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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.05.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120508011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912050801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912050801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-08
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
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sagen, daß er wieder ta do» Soersulat zurückaekehrt ist. S«i»e Ruhe gibt «l» allen ein festes Gefühl der «icl)erheit. ilm 7 Uhr geht der Kampf von neuem los. Die Tirailleure vermögen die gestern besetzten Po sitionen nicht zu halten. Um halb 8 Uhr ziehen sie sich fechtend am deutschen Konsulat vorbei zuri^f. Die Lage scheint sich zu verschärfen. 4lber vom Morden und vom Süden der «tadt driiigen 'jetzt französische Bataillone vor, und endlich um -1 Uhr ertönt von der Südbastion das Feuer der sran- zösrschen Geschütze, die Stimme der Vernunft, die auch den Aufständiscs)en nicht vergebens predigt. Um 8 Uhr wird es still. Der Aufstand scheint niedergeschlagen. Was wird der morgige Tag bringen? Ich bleibe vier in meinem Mauseloch. An Geschäft ist ja jetzt doch nicht zu denken. Sobald ich mich wieder in die Freiheit entlassen kann, werde ich Dir weiteres schreiben. Jedenfalls beruhige meine Eltern. TaS Konsulat, das in allen kreisen der Bevölkerung die größte Ächtung genießt und weit reichenden Einslust hat, sorgt bestens für uns. Tie Franzosen haben auch den besten Willen dazu, aber den Befähigungsnachweis für den Schutz der Fremden haben sie nicht erbracht. Ob man wobl in Frankreich jetzt endlich glauben wird, dast wir auch voriges Jahr nicht auf die „wsreke sur zu unserem Schutze angewiesen waren, sondern ihn vielmehr fürchteten?" Die französische Felüsrtillerie. Von C. v. Witz leben. Die beste Waffe des französischen Heeres ist be kanntlich die Feldartillerie. Für sie allein ist bis jetzt das Kadergesetz zur Durchführung gelangt, nach dem die französische Feldartillerie ans den Stand von 658 fahrenden und reitenden Batterien mit 2662 Ge schützen gegen 3-144 Geschütze beim deutschen Heer« ge langt ist. Nun ist neuerdings durch deutsche Zei tungen die Nachricht verbreitet worden, di« Ver mehrung der französischen Feldartillerie um 159 Bat terien mit 638 Geschützen wäre, entgegen den gesetz lichen Bestimmungen vom 24. Juli 1909, noch lange nicht durclweführt, sie stände zum Teil noch auf dem Papier. Äls Beweis dafür wurde angegeben, dast nach den Anordnungen für die vorjährigen Armee manöver das 2., 4. und 20. Armeekorps angewiesen morden wären, zusammen 24 Batterien an das 1. und 6. Armeekorps abzugeben, damit diese mit dem vor- aeschriebenen Stande von 3(pbqw. 39 Batterien ins Manöver rücken könnten. Auf der andern Seit« liest man bei uns so häufig von der Ueberlegenheit der französischen Feldartillerie, die darin bestehen solle, dast die Batterien mit Leichtigkeit ins mooile Ver hältnis treten könnten, weil sie bereits im Frieden die für den Kriegsfall erforderlichen vier Geschütze und vier Munitionswaaen bespannt hätten. Wie irrtümlich diese beiden Auffassungen sind, lehren einige hochinteressante Veröffentlichungen, die unlängst von einem französischen Fachmann bekannt- gegsben wurden und die bei uns nicht übersehen wer den sollten. Es geht aus diesen Angaben zunächst zweierlei von Wichtigkeit