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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111125012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-25
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Bessugö Preit Mr LelvUa »«» P«e«tt« dvrch «n>«« Iräaei und Soedtte»«« -mal «4 glich in» nau» »edeawi »Pf. «»natl.T.rvOtl. vietteltohel V»i «nlern NU«ai«n » An» natzmesieüe« odardoli 1» Pi. ««»attz, L»«tt. oi«N«l>»I>ll. D»r<i> ri, v»lt! tnn«rdald Vrulichland» und drr d««t1ch«n Kolonien vierieiiadrt »S> Vlt» monatl. l.viPil au»>Hi PoNbeKellgeld tzernee in Belgien, T^onemorl den pinaultaolen. Iiolien. Vuirmduiu. Niederlande. Nar» weg» iLrzierieia - Uaaorn Nukland, Schweben e-Lw»l»a iroonien. 2n alte» übrigen Eioaien nur diiett durch di« <beichau»N«ll, d«» Blatte» «daltttch. Da» Leipttg«« ragedlatt »ttchem« rmal tägllcu 6«nd. » tzeierlag» nur morgen». >donn«m«ni»-Nanadm» S»tz«»,i»«uli» i^ b«> vn>«,«, traaern. Nittalen. Bpediiear«* and »nnahmevellen. io«»« Poftamlern »ad Bnefirager». Gt»»«I»iitaat»»r«l, 10 Pt Morgen-Ausgabe riWgcr TaMalt . . _ , s14«Sr lNa«ta»schl.U Tel.-Änschl.^ l4«s3 l 14 894 «.i..r»,chi^ s!«MHandelszeitung. Amtsblatt des Aales «nd des Nolizeiauites der Ltadt Leipzig. Anzeige«.Preis fl» Inserat» au» U»u>«ta und Umgebggg di« lspalttg« P«ttt»«ll, BPf-dl« Reklame» »eil» s Mk. »an an»würt» Sv Pf. Reklamen llv Mk. 2nl»rai« oan Behörden im amt liche» Teil di, Petttreile so Pf S»Ichäst»ant«ig«n mit Platzvorlchrtften im Preil» «rhSdt Rabatt nach Tarik. Beilagegrbükraelamt- auiiag« d Ml. o. Taulend «rkl. Postgebühr, letldetlag» höher. Aestetteilt« Auftrag« können nicht «urack- a»,»g«n werden. Für da» iLrlchetnen an orstimmten Tagen and Plätzen wird kein« lbaranti« übernommen. Lnt.igen-Annahm«: 2otza>»i«galf« bei sämtlichen gtitalen ». allen illnnoneen» Ervedtttonen de» 2n- und «»»lande«. Dr»ik ,»» Verla, »» Fische, ch Rich«» 2nhad«r. Paal Rürstea. N«»«tti«n an» G«sch>lt»lt«Ia: 2ohannt»,ass« 8, Ha»»t»FUi«l« Ire.»«»: veestras« ch 1 (Illephon «S2U. Nr. 327 Sonnsbenü, üen 25. November tSll ISS. Zshrgsng. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 18 Seiten. Dss Wichtigste. * Die Zweite Kammer des Landtags beschäftigte sich am Freitag mit der Interpellation, betreffend den Mangel an Güterwagen aus den Staatsbahnen und verwies einen weiteren An trag, die Einführung der 4. Wagenklasse auf den Schmalspurbahnen, an die Finanzdeputa- tion (S. Landtag.) * Das Disziplinarverfahren gegen Pfarrer Traub vor dem Breslauer Konsi storium hat gestern begonnen. Die Anklage gegen Traub ist noch weiter ausgedehnt worden. (S. Dtschs. R.) * Evas Komura, der frühere japanische Minister, ist in Tokio, 56 Jahre alt, ge storben. * Das Schwurgericht verurteilte den ehe maligen Schulgeldereinnehmer Oswin Linus Lüp fe r t, der im Juni d. I. über 30 000 -.U Schulgelder unterschlug, zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust. (S. Eerichtssaal.) * Bei einer Explosion in einer Oelkuchen- fabrik in Liverpool sind 33 Personen getötet und 75 verwundet worden. (S. Letzte Dep.) * Beim Untergang des italienischen Dampfers „Romagna" ertranken 60 Per sonen. (S. Tageschr.) Mnürrne Reoalutlon. Ls war ein Glück für die Jungtürken, daß die Besten, Führenden unter ihnen früher von Abdul Hamid so hart verfolgt wurden und, um seinem Argwohn oder seiner Rache zu ent gehen, meist fern von der Heimat weilen mußten. In der Halb-Barbarei ihrer Heimat hätten sie nie lernen können, wie man eine moderne Revolution mit Anstand durchführt. Nur weil sie den Sittenkodex der modernen Diplomatie und Politik kannten, krümmten sie Abdul Hamid kein Haar und hüteten sich, mit anderen alten