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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111113022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-13
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Abend-Ausgabe ripMcr TaMM » . ... s "692 tNächtaufchl.» Tel.-Tinschl. i " 8»L i 14 8S4 «-i..A»sch>.jüZ- Handelszeitung Amtsblatt des Rates und des Rakizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- für Inserat» au» vetptia und Umgebung di, llpaltig» Pelitieile APf, b„ Reklame» teile l Mt von auowärt» 3» Pt. Reklamen I^tl Mk. Inlerat« von Behörden tm amt- lichen Teil dl« Petitteil» SV Pf E«tchäst»onj»ig«n mit Plahvorschrtste« im Breil» erhöht. Rabat« nach Taris «eilagegedühr Selamr» auslag» b Mk. o Tauiend erkl. Postgebühr. Teilbeilage Huber. Fefterteilte Aufträge können nicht »urück- gezogen werben. Für da» Erscheinen an oestimmten Tagen und Plagen wird kein» Garantie übernommen. An,eigen - Annahme I,tzanui»g»Is» 8. bei lämilichen Filialen u. allen Annoncen» Elpeditionen de» In- und Au.lande» Druck und Verl»» »«« Fischer L Kürst»» Inhabern Paul Aürfte». Redaktion und S»schist»st«ll«: Iohannisgass« L Haupt-Filiale Dresden: Eeestrage ch I llelephon E1Ü Nr. 3lS. Momag, den IS. November iS'l. lO5. Myryany. irE" Unsere heutige Morgenausgabe umfaßt 12 Seiten, die Abendausgabe 8 Seiten, zusammen 20 Leiten. Msrvkkll-Sypnose. Bon Dr. Paul Rohrbach. Es ist eine merkwürdige politi.che Stimmung, die seit einer Reihe von Monaten die öffentliche Mei nung Deutschlands erfasst und in diesen Tagen sich vis zum Siedepunkt gesteigert hat. An sich könnte es jeder deutsche Patriot nur mit Freuden begrüßen, wenn die Gesamtheit der Nation mit Interesse an der auswärtigen Politik teilnimmt, und selbst wenn sich diese Teilnahme bis zu einer gewissen Leiden schaftlichkeit erhebt, so braucht das noch kein Nachteil für die Führung der politischen Geschäfte zu jein. Die Stimmung der Presse und der weiteren Oestent- lichieit ist ein Faktor, mit dem die leitenden Staats männer in andern Ländern gut zu agieren wissen, und gerade in Deulichlano hat es von jeher einen Mangel unserer politischen Befähigung gebildet, daß die aus wärtigen Dinge die breiteren Schichten des Bottes nur wenig interessierten Aus der brennenden An teilnahme an Sem Marokkohandel wird man vielleicht Ho fnung schöpfen dürfen, daß fortan die spießbürger- liche Stimmung, die mit Behagen „hinten weit in der Türkei'' die Völker aufeinandcrschlagen läßt, unter uns verschwindet. Sie ist eines großen Volkes nicht würdig. Leider hat sich aber unser Furor tautouious in Sachen Kongo und Marokko auf ein weniger geeig netes Objekt geworfen, und so wohltuend es stim- mungsgemäß auch sein inag, sich diesem und jenem kräftigen Worie in Presse und Reichstag hinzugeben, so notwendig ist es, daß wir uns fachlich etwas zur Besinnung zurückrufen. 26er sich an die Haltung der deutschen nicht verantwortlichen Orssentlichkeit während des Burenkrieges vor zwölf Jahren erinnert, der wird nicht umhin können, ge wisse Aehnlichkeiten zwischen damals und heute zu bemerken, und er wird sich erinnern, wie wir nach der Beendigung des südafrikanischen Ringens allen Grund zu der Einsicht hatten, daß wir zwar schwung volles Empfinden, aber nicht ebenso- viel politische Einsicht produziert hatten. Damals verlangte unsere öffentliche Meinung, oder doch ein großer und einflußreicher Teil von ihr, Inter vention zugunsten