hervor, einmal, dast die Aufstellung der 24 neuen Feldartillerieregimenter tatsächlich bereit» erfolgt ist, und dast die Zahl der geheimnisvollen und vielbesprochenen Ver stärkungsbatterien (dattories 6s reakores- n»snt) pro Armeekorps nicht, wie von. uns bisher angenommen würde, sechs oder gar zehn be trägt, sondern neun. Jedes der drei Artillerieregi menter rm Armeekorps stellt drei lurttori«, 6s T-enkoeo-nne-nt auf, die dazu bestimmt find, die Artillerie fü r d i e Refervedivi ston ab- zugrben, die nach neueren zuverlässigeren Nachrichten im Kriegsfall« bei jedem Armeekorps sofort mobil gemacht wird, und gleichzeitig mit den Truppen erster Linie ins Feld rücken soll. Aber was bei der Mehr zahl der jetzt insgesamt 67 Feldartillerieregimenter im Mutterland« der wunde Punkt ist und Ver anlassung zu der oben erwähnten Abkommandierung von 24 Batterien zu den Armeemanövern gegeben bat, das ist der geringe Stand der Regimenter an Pferden. Jede Batterie, mit Ausnahme der auf er höhtem Etat, zählt nur 21 Reit- und 32 Zugpferde, zusammen 53 Pferde. Von ihnen sind 4 bis 5 als noch zu jung. 5 bi» 6 als noch in der Remonteaus- bildung und 2 bis 3 als krank oder verletzt in Abzug zu bringen, so dast der Batterie nur 40 bis 41 Pferde, der Abteilung 120 bis 123 verbleiben. Aber jede Batterie braucht ja allein für ihre vier Geschütze zu sechs Pferden und die vier Munitionswagen zu vier Pferden vierzig Zugpferde, und dazu müssen noch die kleine Bagage (Schmiede. Medninkarrcn, Fleisch wagen) und die graste Bagage sein Lebensmittel-, zwei bis drei Baaage-wahen) bespannt werd«n. Außerdem hat die Artillerie regelmäßig zur Ma- nöoerzeit Pferd« zur Bespannung für die Infanterie- bagaae abzugeben. Für die vorjährigen Armee- manover sollten z. B. die beteiligten Artillerie regimenter nicht weniger als 450 Pferd« für die In fanterie stellen. Dann kommt di« nicht unerhebliche Zahl von Reitpferden für jede Batterie an Unter offiziere. Trompeter und Reserveoffiziere. Aufs ge- ringste berechnet, braucht nach Len Angaben de» fran zösischen Gewährsmannes eine Abteilung zu drei Batterien 205 Reit- und Zugpferde. Da aber die Batterie nur über etwa 40 Pferde verfügt, wie wir gesehen haben, so sind fünf Batterien erforderlich, um eine Abteilung für die Manöver vollzählig zu bespannen. Nach derselben Berechnung kann jedes Armeekorps von seinen zehn Artillerieabteilungen höchstens sechs ins Manöver mitnehmen. Sind die Psetdeabgaben an die Infanterie sehr grost, können nur fünf Abteilungen ausrücken. Im Zusammenhang mit diesen tatsächlichen An gaben über die mangelnde Bereitschaft der fran zösischen Feldartillerie ist neuerdings bei Vergleichen mit unserer Artillerie auch viel die Rede davon, dast nicht nur die Bereitschaft, sondern namentlich auch die Befehlsführung und damit in Verbindung dis Gefcchtsleitung in artilleristischer Hinsicht zu wün schen übrig lass«. Die Gründe dafür sind zunächst darin zu suchen, dast in Frankreich die drei Artillerie regimenter eines Armeekorps nicht nur einem Artilleriebrigadekommandeur unterstellt sind, sondern dast davon die beiden Divtsions-Artillerieregimenter auch noch den r«sp. Divisionskommandeuren unter stehen. Unter diesem doppelten Befehlsbereich muh naturgemäst die Gleichmässigkeit der Ausbildung leiden, und «s kann sehr leicht der Fall eintreten, dast da« Korpsartillerieregiment, da» im Frieden un unterbrochen unter den Augen seines