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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.05.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120514013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912051401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912051401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-14
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
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Bez»qt-Prei» Ar Letv,ta «» v»r»rt» d«rch »kr, trizrr u»» 8o«dtt»»r, r»«l tSaltch t»» Kau» „deacht:» Ws. manaU^ t.1» ML »teneNLdr!. Lei »«l«n>SUtale» » U» nähmest,ll«, adaehiU: 7» «. «oaatl, LS Mt. »teneltihrl. »»M VN V»st! tanerhald Deullchland» and der deutlchea N»loni«n vtrNeuährl. S.M ML. »»nett. LM ML au»fch>. Poftbeftellaeld. Kerner m velgi,^ DanemarL den Donaustaaten, Italien. Luremdura, Niederlande, Nor» weaen. OeNerreity - Unaarn, Nustland, Schweden und Echwet». 2n allen ubnaen Staaten nur dtrekr dnrch di« tbelchüita» Kell» de» Blatte» «rdüitlich. Btaz,l»,rr«»t»vr«t» tll BL Da» Letpitger Dagedlati erlchetn« !mal täglich. Sonn« ». KeieNag» nur morgen». <U>ann«meat»»rlnnahm«. 2»d»»»t»»»st« 8, kei »aleren Trägern. Kiltaien, EpedUeur«» »d Bnnohar,Kellen, lowr» Postämtern und Briefträgern Morgen-Ausgabe. MpMerTUMM » . ... I«8S2 iNaMaalchl.» Lel.-Änschl. i >4 «9S ll4VS4 Handelszeitung. r «ll-emetn» Deutlch« Lredtt« annbknntr,« / rlnltall Vrüdl 7zfl7. vllNKli0Nl0.< Dolche «ank, Filiale Le,p,«g l Deo^Kall« ibrimm. Eteinweg S. »-«7,Amtsblatt des Nates rind des Volizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeige»-Preis sU» Inlerat« «>» Uewp» on» Umgebn», dt« llpaltig« Petitreil, NBf dt, Neklome» »eil, I Mi. »»» »»»wärt» ml PI, Neklamen Uk> ML Inserat» oon Bedorden im ami- itche» Teil di» Petit.eil, « Pf »,lchalt»anr,ig»n mit Plaioorlchritte» »m Preis, „dädt ««da» nach Tarif. Beilauegedädr Brlamt» «uflaa» L Mi. » Tavlend erkl. Postgebühr. Teildetlag» Häver KekerretU» rlnsträa» können n,cht zurll«- geioge» »erden. Für da» «krlcheinen an vesttmmren Togen and Plänen wird lein« Garantie übernommen. <ln»etg«n«rinnadme: S,h»a,i,«»Is« ii. bet sämtliche» Filialen n allen tlnnoncen» Lroedltionen de» 2n» und <u»lande». Ira» ao» Beel», »o» Fisch», ch ititrste» Inhaber: Baut Riesten. NebakNo» »ab »e>chätt»st»ll«: 2»hanni»aast« L Pa,»«»Filiale »,««»»»: Seeuran« ä, l lTelevdon «Sri). M. 244. Dienst«-, ürn lä. Mai >SI2. los. Jahrgang. HW- Unsere gestrige Abendausgabe umfahr 1V Feiten, die vorliegende Morgennummer 18 Seiten, zusammen 28 Seiten. Das Müßigste. * Der Kaiser hat sich am Montag von Karlsruhe nach Straßburg begeben. (Siehe bcs. Art. S. 1.) * Der Staatssekretär des Reichsmarincamts v. Tirpitz hat am Montag in der Budget kommission des Reichstags Erklärungen über die Zwecke der Luftschiffahrt abge geben. sS. Dtschs. R. S. 2.) * Der Reichstag hat in seiner gestrigen Sitzung die Duellresolutionen beraten. (S. Bericht S. 9.) * Die SächsischeZweiteKammcr hat Litt Montag Etatkapitel erledigt. (S. Ber. S. 10.) * Theateranzeigen siehe Seite 16. Der Tories unü Whigs Lnüe. Die Organisationen der konservativen Par tei Englands und der liberalen Unionisten haben einstimmig ihre Verschmelzung be schlossen. Damit verschwinden die alten Namen derTories und der Whigs, die noch in unse- rer Väter Zeit die Lustspiele „Le Verre d'ean" und „Pitt und Fox" so volkstümlich gemacht hatten, endgültig aus der Geschichte. Durch einen Zeitraum von über 200 Jahren hatten sie das politische Leben Englands beherrscht. Es war nach der Restauration Karls II., als die Formen dieser 