Widersachern schonungslos zu verfahren, bis die Gegenrevolution sie dazu zwang. In Persien verfuhren die Revolutionäre genau nach jungtürkischem Beispiele, und auch hier sicherte nur die Schonung des besiegten Gegners den Erfolg. Und wenn sich die Russen doch noch dazu hinreißen lassen sollten, an Persien ihren Länderhunger für eine Weile wieder zu stillen, so würden sie eines solchen Gewinnes gewiß nie froh werden und ihn kaum dauernd behaupten können, weil die Jungperser sich durch ihr Verhalten die Zu neigung und das Vertrauen der Kulturmensch heit erwarben. Den Wandel der Zeiten spürte man z. B. auch in Spanien bei dem letzten Aufstande in Katalonien. Als man dort im Jahre 1885 die Klöster stürmte, wurden die Insassen ausnahmslos geköpft. Diesmal gingen zwar wieder 64 Kirchen und Klöster in Flammen auf, aber die Mönche und Nonnen durften frei abziehen, und nur zufällig setzte es zwei Tote. Die gegenteiligen Meldungen waren erfunden, um die Sache der Revolutionäre zu diskreditieren. Die Zerstörungswut, die die Katalonier an den Klöstern und Kirchen aus ließen, hat zwar immer noch viel Barbarisches an sich, aber man muß dagegen bedenken, daß in Spanien für die Volksbildung noch weniger geschieht als in Rußland und daß das Unheil, das die Begehrlichkeit des spanischen Klerus stiftet, in der Tat zum Himmel schreit. Auch die chinesischen Revolutionäre handeln heute als gelehrige Schüler der Jungtürken. Nicht sie, sondern die Parteigänger der Mandschu- dynastie haben sich die meisten Bluttaten zu schulden kommen lasten, und sowohl die im all gemeinen peinliche Schonung von Leben und Eigentum der Fremden, die allerdings in den letzten Tagen durch die Ermordung verschiedener Europäer durchbrochen > worden ist, wie das Entgegenkommen, dar sie in Hinsicht auf die Mandschus nach der geforderten Abdankung der Dynastie an den Tag legen, zeugen von ver ständnisvoller Rücksichtnahme auf da» zivilisa torische Gewissen der modernen Kulturwelt. Mit Humanitätsduselei hat diese Kul tiviertheit moderner Revolutionäre nichts zu tun. Es läßt sich eine ähnliche Wahr nehmung an der Entwicklung der Kolonial politik machen, wobei es sich auch immer für das in Frage kommende unterworfene Volk um eine Art Revolution handelt, die fremde Ein dringlinge in seinem Lande gewaltsam aus führen. Dornburg kennzeichnete den Unter schied zwischen heute und einst auf diesem Ge biete einmal dadurch drastisch, daß er sagte, während früher mit Zerstörungsmitteln kolonisiert wurde, werde heute mit Er haltungsmitteln kolonisiert. Wie sich bei den wilden Völkern der Fortschritt vom Kannibalismus zur Sklaoenhalterei dadurch vollzieht, daß die Erkenntnis sich Bahn bricht, mit wieviel mehr Vorteil sich ein Kriegs gefangener ausnützen läßt, wenn man ihn bis zum natürlichen Tode als Arbeitsmaschine ver wendet, statt ihn zu schlachten und nur sein Fleisch zu konsumieren, so kommen moderne Kolonisatoren dahinter, daß eine Kolonialpoli tik, die die Eingeborenen einer Kolonie erhält, schützt und zur Arbeit erzieht, besser ist als eine solche, die, wie es im Kongostaat bisher geschah, sie ausrottet. Und ähnlich ist der intellektuelle Fortschritt, der in den Köpfen moderner Revo lutionäre vor sich geht: man sieht ein, daß es bester ist, feindselige Kräfte, die man in seine Gewalt gebracht hat — und vorher ist ihnen ja überhaupt nichts anzuhaben —, zu erhalten und sich dienstbar zu machen oder zu isolieren als sie zu vernichten. Diese Erkenntnis braucht nicht immer bei den Ausführenden vorhanden zu sein; es genügt oft, wenn sie bei denen vor herrscht, auf die jene, um Erfolg zu haben, Rücksicht nehmen müssen. 