Brigade kommandeurs gearbeitet hat, weit bester adschneidet und leistungsfähiger ist, als die beiden Divisions regimenter, die eigentlich nur gelegentlich der Schieß übungen und vorübergehend auch während der Ma növer von ihrem Brigadeg«neral gesehen werden. Noch ungünstiger ist die Lage der französischen Ar tillerie im Gefecht. Wird nach den Anordnungen des Korpskommandeurs di« Korpsartillerie auf die bei den Divisionen verteilt, wi« die» im Reglement vor gesehen ist, dann schwebt der Brigadekommandeur ganz in der Luft und kann auf die ihm unterstellten Regimenter so gut wie gar keinen Einflust ausübcn. Aber auch der Regimentskommandeur der Artillerie hat es nicht viel bester, da «r nach den Bestimmungen im Gefecht seinen Platz bei seinem Divisions kommandeur hat und die Führung seines Regiments dem Oberstleutnant beim Stabe überlasten must. Also gerade in den wichtigsten Augenblicken, wenn es sich um die fortlaufende Leitung und Ueberwachung der Feuertätigkett seines Regiments handelt, ist der Kommandeur nicht an der ihm nach unseren An schauungen unbedingt gebührenden Stelle, sondern kann nur aus der Ferne zusehen, wie sich die Ding« entwickeln. Es würde durchaus unrichtig sein, wenn man au» den angeführten Mängeln auf ein« Minderwertigkeit der französischen Feldartillerie schlichen wollte, davon kann keine Rede sein. Aber wir sollten uns doch auch davor hüten, die artilleristische Kraft und Leistungs- fähigkcit unserer westlichen Nachbarn so zu über schätzen, wie es vielfach geschieht. -« » .. » »» , - — Schutz ürr kkrbeitsmiMgen. Auf Beschluß seines Gesamtpräsidiums hat der Hansa-Bund eine sachliche Naclzprüfung der Frage t^S Schuhes der Arbeitswilligen und der allgemeinen Bekämpfung des Ter rors und Boykotts vvrgenommen. DaS Er gebnis wird nunmehr in einer Denkschrift be- kanutgegeben, die folgende Thesen enthält: 1. Eine Erweiterung des Tatbestandes des 8 53 der Gewerbeordnung ist, insbesondere im Hinblick auf di« ausdehnende Rechtsprechung dcS Reichs gerichts, nicht erforderlich. 2. Zur Einschränkung deS Streikpostenstehens als solcl>en im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicl>erheit geniigen polizeiliche Maßnahmen, die mit Energie und Einsicht anzuwenden sind. Aus schreitungen der Streikposten gegen Arbeitswillige sind auf Grund des 8 153 der Gewerbeordnung und der allgemeinen Strafgesetze zu ahnden. 3. Im Nahmen deS allgemeinen Strafrechts erscheint ein stärkerer Schuh der persönlichen Freiheit gegen rechtswidrige Nötigung und sittenwidrige Ver- rusSerkläruug, insbesondere auch zur Bekämpfung deS politischen und wirtschaftlichen Zwangs- und Racheboykott», wünschenswert und nottvendig. Die 88 240 und 241 StrGB. sind dahin zu ergänzen und abzuündern, s) daß in Erweiterung des 8 240 StrGB. eine jede mittels rechtswidriger Trohuna unter nommene Nötigung unter Strafe gestellt wird; b) daß in Erweiterung des 8 241 StrGB. eine strafbare Bedrohung insbesondere auch dann vorliegeu soll, „wenn jemand einen anderen durch eine ihm in seinem Ansehen gefährdende Drohung in seinem Frieden stört"; c) die öffentlich oder gegenüber einer Mehr heit von Personen erfolgende Aufforderung zur Meldung des geschästlicl)en oder persönlichen Ver kehrs mit einem anderen ist für strafbar zu er klären, eS sei denn, daß sie in Wahrnehmung berechtigter Interessen, insbesondere, um Dritte vor Schaden zu behüten, erlassen wird und sich in den Grenzen des hierdurch Gebotenen hält. 4. Die Frage, ob Beleidigungen und leichte Körperverletzungen bei Borliegen eines öffentlich» Interesses von Amts wegen oder eventl. auf Antrag von Vereinen zu verfolgen sein sollten, die zur Wahrung allgemeiner oder gewerblicher Interessen berufen sind, erscl>eint erwägenswert, eine Beschän- kung dieser Maßnahme auf das Gebiet der Streik- auSschreitungen jedoch nicht angebracht. 