der kämpfenden Buren, aber man gab sich keine Rechenschaft darüber, wie das geschehen sollte. Der einzig praktische Weg wäre doch die Zu mutung an England gewesen, cs möge die Selbstän dig eii der Bnrenstaaten bestehen lassen. Eine solche Forderung hätte, wie heute jedermann weiß, den '.inez mit England und Frankreich zu einer Zeit bedeutet, wo unsere Seemacht noch kaum imstande war, mit der englischen zu fechten. Trotzdem machte man der Regierung mit Leidenschaftlichkeit den Bor wurf der Schwäche. Ganz ähnlich liegen die Dinge jetzt. Ebenso wie cs für die deutschen Interessen nützlich gewesen wäre, wenn sich das Burentum in Südafrika politisch unab hängig erhielt, ebenso erfreulich und noch wichtiger wäre ein deutscher Anteil an Marokko. Es ist sogar behauptet worden, die Franzosen hätten uns vor der Konferenz von Algeciras ein Stück von Marokko an- zeboten, wenn sie für den Rest unserseits freie Hand behielten. Das ist Legende. Richtig ist, Sag Zus üer Lahn gelchleuüert. :rs Roman von Carola v. Eynatten. IRachdruck vcrboicn.f Szarotta stand starr, ungewiß, ob sie wache oder -räume; etwas Aehnlichcs hatte sie nie gehört. — Sie schaute wieder nach Fraulein Schuster und sah, baß sie auffallend bleich geworden war und daß ihre Augen funkelten. „Herr Iuharcz, ich muß sehr bitten, sich zu mäßigen!" sagte sie, sich kerzengerade aufnchtend und ungemein entschieden. Dann winkte sie dem jungen Mädchen, hinauszugchen und der emp fangenen Weisung zu gehorchen. Szarolta flog mehr nach dem Schlafsaal, als sie ging, und als sie drinnen angelangt war, warf sie sich atemlos auf den Stuhl neben ihrem Bett. Ihre Brust war wie von eisernen Reifen umschnürt. Was sie empfand, war nicht eigentlich Furcht, mehr ein Grauen vor dem, was die Zukunft bringen würde, die in ihres neuen Vormunds Gestalt zum erstenmal greifbar vor sie hintrat. Ter rohe Mensch sollte Onkel Kolmans Stelle bei ihr vertreten, er ihr Vormund sein, dem alle Rechte über sie eingeräumt waren?! — Das mar das Signal zum Kampf! Nach einigen Minuten erhob sie sich und schloß ihren Schrank auf. Ein Schmuckkästchen von Silber, reich gearbeitet, stand darin, und Szarolta holte es mit bebender Hand heraus. Es barg ihre liebsten Andenken an Onkel Kolman. Dann knöpfte sie den .ragen ihre Bluse auf und zog ein etwa 5 Zenti meter langes, doppelreihiges Brillantkreuz heraus, das sic an einem starken Goldkettchen unter dem Kleide verborgen am Hals trug. Wie aber die großen schönen Steine vom reinsten Wasser ihr cntaegenfunkclten. brachen Tränen aus ihren Augen und sie brachte das Kreuz schleunigst wieder an seinen Platz. — Nein, von diesem Stück wollte sie sich nicht für eine halbe Stunde, nicht einmal für eine Minute trennen, des Armenrats plumpe Hand durfte es nicht berühren! Wie jedes Jahr nach den Weihnachtsfericn, die sie mit dem Verstorbenen stets an einem klimatischen Kurort Südtirols oder an der Riviera verlebt, hatte üe auch diesmal bei der Rückkehr in die Pension ein Abschicdsgeschenk von ihm erhalten, eben jenes Kreuz, das im Schaufenster eines Juweliers ihre Bewunderung erregt hatte. Es war seither ihr lieb stes Schmuckstück, nicht um seines hohen Wertes willen, den vermochte sie nicht einmal richtig zu be urteilen, sondern weil der Onkel es ihr in der Ab Frankreich damals die direkte Verständigung mit Deutschland der Konferenz vorgezogen hätte, w-il es das Konferenzergebnis voraussah: Proklamierung der