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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.04.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120416017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912041601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912041601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-16
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
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BezuqS Preit NN L«tp»ta und Vorort* d«rch »>I«r« Trüeer und Srxdttor« Lmal tioltch in» vau, ,«bracht:» Vt. monotü, LTV Ml. vterietlädrl. Bet un<«rn Äiltaten u. Sn. nahmeftellen abaehoU: 7S M. inonatl^ LL Mk. vurtelsShrü Lnrch »te Pott: Innerhald Deutschland, und der deutlchen getonten vierteljährl. b.« Ltk., monatl. IM Mk. auricht. Poflbrfletlgeld. Ferner in Belgien. Dänemark, den Donaultaaten, Italien, iluiembura, Rirderland«, lllor. «»«en. Oeftrrreich - Ungarn, Rußland. Schweden und Schwei,. In allen ädrigen Staaten nur direkt durch die Telchäst», stell« de» Blatte» erhältlich. La, Ueipztger Lagedlatt «rlcheint 2mal tSgllch, Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Ldonnrmeiit—Snnatzme: I,l,ann,»g«Il, l». Bei unseren Trägern, JUialen, Spediteuren and Annahmestellen, sowie Pouämter» und Briefträgern. Stn»«lo«rkauf»pr,l» 10 Pf. Morgen-Ausgabe. WpMcrTagMIt » . s l^Nr (a.chi«.schl>ch> Lel.-Anschl. j 14 893 14694 Handelszeitung. Sankkonto: Allgemeine Deutsche Tredit» Anstalt Brühl 75/77. 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ASAMUT- L8 Leite» USU- Unsere gestrige Abendausgabe umsaht 10 Seiten, die vorliegende Morgennummer 18 Setten, zusammen Das Wichtigste. * Dem Reichstage sind am Montag die neuen Wehrvorlagen sowie die D c ck u n g s- vorlagcn zugegangen. (S. Leitartikel L. 1.) * Die Lach fische Zweite Kammer bat am Montag die Beratung über die Unfall versicherung in der Land- und Forstwirt schaft begonnen und mehrere Eisen bahnan- gelegenheiten erledigt. (S. Bericht L. 3.) * Die Bereinigten Staaten haben an Mexiko eine scharfe Note gerichtet. (L. Ausl. S. 10.) * Der Ozeandampfer „Titanic", der mit einem Eisberg zujammengesloßen ist, ist noch flott und fährt langsam nach Halifax. Sämtliche Passagiere haben das Schiff ver lassen. (S. Tagcschr. S. 8.) * Thcateranzeigen siehe S. 16. Linen Schritt vorwärts. —u. Bis zum Reichstag sind nunmehr die Weh orlagen vorgeschritten. Am 22. März wurden die Grundzüge bekanntgegebcn, am 15. April ist der Wortlaut der Borlage der deut schen Volksvertretung zugcgangen, und vom 16. April an werden sic dem ganzen Volke zu gänglich sein. Die ersten Angaben waren mit dem Vorbehalt gemacht, das; die Entwürfe ihre endgültige Gestalt für den Reichstag erst durch die Beschlüsse des Bundcsrais erhielten. Wenn eine rasche Durchsicht nicht trügt, sind wesent liche Aenderungcn nicht mehr er folgt. Um e n ger nges höher werden die Kosten für die Flottenverfiärkung angesehen. Die ersten Mitteilungen waren nur „runde" und enthielten für die Jahre 1915 und 1917 Lücken; die nnn- mehrigen gcnanen Zahlen sind: für 1912 15 Mil lionen, 1913 28, 1914 39, 1915 40, 1916 44 und 1917 43 Millionen Mark. Aehnlich ist es mit den Zahlen für das Heer. Sie sind nach den ausführlichen Vorlagen sür 1912 79,5 Millionen, 1913 101, 1914 78, 1915 38, 1916 62 und 1917 wieder 62 Millionen Mark. Die höchste Gesamt summe fällt auf das Jahr 1913. Die nunmehr ausgegebenen Mitteilungen über die Deckung erwecken den Anschein, als wenn die Sache recht glatt gehen würde. Das mag bis zu gewissem Grade von jeder Berech nung, die schwarz auf weiß ausgestellt ist, gelten. In diesem Falle aber stehen die Zahlen hoffent lich nicht nur auf dem Papier. 