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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111125012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-25
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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von 100. 180, 20, SS. ISO und 120 bezahlt. Außer- dem habe er seiner Wirtin 400 gegeben, damit sie seine Schuld von dieser Summe in Abzug bringen solle. Endlich hat Lüpfert noch seiner Braut? der er 1840. schuldete, durch einen Eilboten 2000 geschickt. Der Rat der Stadt Leipzig hat die Braut oe» Angeklagten wegen dieser 2000 verklaat und er hat den Prozeß auch in erster Instanz ge wonnen. Einem Buchmacher namens Ronniger bat der Angeklagte vor seiner Flucht 800 telegraphisch nach Magdeburg geschickt. Ronniger hatte nämlich noch grötzere Summen für Rennwetten auszuzahlen. Der Angeklagte hat Ronniger aufgefordert, rhm nach Wien nachzukommen und dort unter dem Ramen -Kretzschmar" adzusteigen. Der Angeklagte aab die Vorhaltungen des Vorsitzenden im wesentlichen al» richtig zu Er erklärte nur noch, dah er die fehlende Summe nicht ganz für sich verausgabt habe: es sei ffbm vielmehr in Wien auf dem Rennplatz sein Regenmantel, in dem sich etwa 2000 befunden hätten, abhanden gekommen. Di« Zeugenaussagen. Wie der Revisor Döge aussagte, find von den ver untreuten Geldern im ganzen 22 778,30 zurück erstattet und der Stadtkasse wieder zugefükrt worden Der Zeuge stellte dem Angeklagten im Allgemeinen ein günstiges Zeugnis aus. Es wurde bei der weiteren Vernehmung der Zeugen zur Sprache ge bracht. dah der Angeklagte einmal mit Buchmachern zusammen 1b Flaschen Sekt getrunken habe. Lüpfert hat auch einmal am Biertische erzählt, er habe einen Klumpen Gold gewonnen. 2m Uebermut hat er seinen Verlobungsring in die Gaststube geworfen, den dann ein anderer East aufhob. Die Plaidoyers. Staatsanwalt Dr. Will Höf ft wies darauf hin, dah der Angeklagte sehr frevelhaft gehandelt habe. Nur seine Spielwut habe lhn aus dre falsche Bahn gebracht. Er bitte daher dem Angeklagten die mtldernoen Umstände zu versagen. Rechtsanwalt Dr. Mothes bat die Geschworenen, den Angeklagten, der ein Opfer der Buchmachsrei geworden le'., nicht ins Zuchthaus zu schicken, um ihm nicht den Weg abzuschneiden, sich wieder in die Höhe arbeiten zu rönnen. Da» letzte Wort de» Angeklagten. Der Angeklagte Lüpfert versicherte in seinem Schlußwort, dah er seine Verfehlungen lief bereue. Er bitte die Geschworenen um Gewährung der mU» dernden Umstände, damit ihm Gelegenheit gegeben werbe, sich wieder emporzuraffen. Da» Urteil. Di« Geschworenen billigten dem Angeklagten mildernde Umstände zu, worauf das Gericht ihn unter Anrechnung von drei Monaten der Unter suchungshaft zu drei Jahren sechs Monaten Gefängnis und fünf Jahren Ehrenrechts verlust verurteilte. Strafmildernd zog das Gericht die bisherige gute Führung de» Angeklagten in Betracht, während strafschärfend erwogen wurde, dah Lüpfert in frevelhaftem Leichtsinn gehandelt und sich als Beamter an ihm anvertrauten Gelds vergriffen habe. Kriegsgericht. 