5. Eine Versclzärfung der in den bestehenden Ge setzen angedrohten Strafen ist nicht grundsätzlich ab zulehnen, doch ist von ihr eine wesentliche Besserung der vorhandenen Mißstände nicht zu erhoffen; durch Anwendung energischer BerwaltungSmaßnahmen wird sie entbehrlich. Lrrttlches Reich. Leipzig, 8. Mat. * Zum Rheinschifferstreik. Aus Duisburg wird gemeldet: Der Bedarf der Reedereien an Rhein schiffern ist durch den Zuzug von Arbeitswilligen mehr als gedeckt, so dast der Schiffahrtsbetrieb wieder völlig normal ist. Die Ausständigen be stehen noch auf ihren Forderungen. * Landwirtschastsrat und Branntweinkontingent. Der Vorstand des Deutschen Landwirtschastsrats hat zum Eeietzentwurf über die Beseitigung des Branntweinkontingents sich dahin geäuhert, der Entwurf als eine schwere Beunruhigung und Benachteiligung des landwirtschaftlichen Brennereigewerbes anzusehen sei. Die Er haltung des landwirtschaftlichen Brennerei gewerbes sei eine notwendige Voraussetzung für die Kultur leichter Böden in ausgedehnten Ge bieten Deutschlands. Die landwirtschajtlicyen Bren nereien hätten zur Steigerung der Bodenerträge und zur Brot« und Fleischversorgung der deutschen Be völkerung in hohem Matze beigetragen. Auch aus diesem Grunde mühte der Gesetzentwurf, fall» er un vermeidlich sein sollte, so abxeündert werden, dast di« landwirtschaftlichen Brennereien im Deutschen Reiche lebensfähig erhalten bleiben. * Eine Vertagung des preustischen Landtags vor Pfingsten ist jetzt aufgegeben worden. Das preuhische Abgeordnetenhaus wird das Eisenbahnanleihe- gesetz und das Besitzbefestigungsgesetz noch in dieser Woche beraten und diese Gesetze Kom missionen Überwegen. In der nächsten Woche sollen die noch ausstehenden kleineren Gesetze (Wegereini- gnng rc. (endgültig verabschiedet, eventuell auch noch berate übrigen Tagen bis zum Eintritt in die Pftngstserlen werden Anträge und Pslitionsu.Lernten und zum Schlust E^bUkmhfkckntefyelfeieß und Besißbefesngungsgesetz endgültig verabschiedet werden. Da» Herrenhaus will vor Pfingsten nur den Etat und die ihm vom Abgeordneienhause überwiesenen kleineren Gesetze be raten und das ihm jüngst vorgelegte Moorschutzaesetz verabschieden. Anfang Juni wird der Landtag nach einer kurzen Pfingstoause nochmals zusam mentreten, um die zwischen den beiden Kammern ausgetauschten Entwürfe zu verabschieden. Spätesten» in der zweiten Juniwoche dürfte die Vertagung eintreten. Das Parzellierungsgesetz wird dem Landtage erst im Herbst vorgelegt werden. * Durch die Heeresvorlage wird auch die deutsche Waffenindustrie umfangreiche Lieferungen er halten. Der volle Bedarf an Handwaffen, Hand waffenzubehör, Handwaffenmunition und Maschinen- gewehrgerät für die 1912 zu errichtenden Truppen teile ist auf 2 780 498 ./L angesetzt. Es kommen hier für in Betracht 4 Feldartillerie - Regimenter, 2 Pionier-Bataillone, 10 Scheinwerferzüge, 1 Funker- Kompagnie für das Telegraphen-Bataillon Nr. 5, 2 Train-Bataillone und die Maschinengewehr formationen. klnslrmü. England. * Der Londoner Schneiderftreik. Die Zahl der streikenden Schneider beträgt 25 000. Die Arbeit geber haben erneut Anstrengungen gemacht, um die streikenden wieder zur Aufnahme der Arbeit zu ver anlassen. Alle Verhandlungen sind aber an der Hartnäckigkeit beider Parteien gescheitert. Am Montagabend wurden die folgenden drei wichtigen Entscheidungen getroffen: 1) Di« Arbeiter von Lastend weigern sich, in den Streik einzutreten. 