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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.04.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120427011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912042701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912042701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-04
- Tag 1912-04-27
-
Monat
1912-04
-
Jahr
1912
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außerordentlich« Verwicklungen hervorzurufen dank dem Abkommen mit England vom Jahr« 1907. Die unbefriedigenden russisch-persischen Bezie hungen seien hauptsächlich da, Resultat der Un versöhnlichkeit der dvmokratrschen oder nationalisti schen Partei gegenüber Ruhland. An der Hart» näcligkeit dieser Majorität de, Mevschlis sei jeder Versuch der persischen Negierung gescheitert, den Wünschen Ruhland, entgegenzuko-nmieii. Es sei je doch anzunehmen, daß dem gegenwärtigen persisch«» Kabinett mit Russlands Unterstützung di« Beruhi gung Des Landes gelingen werde. Die russischen Trup pen, deren alleinige Aufgabe der Schutz der russischen Untertanen bild«, würden zurückgezogen werden, so bald die Regierung de» Schahs imstande s«i, die Ruhe mit eigenen Mitteln aufrechtzuerhalten. Die Frag« der Besetzung persischen Gebicls durch di« Tür kei sei in eine neue Phase getreten. Falls von der Ercnzlonunission n Konstantinopel keine Verständi gung erzielt werde, würde di« Frage vor dem Haager Schiedsgericht zur Entscheidung gelangen. Das in Potsdam vereinbarte Abkommen über die persischen Angelegenheir-n erkenne di« besonderen Interessen Rüglands in Persien an und stellt fest, daß Deutsch land nickt die Absicht habe, Konzessionen politischen oder strategischen Charakters in der russischen Fnter- essenphäre nachzusuchrn. Von feiten Rußlands sei der Grundsatz der offenen Tür für den ausländischen Handel in Persien anerkannt und versprochen worden, der Bagdad bahn keine Hindernisse ent- gegcnzusetzen, sowie deren Verbindung mit den künf tigen nordpersischen Bahnen zuzulassen. Das Ab kommen festige zweifellos die traditionellen freund schaftlichen Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland und stelle die russisch-persischen Beziebun- gen auf einen festeren Boden, was um so wertvoller sei, als das Abkommen Rußland kein« aukerordent- lichen Opfer auferlege. Rußland habe auch »»er seine Bereitwil ligkeit erklärt, sich nötigenfalls den Maßnah men der übrigen Mächte zum Schutze der allgemeinen Interessen in China anzuschließen. Rußland ver- trete die Ansicht, daß der Abschluß chinesischer Anleihen von der Zustimmung der interessierten Mächte abhängen müsse. Rußland sei der Vier mächtegruppe bcigctreten und habe dabei die von den Botschaftern der Mächte angenommenen Bedin gungen gestellt, daß die Finanzoperationen der sich bildenden Sechsmächregruppe in keiner Weise di« russischen Sonderrechte und Interessen außerhalb der chinesischen Mauer in der Mongolei und Nord mandschurei verletzen dürften. Nach dem Msall des Thalcha genannten nördlichen Teils der Mongolei hätten die Mongolen Rußland um seine Unterstützung gebeten. Das Ziel der russischen Politik könne nicht die Erweiterung seiner Be sitzungen in Asien sein, da dies seine Stel lung in Europa auf der Valkaichalbinsel ge fährden würde. Territoriale Erwerbungen in Asien seien nur zulässig, wenn sie sich wertvoll und notwendig erwiesen. Die russischen Interessen ver langt«» nur, daß in der