2ns Moralische über setzt, handelt es sich nur um den endgültigen Sieg der christlichen, auch die Feinde ein schließenden Nächstenliebe über den alttestamen tarischen Grundsatz: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Zur Srdeitsllllenlrsge. Wir erhalten folgende Zuschrift: Ein Artikel in Nr. 322 dieser Zeitung behandelt die Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosig keit auf Grundlage der Zwangsversicherung. Sind wir Bürgerlichen in der Lage, diese Zwangsver sicherung durchzuführen? Nein, denn die Durch führung, wie die Verhältnisse heute liegen, dürfte nahezu die Auslieferung der Industrie und damit des Staates an die Sozialdemokratie bedeuten. Noch vor wenigen Jahren wäre es möglich gewesen, eine entsprechende Versicherung im Kampfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu neutralisieren. Heute ist das nicht mehr denkbar, weil auf dem Gebiete des Nachweises der Arbeit, soweit wenigstens größere Fabriken in Frage kommen, die Arbeiterschaft Herrin ist; es kommt nicht darauf an, daß man jemand eine Stelle nachweist und dieselbe verschafft, sondern es kommt darauf an, daß der Betreffende eine Stelle erhält, in der ihm die Umstände und seine Kollegen ein Verbleiben gestatten. Nun liegen die Verhältnisse aber so, daß der Nachweis von Arbeit, nebst der Festsetzung der Arbeitsbedingungen und der Schutz gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit, das ist also die Arbeits- loienDerficherung, ein untrennbares Ganze bilden. Hak eine Partei eines von beiden in der Hand, so verfügt sie auch über das andere, die Gesetze und Bestimmungen mögen jo schön ausgearbeitet sein, wie sie wollen. Die Sozialdemokratie würde also bei Einführung einer zwangsweisen Arbeitslosenversicherung die Ge schäftsführung derselben vollständig nach ihrem Gut- dünken regeln können, und daß das nicht zum Vor teil des derzeitigen Staates ausschlagen dürfte, liegt auf der Hand. Ueberall, wo das Gesetz von Angebot und Nach frage versagt, muß die Gesamtheit eingreifen, wenn sie nicht Schaden erleiden will. Wir sehen das bei der Einführung des Zolles im Handel der Nationen untereinander. Wir beobachten das bei der Lehre des angemessenen Preises bei Submissionen und anderwärts. Daß das Gesetz von Angebot und Nachfrage auf dem Gebiete des Arbeitsmarktes versagt hat, hat man im bürgerlichen Lager nicht rechtzeitig einge sehen oder nicht einsehen wollen. Würde der Terro rismus beim Vorgehen der Arbeiterschaft nicht eine so große Rolle spielen, so müßte man dagegen der Sozialdemokratie im Interests der Gesellschaft dank bar sein, daß sie, ohne es zu wollen, unser Volk vor der Proletansierung eines großen Teiles desselben zu bewahren mitgeholfen hat. Die Verelendungs theorie hat ja doch sich als gründlich falsch erwiesen. Vielleicht ist beute die einzige Möglichkeit, aus der Schwierigkeit der Situation im Interests des Staates und der Industrie herauszukommen, die, daß den Arbeitern folgerichtig aber natürlich auch den Arbeitgebern die Festsetzung sämtlicher Arbeitsbedingungen zugunsten der Allgemeinheit, das heißt des Staates entzogen wird; gehört können Arbeitgeber und Arbeiter werden, aber der Staat müßte nach auf Wohnungsmiete und Nahrungsmittelpreisen basierenden und unter Berück sichtigung der Leistungsfähigkeit der Industrie fest gestellten Grundsätzen bei Feststellung der Arbeit»- dedingungen die Entscheidung behalten, selbst auf die Gefahr bin, daß auch hier der Bureaukratis- mus in den Vordergrund käme. Wir find nun einmal in dem Auf und Ab der Wirtschaftsgeschichte allseitig auf dem Wege zu einer größeren Gebundenheit. Ich glaube nicht, daß die Beschreitung des vorgenannten Weges