1 Unerlaubte Entfernung von der Trupp«, Dieb stahl und Betrug. Der Bäckergeselle Earl Arno Neubert aus Reichenbach diente bis zum 30. Sep tember d. I., an welchem Tage er zur Reserve ent lasten wurde, im 107. Infanterieregiment. Seit Oktober 1910 war R. zur Militärbäckerabteilung kom mandiert, wo er auch mit der Kasse zu tun hatte. Da ist er mit den Kasse ngeldern'nicht gewisjenbaft umgegangen, denn er hat davon zwei Kameraden Darlehen gewährt, und am 16. Juni stellte es sich heraus, dah cr einen Fehlbetrag von 95 in seiner Kasse hatte. !lm diesen Fehlbetrag zu decken, nahm N. vom 17. bis 19. Juni Urlaub und reiste nach R e i ch e n b a ch, wo er sich Geld von seinem früheren Meister L. zu leihen gedachte. Dem Meister L. kam die Sache indessen verdächtig vor und er lehnte das Ansinnen des R. ab. Jetzt getraute N. sich nicht wieder in die Garnison, weil er befürchtete, Unan nehmlichkeiten zu haben. Er trieb sich einige Tage in Reichenbach herum und begann dann eine Rund reise durch das Vogtland, indem er Freunde und Bekannte besuchte, denen er erzählte, er befinde sich auf Urlaub. Von Reichenbach begab er sich nach Mylau, von da nach Chemnitz, Auerbach. Lengefeld, Stollberg, Geyer. Klingenthal, und die Reise endigte in Chemnitz, wo er am 31. Juli verhaftet wurde. Er batte sich also gegen sieben Wochen ziellos Herum getrieben. Dabei hatte er sich einer Anzahl Straf raten schuldig gemacht, wegen deren sowie wegen des unerlaubten Entfernens von seiner Truppe er sich vor dem Kriegsgerichte zu verantworten hatte. Bei seinem zweiten Aufenthalte in Chemnitz hatte er in einem Restaurant einen Schlaffer Sch. kennen gelernt, der ihn mit in feine Wohnung nahm, ihm einen Zivilanzua lieh und ihm Nachtquartier ge währte. Als N. am anderen Morgen allein im Zimmer war, stahl er eine Nickeluhr nut Kette, die er dann für drei Mark verkauft hat, und verschwand. In drei Fällen'hat N. sich unterwegs Fahrräder erschwindelt, am 15. Juli in Klingenthal, am 22. Juli in Treuen und am 30. Juli in Chemnitz. Am 28. Juli lehrte N. in dem Restaurant Linden garten in Geyer ein, machte mit der Kellnerin eine Zeche von 26 .st und als er nicht zahlen konnte, sagte er, er sei der Sohn eines Gastwirts in Zwota, er werd« sofort um Geld nach Haufe telegraphieren. Tie Kellnerin ging mit zur Post und während das Mäd chen am Schalter das Telegramm aufgab und bezahlte, machte ihr freigebiger Gast sich aus dem Staube. Eine zweite Zechprellerei hat N. zwei Tage danach in d«r „Walhalla" in Chemnitz verübt. Dort gab er sich für den Sohn des Besitzers eines Restaurants in Lerpgig aus. Als sein« Zech« den Betrag von 7,60 -N erreicht hatte, wurde er nicht mehr gesehen. Einer Unterschla gung hat N. sich dadurch schuldig gemacht, dah er 5 «tt, die er aus dem Verkauf« eines Waffenrocks für einen Kameraden gelöst hatte, nicht abgab, sondern für sich verbrauchte, seinen letzten Streich verübte N. am 31. Juli. Einige Zeit vorher hatte er eine Frau Kl. in Geyer ausgesucht, Grühe von ihrem Sohn« bestellt und «in Gefch.-nk von 5 Ut erhalten. An dem genannten Tage sandte er an Frau Kl. von Chemnitz aus ein Telegramm: „Sende mir sofort 20 -st nach dem Bäckerh«im. Dein Sohn Hans." Als cr nun im Bäckerheim auf das ltzeld wartete, das Frau Kl. aber nicht abgeschickt hatte, erschien statt des G-löbriefträ- gers ein Kriminalschutzmann, der ihn verhaftete. In der Verhandlung vor dem Kriegsgerichte legte N. ein volles Geständnis ab, er bestritt nur die Absicht der Fahnenflucht. Wegen unerlaubten Entfernens von seiner Truppe, Preisgabe eines Dienstgegenstandes, Diebstahls, Unterschlagung, Betrugs und Betrugsver suchs wurd N. unter An.cchnung von drei