benachbarten Mongolei sich nicht ein militärisch starker Staat festsetze. Die Er- l-oltung dieses Zustandes sei die Aufgabe der russischen Diplomatie: di« sei lösbar durch die Wahrung der Interessen der Mongolei. Die zweite Aufgabe der russischen Diplomatie sei di« Nahrung guter Beziehungen zu China. Da» per müsse Rußland au» einer Verständigung zwi- scl>en China und den Mongolen unter Teilnahme Rußlands bestehen und die Mongolen bei der Schaf, suna einer autonomen Verwaltung unterstützen. Auf M^tündigung des Handelsvertrages durch die Ver- c^tLt en Staaten übe rächend, »wes der Mi. ikWk^die BelchtMiM 'Fkttlck, Vertrag nicht in vollem Umfange beachtet habe. Sollte die Frage eines neuen Vertrages angeregt werden, so werde Rußland die Wünsche der inter essierten russischen A-reise eingehend berücksichtigen , und keine»» Eingriff in die innere Gesetzgebung ge- I statten, welche ausschließlich die Bcdinguiiaen des I nationalen Lebens berücksichtigen müsse. Der Mi nister gab der Hoffnung Ausdruck, daß dieser Zwi- scktensall nicht verhindern werde, daß die früheren nuten Beziehungen Rußlands zu den Vereinigten Staate»» widerkebrten und daß, wo die beiderseitigen Interessen sich oerührren, eme Uebereinstimmuna erzielt würdc. Der Minister schloß mit der Aufforderung, um lauf en den Kriegs- gerückten keine,» Glauben zu schenken. Dem Frieden unter den Völkern drohe in nächster Zu kunft keine Gefahr, und Rußland könne sich ruhig schöpferischen Arbeiten im Innern hingeben. MsrokksnMe Sraulsmkelten. (Von unserem Pariser Mitarbeiter) Pari», 25. April Wie di« Marokkaner morden, schildern neue Briese der französischen Ueberledenden aus Fez. Iin Spital, wo General Bruhard sein Haupwuarucr ausgeichlagen hatte, wurden am 21. April dcc Reste der niedcrgemetzclten Instruktionsofftziere und Zivil personen zusammengetragen. Am schlimu-.uei» und längsten muß O b« r st l e u t n a n r Loro, der den Verualtuttgsoienst versah, gelitten Haden. Er war auf einen öffentlichen Platz gezogen, entkleidet, mit beiden Fäusten an einen Pfahl gebukiDeu und dann den Weibern überlassen worden. Zuerst wurden ihm mit Nadelstichen tausend schmerzliche Wunden beigedrackt, die Nägel an Fingern un» Zehen ausgerissen; dann erfolgte d.e geschlechtliche Verstümmelung, und als auch die Augen ausge stoch ei» worden waren, wurde «rnoch lebendaufglühendeKohlen geschoben un- verbrannt. Während dieser endlosen Tortur erfüllte das gellende Huyugejchrei der Frauen die Lui-. Entsetzlich zugerichtet waren auch die Leiä>en des ..Mar»n -Korrespondenten Drin gau und seiner jungen Frau; ihre Körper waren von Messerstichen zerfleischt und der Gedärme be raubt worden. Vor dem Tore von Bab-Fetuh ! in- gen die Köpfe von zwei Europäern: der «ine war an einem Ohr. der awdere an den Zähnen sestgebnnden worden. Damit die Köpfe einen grausigeren Ein druck mackr«n, hatten die Peiniger den Mund mit Holzkeiken weit a u s e i n a n d e r g e t r »e, b c n. Manche der Geretteten entgingen einem ähn lichen Schicksal nur, nachdem sie fürchterliche Stunden der Angst und Leiden überstanden hatten. Die Tierärzte Carpentier und Eernia, der Ar- tillcrieleutnant AuDou und der Tirailleurleutnant Beaujard, sämtlich im Sultansheer verwandt, wur den in ihrem Hause von der Emeute überrascht und hatten nur noch Zeit, sich in einem Zimmer zu ver barrikadieren. Als di« Angreifer das Haustor ein geschlagen hatten, vermochten die vier Belagerten sich durch ein