200 jährigen Parteigeschichte sich feststellten. Der beiderseitige Radikalismus des vorausgegangenen Zeitalters, der zu einem schweren Bürgerkriege, zum blutigen Umstürze des Thrones und zu guter Letzt zu Zuständen geführt hatte, wie sic heute in Mexiko und Ekuador herrschen, war überwunden. Das Ge schlecht der trotzigen „Kavaliere", welche für Be seitigung des 400 jährigen Volkshauses und Er schaffung einer nach französischem Vorbilde unbe schränkten Monarchie gefochten hatten, war ebenso ins Grab gesunken wie die „Roundheads", ihre siegreichen Gegner, die den Umsturz nach der anderen Seite, zur Republik und Abschaffung des Oberhauses gemacht hatten. Unter Karl U. und James stritt man nur noch um genaue Abgrenzung der Rechte zwischen den drei Ge walten, bei der freilich schließlich das Königtum am schlechtesten wcgkam, und eigentlich mehr noch um die Glaubensfreiheit der Dynastie, der ein katholisches Bekenntnis verboten werden sollte. Das Haus Hannover glaubte sein zweifel haftes Thronrecht nur durch unverbrüchliche Treue gegen die Verfassung nach den Richtlinien der Declaration of right und engen Anschluß an die Partei, die ihm den Weg zum Throne gebahnt hatte, behaupten zu können. Aber nach der Schlacht bei Culloden, deren Verlust alle legitimistischen Anwandlungen in die engsten Fa milienkreise bannte und die hartnäckigsten Tories zum Begraben ihrer Restaurationshoffnungen trieb, stellte sich das berühmte System ab wechselnder Parteiherrschaften fest, das in seiner ganzen englischen Strenge nur in den Vereinigten Staaten und vorübergehend in Belgien Nachahmung gefunden hat. Im 19. Jahr hundert wurde es fast Regel, daß Tories und Whigs sich nach den durchschnittlich sechsjährigen Unterhausperioden ablösten. Inzwischen vollzog sich in den Grundsätzen, wie im lebenden Organismus beider Parieren Wandel über Wandel. Es lag nicht bloß an den Personen und dem sich nach Jugend und Alter verschiebenden Gesichtswinkel der Welt- und Le bensanschauung, wenn man sonst von Partei wechseln grade der führenden Geister vernahm: wenn Peel im reifsten Mannesalter, wenn der junge Gladstone auf die liberale Seite hinüber traten, Disraely nach kurzem Aufenthalt auf den Bänken der Whigs sich zu den Tories hin übersetzte. Es waren auch die inneren Umbil dungen der Parteien selbst, die bestimmend wirk ten; und zweitens das Aufkommen neuer Zeit sorderungen, die sich mit den überlieferten, von Meinungen über das Verfassungsrecht diktierten Programmen nicht restlos deckten. Die in den Mittelpunkt des Parteistreites gelangte Zollfrage drängte Peel zu den Liberalen. Noch stärker wirkten in dem außerordentlich kräftig von reli giösem Leben erfüllten Lande die Wandlungen der auf dieses bezogenen Betrachtungsweise. Die Whigs der Stuartzeit waren eifernde Verteidi ger des protestantischen Glaubens bis zur Un gerechtigkeit gegen seine Gegner gewesen. Sic hatten einen König verjagt, weil er seinen Sohn in die katholische Gemeinschaft aufnehmen ließ, und machten durch Eidesformeln allen Beken ner» des „Papismus" die Erlangung eines Staatsamtes zur Unmöglichkeit. Sie vollendeten Cromwells Werk der Rcchtlosmachung und Knech tung des katholischen Irlands. Was heute in England sich liberal nennt, setzt seine Ehre darein, Irlands Recht wiederherzustellen, die Papstab- sagc aus dem Königscide hcrauszubringen und die Hochkirchen zu entstaatlichen. Dieser Unter schied bezeichnet wie kein anderer den Wechsel der Zeiten! Die Jrlandsfrage war es, die vor 26 Jahren den Auseinanderbruch der alten Whig- Partei bewirkte. Ter Abfall von neunzig Alt