2) Die israelitischen Arbeiter, di« in den Streik ge treten waren, nehmen die Arbeit wieder auf. 3) Die Herrenschneider haben sich bereit erklärt, die Forde rungen der Arbeiter anzunehmen. Man glaubt, dast die ausständigen Schneider den Streik nicht fort setzen können. Die Regierung wird intervenieren, wenn der Streik noch längere Zeit andauern sollte. Der Jndustrierat hat sich bereits von beiden Parteien ausführliche Mitteilungen über den Streik machen lasten. Schweden. * Die Sammlung für den Bau eines Panzerkreu zers. Aus Stockholm wird berichtet: Nachdem die freiwillige Landessammlung für den Bau eines Panzerschiffs hundert Tage gedauert hat und schon lange die als notwendige berechnete Summe von 12 Millionen Kronen erreicht worden ist, überreichte eine Deputation dem König diese Summe als Gabe für den Staat. Der König drückte der Deputa tion seinen Dank für die Gabe uird seine Freude über diese Opferwilligkeit und Vaterlandsliebe des Volkes aus. Die Sammlung wird noch fortgesetzt. Gegenwärtig sinh außerdem noch mindestens fünf Mil- lionen durch diese und andere Sammlungen zur Ver stärkung der schwedischen Marin« zusammengebracht worden. Frankreich. * Der Ministerrat unter dem Vorsitz des Präsi denten Fallier es hat Deschanel, den Direktor des Rechnungswesens tm Finanzministerium, beauf tragt, die finanziell« Organisation Marokkos vor- zubereiten. Die Regierung hat den Vorschlägen Ai monds, des Berichterstatters d«r Senatskom- Mission, bezüglich der Einkommensteuer zugestimmt, die darauf abzielen, «ine baldige Verständigung zwischen Senat und Kammer herberzuführen. M i l - lerand erstattete Bericht über seine Reise an LieöstlicheGrenze. Er erklärte, die Ergebnisse seien sehr zufrieden st «llende hinsichtlich der Verfassung und der militärischen Schulung der Trup pen wie auch hinsichtlich der DerteidigungsorAni- sation der Plätze und der Forts. General Sordet wurde an Stelle Lyaut«y« zum Kommandeur des Koro» in Renne« ernannt. Für den Entwurf eines Einkommensteuergesetzes wird der Finanzminister Verbesterungen, namentlich eine allgemeine Kapital besteuerung, verlangen. Ecuador. * Sin neue» Anleihegesrtz. Aus Quito wird gemeldet: Die Regierung von Ecuador beschäftigt sich mit der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes über eine Anleihe von 40 Millionen Franken. Die Negierung hat die Absicht, die Kammern Ende Mai einzuberufen, um ihnen die Anleihe zur Ge nehmigung zu unterbreiten. Allgemeiner Bergmannstag Vlen 1912. Das mit den Vorarbeiten d«s Bergmanns tages betraute Komitee versande seinen offiziellen Ausruf, in dem andt«Bera-undHüttenl«ute des In- und Auslandes die Einladung gerichtet wird, sich an dem tn her Z«it vom 18. bi, 20. September dieses Jahre» in Wien stattfindrnden Allgemeinen Bergmannstag -ahl«ich zu beteiligen. Wce sein: Vorgänger, von denen der letzte vor nabeln einem Dezennium abgehalten wurde, soll auch der dies jährige Bergmannstag den Teilnehmern Gelegenheit bieten, einerseits