Monaten der erlittenen Untersuchungshaft zu sechs Mo naten Gefängnis und Versetzung in di« zweite Klass« des Soldatenstandes verurteilt. Kaufminnsgericht. Leipzig, 24. November. Die Vollmacht des Vertreters. Ist ein Kläger oder ein Beklagter verhindert, seinen Termin per sönlich wahrzunehmen, dann hat er, wenn er dem Erlaß «ine» Versäumntsurtetl» au» dem Wege gehen will, einen Vertreter zur Verhandlung zu schicken. Dieser Vertreter hat «ine von seinem Auftraggeber schriftlich ausgestellte Vollmacht vorzulegen: dabei ist aber wohl zu brachten, was gar nicht genügend be- kannt zu sein scheint, daß die,« Vollmacht nicht eine Terminsvollmacht «ein darf, sondern eine Prozeh- Vollmacht sein mutz. Verichtigung. J»n der Butztagsaufführung des Bachoereins in der Tyomaskirche spielten infolge Erkrankung der aui dem Programm uns in unserem Bericht genannten Herrcn Professor Dr. Max Seifsert- Berlin und Kurt Eorn-Leipzig Herr Hermann Mayer- Leipzig den Flügel und Herr Gottfried Deetjen- Hamburg di« Orgel. Berlin, 24. November. (Priv.-Iel.) Die Lichtenraver Vomdenassäre beschäftigte beute die Strafkammer de» Landgerichts 2. Angeklagt waren der Schuhmacher Kempen und seine Ehe frau wegen versuchter Erpressung durch anonyme Briefe und gleichzeitig Bedrohung mit einem Ver- brechen. In diesen Briefen wurd« Ende Juni und Anfang Juli 1910 der Eigentümer Otto Kraatz in Ltchtenrade unter wiederholten Drohungen auf. gefordert, in einer Blechbüchse an näher bezeichneter Stelle, die der Briefschreiber beobachten könne, 8000 Mark niederrulegen. Al» Kraatz aus Neugierde die dort vergrabene Blechbüchse aufhob, erfolgte eine Explosion, durch welche er verletzt wurde. Als ver meintliche Täter wurden zunächst die Brüder Nademeyer verhaftet, bis sich ihr« Unschuld her- ausstellte. Kempen wurde zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, seine Ehefrau wurd« f r ei g e s p r o ch e n. 6. Dortmund, 24. November. Der zweite Ohm-Prozeß. Der zweite Ohm-Protest nahm heute vor der hierfür eigens gebildeten Hilfsstraftammer seinen Anfang. Der Anklage liegt im wesentlichen die Gründung der Alemannia-Brauerei in Dortmund zu Grunde, bei der die Angeklagten nicht korrett verfahren sein sollen. Angeklagt. sind diesmal außer Ohm der Kaufmann Kohl- eppel. der Bücherrevisor Hartwig und der Bankdirektor Quantz. Es wird ihnen zur Last gelegt, dah sie als Gründer oder Mitglieder des Vorstandes der Alemannia-Brauerei A.-G. zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft in das Hauptregister wissentlich falsche Angaben aemacht Haden. Dre Anklage vertritt Staatsanwalt Fuhr mann die Verteidigung liegt in den Händen der Rechtsanwälte Frank tl. Nutz, Kohn-Dortmund und Westhaus-Düffeloorf. Vor Eintritt in die mate rielle Verhandlung beantragte Rechtsanwalt Dr. Westhaus dre Verbindung dieses Prozesses mit dem An fang nächsten Jahres zur Erledigung tommcnden großen Niederdeutschen Bankprozeffe wegen Bilanz verschleierung. Er betonte im Namen de» Ange klagten Hartwig, der auch in diesem Hauptprozeß angeklagt sei, daß sich dessen Handlungen nur im Zusammenhang würdigen liehen. Es dürfe nicht jetzt eine einzelne Untreue Hartwigs aus diesem Zu sammenhang herausgerissen zur gerichtlichen Avurtei - lung gelangen. Das Gericht lehnte den Vertagungsan trag ab, weil tein enger Zusammenhang bestehe zwischen der Gründung der Alemannia-Brauerei