorzeitig und nutzlos verpufft. Alles kommt jetzt, natürlich vorausgesetzt, daß die Aktion gelingt, daraus an, den größtmöglichen Eindruck in Konstantinopel hervorzubringen. Im Augenblick, wenn die italienischen Kanonen eine vernehmliche Sprache reden werden, die ge wissermaßen als Begleitung zu den ersten Parla- mcntssitzungen in Konstantinopel gedacht sind, wer den die fünf Großmächte dort ihren oft ver zögerten Friedensschritt tun und die unwider ruflich letzten und äußersten Friedensbedingungen Italien überreichen. Nimmt diese die Pforte nicht an, so erhält Italien oo ip>c> volle Aktionssreiheit auch im Aegäi- fchen Meere und aucb in den Dardanellen! Tie italienische Flotte wird im Augenblick der türki schen Weigerung die Pos rtionen an der afri. kanischen K ü st e. die mit genügend Landtruppen besetzt werden, verlassen, um die durch keinen SruntMückr- unä Seschäftz« Ver käufe oermineUcka; ^»Leiprlser^ —calievlatt'--- Vie Leser gehören äen kaufkräftigsten «reifen an, we;ha!d äeranige Inserate gesucht u. glinstiae Angebote schnell sten; berücksichtigt werllen üllrsten::.-. geringe «osten Hel sen Ihnen hier rasch rum verkauf! Vie Sonnenkinlterms sm 17. April. Don Felix Erber. iNachdruck verboten i „Wenn sich das Antlitz der Königin verfinstert, daun mögen die Großen des Reiches zittern!" Dieser auS der Zeit der schrecklichen Parysatis, der Ge mahlin des Perserkönigs Darius und der Mutter des Eyrus, stammende Ausspruch läßt sich in gewisser Beziehung vielleicht auch auf die „Königin des Tages", unsere Sonne, übertragen. Ihr Antlitz ver- finstert sich ja auch manchmal, und daS übt auf die „Großen" ihres Reicks-, die Planeten, immerhin einen störenden Einfluß auS. Diese Verfinsterungen des Zentralgestirnes unseres Systems, die einer gesetz mäßigen Periode unterliegen, vor allem aber die totalen, gehören mit zu dem Schönsten und Groß artigsten, was wir im Leben unserer Sonne kennen. Den Naturvölkern flößten diese Erscheinungen stets Furcht und Schrecken ein, weil sie sich von der Ursache und dem Verlaufe derselben keine Reckk!nsck»aft zu geben vermochten. Auf eine natürliche, wenn auch ungehcuerlickic Weise, suchten sie das Phänomen zu erklären oder sie verwiesen das Ganze in das Reich des Uebcrnatürlicl)«!!. Tie Mythen unserer Vor« fahren und die Berichte unserer Forschungsreisenden bestätigen uns dies zur Genüge. Bald suchte in dieser irrigen und naiven Anschauung unserer Vorfahren und der Naturvölker ein böser Dämon oder ein riesenhaftcs Tier die Sonne zu verschlingen, bald glaubte man, daß eine solche Verfinsterung der Aus druck göttlichen Zornes sei. Tie moderne Wissen schaft lehrt uns aber, daß die Verfinsterungen unserer Sonne und auch die unseres Mondes eine ganz harm lose Ursache haben. Tie Astronomie der Gegenwart sagt unS, daß eine Sonnenfinsternis, mag sie total, ringförmig oder partiell sein, nur dann sich ereignen kann, wenn der Mond sich zwischen die Erde und die Sonne stellt, also nur zur Zeit des Neumondes. Der letztere lvirst dann seinen Lchattenkegel auf die Erde, aber von diesem Schattenkegel wird immer nur ein ganz kleiner Teil der Erdoberfläche getroffen. Der Durchmesser des Sck»attcnkreiscS, den der Schatten« kegel aus der Erdoberfläche herauSschncidet, beträgt nämlich tm günstigsten Falle 270 Kilometer, im un. günstigsten 162 Kilometer. Deshalb sind auch totale, also völlige Verfinsterungen des TageSgestirneS für einen ganz bestimmten Ort auf Erden überaus selten. Ja, in zweihundert Jahren kommt es kaum einmal vor. Für die Erdoberfläche überhaupt sind totale Sonnenfinsternisse indes nicht so selten Sie ereignen iicü sogar bäusigcr als totale Mondfinsternisse, denn >u einem Zeitraum von achtzehn Jahren und elf Tagen (dem sogenannten saroSzyklus) fallen 29 Mond- und 41 Sonnenfinsternisse, darunter mehrere totale. Eine totale Sonnenfinsternis ist für einen bestimmten Erdort nur von kurzer Tauer. 