durch Vorträge ikber da» Berg« und Hüttenwesen, durch Meinungsaustausch über die Er fahrungen der letzten Jahre und durch Exkursionen in technisch oder volkswirtschaftlich interessante Etablisse ments fruchtbare Anregungen zu «mvfangen ander seits aber auch in Stunden froher Geselligkeit alte Freund« wiederzusehen. Die Einsendung von Vorträgen wird bi, 1. August dieses Jahres erbeten. Anmeldungen zur Teilnahme sind — gleichfalls bis längstens 1. August — an das „Komitee für den Allgemeinen Bergmannstag, Men 1912", Wien I., Ntbelungengaste IS, zu richten. Der Teilnehmerbeitraa beziffert sich für Herren auf 15 Kr., für die sie begleitenden Damen auf 10 Kr. Las emsige Rind. Von P. Hoche. ES gibt eine ganze Reihe von Mtterziehern, die den werdenden jungen Menschen in hohem Grave beeinflussen. Oft wirken diese Mächte voll ständig geheim und bet weitem nicht immer fegen»- reich. So manchmal müssen Eltern, die ihr Kind sorgsam pflegten und hüteten, die immer nur guten Samen in sein Herz streuten, das wucl^erude Un kraut tn dem jungen Gemüt aufwachsen sehen. Wie sie auch über ihre ErziehungSkunft nactzdenven mögen, so können sie sich doch kaum einen Fehler vor werfen und müssen sich daher wohl endlich daS Geständnis machen: DaS Hut ein Feind getan! Auch die Geschwister gehören zu den Mit- erziehern de- Kindes. Man hat ihre erziehlicl)«n Einwirkungen zwar viel gepriesen, aber einem un eingeschränkten Lob auf diese Erziehung kann man doch nickt beistimmen. Denn es kommt doch eben sehr viel darauf an, wie diese Geschwister geartet sind. Wenn sie von Natur aus schlechte Eigenarten besitzen, wenn sie vielleicht auch in dec elterlichen Erzielpmg vernachlässigt sind, dann werden sie nicht selten zu ansteckenden, verderbenden Beispielen für Brüder und Schwestern. Häufig genug kommt es ja vor, daß Neid und Mißgunst säzon Kinder trennen und biS inS Alter lebendig bleiben, daß da» Gefühl der ungerechten Zurücksetzung durch die Eltern selbst zwischen diesen und den Kindern eine Schcidcivand aufrtchtet. Gewiß, auch die Erziehung von mehreren Kindern hat ihre besonderen Schwierigkeiten; sie bedarf ganz besonder» der elterlichen Liebe und eine» besonderen pädagogischen Takte». Daneben sollen aber auch die Vorzüge, die in der Erziehung durch die Geschwister ganz sicher liegen, nicht überselien werden. Wo der rechte Geist in einer Familie herrscht, uxrden Eltern und Kinder durch die gegenseitige Beeinflussung in monetär Hinsicht reichen Nutzen ziehen. Nicht nur, daß ältere Geschwister der Mutter manck>e Arbeiten abnehmen können, nein, auch der Charakter der jüngeren Kinder kann durch die älteren in günstigem Sinne beeinflußt werden. Es ist ja bekannt, daß Kinder in lzvhen Grade nachahmende Wesen sind, daß sie aber am liebsten wieder das Beispiel ihrer Alters genossen befolgen. Wo mehrere Kinder vorhanden sind, da tritt besonder» euz erziehliche» Moment nachdrücklich in Erscheinung, nämlich die so not wendige Rücksicht auf die andern; da muß da einzelne Kind schon frühzeitig lernen, sich in die andern zu schicken, sich in demselben Maße selber zu besiegen, da beginnt schon jene Selbsterzirl-ung, zu der vor allem jeder junge Mensch einmal ge führt werden soll. Und wieviel Jugendlust und Elternfreube geht aus dem geschwisterlichen Zu sammenleben in der Regel hervor! Kinder sind besonders mitteilsame, gesellschastsbedürftige Wesen. Gewiß erfreuen sie sich auch an der