formellen Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit Marokkos, d. h. Vertagung der französischen Ziele aufs Unbestimmte hinaus. Die Anerbietungen ober, die Frankreich zu machen hatte, lagen schon damals inMittel-Afrika, nicht in Marokko. Fragt jemand, weshalb wir denn das jetzige Ab kommen nicht schon vor Algeciras geschlossen und uns auf diese Weise die ganze weitere Entwicklung des Marokkohandels erspart haben, so ist die Ant wort hierauf sehr einfach: zwischen Algeciras und Agadir liegen der Umschwung der Dinge in der Türkei und die Erleichterung, die er uns gegenüber der islamischen Idee gebracht hat. Weitere Ausführungen nach ^eser Seite hin dürften sich er übrigen. Waren wir also durch die Veränderungen am Bosporus einigermaßen von der nicht leichten po litischen Auflage befreit, für ein unabhängiges Marokko einzutretcn, dann versteht es sich von selbst, daß wir die französischen Wünsche nach dem Protektorat über Marokko benutzten, um unsre Interessen wahrzunehmen. Daß diese durchaus in der Okkupation Süd-Marokkos bestanden hätten, kann nur eine unvollständige poli tische Einsicht behaupten. Ein deutsches Süd- Marokko würde für Frankreich bedeu ten, daß im Konfliktsfall von dort aus durch Liefe rung von Waffen, Geld und Führern nach Marokko, Algier und Tunis ganz Französisch-Nordafrika in die Luft gesprengt werden kann; für England aber die Gefahr des Abschneidens der Lebensmittelzufuhr aus Südamerika. Geht doch der Kurs der Fleisch- und Weizenschiffe aus Argentinien dicht an Agadir vorbei, und wenn wir auch hundertmal versicherten, Laß wir dort keine Flottenstation errichten wollten, so würden uns die Engländer das doch nicht glauben. Das Pro gramm „Süd-Marokko Deutsch" ließe sich also erst ver wirklichen, wenn wir die entgegen stehenden L e b e n s i n t e r e s s e n Frankreichs undEng- lands mit bewaffneter Hand nieder gedrückt haben. Wollten wir das und glaubten ioir das zu können, dann allerdings wäre es einfacher, gleich ganz Marokko zu nehmen und den ganzen fran zösischen Kongo samt Dahomc', Nigeria, Madagaskar, Britisch-Ostafrika und Dschibuti dazu! Wo aber ist der deutsche Patriot, der aus Anlaß des Marokkohandels die ungeheure Verantwortlichkeit des Weltkrieges im Ernst auf sich nehmen wollte? Welche Sühne würden diejenigen, die über Marokko zum Konflikt riefen, dem Vatcrlande zahlen können, wenn unser Seehandel vernichtet ist und die Flagge Englanos oder Frantreichs über unseren afrikanischen Kolonien weht? Wer will die Garantie dafür über nehmen, daß wir siegen? Aber wenn wir nicht mehr anders können, dann dürfen und müssen wir schlagen — aber der Fall lag bei Marokko nicht vor. Frankreich hat für unsere Zustimmung zu seinem Protektorat über Marokko einen dreifachen Preis bezahlt. Erstens hat es darauf verzichtet, seine koloniale Wirtschaftspolitik, die fremde Na tionen möglichst ausschließt, auch aus Marokko zu übertragen. Hält es die Zusage, so ist es gut; hält es sie nicht, dann beginnen wir eben die Unterhaltung zu einem für uns gelegenen Moment von neuem. Erst wenn wir das unterlassen, dann könnte und müßte von deutscher Schwäche gesprochen werden. Zweitens hat Frankreich uns 27.', OVO Quadratkilometer seiner Kongokolonie abgetreten; wir ihm entgegen 12 000 von Kamerun. In diesem unserem Erwerb liegt Gutes und Minderwertiges nebeneinander; ihn für wertlos zu erklären, vermag nur Unkenntnis, Vor schicdsstunde eigenhändig