auf absehbare Zeit möglich sein wird; sicher ist mir nur soviel, daß wir Bürgerlichen heute aus Selbsterhaltungstrieb unter allen Umständen gegen eine Arbeirslosenver- sicherung auf zwangsweiser Grundlage ankämpfen müßen. Wesentlich anders liegen die Verhältnisse bei der freiwilligen Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit. Auch hier gäbe es Mittel, die Anzahl der Versicherten ganz gewaltig in die Höhe zu treiben. Ein solches Mittel dürfte es sein, wenn die einschlägigen Arbeitsnachweise sich entschließen könnten, diejenigen Arbeiter, welche einer neutralen Arbeitslosenversicherungskasse beitreten, bei der Unterbringung in Stellen offensichtlich zu bevor zugen. Selbstverständlich würde den Arbeitsnachweisen, die sich hierzu entschließen sollten, von der So'ial- demokratie der Vorwurr gemacht, sie seien nicht pari tätisch. und hierbei würde es nicht bleiben; die be treffenden Arbeitsnachweise würden vielmehr vor aussichtlich von der Sozialdemokratie bekämpft werden. Der Sozialdemokrat hat eben vom Wesen der Parität eine ganz andere Amfassung, als der Bürger liche. Sogar, falls die Stadtverwaltung und andere aus dem Gebiete des Unterstützungswcsens tätige Instanzen sich dazu entschließen sollten, bei Ge währung von Unterstützung, z. V. Armenunterstützung, an Arbeitsfähige die Entziehung der Unterstützung für zukünftige ^älle anzudrohen, falls bieie Arbeits fähigen einer neutralen Arbeitslosenversicherungskasse nicht deitreten, ist wahrscheinlich der Vorwurf des unparitätischen Vorgehens zu erwarten. Schließlich sei noch erwähnt, daß die Zwangsver sicherung gegen die Filgen der Arbeitslosigkeit der Jnvustrie zweifelsohne eine neue Belastung bringen würde. Daß eine solche aber gerade heute im Inter esse aller an der Industrie Beteiligten, also auch der Arbeiter, nicht am Platze sein dürfte, ist sicher, um so mehr, als man erst einmal das weitere Fort- schrelten des Auslandes auf sozialpolitischem Ge biete abwarten sollte. Ole Revolution in Lhins. Der Aufstand in Hupest. (Von unserem Spezialkorrespondenten in Ostasien.) (Nachdruck verboten.) Hankau, 29. Oktooer. Der Tag war wieder durch ein zähes und zicl- bewußtes Vorrücken der Kaiserlichen gekennzeichnet. Die Gegner standen sich schon so weit von den Nieder lassungen entfernt gegenüber, daß des Jnsanlerie- gewehrfeuer kaum hörbar war. Dagegen erzitterten schwere Granaten der Kaiserlichen Artillerie die Luft, die auf die von den Rebellen befestigte Hügelkette bei Han-qang gerichtet waren, wo sie anscheinend eine gute Wirkung erzielten. Am späten Nachmittag gingen zahlreiche Häuser der Chinesenstadt Hankau, also diesseits des Hauflusses, in Flammen auf. Nach der bisher von den Kaiserlichen befolgten Taktik zu urteilen, geschah die Inbrandsetzung offenbar aus strategischen Gründen. Augenblicklich, wo diese Zeilen geschrieben werden, läßt sich das Ergebnis des heutigen Tages schwer übersehen Nach der .^ahl der in die Rote-Kreuz-Hospitäler der Niederlassungen eingelieferten Verwundeten zu schließen, muß auch heute wieder auf beiden Seiten hartnäckig gekämpft worden sein Soviel steht aber fest, daß die Sache der Rebellen hier schon jetzt ziemlichverloren ist; nicht allein die Ueber- legenheit der Nordtruppen ist es, die dazu beiträgt, die Revolution niedcrzüschlagen, sondern auch die Uneinigkeit unter den Rebellen selbst. In Wutschang sollen die Rebellen schon auf ihre eigenen Offiziere geschossen haben. Den Kaiserlichen wird aber wohl trotzdem ihr Sieg nicht leicht gemacht werden. Denn die Wiedereinnahme Aan-yangs und Wutschangs wird noch ein heftiger Strauß werden. Den Kaiser lichen wird für ihr bisheriges Verhalten