und den an geblichen Bilanzverschleierungen bei der Nieder deutschen Bant. Die Vernehmung der Angeklagten zeigte in bezug auf die Art ihrer Verteidigung das selbe Bild wie in dem Prozeg wegen Depotunter- schlagt ng. Ohnl erklärte wiederholt, datz er sich in dieser Sache durchaus unschuldig suhle. Alle Einzel, heiten über die Gründung der neuen Aktiengesellschaft, alle Entwürfe und Verträge habe Hartwig bearbeitet. Hartwig dagegen suchte die Schuld möglrchst von sich abzuwalzen uno bestritt ebenso wie die anderen Angeklagten, strafbare Handlungen begangen zu haben. Die Vernehmung der Angeklagten ergab, datz die Gründung der Aktiengesellschaft Alemannia- Brauerei am 18. Dezember 1909 erfolgte. Gründer waren der Fabrikbesitzer Karl Mannesmann in Remscheid, der Fabrikbesitzer Heinrich Overbeck in Barmen, der Generaldirektor Daten in Oder kassel, der Bankbirektor Wieching in Osnabrück, der Rechtsanwalt Ellerbeck in Dortmund, die Lünener Bank, vertreten durch Direktor Quantz, und die Niederdeutsche Bank, vertreten durch Direktor Ohm. Die Niederdeutsche Bank verkaufte die von ihr für 300000 übernommene Alemannia- Brauerei für 950 000 >6 an die neue Aktien gesellschaft, ein Verkauf, in dem die An klage die Uebergründung sieht. Dre Angeklagten bestritten die Richtigkeit dieser Anklagebehauptung. Sic nahmen Bezug auf mehrere Taxen, die den Wert der Alemannia-Brauerei auf etwa 980 000./L geschätzt hätten. Sie hätten daher des Glaubens sein können, datz die Brauerei wirklich diesen Wert habe. Wir werden über den Ausgang des Prozesses berichten. Musik. Leipzig, 25. November. Klavierabend von Frederic Lamond. Beethoven redete zu uns durch Flederte Lamous, einen seiner größten Apostels Des Künstlers Grötze spricht nicht allein aus der jo umfassenden Deutung solch wunderbar^ Werke wie der Sonaten Op. 110 und 111, die neben i«ner berühmtesten „für das Hammer klavier" Gedanken von tiefster Ruh«, gewaltiger Er habenheit und fortreitzender Leidenschaft in sich vergen. Eines Frederic Lamond Bedeutung al» Mu siker, Künstler und Mensch tut sich u. a. vor allem auch dar in der ganz eigenartigen Behandlung, Auffassung und Vorführung solcher Komposition«« jenes eryabe- nen Meisters, die die W«lt im Gegensatz« zu denen seiner letzten Lebenszeit als kleinere- zu bezeichnen pflegt. Wie fein und musikalisch rücksichtsvoll behan delt z. B. der Künstler das Detail d«r Ecksätz« der G-Dur-Sonate aus Op. 31, wie lägt er in «inem Allegretto, einem Rondo unverhofft manch« gefühlt schwer« Nebennot« erklingen und wie eingehend oezaht er sich nicht mit d«r Darstellung auch der kleinsten Gedanken, die als geistreiche Nebenzüg« ab und zu auftauchen. Lamond befleißigt sich einer im höchsten Sinne künstlerischen Objektivität. Er hält sich streng an den musikalischen Buchstaben dieses künstlerischen Neuen Testamentes als das Hans von Bülow einst Beethovens sämtliche Sonaten bezeichnete, und er musiziert, möchte man sagen, mit fast unerbittlicher Streng« nach den Dortragszenhen, wie sie nun einmal der von ihm über alles geliebt« Grogmeister ange geben hat. Aber dos macht den Reiz, die lleber- ,zeugungskraft und Unwiderstehlichkeit des Lamond- scheu Vortrags aus, datz eben dies« Objektivität zu gleich di« Ausstrahlung einer ganz eminenten künst lerischen Persönlichkeil ist, die "man nicht allein be wundert, sondern der man glaubt. Hieraus ent