umgebängt hatte. Von da war es an ihrem Halse geblieben, ängstlich unter dem Kleid vor jedem Blick verborgen, denn sie fürchtete, Fräulein Schuster möchte es ihr sonst zur Aufbewahrung abnehmen, wie im Vorjahr die Perlenschnur mit der Rubinschließe. — Niemand hatte das Kreuz gesehen, niemand wußte davon — nein, das bekam der neue Vormund nicht in seine Gewalt! — Die Lippen fest aufeinandergcpreßt, in den Augen erwachenden Trotz, so betrat Szarolta zum zweitenmal die „Direktion", und das erste, was sie erblickte, war die Perlenschnur vom vorigen Jahr, die vor Herrn Iuharcz auf dem Schreibtisch lag. Andere Schmuckstücke lagen daneben. Schweigend setzte Szarolta ihr Kästchen ebenfalls vor den Vormund, der es sofort mit seinen stumpfen, viereckigen Fingern betastete, dabei murmelnd: „Smeint echtes Silber zu sein!" Er drehte den im Schloß steckenden Schlüssel herum, leerte den Inhalt des Kästchens auf den Tisch und fragte, das Mädchen scharf fixierend: „He du, ist das alles?" „Za." „Und der Brillantring an deinem kleinen Finger?" „Ist ein Geburtstagsgeschenk von meinem Onkel." „Her damit!" „Den gebe ich nicht her. Onkel hat ausdrücklich verlangt, daß ich ihn immer tragen soll", erklärte Szarolta entschieden. „Das sagst du aber kein zweites Mal nich, du elender Fratz, du! — Die Brillant- und Schmuckzeit is für dich 'rum. Hat der Herr Esallovarr) einen Modeaffen aus dir machen wollen, so Hütt' er dir auch 's erforderliche Kleingeld dazu geben sollen! — Her mit dem Ring oder ich hol' ihn mir!" Das junge Mädchen hatte die brillantgeschmückte Hand in die Tasche ihres Kleides geschahen und rührte sich nicht. „Szarolta", begann die Pensionsmutter sehr ein dringlich. „dein Vormund hat das gesetzliche Recht, unbedingten Gehorsam von dir zu fordern; durch Widerspenstigkeiten würdest du in große Unannehm lichkeiten geraten!" Szarolta mochte wohl selbst fühlen, daß der Augenblick zu ernster Auflehnung noch nicht ge kommen war, denn sie riß den Ring vom Finger und schleuderte ihn mit haßerfülltem Blick auf den Tisch. Ohne von dieser Ungezogenheit Notiz zu nehmen, sagte Iuharecz trocken: „Paß auf, was ich dir sagen eingenommenheit oder persönliche Gereiztheit. Daß wir jetzt Geld hineinstecken müßen, ist selbstverständ lich, und wer darüber jammert, mag ein gewiegter Fraktionspolitiker oder Wahltaktiker sein, aber von Afrika versteht er nichts — wenn es heißt, wir hätten mehr erlangen sollen, so ist das hillige Weisheit. Drittens haben wir teils unmittel bare, teils hedingte Anwartschaft auf weiteren Zuwachs in Zentralafrika samt den nötigen geographischen Unterpfändern dafür erhalten. Ob man sie „Entenbeine" nennt oder anders, ist eine Frage persönlichen Ausdrucksbedürfnisses. Daß die Franzosen einen großen Erfolg erreicht haben, ist sicher. Einen Grund, sie darum zu be neiden, haben wir nicht, weil wir stark genug sind. Die Idee von den drei schwarzen Armeekorps der Franzosen ist aber, was auch gesagt werden möge, ein Phantasiestück. Wenn Frankreich einmal 60 000 modern ausgebildete entlassene Berber, Araber und Senegalen in Westafrika hat, dann kann es 120 000 französische Soldaten hinschickcn, falls es den 60 000 einfällt, sich in Regimenter des Aufstandes zu ver wandeln. Wir wagen es in Kamerun nicht einmal, mehr als einige hundert Mann Schutztruppen aus ein und demselben Negerstamm anzuwerben, weil die Ge fahr für die Folge zu groß wäre! Und sollen dann die Leute