Loch, das sie mit einem Bajonett in die Mauer gebohrt hatten, in eine Hintere Gasse zu ret ten, wobei Carpentier von einem Streifschuß ai» der Stirne verletzt würbe. Es blieb den vi«r Männern nichts anderes übrig, als in «ine Kloake hinabzu springen, die sehr tief gegraben und von einem reißen den Vach durchfloßen war. Trotzdem die Marokkaner Schüsse hinunterfeuerten und an Stricke gebundene Laternen hinabki«ßen, vermochten sie den Franzosen nichts anzutun. Bis an die Brust im schmutzigen Wasser, von der Kälte gelähmt, mitten im Unrat und von Ratten attackiert, verblieben die Militärs 4s Stunden unter der Erde! Dann erst gelang . «p, icknLi^.uachdem sie dem Kanal ein gut«s Stück Minen, fkch durch ein« Oeffnung in das Haus eines Scherifs zu retten, der die hungernden und er matteten Franzosen verpflegt«, bis er General Bnrlard benachrichtigen konnte. Man nimmt an, daß etwa vier Fünftel der Einwohnerschaft von Fez sich der Revolution angeschlos- s«n hatten: sie wurde geleitet von dem 20jährigen Sohn des Großwesirs El-Mckri. der das wichtige Amt eines Paschas von Fez-el-Bah inne hatte, vom Pascha Hadj Brick, Khalifat de» Kriegsmlnister», Uld va Muhammad, einem hohen "Beamten des Machens und einom Sekretär des Kriegsministers. Der Sohn des stets den Franzosen sehr gefügigen El«Mokri wurde durch den Kaid Buchta Bagh- dadt ersetzt. Di« genannten Persönlichkeiten waren auf prächtig gezäumten Maultieren in den Kasernen der Tabors erschienen und hatten durch Derep-Rufe („Tötet!") die Sultanssoldaten zur Ermordung ihre» Instruktoren aufgefokdert. Leutnant Simmonet er kannt« sie formell wieder: die Leute feines Tabins hatten gezögert, Hand an ihn zu legen, weshalb er sich mit einigen zuverlässigen Marokkanern in einem Blockhaus verschanzte, von dem aus «r di« Meuterer in Respekt hielt. Nachts gelang es ihm, zu General Brularv zu stoßen. Ganz ohne Zweifel handelte es sich um «in wohl vorbereitetes Komplott: denn in allen Kasernen der 6000 Mann starken Sultanstruppen brach der Auf stand zugleich aus. Es kann nicht erstaunen, daß di« Grausamkeiten der Einwohner von Fez eine scharfe Strafe gefunden haben. All« Stadtteile, die Meute rer bargen, wurden unnachsichtltch bombar diert, wobei viele Häuser zerstört und gewiß viele Menschen getötet wurden. Nach einem Telegramm des Kriegsministers Millerand versetzt« General Moinier, der am 21. April aus Rabat mit Entsatz truppen eintraf, Fez in den Belagerungs zustand: Kriegsgerichte urteilen summarisch. Alle entlaufenen Soldaten, die mit den Waffen in der Han- angetroffen werden, werden aus der Stelle füsiliert. Die zahlreichen primitiven Trikoloren, die auf allen Dächern gehißt werden, beweisen, daß das Bomba,Dement eine heilsame Wirkung geübt hat. Um ganz den Eindruck zu verwischen, als habe das Gemetzel die Franzosen entmutigt, ließ General Bru- lard von einer Regimentsmusik vor dem Spital ein Konzert geben. Die Klänge der „Marseillaise" und des „Sambre-ei-Meuse" möge den Hinterbliebenen so mancher Opfer, deren frische Gräber hinter dem Spital lange Hügelreihen ziehen, doch etwas herzzer reißend geklungen haben. Der Sultan soll nach wie vor abdanken wollen. Der türkM-itslienilche Krieg. Zu Der Meldung aus Konstantinopel, daß der ita lienische Panzerkreuzer „Varese" infolge einer bei dem Bombardement der Dardanellen erhaltenen Be schädigung be» der Insel Lemnos gesunken fei, erklärt di« „Agenzia Stefani", alle Welt wüßte, daß der Kreuzer „Varese" in ausgezeichneter Verfassung im Hasen von Tarent angekommen und be reits wieder ausgelaufen sei. Dazu wird noch aus Konstantinopel ge meldet: Die Behörden von Lemnos wurden angewiesen, Die dort gefundenen S ch i f f s b e st a n d t e »l e, die von dem angeblich gesunkenen italienische»» Panzer kreuzer „Varese" herrühren sollen, zu sammeln und genaue Feststellungen anznsrellen. * „Giornale d'Italia" über Deutschlands Politik im türkisch-italienischen Krieg. Der Berliner Korrespondent des „Giornale .AItalia" stellt fest, daß die deutsche Preße fortfährt, sich im allgemeinen der Türkei gegenüber in gün stigem Sinne zu äußern, allerdings scheine die deutsche Regierung entschloßen zu sein, in ihrer bisher beoo- achteten Neutralität zu verharren: die strikte Neutralität führe aber nach der Ansicht des Korrespondenten im vorliegenden Falle zu einer Begünstigung der Türkei b«o. der Maß regeln, die die Pforte getrofsen hab«. Di« Schließung der Dardanellen schädige alle Mächte in gleicher Welse, Deutschland einbegriffen. Nichtsdestoweniger fahre Deutschland fort, lieber seine eigenen Interessen Hintanzujetzen, als der Türkei Unannehmlichkeiten ü» veruriachen. Italien habe ein Recht, von seinem Bundesgenossen «ine andere Haltung zu erwarten. Das „Giornale d'Italia" meint, daß Die gleichgültige Haltung Deutschlands geeignet sei, die Anstrengungen Italiens zur Bezwingung seines Gegners illu- sorisch zu machen. O Di« Vorgänge vor Buchame^ Die „Agenzia Stefani" meldet aus Bucha mez: In der Umgebung der Befestigung oorgenominene Erkundungen bestätigen, daß die Verluste de» Feindes am 23. April sehr schwer waren und die Zahl der Toten mehrere hundert übersteigt, was auch von im Kampfe in die Gefangenschaft gerarenen Arabern zugegeben wird. Insbesondere das Kreuz feuer der italienischen Batterien auf der Halbinsel und dem Festlande fügte dem Feinde ungeheure Verluste zu. Die italienischen Soldaten haben viele Waffen und Sattelzeug aufgesammelt. Aus allen Berichter» geht hervor, daß es sich am 23. April um einen ernsten Angriff gehandelt hat, der von türkischen Offizieren und Regulären mit großen Maßen Arabern vorbereitet war und bezweckte, die ganze ausgeschiffte Division in das Meer zu treiben. Die Stimmung unter den italienischen Soldaten ist sehr gehoben infolge des glänzend bestandenen Kainpfes und der großen Verluste des Feindes, von denen sich die Soldaten selbst überzeugen tonnten. Der Feind hat sich nach Osten über Sebca zurück gezogen. Zum Swpellsm ües LinienWkles „Lrlstz Aegir". Wie wir bereits berichteten, hat sich König Friedrich Augustam FrZtagvormittag mit Be gleitung von Dresden nach Danzia bcgcben um dem Stapellauf oes Linienschiffes „Ecsatz Aegir , das bei der h«ute statsiwdcnden Tauf« den Namen „König Albert" erhalten wird, beizuwoknen. Es sei aus Anlaß dieses Ereignisse« an die herzliche,» Depeschen erinnert, Die Kaiser Wilhelm und König Friedrich August iin vorige»» Herbst wechselten. Das Tele gram»»» des Kaisers an den sächsischen König hatte folgenden Wortlaut: „Gestatte mir, Dir Kenntnis zu geben, daß ich für das Linienschiff „Ersatz Aegir" Len Namen „König Albert" gewühlt habe, um Den tapferen Heerführer aus der großen Zeit der ReichsgrünDung und sein erhabenes Haus besonders zu ehren." König Friedrich August sandte sofort folgende Antwort: „Vielen herzlichen Dank für Deinen so freundlichen Gedanken, das neue stolze Schiff „König Albert" zu nennen. Es