springt auch di« Freiheit und doch immer durch das Gesetz relativ in gewiisen Schranken gehaltene Ünge- bundenheit, nut der ein Lamond Beethovens G Moll- Fantasie darbietet und immer wieder damit d«n über zeugendsten Nachweis erbringt, nicht der Gedanke an sich allein, sondern auch die Darstellung mache das Kunstwerk und seinen Wert aus. Wenn man Grill parzers Wort, klassisch ist fehlerfrei, in der umfassend sten und weitgehendsten Deutung versteht und an nimmt, so mutz auch die Interpretation Beethovcn- schcr Pianofortewerke als durchaus klassische gepriesen werden. Lupon Lezfnitr. Paltor Ruüoll Mühlhausen über Synode. Kult»»»inift«rinm »nd Schulreform. t. Leipzig, 25. November. Der „Sächsische Schuloerein zur Reform de» Religionsunterrichts, Ortsgruppe Leipzig" veran staltete am Freitagabend «ine öffentlich« Versamm lung in der Aldertyall« de» Kristallpalaste», di« von etwa 1500 Personen besucht war, und in der Pastor Rudolf Mühlhausen über da» obenstehende Thema sprach. Der Redner schickte di« Bemerkung voraus, datz er nicht als reformierter Pastor spreche, sondern für sein« Ausführungen al» Staatsbürger persönlich di« Verantwortung übernehme. Er erklärte sich für die einheitlich« Volksschule, denn bei der Jugend ist mit der sozialen Arbeit zu beginnen. Di« Kirch« aber, so führt« er weiter au», hat di« Pflicht, für di« Verbrüderung der Menschheit zu wirken. Di« Synod« hat damit, datz sie -er einheitlichen Volks schule noch mit keinem Worte gedachte, diese bekämpft. Die Schule aber, wi« st« jetzt oesteht, ist dazu angetan, den konfesfionellen Zwiespalt zu vergrötz«ren. Die sich schroff gegenüberstehenden Konfessionen lernen sich ver stehen und achten in der konfessionslosen Schul« mit ihrer ehrlichen Objektivität. Di« völlige Trennung von Kirche und Schule — wi« sie schon bei der Be ratung des jetzt geltenden Schulgesetzes von einzelnen anqestrebt wurd« — bedeutet den Frieden zwischen beiden. Die geistlich« Schulaufsicht ist eine antiquiert« Institution, und di« Geistlichen müssen sie als un würdig empfinden, da sie Meister spielen sollen, wo ihnen jede Kenntnis fehlt. Weiter stellte der Vor tragende das Christentum der orthodoxen und der modernen Auffassung gegenüber und führte aus, die Religion sei Sache des ganzen Menschen, sie werd« nicht mit dem Kopfe gemacht, aber von ihm kon trolliert. Nach der persönlichen Auffassung des Redners hat die Schule die Kinder nicht für eine be stimmte Religion zuzustutzen, sondern für die Reli gion empfänglich zu machen. Di« Frage der Reform des Religionsunterrichts ist brennend geworden, w«nn aber die Synode den Katechismus aufrcchterhalten will, der für Lehrer und Kinder ein Kreuz ist, so be weist sie, datz sie di« schreiende Not der religiösen Kris« nicht verstanden hat. Der Referent schloß mit den Worten: „Gebt dem Staate, was de» Staates, der Kirch«, war der Kirche, aber auch der Schule, was der Schul« ist." Di« Anwesenden spendeten ihm lang- anbaltenden Beifall. — Reichstagsabgeordneter Justizrat Dr. Iunck drückte in einem vom Versamm lungsleiter Rechtsanwalt Brecht bekanntgegebenen Telegramm sein Bedauern aus. datz er durch ein« politische Versammlung am Erscheinen verhindert fei. — In der Diskussion verteidigte Pfarrer Müller lL.