innigen Ge meinschaft liebevoller Eitern; aber ihre ganze reiche jttnderpersönlichkeit lebt sich bei diesem Umgang mit Großen doch nicht vollständig aus. Ganz Kind, ganz Jugend sind sie doch nur im frohen Spiel, im fröhlichen Zusammensein mit ihresgleichen. Wo mehrere Kinder in einer Familie vorhanden sind, da verbietet es sich in der Regel auch von selbst, dem einzelnen so viel Luxus zuzuwenden, >vie dies oft dein „Einzigen" gegenüber geschieht. Und die Entbehrung ist nicht die schlechteste LebenSschule. Je weniger einem Kinde an materieller Mitgift in die Zukunft mitgeaeben werden kann, je mehr ist man meist darauf bedacht, cS persönlich tüchtig für den Lebenskampf zu stählen, und tatsächlich bringen cS ja die Menschen oft am meisten, die sick durch eigne Kraft aus niedrigen und widrigen Verhält nissen cmporarbeiten mussten. Eine ganz besondere Sorgfalt erfordert die Er ziehung dcS einzigen Kindes. Selbst das Erst geborene wird in den meisten Fällen ein anderes Lrziehungsgesclsick haben als die späteren Kinder. Denn eS wird sehr oft zum VersuchSgeaenstand für unsere Meinungen und Pläne. Wenn der Erstling seine Lebensbahn anfängt, dann stellen Eltern sozu sagen schon vom ersten Tage an seine Zukunft fest, dann wird eine Menge von Erziehungsgrundsähen auSgedacht, die ja nur genau befolgt zu werben brauchen, um den gewünschten Mustermcnscl>en zu erziehen? Das wirkliche Leben lehrt dann erst, daß wir bei weitem nicht die einzigen Erzieher unsere- Kinde» sind, daß sein Geschick durchaus nicht allein in unserer Hand liegt, daß die schönsten Erzie- hungSgrundsätzc oft >me leichte Kartenhäuser in sich znsammenfallcn. Jawohl, pädagogisch Künstelei und Zuversicht Werden an dem ersten Kinde oft völlig zuschanden, und vielfach muß cs unsere Unerfahren heit und unsere Unwissenheit teuer genug bezahlen. Wo daS erste Kind auch zugleich das einzige bleibt, da stellen sich nach und nach auch mancher- lei andere ErzieliungSgesahren ein, da entstehen Klippen, die auch der größten Liebe und der besten Absicht gefährlich werden können. Gewiß haben Eltern daS einzige Kind mehr in ihrer Gewalt, da ja die Miterziehung der Gesclstvister auS- geschaltet ist; aber wir haben ja bereit» gesehen, daß damit auch recht wertvolle Einflüsse verloren gehen. Alle» das, waS ein Kind durch bloße Nach ahmung anntmmt, insbesondere die Entwickelnng seines sozialen Empfinden», kommt bei ihm so gut wie gar nicht in Betracht. TaS Kind legt einen falschen Maßstab an sich selber, und die Eltern vielfach mcch. Ihre Meinung ist ja auch leicht zu erklären. ES fehlt ihnen einmal die Erfahrung, die meist zur wertvollen Lehrmeisterin wird, und sodann die Vergleichung ihrer Erziehungsergebnisse mit denen an andern Kindern. Oft zeigen sich Vorzüge und Fehler des einzigen KindeS erst, wenn eS zufällig mit Genossen zusnmmenkommt. Da gehen den Eltern des Einlings nicht selten die Augen darüber auf, WaS sie verkehrt oder gut gemacht haben, da erscheint ihnen ihr eigenes Kind gar manchmal in einem völlig anderen Lichte als bis her. Gerade für da» einzige Kind bildet das Zu- sammensein mit andern Genossen oft die Probe auf ihre Erziehung. Ein Kind — Peinkind! So urteilt wenigstens bisweilen der Volksmund, der ja häufig das Nichtige trifft. Hier deutet jene Redensart schon mit auf die Erziehungsschwierigkeiten des einzigen Kindes lsin. Pein veruiffacht e» aber seinen Eltern auch insofern, al» c» sie immer daran erinnert, wie leicht sie ganz kinderlos werden können. Richtet sich sowieso schon die ungeteilte Elternliebe auf da» einzige Kind, so möchte sick diese Liebe noch um vieles steigern, um eS vor jegliclien Gefahren sorgsam zu behüten. 