ist für mein Haus und mein Land eine große Ehre, daß eines der herrlichen Schiffe der Marine den Namen, unseres unvergeßlichen Heldenkönigs tragen wird, hoffentlich stets im Sinn« des großen Helden zu Deutschlands Ruhm und Ehren." lieber Den Panzer selbst haben wir nähere Mitteilungen bereits früher gemacht; es sei nur noch mals erwähnt, daß derselbe eine Gesamtbausummc von 47 550 000 beansprucht, ein Deplacement von 24 500 Tonnen hat bei einer Länge von 172, einer größten Breite von 29 und einem mittleren Tiefgang von 8,3 Metern hat und bei 35 000 Pferdestärken s«i ner Turbinen eine Maximalgeschwinoigkeit vor» 21 Seemeilen in der Stunde erreichen soll. Vom König-Älbert-Typ sind bereits „Kaiser", „Kaiserin". „Friedrich Der Große" und „Vrinzreg«nt Luitpold" I abgelaufen. Mit dem Stapellauf des „König Al- I bert" kommt von Dem Ostsee - Dreadnoughtacschwa- j der bereits Der fünfte Panzer zu Wasser. Seitdem Vie Ausstellungen im Kunltvereln unü in üen KunMslous. Neben den im Mittelpunkt des Interesses stehenden Darbietungen der „LIA" wolle»» wir doch nicht ganz übersehen, was in den gleichzeitig fortlaufenden periodischen Ausstellungen inzwischen Neues erschienen ist. Der Kunstoerein, der eigentlich hätte bemüht sein dürfen, durch eine möglichst gewählte und wir kungsvolle Besetzung feiner Räume, der großen städti schen Kunstschau - die gewiß auch manche auswär tigen Besucher nach Leipzig führt — einigermaßen ein Gegengewicht zu bieten, vereinigt vielmehr wieder einmal eine recht zusammenaewürselte Gesellschaft, in der wir — da soeben auch die Eichlerschen Bilder entfernt wurden — kaum eine wirklich bedeutende Persönlichkeit, dafür aber »ine ganze Reih« gleich gültiger, ja minderwertiger Existenzen antreffen. Eine Gruppenkollektion bat vom Oberlichtfaal Besitz ergriffen, der „Freie Künstlerbund" München, der wahllos und gesinnungslos Gutes und Schlechtes, und alle möglichen Richtungen fortschrittlicher wie rückständiger Art. vorwiegend jedoch letzterer, unter seine Fahne ins Feld führt Erwähnenswert nur Einzelnen: Bei W. Firler Porträt des Prinzregenten inter essiert der bekannte Name des Malers wie die Per son des Dargestellten, weniger der etwas kleinlich dctailreiche Vortrag und das künstlich erhitzte Len- bachkolorit. Erheblich frischer anregender in feiner skizzenhaft lockeren, flotten Malweise das kleine Selbstporträt von A. de Vouchö und zwei Land schaften Rod. F. Currys von munterer, leicht vor getragener Farbigkeit. Die bekannten, echt münchne- rischen Reize eines geschmackvoll dekorativen, stim mungsvolle»» Kolorits entfalten in ihren meist land schaftlichen Bildern L. Schneider, Müller-Mi schin, A. Stagura. Weiterhin eine Anzahl Land- schatten aus der Gegend von Avignon von Rich. Eschke-Berlin, dabei, durch den glücklich erfaßten feine»» südlichen Luftton besonders ausgezeichnet, .1» tour Lbilippo-le-voi"; dann die ausoedehnte Vorfüh rung eines amüsanten zeichnerischen Humoristen, Satirikers und Märchenerzählers, Moritz Bauern feind, dessen Blätter in ihrer ganzen Art und Aus- drucksweise weniger den entsprechenden Erzeugnissen unserer Neuzeit als etwa gewissen Zeichnungen Mor. von Schwinds und seiner Zettgenoßen ver gleichbar erscheinen. Dasselbe gilt für einige seiner mehr kolorierten als eigentlich gemalten Bilder, in denen er gelegentlich sich habe mit einem Ad. Ober länder und Hengeler berührt. Ein aparter Lecker bissen wird uns schließlich im Einaangsiaal