-Neustaöt» die Beschlüsse der Synode, nach ihm er hielt Pastor Mühlhausen das Wort zur sofortigen Entgegnung. Nachdem Vereinsgeistlicher Schu mann sich als der orthotoren Richtung angehörig bekannte, sprachen mehrere Redner für di« Ausfüh rungen Pastor Mühlhausens. Schlietzlich fotzte die Versammlung folgende Resolution: Gegenüber den Beschlüssen der Synode verlangen wir, di« auf Einladung drr Ortsgruppe Leipzig Les Sächsischen Schukvereius zur Reform des Religions unterrichtes in der Alberthalle des Kristallpalastes versammelten Väter und Mütter unserer Schuljugend, «inen d«m Kulturleben unserer Zeit entsprechenden, von allem Dogmatismus und Bekcnntniszwang be freiten kindertümlich«n Religionsunterricht. Wir fordern Glaubens- und Gewiffensfrcihcit auch iür di« Jugenderziehung. Literatur. Earl Maria von Weber. Briefe an den Grafen Karl von Brühl. Her ausgegeben von Georg Kaiser. Mit zwei Bildnissen. Leipzig, Verlag von Breitkopf L Härtel. 1911. Die oben ange,zeigte Sammlung enthält die samt lichen, nämlich 48 Briefe des Komponisten Carl Maria von Weber an den Grafen Karl von Brühl, den Intendanten der Königlichen Schauspiele in Berlin, und umfaßt Len Zeitraum von Oktober 1814 bis Februar 1820. Sie stammen aus der Reifezeit des großen Tonpoeten und nehmen eingehend Bezug auf Weocrs Berufung nach Berlin, teilen nicht wenige Urteile mit über Zeitgenossen und Werke und verbreiten sich auch über Webers bekann teste Schöpfungen, die Bühnenwerke „Freischütz", „Preziosa", „Euryanthe" und „Oberon". Das mit zwei Porträts geschmückte Buch bilder die ebenso not wendige wie willkommene Ergänzung zu den scbon vorhandenen Brieffammlunaen von Carl von Weber, Hinrich von Lichtenstein, E. Ruvorsf und L. Nohl. Zahlreiche Fußnoten dienen zu besserem Verständnisse der Sachlage und Verhältnisse, ebenso wie die mannig faltigen Hinweise auf die gesammelten Schriften Carl Maria von Webers. Im oben genannten Ver lag soll in absehbarer Zeit auch eine Gesamtausgabe der Weberschen Briefe erscheinen. L. 8. Gerhart Hauptmanns dramatisches Schaffen. Eine Studie von Pros. Dr Julius Röhr. Dresden und Leipzig, E. Piersons Verlag. Preis 4 .tl. Ueberall wird die das ganze Schaffen des Dichters bis ins einzelnste b«einflussente darwinistisch- monistische Weltanschauung nachgewiesen. Es wird gezeigt, wie ihn dies« Weltanschauung dazu bringt, überall nur Opfer des übermächtigen Weltlaufes zu sehen, wie der Begriff des Frevels und damit die Schuldfrage im Drama schwindet und eine manchmal zu w«it gehende Milde in der Beurteilung, ein alles Verstehen und alles Verzeihen Platz greift, der eine mehrfach deutlich ausgesprochene Anklage der Grau- samkeit des Weltwesens entspricht. G. Ferrero. Die Dichter Roms. Kulturbilder aus „Grötze und Niedergang Roms". Mit Nach wort von Walter Lohmeyer und Bildnis Ferreros. Preis geh. 1 .<l. Verlag Julius Hoffmann, Stuttgart. Di« Bilder, di« Ferrero in seinem großen Werke von den Dichtern Roms und den durch sie vertretenen Kulturströmungen entwirft, erscheinen hier aus dem politischen Zusammenhang losgelöst als selbständiges Bändchen, um das Neue an ihnen deutlich«! erkennen zu lasten, als es im Fluß der Gesamtdarstellung mög lich ist, und um von drr Lebenssülle des alten Rom auch denjenigen ein« Vorstellung zu geben, denen die Zeit mangelt, Las umfangreiche Gesamtwerk des Turiner Professors zu lesen. Das hübsch ausgestattete Büchlein sei allen Liebhabern geistreicher Lektüre bestens empfohlen. Karl Han» Strobl. Das Frauen Haus