80 Millionen Mark stehen mehr zur Verfügung, als bei der Vorlage des Etats 1912 angenommen wurde. Darin ist kein Pfennig aus den viel berufenen Ueberschüssen des Jahres 1911 enthal ten; sondern nur die, zum Teil aus Grund der günstigen Zahlen von 1911 für 1912 zu er wartende Besserung gegenüber dem Anschlag. Die Ueberschüsse von 1911 können also noch immer der Schuldentilgung zu geführt werden, der sie nach dem Etatsge setze von 1911 gebühren, der sie aber durch den 4. Paragraphen des vom gegenwärtigen Reichs tag vor Ostern verabschiedeten Etatsnotgcsctzes für 1912 wieder entzogen worden sind. Es sind Ueberschüsse, die bis zur „anderweitcn" Bestim mung in der Rcichskasse zu belassen sind, also Ueberschüsse, „zur Verfügung". Daß sie doch noch der Schuldentilgung zugeführt wer den, ist eine dringende Forderung so- lider Finanzpolitik. Nur mit großem Bedauern wird man erfahren, daß in den 80 Millionen auch 10 Millionen enthalten sind, die durch das langsame Voranschreiten der Ver breiterung des Nordostscekanals erspart werden. Nicht Verlangsamung, sondern Be schleunigung wäre zu wünschen! Die zu erwartende Mehreinnahme aus der Aufhebung der Liebesgabe ist endlich sür 1912 nur mit 14,5 Millionen Mark angesetzt. Das ist ziemlich be scheiden; ob die Summe nicht immer noch zu hoch ist und ebenso der Ansatz von 36 Millionen für alle folgenden Jahre muß der näheren Prüfung Vorbehalten bleiben. In ruhig urteilenden politischen Kreisen wird der Gedanke der Aufhebung der Liebesgabe mit den schonenden Maß nahmen für Bayern, Württemberg und Baden, wo das Ncservatrecht wieder auflebt, immer mehr Boden gewinnen. Durch die Be seitigung der sogenannten Liebesgabe wird mit einer Streitfrage Schluß gemacht, die noch bei der Neichssinanzresorm zwischen Fortschritt und der Rechten eine große Rolle spielte. Wer jetzt noch auf der Linken gegen die Aufhebung des Kontingents, die man früher so leidenschaftlich gefordert hatte, etwas sagt, gerät in den Ver dacht, den Zankapfel in der Hand behalten zu wollen. Dazu ist die gegenwärtige Zeit aber zu ernst. Aus dem Lande heraus, in dem sich bei den Sammlungen sür die deutsche Luftflotte ein so schöner Patriotismus zeigt, sollte den Frak tionen zu Gemüte geführt werden, daß man für die Uebertaktik de r Kainpfhähne kein Verständnis mehr hat- In der Denkschrift zum Ergünzungsetat ist angcdeutct, daß die Erschließung neuer Einnahmequellen sich in Zukunft als notwendig erweisen könne. In diesem Falle muß sich für die Erbschaftssteuer ein Weg finden; das muß für heute genügen. In gegenwärtiger Zeit kommt es nicht dar auf an, einen „Dreh" auszutüfteln, wie man doch noch gegen die Deckungsvorlage der ver bündeten Regierungen anstürmen und die Frak- tionsleidenscbaft dagegen mobil machen kann, sondern, wie am schnellsten und besten bas von den Regierungen verlangte, nicht über menschlich hohe, von manchen sogar für allzu niedrig gehaltene Maß von Rüstungcn, ge deckt werden kann. Möge man