aufge tischt, Bilder von August Rieper, München, dessen 2pez»alitüt es ist, mit einem erstaunlich gewandten Nachempfindungsvermögen sozusagen Surrogate für die berühmten Interieurbilder alter Niederländer, wie Pieter de Hoogh, Vermeer van Delft u. a. zu iesern, Bilder, die scheinbar auch beinahe die Ton- chönheit und die Finesse der farbig stofflichen Durcb- ührung jener wundervollen Vorbilder wieder auf eben laßen. Aber doch nur beinahe scheinbar: näher betrachtet beruht der ganze Effekt auf einer rein äußerlichen Kunstfertigkeit, und wenn dieser Maler die Anlehnung an seine klassischen Lehrmeister auf gibt und (stehe z. B. „Im Eckzimmer") ein« hellere modernere Farbenstimmung versucht, geht ihm sogleich di» „gute Haltung^ verloren, eine unerwartete Kälte und süßliche Banalität breitet sich über die Lein wand aus. 2m Kunstsalon Del Vecchios finden wir, außer einer Reihe hübsch dekorativer Kleinstadtszenenen von A. Stagura — die freilich nur wie in Oel ge malte Steindrucke wirken — und einer Partie z. T. recht minderwertiger, aber wohl darum um so leichter verkäuflicher Lanvfchastsbilder für den Provinzler salon (aus denen sich, wenigstens mit einzelnen Stücken wie „Abendsonne", „Winterzauber", Franz Frankl etwas vorteilhafter herausheot). Zwei große Kollektionen, die «in ernsthaftes Interesse be anspruchen: der Ateliernachlaß von Hermann Kaul bach. eine große Anzahl Zeichnungen, Oelstudten und einzelne ausgeführte Bilder, führt uns, wenn auch manche Stücke erst aus der letzten Zeit stammen, doch den» Gefamteindruck nach wohl um 50 Jahre zurück: cs ist Kunst nach der Mode der 1850er. 60er Jahre, was uns hier vor Augen tritt, und es überwiegt denn auch bei diesen Sachen das kunstgeschichtliche vor dem absoluten künstlerischen Interesse. Kaulbach verfügt über alle die e»nst so bewanderten malerischen Vorzüge der Piloty-Schule, er hat na mentlich die warmtonig ansprechende „Stofflichkeit" (s. etwa die beiden Studien nach alten» Wandgetäfer) und da» effektvolle, mit pikanten Licht- und Farben kontrasten gewürzte Arrangement großer Historien bilder (so etwa in der Skizze zu „Bach vor Friedrich dem Großen"). Aber wenn wir schon diese positiven Qualitäten nur noch indirekt und relativ zu ge nießen vermögen, erscheinen uns die anderen Seiten seiner Kunst, der theatralisch hohle Ausdruck der „Charakterköpfe" z. Ä, oder dann diese alrjuiiaferlich jpitzpinselig zusammengetüftelten kleinen Nippes bildchen, deren eine ganze Reihe hier figurieren, geradezu unangenehm. Mit Befremden, fast mit cinein gewißen Ingrimm liest man gerade unter einigen Stücken dieser Art den Vermerk „Verkauft!" Auf wiche total abgestandene und unreelle Ware, Erzeugnisse einer Mode von vorgestern, haben also Leipziger Kunstfreunde noch hinemfallen müßen! Man könnie darüber lachen, wenn die Situation nicht vielmehr so traurig wäre. — Aber es hat nun etwa» eigentlich Erfrischende» und Befreiendes, zum Schluß in den Raum hinüber zutreten, der die Kalckreuthschen Bilder vereinigt. Das ist doch wieder Kunst unserer Zeit, die wir unmittelbar verstehen und genießen können. Nicht» Gewagtes und Extravagante», aber eine gesunde sichere Kraft der Iormengebung, die sich zugleich mit einer feinen herzlichen Wärme de« Farbigen und de» Stimmungs-Empfindens verbindet. Hier bedarf es auch nicht vieler Worte, es ist eine Malerei, di« wohl zu e»nem jeden einigermaßen empfänglichen Betrachter ohne weitere» sich in Beziehung zu