hier all gemein Anerkennung und Bewunderung gezollt. Wer weiß, ob die anfänglichen „Siege" der Rebel- l e n nicht auf strategische Maßnahmen der Kaiserlichen zurückzuführen sind, die aus ganz bestimmten Gründen diese oder jene Stellung ver ließen? Ein Beispiel für die eigenartige Taktik der Kaiserlichen ist folgendes: Während des Gefechtes schrauben Artille risten von einem kleinen Feldgeschütz den Ver schluß ab, lassen das Geschütz im Stich und rennen davon. Mit wildem Geschrei stürzen die Re bellen in dichten Scharen auf die von den „Fliehenden" zurückgclassene Deute. In demselben Augenblick aber kracht Saloe aufSalve aus der Schützenlinie der Kaiserlichen ln den Rebellen schwarm. Dieselbe Taktik ist wiederholt an gewandt worden und hat offenbar zur Schwächung der Kampfreihcn der Rebellen erheblich beigetragen. Anerkennung verdient der hervorragende Geist, der unter den Truppen herrscht. Meistens waren es Angehörige der 2. Division (Pao-ting-su), mit denen ich Gespräche nach der „Schlacht" anknüpfte. Aus ihren Aeußerungen ist zu ent nehmen. daß sie die Niederwerfung des Aufstandes mehr oder weniger als „blutige" Manöver ansehen. Ein stämmiger Chilimann, der vergnügt nach der blutigen Arbeit an einem „Mo-mo" (Brot) kaute, meinte: „Eigentlich sollten wir im Manöver nach Pung-ping-fu; dann wur den wir hierher geschickt. Hier ist auch Manöver." Ein höherer Offizier, dem wir am Abend des 28. Oktober auf dem heiß um strittenen Bahndamm begegneten, meinte nach einer Beglückwünschung zu dem schönen Erfolg des Tages: „Ja, es war ein gutes Manöver." Seit«« Ausbreitung der Revolution. Nach einer Meldung der „Times" aus Peking sollen die chinesischen Revolutionäre bereit» bis zum Tibet vorgedrungen sein. Ein Offizier der chine- I fischen Zollbehörde in Aal-Tung war gezwungen, 1 sich pirückzuziehen. Man nimmt an, daß nunmehr die Libetaner gegen die chinesischen Revolutionäre Vorgehen werden. 8t. Peking, 2t. November. (Tel. Tie kaiserlichen Truppen zogen sich von Hankau über die Ge birgspässe nach Norden zurück. Uuanschikai unterhandelt mit französischen Finanzleuten über eine Anleihe von 20 Millionen Taelr. Seine un beschränkte Gewalt wird nunmehr auch von dem Thron anerkannt. Tie ganze Flotte Chi nas ist in den Händen der Revolutionäre von Nanking. Tas nächste Ziel der Aufständischen ist Peking. Jeder Widerstand erscheint hoff- n u n g S l o s. Peking, 21. November. (Neuterbureau.) Tie Gesandten der fremden Mächte haben sich in einer Besprechung geeinigt, daß es ratsam sei, die Ge sa n d t s ch a s t s w a ch e n zu verstärken. Hongkong, 24. November. (Reuterbureau.) Ta der Schutz gegen das Ueberhandnehmen des Pi rat e n w e s e n s gänzlich ungenügend ist, haben die britischen Flustdampfschiffahrtsgesellschasten be schlossen, den Tienst sofort cinzustellen, und erhoben bei der Regierung energische Vorstel lungen. < Drr itsliemlch'türkilche Krieg. Der Jeikungskrieg. (Von unserem römischen Mitarbeiter.) Zum Kriegsühren gehört nicht nur Geld, sondern auch Nerven, eiserne Nerven. Italiens Kriegsschatz ist noch lange nicht erschöpft, versichern die National ökonomen der Regierung, allen voran der ehemalige Ministerpräsident Luzzatti. der beste Kenner der ita lienischen Finanzwirlschast. Und man darf es ihnen ohne weiteres glauben. Denn die italienischen Re gierungen der letzten zehn Jahre haben geradezu vorbildlichen Haushalt geführt. Man wird sich also, wenn's nicht gar „zu dick" k"mmt, durch einig- Kriegsmonate hindurch über Wasser halten, ohne daß der italienische Steuerzahler, der geduldigste, den die Geschichte der Finanzwirtschaft aller Völker kennt, sich gegen die Zumutungen an seine