einmal für dieses Ziel einen festen Block der Par teien gründen. Dem Reichstag bleibt das Recht unbestritten, zu verbessern und zu verschlechtern wie er will. In vorliegendem Falle sollte er einmal sorgfältig prüfen, ob er zu ändern braucht. Im Bundesrat ist schließlich Ein stimmigkeit für die vorgeschlagcne Art der Deckung erzielt worden; eine weitgehende Einig keit innerhalb des Reichstags und zwischen Reichstag und Regierungen wäre außerordent lich wertvoll. Die Anschauung, daß der Reichs tag, um seine Macht zu zeigen, die Vorlage umkrempeln müsse, ist durch und durch phi liströs. Oie neuen Vorlagen. Dem Reichstage sind heute di« neuen Wehr vorlagen, sowie im Zusammenhang damit die Ergänzung des Etatsentwurfs für das Jahr 1912 mit einer Denkschrift über die Kosten und endlich ein Gesetzentwurf über die Beseitigung des Branntweinkon tigents zugegangen. In der Hauptsache enthält die Militärvorlage die Neueinstcllung von 17 Bataillonen Infanterie, 6 Eskadrons und 46 Feldartilleriebatterien, 6 Ba taillonen Pioniere, D«rbehrstruppen und Train und 106 Maschrnengewehrkompanien, ferner Etatser höhungen an die Mannschaften bei den Infanterie-, Feldartillerie- und Berkehrstruppen, und endlich eine Anzahl neuer Kommandobehörden, unter denen ins besondere zwei Generalkommandos her vorzuheben sind. Die Friedens-Präsenz stärke steigt dadurch um rund 29 000 Mann, die Kosten betragen in den Zähren 1912/17: 79,5, 101, 78, 58, 62, 62 Millionen Mark, wovon einmalige Ausgaben: 66, 52, 19, Minus 1, 4, 4 Millionen Mark sind. Di« Novelle z»m Flottengesetz sieht zur Beseitigung organisatorischer Mißstände die allmählige Bildung eines dritten aktiven Geschwaders vor, und zwar durch Verzicht auf das Reserveflottenflaggschiff und eine zurzeit vor handene Materialreserve, sowie durch den Bau von drei Linienschiffen und zwei kleinen Kreu^rn; weiter verlangt sie Vermehrung des Personals, Beschaffung einiger Luftschiffe und die Vermehrung der Unter seeboot«. Di« Kosten werden in den Jahren 1912 bis 1917 betragen: 15, 29, 39, 40, 44, 43 Millionen Mark, von denen auf einmalige Ausgaben entfallen: 12, 4, 22, 29, 25, 24. 18 Millionen Mark. Zur Deckung der Mehrkosten stehen zunächst für das Zahr 1912 eine Reihe von Mehreinnahmen zur Verfügung, die bei der Auf stellung des Etats im Frühherbst noch nicht zu er warten waren, auf die aber jetzt gerechnet werden kann, namentlich 45 Millionen Mark an Zöllen und Steuern, sowie rund 15 Millionen Mark an kleben schlissen der Eisenbahn- und Postverwaltung ein schließlich der Ausgleichungsbeiträge. Bei der Ver zinsung der in den letzten Zähren durch Tilgung ver minderten Reichsschuld lassen sich 10 Millionen und durch die Ermäßigung der Kosten für den Nord-Ost- see-Kanal infolge des langsameren Doranschreitcns des Baues gleichfalls 10 Millionen sparen, so daß insgesamt 80 Millionen Mark mehr zur Verfügung steh«n, als bei der Vorlage des Etats angenommen sind. Den fehlenden Rest bringt die Aufhebung des Branntweinkontingents. das im Zahre 1912: 14,5 und in jedem der folgenden Jahre 36 Millionen Mark Mehreinnahmen ergeben soll. Die sogenannte Liebesgabe wird außer für Bayern, Württemberg und Baden auf gehoben und in diesen Staaten für gewerb liche Brennereien auf 5 <l für andere Brennereien auf 7,50 herabgesetzt. Für die kleinen Obst brennereien sowie