von Brescia. Halbpergamentband. Mit farbigem Um- ichlao Vita, Deutsches Verlagshaus, Ber lin-Eh. Preis 3 .st. Der heikle historisch« Stofs ist von Strobl in einer schlichten, aber um so wirksameren Form und mit großer Dezenz behandelt. In wunderbarer Plastik erstehen seine Personen zum Leben und zum Leiden, Zum« Kats«! Roman von Freiherr Lambert Wilhelm von Babo. Kartoniert 3. Verlag der Hof buchhandlung Friedrich Gutsch in Karlsruhe. Der Verfasser hat e» verständen, dies« Ereignisse in «inen spannenden und farbrnreirben Roman «in zuflechten. Er albt uns zugleich «in hochinteressantes, dramatisches Bild: ein kommendes, der Größe ent- gkgenaehende», und «in zwar noch hochstehendes, aber schon dem Schicksal verfallenes Kaiserreich. Manche intim« Einzelheiten werden hier der Vergessenheit entrissen. Richard Otto Frankfurter. Di« Geschichte der Giustintant. Oesterheld L Co., Berlin 15. 3 Die Sprache dieses seltsamen und zugleich origi nellen Buches ist gleichsam in Duft und Farbe ge taucht und bildet «inen nicht unwesentlichen Anteil an dem Zauber, der aus diesem Bucke den Leser in seinen Bann zwingt. Venedigs alt» Pracht, dir nächtlichen berauschenden Stimmungen des „Ca- nale grande" sind meisterhaft geschildert und lebendig geworden. Otto Rühle. Das proletarische Kind. Eine Mono graphie. Geh. 3 -st. Verlag von Albert Langen in München. Ueber den Nachwuchs der unteren Volksschichten, aus denen doch immerwährend« Verjüngung steigen sollte, hat man bisher noch nie in zusammenhängen der und umfassender Weise der Oeifentlichkeir be richtet, ja auch den an der sozialen Fürsorgelrewcgung teilnehmenden Kreisen und Faktoren sind die trauri gen Tatsachen des elenden Daseins der proletarischen Kinder wohl nur in Einzelheiten bekannt. Otto Rühle hat sich der Ausgabe unterzogen, in seinem Buche wie in einem Brennspiegel all die erschrecken den Tatsachen über den heutigen Entwicklungsgang der proletarischen Jugend zu sammeln: und ein scharfes Lickst fällt auf die einfach unmenschlichen Verhältnisse der unteren arbeitenden Klassen und läßt insbesondere die Leiden der Kinder jener Volks schichten in erschütternder Deutlichkeit vor uns er scheinen. Richard Küa», Vom Baum der Erkenntnis. Deutscher Kolonialroman. Leipzig, Paul List. x Geh. 3 ^t, gebdn. 4 -stt. Wer yoch trotz und trotz sein deutsches Vaterland liebt der wird in dies« Liebe auch unsere Kolonien etnschließen. Wi« «« dort zugeht, zu erzählen, ater nicht durch trocken« Beschreibung, sondern in «inen Roman verflochten, war wohl Richard Küa»' Zweck nur. Nicht mit Prätention tritt Kiias auf. Nein, er will eben nur erzählen. Dieses Nur tut wobl und lädt zum Lesen, wir wollen mit dem Verleger -offen, recht viele ein. llug-o Oswastl. Johannes Lose, „Ein Bouapactefeinb". Abenteuer und Ämouren deS Oberstleutenant von Wahren. L Bände. Brosch. 7.50 .k. Verlag S. Un gleich, Leipzig. In diesem seltenen, einzigartigen Buch« ist alles, selbst daS Abenteuerlichste, wie die Geister und Ge spenster des alten Mauren-Kastells, wie der nächt liche Guerilla-ÄotteSdienst in den Klosterkatakomben und der gräßliche Leichenfund der Zisterne, real, wirklich, wahrhaft erlebt, mit eigenen Augen ge schaut, aber die Wirklichkeit und Realität ist Seite für Seite wi« «in phantastischer, packender, erstaunen ¬ der, erschütternder Roman. Ter wunderbare Bona- partefeind, wi« ihn unS nur ein seltener Tichler wie Johannes Dos« bescheren konnte, fesselt jeden Leser derart, daß er den, der zn lesen beginnt, nicht lvslctßl. Jngelid Edmund. „Tie Tochter deS StrandvogtS". Roman. Drosch. 