liberalen machte ihre Mehrheit zur Minderheit. Und cs waren nicht lauter Gemäßigte, die ohne hin den Konservativen nahe standen: auch der Radikale Chamberlain war unter ihnen. Für diese Spezies konnte natürlich von einem ein fachen Anschlüsse an die Tories leine Rede sein. Es wurde eine eigene Gruppe gebildet, die zu nächst nur zu einem Zwcckverbande für die Auf lösungswahl sich mit jenen vereinigte. Ein recht zeitiger Rücktritt des in ihr unterliegenden Glad stone hätte in jenen Jahren zweifellos zu einer Wiedervereinigung der getrennten Parteifreunde geführt. Aber der starkwillige Greis hielt auch nach seiner Niederlage das Banner von Home- rule aufrecht; und die fortdauernde Gefahr hat die Abgefallenen bei ihrer zunächst vorübergehend gedachten Verbindung festgehalten. So ist aus der Interessengemeinschaft allmählich eine We se ns g e m e in s ch a s t geworden. Es ist aber zu beachten, daß mit Nichten der alte Glaubens haß die irlandgcgncrischen Liberalen heute an die Seite der Partei führt, die vor 200 Jahren die andere Konfession schonender behandelt wissen wollte. Die irische Frage hat neuerdings ihren religiösen Charakter fast vollständig gegen einen nationalistischen vertauscht. Und Nationa lismus in Verquickung mit dem sogenannten Im perialismus hat auch in anderen Reichsfragen ein festes Band nm die beiden Gruppen ge schlungen, die nunmehr nach einer viertelhundert jährigen Warte- und Probezeit sich zu einer Parteieinheit zusammenschließen; an demselben Tage, da die neue Homerule-Vorlage wieder das Unterhalts passiert hat. Die Abfahrt ües Sailers »an Karlsruhe. Der Kaiser ist am Montagvormittag 10 Uhr 5 Min. in Begleitung der Prinzessin Viktoria Luise im Sonderzug von Karlsruhe nach Straßburg abgereist. Zur Verabschiedung hatten sich auf dem Bahnhofe eingesunken: das Großhcrzogspaar, Großherzogin Luise von Ba den, Prinz und Prinzessin Max von Baden, der Preußische Gesandte von Eisendecher, Komm. Ge neral v. Hoiningen u. a. Nach herzlicher Ver abschiedung setzte sich der Sondcrzug in Bewe gung. Prinz Augwst Wilhelm hat sich im Automobil nach Straßburg begeben. Di« Ankunft in Straßburg. Aus Straßburg wird gemeldet: Ter Kaiser und Prinzessin Viktoria Luise sind am Montag um 11,45 Uhr hier eingetroffen. Zum Empfang chatten sich eingefunden: Prinz Joachim, Prinz August Wilhelm, Statthalter Graf von Wedel, Fürst zu Fürstenberg, Staatssekretär Frh. Zorn v. Bulach, der Komm. General des 15. Armee korps v. Fabeck, der Gouverneur von Straßburg, Freiherr v. Egloffstein, Polizeipräsident Lantz u. a. Die Einfatsrt des Kaisers vollzog sich unter lebhaften Kundgebungen des Publikums und unter dem Geläut der Glocken. Straßen und Häuser sind festlich ge schmückt. Der Kaiser hat im Kaiserpalast Wohnung genommen. Der Kaiser, die Prinzen, sowie die Prin zessin und die Umgebung nahmen daS Frühstück beim Staatssekretär Zorn v. Bulach ein. S Die Pariser Presse beschäftigt sich fortgesetzt eifrig mit den Karls- ruherUnterredungcn und den deutsch englischen Beziehungen. Der bemerkt: Die deutsche Regie ¬ rung tut alles, um die gegenwärtigen diplomati schen Besorgnisse und die Bedeutung der deutsch englischen Verhandlungen mit besonderem Nachdruck hervorzuheben. Die Frie densabsichten des Kaisers sind für uns unzwei felhaft. Nicht er ist es, der die ganze Ausmachung vorschreibt, die man mit den Worten „Entgegen kommen und Drohungen" kennzeichnen könnte, die deutsche Presse sagt zu England wie feinerzelt zu Frankreich „Deine Hand, oder Krie g". Es wirkt beruhigend, wenn man sich erinnert, daß diese herzlichen Drohungen