8',, Mi nuten sind das Maximum, Bruchteile einer Sekunde daS Minimum. Eine totale Mondfinsternis indes dauert oft länger als eine Stunde, und sic ist überall auf der Erde dort sichtbar, wo der Mond über dem Horizonte steht, — also zum wenigsten mit einer ganzen Erd hälfte. Total wird das Tagcsgestirn dann verfinstert, lvenn der scheinbare Durchmesser der Mondscheibe ebenso groß oder größer ist als derjenige der Sonne. Ter Mond bedeckt dann um die Mitte der Verfinste rung herum völlig die Sonne. Wenn aber der schein bare Durchmesser der Mondscheibe kleiner ist als der« jenige der Sonne, dann wird die letztere nicht ganz abgcblendet, sondern es bleibt uni die Scheibe des Mondes herum ein schmaler Lichtring übrig. Man spricht deshalb von einer ringförmigen Sonnen sinsternis. In beiden Fällen muß der Neumond genau auf der Verbindungslinie „Sonne—Erde" stehen. Geht aber der Mittelpunkt der Mondscheibe etwas ferner am Mittelpunkte der Sonnenscheibe vor« über, daun wird dieSoune nur teilweise verfinstert. Die Finsternis ist dann eine partielle. Wir besitzen aus alter Zeit genaue Kenntnis von einigen Sonnen« sinsternissen und können aus den Ucberliefcrungen ermessen, wie hoch entwickelt die astronomisck^c Wissenschaft zu jener Z'it schon, namentlich in Baby lon, war. Tie alten Chaldäer vermochten genau die periodisch Wiederkehr dieser Finsternisse, die in der religiösen, aui Lterndeutuug sich ausbauenden An- schauung jener Völker eine große Bedeutung batte, vor« auözubcstimmen. So berichtet unS eine alte Keilschrift, die inan in den Ruinen von Ninive gesunden hat, von einer totalen Sonuenfinstcrnis, die der ck>aldäischc Astronom Irasjilu vorausscrgte, und die pünktlich am 14. ?lddaru eintras. Jrassilu, der „alte Diener deS Königs", wie er sick selbst nennt, wünscht seinem Herrn und Gebieter Glück und mahnt ihn an jenem Tage zur Ruhe, denn die Finsternis würde kein Unheil über sein Land bringen. Zwei chinesische Astronomen mußten ihr Leben las sen, weil sie eS versäumt hatten, eine Sonnenfinsternis vvrauszusagcn. Die letztere brach plötzlich übcrdaSLand herein und erregte große Verwirrung. Der Kaiser von China ließ deshalb die beiden unaufmerksamen Astro nomen Hi und Ho hinrichten. Professor Ruffel hat sich alle Mühe gegeben, das Datum dieser für die beiden Astronomen so verhängnisvollen Finsternis zu bestimmen, und er hat, indem er alte chinesische Schriften, so vor allem daS „Geisterbuch" zu Rate zog, gefunden, daß sie am 22. Oktober 2136 vor Christ' stattfand. Aus seinen Berechnungen und Nachforschungen folgert aber Rüssel noch etwas anderes, nämlich, daß die Chinesen nicht im ent ferntesten mit ihrem astronomischen Wissen und Können an dasjenige der Babylonier heranreichten. Tie Sonnenfinsternisse erscheinen keineswegs sür alle Orte aus der Erde in demselben Augenblicke gleich groß. Tie Ursache dafür liegt in der Parall- axe des Mondes, das heißt in der Verschiedenheit des Standortes, den unser Trabant für den je- weiligen Beobachter der Finsternis auf Erden einzu- nehmen scheint. Tie Sonnenfinsternis, die uns das Jahr 1912 als erste am 17. April bringt, ist eine ringförmige. Sie beginnt überhaupt um 9 Uhr 45 Minuten vormittags (mitteleuropäischer Zeit). Zur angc- gebeneu stunde trifft der Halbschatten des Mondes die Erde im östlichen Teile von Brasilien, und zwar in der Provinz Pianhy. Ueber dem Orte, wo die Finsternis beginnt, geht gerade die Sonne auf. Tie zentrale Finsternis beginnt um 11 Uhr 1 Minute vormittags. Es ist hies der Augenblick, in dem die verlängerte Verbindungslinie „<sonnen- mitte—Mondmitte" die Erde berührt. Dies geschieht im südöstliclsen Venezuela. Von hier geht nun die Zentralitätszone durch den Atlantischen Ozean, weiter nach Spanien, dessen nordwestliches Land gebiet sie durchschrwidet, und dann nach Frankreich hinüber. Auf dem Wege durch den Atlantischen Ozean berührt sic die Stadt Funck-al auf den Kanarischen Inseln. Tic Bewohner derselben werden das Schau spiel einer fast totalen Sonnenfinsternis, allerdings nur sür ganz kurze Z.it genießen. Fast total wird die Finsternis auch für Ovar, Toral, Lena und Sama in Portugal und Spanien sein, doch wird die Totalität hier nur fünf bis feckss Sekunden währen. In Laförrc und in Namur in Frankreich wird man die Sonne ebenfalls fast