2lbec auch zuviel Liebe kann schäd lich iverden. Nur unter den sengendheißcn Strahlen der Sonne muß die Pflanze schließlich verderben. Tie Angst um da» Wohl de» Kindes, die übergroße Zärtlichkeit führen nicht selten zur Verziehung, zur Verweichlichung in körperlicher »oje auch sittlicher Beziehung. Ls maa ja ein furchtbarer Gedanke kür Eltern fern, ihr einzige- Kind erkranken zu sehen oder gar mit seinem Verluste zu rechnen. Aber gerade dieser Gedanke müßte doch zur besten Er ziehung anfeurrn. Verweichlichung aber kann auf die Tauer nicht gut tun. Vorsicht in der Erziehung zur Gesundheit ist selbstverständlich immer geboten, das schließt aber eine gewisse Abhärtung nicht au». Körperlich anfällig, verweichlicht^ ist da- einziae Kind oft erst durch übertriebene Verzärtelung ge worden. Nicht minder bedeutsam ist die sittliche Er- ziehung. Es muß die Persönlichkeit de» KindeS ver derben, wenn eS, um mit einem Bilde zu sprechen, nur mit Zuckerbrot genährt wird, wenn man nur daran denkt, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, jeder seiner Neigungen zuvorzukommen, und eS in jeg- licliem Uebersluß aufwachsen läßt. Gerade dem Kinde gegenüber, dem der Umgang mit den Geschwistern fehlt, und tn dem sich daher die Rücksicht auf die Mitmenschen so wenig üben und stärken kann, tut eine gewisse Strenge not. ES gibt sicher manche Gelegenheiten, wo ihm ein Wunsch versagt, eine Neigung durchkreuzt werden kann, wo eS zu etwas gezwungen wird, was eS von selbst nicht gern tut. Auch daS einzige Kind muß zur Selbsterziehung hingelcitet werden. Hat es in der Jugend nicht gelernt, sich selber zu besiegen, sozial zu fühlen, so wird daS wirklich Leben schon eine gründliche und oft nicht geradezu angenehme Korrektur seiner Erzicl>ung eintrcten lassen. Das einzige Kind zeigt oft noch nach Jahren wenig Neigung, unter Menschen zu gehen. Tie Ge wohnheit der langen Zeit hat eS zu sehr an sich selber oder seine Hausgenossen gewöhnt, zu sehr den Menschen entfremdet. ES fühlt sich nicht selten in ihrer Gesellschaft unbehaglich, eS findet nur schwer Anschluß, es wird in seiner stark entwickelten Eigen art oft nicht verstanden, nicht gewürdigt, eS sieht sich völlig fremden Verhältnissen gegenüber. Und doch ist der Mensch für den Menschen bestimmt, er kann und soll kein Einsiedler werden. Da muß da» einzige Kind oft noch gehörig umlernen, von seiner bis herigen Persönlichkeit unter Schmerzen gar vieles anfgcckcn, Neues sich aneignen, «o bringt der lieber- tritt unter Menschen oft böse Tage mit sich. Aus diesem Grunde dürfte es sick) empfehlen, dem Kinde die Gescl-wister wenigstens etwas zu ersetzen, ihm die Gesellschaft sorgfältig ausgcwählter Sptelgefähr- ten zu verschaffen. Auch ihr erzlehliclzer Einfluß wird in der Regel nickt zu unterschätzen sein. Ein Kind ist auf der einen Seite leichter, auf der andern schwerer zu erziehen al» mehrere. Die Pädagogik muß sich mit dieser unabänderlichen Tat- sackw eben abfinden. Ihre Aufgabe wird eS im besonderen sein, die Vorzüge der Einzelerziehung nach Möglichkeit zu verwirklichen, gegen ihre Gv- fahren aber besonders auf der Hut zu sei».
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