keine Wir kung auf Frankreich gehabt haben. Zu der Aufmachung gehört auch die Annahme der Wehrvorlaaen, die ein Erfolg für den Reichskanzler ist. Deutschland steht, wenn cS sich mit England nicht verständigt, am Schlüsse der Verhandlungen stärker als zu Beginn da. Dieses Vorgehen ist berechtigt, und wir wären froh, wenn Frankreich in einem ähnlichen Falle ebenso Vorgehen könnte. Das alles ist jedoch nicht beunruhigend, wenn die englisch deutsche Annäherung keinen tendenziösen Charakter zur Schau trägt. Selbst dann würde sie sich zum Vorteil der allgemeinen Ruhe voll ziehen. „Journal des DöbatS" sagt: Man muß zu dem außergewöhnlichen Talent des Freihrn. von Marschall ein sehr starkes Vertrauen haben, um zu glauben, daß seine Ankunft in London die deutsch-englischen Beziehungen bessern werde. Die Deutschen geben sich da wohl Illusionen hin. Der „Daily Telegraph" über üeutlm-evglillhe öeneyuugen. Ter „Daily Telegraph" veröffentlicht in feiner Monlagsausgabe einen fensalionenen Artikel feines Wiener Korrespondenten über die deutsck)-engUsa>en Beziehungen. Das angesehene Londoner Blatt be grüßt die Ernennung Marsch alls zum beutscyen Äorjü>after am Hofe von St. James recht sympathisch. Es iviro an die in den letzten Jahren vorgenonnnenen Besuche erinnert, die deutfch-cnglisck/cn Beziehungen sreundjchasttiaser zu gestalten. Verblüffend in dem Artikel ist die genaue Kenntnis der diplomatischen Vorgänge, nno man geht wohl schwerlich fehl, wenn man den Informator les Wiener Korrespondenten des „Daily Telegraph" in diplomatischen Kreisen sucht. Es ist noch nicht so lange her, daß ein Artikel des „Daily Telegraph" über den Kaiser und England die öffent liche Meinung Deutschlands sehr park beschäftigte. Und es ist kaum anzunehmen, daß der jetzige Artikel des „Daily Telegraph" geringeres Angehen erregt. Tic Schatten zweier Gewaltiger, Bismarcks und Disraelis, werden zitiert, um zu beiveisen, wie die Notwendigkeit eines deutsch-englischen Einver- nehmens die größten Staatsmänner in den beiden stammverwandten Ländern bereits gefühlt hatten. Der Artikel führt aus, daß zu zwei verschiedenen Gelegenheiten Bismarck England für ein Einver- nehmen zu gewinnen trachtete, und daß ein dritter Versuch gemacht wurde, als Bülow an der Spitze der auswärtigen Angelegenheiten Deutschlands stand. Am 22. November 1887 schrieb Bismarck dem „Daily Telegraph" zufolge einen Privatbrief an den damaligen englischen Premierminister Lord Salisbury, in dem er ihm vorschlug, daß Groß- britannien sich Oesterreich und Italien anschließen und als Mitglied in den Dreibund erntreten sollte. Lord Salisbury lehnte in einem ausweichenden und sehr wortreiclKN Schreiben diesen Vorschlag ab, ob gleich es sein Wunsch war, daß die Kontinental mächte Rußland in Schach halten sollten. Er wollte jedoch auf keinen Fall England in kontinen- tale Verwickelungen hineinziehen. Ter „Daily Telegraph" zitiert einen Privatbrief Hol steins aus dem Jalfre 1901, in dem Holstein aus diese Episode zu sprechen kommt. Während des Berliner Kongresses hatte dem „Daily Telegraph" zufolge Bismarck mit Beaconsfield eine geheime Unterredung, um ein englisch-deutsches Einvernehmen in die Wege zu leiten. In dieser Unterredung erklärte Bismarck, daß Deutschland Europa mit seinem Heer unter Kon- trolle halte, und daß Oesterreich die russischen An- spräche im nahen Orient in Sck?ach halten würde, falls Großbritannien mit seiner Flotte eine gleiche Kontrolle ausüben wolle. Falls eine Allianz auf dieser Basis beschlossen würde, würde der Weltsriede auf wenigstens ein Jahrhundert gesichert