für kleinere landwirtschaftliche Brennereien bleiben besondere Schutzoorschriften be stehen. Damit verbinden sich einige Verbesserungen des übrigen Branntweinsteuergesetzes sowie ein Ver bot der Anwendung des Methylalko hols zu Nahrungs- und Genußmitteln usw. Die Verwendung der Ueberschüsse aus dem Zahre 1911 sowie der im Zahre 1912 etwa zu erzielenden Ueber schüsse bleibt der Bestimmung des nächstjährigen Etatsgesetzes überlassen. Die dem Ergänzungsetat beigefügte Denk schrift berechnet die voraussichtliche Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen in den nächsten Zähren unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Zucker steuer am 1. April 1914 und die Grundwechsclabgabe am 1. Zuli 1914 ermäßigt werden soll. Sie kommt zu dem Ergebnis, daß die Kosten der Wehr vorlagen ohne wesentliche Beeinträchtigung der von den verbündeten Regierungen im Einverständ nis mit dem Reichstage geplanten Gestaltung des Extraordinariums und der Schuldentilgung bestritten werden können, unter den Voraussetzungen, daß die Grundsätze sparsamer Wirtschafts führung ebenso gewahrt bleiben, wie,in den letzten Zähren, daß sich die gegenwärtige wirtschaft liche Lage nicht fühlbar verschlechtert und keine besonderen neuen Anforde- r un g e n an das Reich herantreten; andern falls würde sich die Notwendigkeit ergeben, neue Einnahmequellen zu erschließen oder die Er mäßigung einzelner Steuern ganz oder zum Teil für einige Zahre hinauszuschieben. Den Ausführungen der „Norddeutschen Allge meinen Zeitung" über die Wehrvorlage ist fol gendes zu entnehmen: Durch die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke von 515 321 auf 544 211 Mann wird das preußische Kontingent von 399 026 auf 420 939, das bayrische von 57 133 auf 60 351, das sächsische von 38 911 auf 41 625 und das württem- bergische von 20 251 auf 21 296 Mann gebracht. Nach den Prozenten der Beoölkerungszahl unter Zu grundelegung der Ergebnisse der Volkszählung 1910 berechnet, ergibt sich wie bisher «ine unwesent liche Mehrbelastung Bayerns, Sachsens und Württembergs, die ihren Ausgleich findet in der naturgemäß stärkeren Heranziehung d«r Bevölkerung des unter preußischer Verwaltung stehenden Kon tingentsbereiches zum Dienste in der Marine. Es ist in Aussicht genommen, in jedem Zahre 6 Unterseeboote anzufordern. Das ergibt bei einer zwölfjährigen Lebensdauer einen Sollbestand von 72 Booten. Für 54 von diesen Booten sind aktive Besatzungen veranschlagt, 18 bilden eine Ma- terialreservc ohne Besatzung. München. s^s Ueber München ist der Reichskanzler von Bethmann Hollweg nach Berlin zuruckgekehrt. „Er hat mit dem bayrischen Ministerpräsidenten eine lange Aussprache über Acsuitenerlaß und Liebesgabe gehabt und dabei seinen Verhandlungen genaue Zn- truktionen des Kaisers zugrund« gelegt." Ach neu,, o hatte es nur vorher geheißen. Zn Wahrheit am es anders; die beiden Staatsmänner tauschten nur die Karten, und nach wenig Stunden Rast fuhr der Kanzler, zunächst nach Nauheim, weiter. Der Kartenwechsel ist unter den Musensöhnen die Ein leitung zu blutigem Kamps: hat der Austausch der Karten mit den Namen „v. Bethmann Hollweg und „Freiherr v. Hertling" ähnliche Bedeutung? Werden sie sich in wenig Tagen mit scharfen Hieb- oder Stich waffen entgegentreten? Es gibt Leute, die es begrüßen würden, wenn die „Kontrahaae" zwischen Preußen und Bayern in aller Oeffentlichkeit ausgepaukt würde. Als von Un stimmigkeiten auf der Konferenz der Bundesstaats minister vom 14. März — damals ging es noch um di« Wehr- und Deckungsvorlagen, nicht um die Zesuiten — bekannt wurde, wollten ne auch mehr und immer mehr erfahren. Gleißnerisch pflegen sie bei solchen Gelegenheiten zu sagen: durch die Geheimniskrämerei wird Beunruhigung hervor- gerufen, es wäre viel bester, wenn die Oeffentlichkeit offen unterrichtet wird. Das ist ein echter Reineke- Rat. Er sieht so verständig und harmlos aus wie die Winkelzüq«. durch di« Meister Reineke an König Nobels Hof sich Rettuny, und anderen Ungemach zu bereiten sucht. Natürlich kann durch rechtzeitig« Veröffentlichung der Sensationsmache ein Riegel vorgeschoben werden, da das offen zu tage Liegende weniger lockt als das Verborgene; aber um die Bekanipiung der Sensation ist es jenen Leuten ja gar nichr zu nm; cs würde schon etwas udrigbleibcn. wonach man weiter fpüren müßte. Bis marck hat es nichr für richtig gehalten, daß die Be ziehungen der deutschen Staaten und Städte in der Sphäre der Oeffentlichkeit geregelt werden; der Orga nismus würde dadurch starrer und schwer sä big wer den. bundesfreundliche, geschäftsn.äyige Regelung wäre erschwert. Die Oeffentlichkeit ist ein ausgezeichnetes Mittel, um G e g e n i ä tz l i cy k c i- ten hervortreten zu lassen und sie zu ver schärfen. cm sehr schlechtes, um sie auszuglcichen. Daher ist es nur natürlich, daß dle 397 Reichs tagsabgeordneten, die nrchr wie die deutschen Fürsten und Städte einen ewigen Bund geschloßen haben, ihre Streitigkeiten in breitester OessentUchlcit austragen, dag aber bis zum heutigen Tage diejeni gen Abgeordneten, die ein gemeinsames Band um schließt, nämlich die Mitglieder einer Fraktion, ihre Beratungen geheimhalten, auch die Sozial demokraten. Wenn es ein Reichseberhaus gäbe, cs wär« g«- wiß fesselnd, den Reichctanzier v. Bethmann Holl- w g und den Bayrischen Ministerpräsidenten Frei- hecrn v. Hertling über Deüungssrage und Zesuiten- erlaß diskutieren zu hören. Beides sind Philo sophen. Freiherr v. Hertling ist es sogar berufs mäßig: jen 1882 hatte er eine ordentliche Prosestur del Philoiophie an der Universität in München te- kleioet. Er ist ein sogenannter Professor der „katho» lischen" Philosophie. Von Voraussetzungslosigkeit ist er weit entfernt, aber doch auch rvn der stupiden Abe schließung gegen die Kultur; eben zwilchen Kultur und Katholizismus eine Ber/öhnung herbeizuführcn, ist jein Streben gewesen. Nahe an den Siebzigern wird er auf den Posten des Ministerpräsidenten im zweitgrößten Staatsrvese.r Deutschlands berufen, und er macht sich mit großer Frische und Elastizität an die neue Aufgabe einer Frische, wie man sie gerade an Menichen beobachten kann, die vor kurzem eine schwere Erkrankung restlos überstanden haben. Als vorteilhafte Eigemchaft bringt er in das neue Amt die lleoung in diplomatischen und politischen Geschäf ten mit, oie er ourch die Führung von Verhandlun gen zwischen Preußen und dem Vatikan und durch die Teilnahme an den Arbeiten der Zentrumsfraktwn des Reichstages genossen hat. Eine entsprechend« Hebung fehlt dem deutschen Reichskanzler. Wenigstens fehlte sie ihm. als er mrußycher Minister wurde. Von einer Eigenschaft aber suchen beide in der