setzen vermag. Don den graphischen Teilen dieser Ausstellung, wie auch derjenigen bei Beyer L Sohn war schon früher (siehe Nr. 175) die Rede, jedoch find über die an letzterem Ort ausgestellten Gemälde noch ein paar Worte zu sagen. Ein große» Bild von Max Klinger: „Homer" hat hier den Ehrenplatz; allem schon um seinetwillen darf der Besuch der Ausstellung aus das wärmst« empfohlen werden. Das ist eine großartig schwungvolle, unvergHliche Erscheinung: der greise Sänger tn heroiDer Nacktheit am Meeresufer stehend und unter dem Brausen der Wellen mit machtvoller, leidenschaftlicher Gebärde den Rhythmus seiner Verse ausprägend. Aus den sich heranwälzenven Wogen lösen sich fabelhafte Gestalten, grünliche Meerwesen, die sein Gesang angelockt, und darüber auf einer Wolke thronen zart und unkörperlich wie eine Vision die Gestalten seliger Götter. Wie prachtvoll ist aber dies Bild nun gemalt, wie reich an fein beobachteten, lebensvollen Einzelheiten in allen seinen Teilen, und doch zusammenaehalten in freier großzügiger Einheitlichkeit und Kraft! Von Klinger gibt es nur verhältnismäßig wenige Bilder, und sie sind so sehr zerstreut, daß man wohl in keiner öffentlichen Sammlung einen rechten Heber- blick über sein malerisches Schaffen und dessen wechsel volle Entwicklung gewinnen kann. Auch Leipzig, wo inan dies am ersten erwarten würde, besitzt einst weilen nur zwei zeitlich weit auseinanderlieaende Hauptstücke. Sollte es nun nicht geradezu Pflicht der dafür verantwortlichen Stellen sein, früher Ver säumtes, wenn auch mit erheblichen Opfern, gut zu machen, und jedenfalls einmal dieses bedeutende, vollblütige Werk aus der ersten kraftvollen Reifezeit des Meiiters — nun ein glücklicher, seltener Zufall es aus den Markt dringt — dem Leipziger Museum zu sichern, zu dessen besondern und ehrenvollsten Auf gaben es doch mit gehört, eine Helmstätte und ein Hauptschallplatz der Kunst des größten Leipziger Meisters zu sein? — Möchte dieser Mahnruf, der hier im Rainen vieler Gleichdenkender erhoben wird, nicht ungehört verhallen, und möchte auch nicht, wie schon so oft, ein ängstliches Nörgeln und Kritteln dem raschen freudigen Entschluß iin Wege stehen! — In buntem schillernden Kranz reihen sich um den Klingerschen „Homer" namentlich Bilder junger Münchener Maler: Fritz Erl er mit seiner schönen, breit und weich hinaestellten weiblichen Figur: dann eine kecke moderne Rokokovenus von Leo Putz in deßen unübertrefflich flotter und sicherer „Fa Presto"-Manier: interessante Figurenstudien von einer überaus gehaltvollen, man möchte sagen nahrhaften Intensität und Beweglichkeit des farbigen Empfindens von W. Püttner („Der Trinker", „Im Atelier" u. a.); zwei gleichfalls farbig reich belebte Landschaften von R. Kaiser und eine große Anzahl Tierstudien von I. P. Juna- hanns, in denen eine krafttolle, vielfach indivi duelle Fortsetzung H. Zügels gegeben ist. Den Kreis schließen al» nicht unwürdige Genossen H. v. Hei der, Stuttgart, und der bekannte H. Licht, Charlotten- bürg. Klarheit und Ruhe des Aufbaues bei kühler, aber feiner, sehr suggestiver Licht- und Luftstimmung (s des. Nr. 15) sind tue Vorzüge de» ersteren, während der andere in satten tiestonigen Farben und klang vollen Kontrasten seine Wirkung sucht, am schönsten vielleicht in dem „Blick in die Hochebene", wo die zu sammenklingende feine Harmonie dtäultchgrauer und dunkelgrüner Töne eine ganz eigenartig ernste und ruhevolle, abendlich dämmernde