sein. Lord Beaconsfields Antwort darauf war, daß er ein Jahr Zeit gebrauche, um die öffentliche Mei nung Englands auf einen derartigen Wechsel vorzu bereiten. Leider kam in dieser Zeit jedoch der Re gierungswechsel, der Disraeli aus dem Amt und Gladstone ans Ruder brachte. Als Zeugen für diese Unterhaltung wird Lord Rowton, von Holstein und ein Diplomat, dessen Name nicht genannt wird, an- gegeben. Am Schlüsse der Unterhaltung mit Bis- marck soll Disraeli gesagt haben: „Sagen Sie Salis bury nichts davon, denn falls ich als Freund dieses Planes gelte, ist es sicher, daß Salisbury den entgegengesetzten Standpunkt einnimmt." Ter dritte Versuch einer deutsch-englischen An näherung geschah, wie bereits gesagt, unter Bülow im Jahre 1901. Ter eigentliche Spiritus rsotor der Idee war Holstein. Die deutsch-englischen Be- ziehungen waren infolge des Burenkrieges und der Vergrößerung der deutschen Flotte gespannte. Es wird ein Bries Holsteins zitiert, in dem es heißt: „DaS beste wäre, die Annäherung nicht zu einer Frage einer englischcheutschcn Allianz zu machen, sondern England dahin zu bringen, sich dem Dreibund anzuschließen. Graf Goluchowski wird für diese Politik eintreten; Oesterreich allerdings würde nicht geneigt sein, außereuropäische Verpflich tungen zu übernehmen; da jedoch Rußland gleicher maßen die Grenze Galiziens wie die Grenze In- dien- bedroht, so kann Goluchowski kaum die Stär kung der Defensiv-Lllianz gegen Rußland al» eine außereuropäische Angelegenheit betrachten." Holstein fährt weiter sort: „Ich glaube, daß auf dem Wege über Wien ctwaS Nützliclfcs und Dauerndes geschaffen werden kann. Ich sehe auch nicht ein, weshalb zur selben Zeit man nicht auch Japan in dieses Tcsensiv-Bündnis hineinzcchcn könnte. Dies würde die Kombination in vieler Beziehung leichter möglich machen, da Japan in Deutschland popu- lär ist." Diese Holsteinschen Pläne kamen nicht zur Verwirklichung. Chamberlain hielt seine be kannte Rede in Leicester, die von Berlin aus al» „Indiskretion" bezeichnet wurde. Tie Schuld an dein Fehlschlagen der deutsch-englischen Allianz wird in dem „Daily Telcgraph '-Artikel dem damaligen deut schen Kanzler Fürst Bülow zugeschrieben, der plötz- lick einen Frontwechsel vollzog. Ter Grund sür diesen Umschwung in den Anschauungen des Fürsten Bülow sieht das englische Blatt in der Furcht vor der öffent lichen Meiuüng in Deutschland, die in diesen Tagen leidenschaftlich für die Buren gegen England Partei nahm. Die Erhebung in Albanien. Von Tr. Albrecht Wirth-München. Im fernen Lstasien liegt die Insel Formosa. Herren sind die Japaner. Völkerrechtlich! Aber tat- sächlich gehört die Hälfte des Eilandes noch den freien Wilden. Es ist schwer, das Gebiet der Wilden zu durchqueren; denn ein Stamm liegt in grimmiger Fehde mit dem andern, und nur mit sicherem Geleit, am besten mit eint-eimischen Frauen, die unter keinen Umständen bedroht werden, kann man die Stammesgrenzcn überschreiten. Ein der artiges Formosa gibt es auch noch in unserem Erd teil, ganz nahe höchster europäischer Kultur: Al banien. Auch dort gibt es noch völlig un erforschte Gebiete, auch dort leben die Stämme noch in Fehde und Blutrack-c, und beschießen jeden, der ohne besondere Erlaubnis ihren Boden zu be- treten wagt. Für den Padischah waren jedoch die Angehörigen jener unbändigen altbanischen Stämme von hohem Wert: sie stellten ihm seine Leibwache und sie fochten für ihn so manche Schlacht auf bulgarischer, serbischer oder anatolischer Erde. DaS jungtürkische Regiment hat dieses nützliche Verhältnis zerstört und in das Gegenteil