Oeffentlichkeit keinen Gebraucy zu machen: der philo sophischen. LlZenn Freiherr o. Hertling in Bauern das Christentum zur Grundlage der Erziehung und wohl aucy des gefamten Staatslebens machen will, io ist das zwar ein Rest, oder wenn man will, Kern und Angel seiner Philosophie, aber im übrigen scheint er mehr den Ehrgeiz zu besitzen, sich als «in polinscher Geschäftsmann, denn als ein Mitglied oer Zunft der Weltweiscn zu bewähren Und ähnlich der Kanzler. Das deutsche Volk scheint es nicht anders zu wollen. Merkwürdig genug: ua -e 'en . : St.'ste e n Mann stehl, dessen Sinn über politische Macttfraaen und Tagcsgejchästc nicht hinausgeht, so ist das ein Routinier ohne geistige Interessen, ohne Bildung und Schwung. Zeigt oagegen einer, daß ihm nichts Menschliches fremd ist. daß auch er am Parnaß ge weilt har, daß ihm das Geisteswcrk deutscher Dichter und Denker nicht fremd ist, sondern zu seiner Lebens sphäre gehört, so wird über den Büchmann-Kanzler und den Philosophen gespottet. Nicht etwa von dem bildungsfeindlichen Kterikalismus oder Junkertum, sondern aus denjenigen Kreisen, di« sich als Trägrr und Vorkämpfer deutscher Gilbung betrachten. Nun gut: Herr v. Bethmann Hollweq und Freiherr v. Hert ling werden bei der noch aufgcichoben-m Auseinander setzung über den Zesuitenerlaß die Philosophie aus dem Spiele lasten und möglichst nüchtern-realpolitisch verhandeln. Der Kanzler hatte bisher vor allem die Borro- mäus-Enzyklika, den Modernistcneib und das Motu- proprio gegen di« Verfolgung von Geistlichen und weltlichen Gerichten zu bestehen. Zn d:n beiden ersten Fragen hat der moderne Staats gedanke den Ci eg nicht erfochten wohl aber in der Frage des Gerichtsstandes der Geistlichen. Hier hat der Staat mehr erreicht, als man anfangs zu hoffen wastte. Zetzt gilt es einen Strauß nicht mit dem Vatikan, sondern mit einer Staatsbehörde. Möge hier wieder ein uneingeschränkter Erfolg er rungen werden. Nach Lage der Dinge kann er in nichts anderem bestehen, als in der Zurücknahme der bayrischen Bestimmungen durch dieselben Behör den, die ihn erlassen haben, ein Vorgang, der in der Staats- und Derwaliungsgcichichte ja nicht ohne Bei» spiel, sondern ziemlich häufig ist. Dem Reichsgesetz mu ß Achtung verschafft werden. Nicht jedoch ist es nötig, den bayrischen Bundesstaat der Wclt als „ans die Knie gezwungen" zu präsentieren. Das mag ein Parteiwunsch sein; im vaterländischen Interesse liegt er nicht. Ser llllüeutlche verbsnü unü üie neuen Detzraorlagen. Zm Hansahaus zu Hannover fand am Sonn tag die Sitzung des G e f a m t v o r st a n d s oes Alldeutschen Verbandes unter der Leitung des ersten Vorsitzenden Rechtsanwalt Cl aß» Mainz statt, zu der Vertreter aus allen Teilen des Vaterlandes in größter Zahl cr'cbieneii waren. Der Vorsitzende berührte in der Eröisunng-Zansrrache die politischen Tagesereignisse und erwähnte insoesondere das srantöiisckie Protektorat über Marokko Ter erste Vortrag des Herrn Generalmajors Keim »Berlin behandelte die Heeresoorlage. Nach einer ausführlichen Darlegung der unsicheren und schwankenden Militärpoiitik oer letzten 15 Zahre im Deutschen Reich bespricht cpeneral Keim die neue, setzt im Reichstage cingebrachte Militär vorlage. DE" Man beacht« auch die Inserate in der Abend-Ansgab«. -MW
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