Stimmung zum Aus druck bringen. Opporlia. Kunst unü DMenlchsst. * R. Eulambio, deßen musikalisch dramatischer Erstlingswerk „Ninon von Lenclos" heute Sonnabend seine Uraufführung im Neuen Stadttheater zu Leipzig erleben wird, beendete vor mehreren Jahren seine Studien am hiesigen Kon servatorium, deren Gang von Arthur Nikisch, Hein rich Zöllner, Richard Hofmann, Stephan Krehl, Arthur Seidl und Carl Wenüling geleitet wurde. Liner ursprünglich griechischen Familie entstammend und in Triest geboren, fühlte sich Michele Eulambio schon von klein aus zur Musik hingezogci». Die Triestiner Corrontni und Castelli erteilte»» ihm den ersten Musikunterricht, Wieselberger führte bei» Strebenden in die Geheimnisse der Theorie ein. Ein Freund, Rudolf von Benczer, Ungar von Geburt und Militärmusiker in Gorizia, bereitete Michele Eulambio zum Eintritt in das Konservatorium vor, in das der Neophyt im Jahr« 1903 eintrat, um da selbst ein musikalisches Triennium zu absolvieren. Beweiskräftige Proben seiner während der Studien zeit erworbenen Kenntnisse und gesteigerten künst lerischen Befähigung legte Eulambio ab mit der Komposition mehrerer Lieder und vornehmlich eines Konzerts für Pianoforte mit Orchesterbegleitung, das in einer der Schlußprüsungen im Konservatorium bei fällig ausgenommen wurde. Während seines mehr jährigen Aufenthalts in Leipzig war Eulambio ein sehr eifriger Besucher des Theaters, insbesondere der Oper, die au> ihn wie auf jeden jungen, pbantasie- begabten Musiker einen unbezwinglichen Zauber aus übte. Zn jene Jahre fiel die hiesige Erstaufführung des Dramas „N,n»n von Lenclos" von Ernst Hardt, der später mit seinem Schauspiel „Tantriv Der Narr" Aufsehen erregte. Eulambio fühlte sich von Stoff und Inhalt der Lenclos Tragödie ungemein cn- gezogen, erhielt vom Dichter die Erlaubnis, das Werk zu vertonen, begann die Arbeit noch während seine» Aufenthalts in Leipzig und vollendet« sie nach seiner Uebersiedelung in Mailand. Bei der Umwand lung in ein Opernbuch ist Hardts dramatisches Ge dicht bis aul einige Streichungen des weniger Wesentlichen vollkommen beibehalten worden, ü. 5(. * Riedel-Verein. Sein drittes Abonnement. Konzert, unter Leitung von Dr. Georg Göhler, hält der Riedel-Verein am Sonnabend, den 4. Mai, abends '/,8 Uhr in der Thomaskirche ab. Zur Auf führung kommen nur Werke von Johann Sebastian Bach, u. a. die Kantate „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust" für Altsolo, Orgel und Orchester. Das Altsolo singt Frl. Agne» Leydhecker, die Orgel spielt Herr Max Fest und das Orchester ist vertreten durch Mitglieder des Stadtorchesters. Der Riedel-Verein wird die achtstimmige Motette „Singet dem Herrn" singen. (Karten bei Klemm, Jost und Meisel.) * Der Lenchtenburg-Bund, der Verband der histo- rischen Vereine an deutschen Universitäten, feiert am 29.-31. Mai auf der Leuchtenburg da» 25jährige Jubiläum seiner Gründung. Lt. -ochschulnachrichte«. In Marburg wird stch Dr. W. Berbli nger für pathologische Anatomie habilitieren. — Mit dem Bau einer Universität für Britisch-Kolumbien wird in Point Grey in Viktoria diesen Sommer begonnen werden. Für die ersten Gebäude sind 1'/. Millionen Dollar ausge« warfen. — In der Gießener Stadtverordnetenver- sammlung teilte der Oberbürgermeister mit, daß die Regierung die Errichtung eines Lehrstuhls für so ziale Medizin an der Universität Gießen zugesagt habe.
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