verkehrt. In ihrem chauoinistisckum Eifer, alles zu vertürken, haben sie schon fünfmal Heere gegen Albanien au», geschickt, um die von Abdul Hamid und seinen Vorgängern Io sorgsam geschützte Eigenart zu brechen — richtiger, zu vergewaltigen. Allein, wie cs in dem schönen Liede heißt: das - Glück, das Glück blieb aus. Mit seinen Zehntausenden hat Tschawid Torgut Sck>efket Pascha, mit ihren Versprechungen nnd Entschädignngsgeldern und ihren Amnestien — nachdem es Dutzende albanischer Häuptlinge an den Galgen gebracht — hat das Ko mitee für Einheit und Freiheit nicht den geringsten Erfolg gehabt. Oder höchstens den, die ehrlicbenden, stolzen Skipetaren immer härter zu erbittern. Ein Schwabe, der sich der Empfehlungen unseres Auswärtigen Amtes zu erfreuen hatte, Tr. I ä ck h, hat im Jahre 1910 Albanien vereist und dabei die Ueberzeugnng gewonnen, daß die Ski petaren mit dem Fortschritt, den die Türken brachten, höchst zufrieden seien. Jäckh ist zuerst im Gefolge des Generalstabs mit Torgut Schefket gezogen, dann einige Tagesmärsche allein. Das Buch, das dec Reise entsproß, bietet keine sonderliche Bereicherung unserer Kenntnisse. Tie durchstreiften Gebiete waren sämtlich bekannt, und auch die angeblich „un- betretene" Burga war schon von fünf Leuten, darunter drei Reichsdeutschen und einer englischen Dame besucht worden — nnd die vorgefaßte Meinung des schwäbischen Beurteilers, von seiner Sprach unkenntnis zu schweigen, hinderte ihn, ein richtiges Bild von der Lage zu bekommen. Ich stellte dem meine Anschauungen gegenüber nnd erwähnte, ich habe allerdings die Tinge „nur aus der Frosch perspektive" betrachtet. Tr. Jäckh erklärte, er nehme dies Geständnis gern an, während er hoch zu Roß die Lage angesehen habe. Der Doktor versteht sich schlecht auf Ironie. Glaubt er wirklich, daß ick zu ihm oder zu seinen türkischen Freunden schüchtern emporblicke. Wie ost will er sich noch auf das hohe Roß setzen, von dem ihn die Ereignisse selbst so ost schon heruntergeworfen haben. Tie Albanier, die laut ihm so zufrieden waren, haben 1911 einen gefährlichen Aufstand gemacht, und sind jetzt, 1912, abermals auf dem KriegSpfad Sieht daS wie Zu friedenheit aus? Was aber für die Regierung in Konstantinopel am bedenklichsten ist, Mohamme daner kämpfen jetzt Schulter an Schulter mit den Christen. Neben den Nikai und Mertari, überwiegend christliche Stämme, haben sich die äußerst kriege- rischen Krasaitschi nnd die tapferen Gascki, bei denen meines Wissens noch nie ein Kultureuropäer war, erhoben. Andere Aufrührer sind die Hossi, die Rugowa, die BeriSca, die Reka: kurz, fast das ganze Gebiet zwischen Skutari nnd Ipek ist in Bewegung. Höchstwahrscheinlich ist die Bewegung von Mon - tencgro und seinem italienischen Hintermann ge - schürt worden: daß sie aber fruchtbaren Boden fand, beweist doch Wohl, daß die Stämme eben nicht zufrieden sind. In Skutari selbst kam es ,n Reibungen zwischen Christen und türkischen Offizieren DaS österreichische Konsulat sah sich zu einem Eingreifen veranlaßt DaS wirft auf die weltpolitische Be deutung Albanien» neues Licht. * Türkische Nüyunflen gegen die Albanesen Die türkische Regierung hat, wie aus Konstan tinopel berichtet wird, beschlossen, in Mazedonien 5 Gendarmeriebrigaden, von denen jede 5000 Mann stark sein soll, zu bilden. Außerdem sollen 5 Redif- bataillone, jedes in der Stärke von 1000 Mann, dorthin abgehen, im ganzen also 20000 Mann. Ferner sollen die in Albanien befindlichen Batail- DM" Man beachte auch bi« Inserat« in der Abend»An»gab«.
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