völlig verfinstert sehen, indes nur Bruchteile einer Sekunde lang. Tie Verfinsterung deS TageSgestirneS beginnt aus den Kanarischen Inseln um 12 Uhr mittags und endet um 1 Uhr 17 Minuten nachmittags «mitteleuropäischer Zeit), zwischen Namur und Maastricht. Die Zentralitätszone geht nordwestlich an ^aris vorbei und durchschneidet Deutschland. Tie «tädte Essen und Krefeld liegen in unmittelbarer Nähe der Zone, die dann die Insel Rügen halbiert und ein Stuck durch die Ostsee geht. Darauf springt sie aus Rußland über und läyt St. Petersburg etwa 130 Kilometer nördlich liegen. Sie über- schreitet nun den Ural und endet endlich nordöstlich von Tomsk in Sibirien um 2 Uhr 8 Minuten mitteleuropäischer Zeil) nachmittags. Das Ende der Finsternis überyaupt erfolgt in der Nähe des SeeS Saumal-Kul im Syr-Darjargebiete um 3 Uhr 15 Minuten nachmittags nach mitteleuropäischer Zeit, und zwar bei Untergang der Sonne in jenen Erd gebieten. Auf dem größten Teile dieser ungeheuer langen Strecke ist die Finsternis eine ringförmige. In Deutschland, wo die Finsternis auch nur als ring- förmige gesehen werden kann, wird sie nur 4 bis 6 Sekunden dauern. Für Berlin beginnt die Finster« nis um 12 Uhr 8 Minuten nachmittags und endet um 2 Uhr 47 Minuten, für Breslau beginnt sie um 12 Uhr 12 Minuten und endet um '2 Uhr 51 Mi nuten, für Memel beginnt sie um 12 Uhr 21 Minuten und endet um 2 Uhr 53 Minuten (mitteleuropäischer Zeit) nachmittags. Tie größte Dauer der Verfinsterung wird für Tobolsk in Ruß land eintreten. Tic ganze Zeutralitätszoue gleicht einem schmalen Baude, das mau sich von Südamerika aus bis nach dem asiatischen Rußland hin über den Erdball gelegt deuten muß. Tiefes Band ist au zwei Stellen'etwas eingeengt, nämlich in der Nähe der Kanarischen Inseln, wo die totale Verfinsterung der Sonne beginnt, und dann zwischen Namur und Maastricht, wo die Dauer der Totalität aufhört. In Venezuela, wo die Finsternis ihren Anfang nimmt, und in der Nähe von Tomsk, wo sie endet, erreicht die Zentralitätszone eine Breite von 50 Kilometern. Tie größte Breite der Totalitätszone, nämlich in Spanien, beträgt nur 6 Kilometer. Da von der Breite der Zone die Dauer der totalen und der ringförmigen Verfinsterung unserer Sonne am 17. April 1912 abhängt, und da der Durchmesser dieser Zone ein verschieden großer ist, so ist auch die Dauer der Sichtbarkeit der Finsternis eine verschie dene. In Südamerika währt sie 40 Sekunden, in Belgien aber nur 10, im euroväischen Rußland im Durchschnitt fünfundzwanzig und im asiatischen Ruß land, dort, wo sie endet, vierzig Sekunden, wie am Beginn in Südamerika. Aus;erl)alb der Zentralitäts zone ist die Finsternis für Beobachter auf Erden eine partielle, — also eine teilweise. Während der Zeit der Totalität wird man an den Orten, wo der Sonnenball völlig abgeblendet erscheint, neben all den großartigen Erscheinungen, die eine totale Sonnenfinsternis im Gefolge hat, den Saturn im Osten, den Merkur tm Norden und die Sich«l der Venus im Südwesten der Sonne erblicken, ferner einige Helle Fixsterne und, sollten Kometen zufällig in der Sonnennähe sein, auch diese. Die astronomische Wissenschaft wird leider von dieser ringförmig-totalen Sonnenfinsternis sehr wenig profitieren, da sie eben nur sehr kurze Zeit an dauert. Man wird kaum große Expeditionen nach den Orten in Spanien ausrüsten, an denen die Finster nis als totale sichtbar ist. Die Fabra-Sternwarte in Barcelona beabsichtigt, eine Expedition unter der Leitung ihres Direktors, Comas Sola, auS« zurüstcn. Diese wird die wenigen Augenblicke, die das Phänomen uns gönnt, benützen, um für die Wissenschaft etwas zu erhaschen, denn über den Aufbau unseres Zentralgcstirnes aus der Materie, über seine Atmosphäre, über die großen Erschei nungen auf seiner Oberfläche und über die Be ziehungen zwischen ihnen und den Planeten, — also auch unserer Erde, — wissen wir immer noch recht wenig, und dock» ist eine Lösung dieser Fragen, im Hinblick auf eine einwandsfreie und wirklich an nehmbare Sonnentheorie, überaus wünschenswert!
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