3.50 ZL Verlag E. Ungleich, Leipzig. Eine edle Gesinnung, ein tiefes Gottvertrauen liegt über dem Ganzen, jedoch so unanffällig, ohne kaum Erwähnung zu finden, daß wir eS zwischen den Zeilen lesen müssen. Lnise Hotop, „Tie Fremde." Roman ans der Marsch. Brosch. 2.80 Verlag E. Ungleich, Leipzig. Mit großer Natürlichkeit, mit packenden, er greifenden Worten schildert Luise Hotop ein an Tro st! reiches Menschenleben- sie läßt uns in die onnigen Höhen, aber auch in die düsteren Tiefen -eS Lebens blicken. Ein Schlagwort der Zeit. Roman von Fedor von Zsobeltitz. Illu striert von M. Barascudts. Preis geheftet .st 3. Carl Krabbe Verlag, Erich Gusfmann, Stuttgart. Mit kundiger Feder sind besonders die Wechsel beziehungen zwischen Kunst und Leben zur Dar stellung gebracht worden. Di« uwgemckin flotten Illustrationen von M. Barascuts sind «ine reizvolle Zugabe. verelnsnaHriHien. * De, Leipziger Theaterverei« fS. V.) veranstaltet am nächsten Tonntag sTotensountag) im stiablifscmeist .Laudiouci" einen groß«« Theaterabend: zur Vuisührung gelangt: .,.--.°ob! iäier der Menschheit" von Philippi, bei kleinen Preise». Heute abend >49 Uhr veranstaltet -er Deutsche Natioiral- bnnd im Restaurant .Martengarten", y.ulstrake Ist, einen Vor tragsabend. Fabrikbesitzer M. Zchubert spricht über: .Tic Arbeiterfrage und Li« nächsten Neich.-iaaswahlen." Hieraus freie Aussprache. Eintritt siir jedermann frei. Vergnügungen. : Sriftallpalost-Theater. Ingenieur Bohle mit seinem lenk- baren Luftschiff sowie die übrigen Künstler-Lpezialiiäleu treten nur noch an fünf Abenden auf. — irs sei daraus hingewiesen, dah die Vorstellung präzise um 3 Uhr beginnt. : Der L»d i» »er Dichtung. Al« Märchenerzähler hat sich Silbelut Slobe» in Leipzig auherordenilich gut eingesithrt. (5r, der den Beweis erbracht, dah er es vorzüglich versiebt, mit dem Gemüt des Kindes zu rechnen, wird sich morgen, am Totensonntag nachmittag als Interpret seriöser T ichtungen einem literatursrenndlichen Publikum vorstellen. Tas Pro gramm, das sich der Wiesbadener Literal erwählt bat, könnte man unter dem Geiamtlitel: .Ter Tod in der Tichtunp" zu- sammensaisen. Es umfasst N Lummern,- es bcsinde» sich dar unter poetische Produkte von Gerhard Hauptmann, i7uo östick Hartleben, Teilen pon Lilicncron, Rudoli "sresb-r, stindoli verzog, Josef Lanis nun. Auch Proben eigener Poesie wirs Wilhelm Elobe» nicht sehlcu lassen. Tie Vorlesung beginnt nachmittags 1 Nhr Im .Alb-rttheater" jHotel Ttadt Nürnberg). Literarische Anzeigen. fil>üL»itIe»eI!lii>iiIei'1elt«!ii8vej'iiieil. Ein Univrr plhau^ichav Mtnichlichen Geistr-lebenS. Ein LebrnSspirgrl. Eine Fundgrube von Grl-nnken aus dem Be reich« d«r Nniur. deS LrbrnS und der Kunst. E ne Q:«Ue der Anregung für Geist u Gemüt. Gedanken. Anschauungen». Betrackstun .en über Natur u. Leben, über Kunst u Wissenschaft in Aussprüchen von Dichtern, Pbilosovbcn, Künstlern. Schrist- ilellrrn u. au-5 fern Dolklmunde, c-I < Beiträge --u acr ens- lebre. 2ilurleBäi>beiuit. Liriaiua bauc u. instaiiu iS. r^itric . sillustrnlionen. Gewicht 4'/, ttilo ltrüher 24 Pre«S 12 D»r»rtzee«str«i,e 1 (Rihe r»tztztrub«d). ä»»7
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