Börse auszubäumen braucht. Letzten Endes hilft über alle Finanzmisere der Patriotismus hinweg, dieser glühende und aufopferungsfähige Patrio tismus, der alle in Italien wohnenden Deutschen mit aufrichtiger Bewunderung erfüllen müß.' ' ' Aber weniger gut als mit den Finanzen steht's mit den Nerven des Durchschnittsitalieners.' Sie sind ruiniert, auch wenn der Krieg nur noch wenige Wochen kauern sollte. Vielleicht ist man in einem einsamen Sabinergebirgs-Dörschen weniger nervös als in Nom. Aber auf die Dorfleute kommt es nicht an. In Nom wird der Krieg geführt, der diplo matische und der Zeitung-krieg. Was drüben in Tilpolitanien geschieht, geht nachgerade interesselos an uns vorüber. Allmählich haben wohl auch die größten Optimisten ein- geiehen, daß allen „Siegen" zum Trotz ein sichtbarer Erfolg sich bisher nicht an die ita lienischen Fahnen heften wollte. Und es war wirk lich boshaft vom Himmel, daß er im Augenblick, wo die Zeitungen auf der Vorderseite „einen ersten Schritt vorwärts!" melden konnten, sie auf der Rückseite zur Ankündigung neuer Rctiraden infolge der jüngsten Wolkenbrüche gezwungen hat. Also auch der Himmel auf feiten der „Ungläu bigen" . . . ! Abergläubische Gemüter wollen darin bereits einen Wink von oben gesehen haben. Und es hat ja auch die Kriegsstimmung im Vatikan, der mit verantwortlich ist au der Explosion des „heiligen Krieges", merklich nachgelassen. Aber der Krieg muß nun einmal zu Ende ge führt werden, auch wenn sich alle Mächte des Himmels und der Erde zum Bunde gegen Italien verschworen haben. In Rom wird Krieg gegen alle geführt, die den Italienern den Sieg nicht gönnen wollen. Man wettert, schimpft und flucht und er geht sich in grauenvollen Verwünschungen gegen die „Verleumder" und „Ehrabschneider" in den deut schen und englischen Zeitungen, die Böses vom Kriegsschauplatz zu berichten wissen. Man empfängt bei der Lektüre der italienischen Blätter sehr häufig den Eindruck, daß nicht mehr der Türke der eigent liche Feind sei, sondern der Zeitungsmann, der dem „siegreichcn Italien" nicht zu Willen ist. Dieser Zeitungskampf hat an Schärfe durchaus nicht nach gelassen, nachdem einige deutsche, österreichische und englische Blätter den Spuren der meisten französischen Zeitungen gefolgt sind und Italien manches Trost wort über die Alpen zugerufen Haden. Im Gegen- teil, die Nervosität ist noch gesteigert worden, daß neuerdings bisher italienfreundliche Pariser Blätter die Stirn runzeln. Wenn nun wenigstens die Einigkeit im Innern selbst nicht in die Brüche gehen wollte! Acht volle Wochen hat man sie gewahrt. Aber jetzt ist es auch damit aus. Schuld tragen die nationalistischen Organe, die mit aller Gewalt die Regierung zu einer Aktion im Aegäischen Meere treiben wollten. Jetzt, wo die Regierung erklären läßt, diese Drängelei wäre vom Uebel, fallen die nationalistüchen und auch die gemäßigten Organe über die Regierung her. Von der ersteren wird sie der Pflicht vergessenheit beschuldigt. Die Gemäßigten aber sagen: die Regierung habe sich von den Edauoinisten rns Schlepptau nehmen lassen und dürfe sich nun nicht wundern, wenn sie im Volke allen Kredit verliere. Symptomatisch ist ein Artikel des Mailänder „Secolo", der u. E. die Stimmung im Volke am besten wiedergibt. Da» Blatt meint: In „Tripolis regnet's, am Balkan herrscht heiterer Himmel, zwischen Berlin. Wien und Rom einige trübe Wolken, die aber den Optimismus der Regierung nicht zu zerstören vermögen." Habt Geduld! ruft die Regierung. Alle Kolonialkriege dauern lange Jahre! Aber schließlich wird auch diese Geduld dem Volke reißen. Warum, fragt
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