vom Senegal und vom Atlas auch die Wei ber nach Frankreich mitnehmen, mit denen sie nach ihrer heimischen Art auch als Soldaten Zusammen leben? Angesichts der Lage kann es nur als eine Art politischer Selb st Hypnose der öffentlichen Meinung, sei es auch als vermeintliche „patrio tische", bezeichnet werden, wenn das MaroUo-Kongo- Abkommen in der LVeise, wie es jetzt geschieht, als „moralische Niederlage Deutschlands" bezeichnet wird, Zu üen tzH 381 unü 3§3 öes ÄngelteMenvergürerungsgeletzes. Der Verband deutscher Lebensversicherungsgesell schaften legte in einer Eingabe an die 16. Reichstags kommission entschieden Protest gegen den von dieser Kommission am 1. November gefaßten Beschlug «in, Lebensversicherungsverträge als Ersatz für die staatliche Angestelltenversicherung nur juzulassen, soweit sie am 15. Oktober be standen. Der Verband erklärte, es sei eine schwere Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit für die A »gestellten und eine außerordentliche Einengung der Gewcrbefreiheit für die Lebensoersichcrungsgesell- schaften, wenn der Abschluß von Lebensversicherungen unmöglich gemacht werde, ehe das Gesetz in Kraft ge treten sei. Mit Nachdruck wies der Verband auch daraus hin, daß der Kommissionsbeschluß vor allen Dingen den Angestellten unverdient schwere Schädi gungen bringe. Da sie vielfach nicht in der Lage wären, wenn ihre Lebensversicherung nicht als Ersatz zrigelassen würden, die Prämie für sie neben den Bei trägen zur reichsgesetzlichen Pcnsionsoersicherung auf zabringen, sei die gezahlte erste volle Iahresprümie sä: sie verloren. Der Verband hob weiter hervor, daß die Befürch tung der Reichstaaskommission, die rechnerischen Grundlagen der Reichsversicherungsanstalt würden cr- sHiittcrt, wenn einige tausend Angestellte Ersatzver- trage bei Lebensverstcherungsgesellschaften eingingen, unbegründet sei. Selbst wenn 10—20 000 Angestellte so verführen, würde dies für die Neichsoersicherungs- I werde. Vergeßlichkeit könnt' dir hintennach leid tun. Daß der Herr Doktor Csallooary dir 10 000 t Kronen geschenkt hat, weißt'. Aus dem Plunder hier k schlag ich nach und nach ein paar Tausend 'raus, und das Fräulein Schuster is so nobel, auf das Pensions geld fürs laufende Trimester mit siebenhundertfünfzig Kronen zu deinem Gunsten zu verzichten. Für ein Krauenzimmer von dein'm Schlag wirst also ein ganz nettes Vermögen kriegen. Bist vernünftig und setzt d-r keine Narreteien in den Kopf, so kannst einmal was Anständiges damit anfangen. Mit dem Fräu- lsinspielen hat's aber ein End', jetzt heißt's, was Rechtes lernen! Du kommst in ein großes Damen konfektionsgeschäft in die Lehr'; Widerred gibt's ukcht. — Eine tüchtige Ladsnmamsell verdient allweil L)i Brot, wird oft gut bezahlt. Vor'm 10. Mai Sannst aoer dort nicht eintreten und am 1. April mußt hier 'raus, darum will dich die Frau Hofrat Kisfalva für die paar Wochen ausnehmen. Nicht van wegen deiner, sondern aus Freundschaft für'n Verstorbenen. — Jetzt weißt deine Sach und kannst gehen." Das junge Mädchen befand sich in einer Auf- regung, die ihm die Sprache raubte. Es verneigte sich und ging. Das also war die Armut — das? — Man nahm ihr nicht nur allen ihren Schmuck, man verkaufte ihn auch gegen ihren Willen, ohne Rücksicht darauf, daß jedes Stück ein teures, un ersetzliches Andenken war! — Man zwang sic in eine Lehre, ohne nur nach ihren Wünschen zu fragen! — Waren solche Gewalttaten wirklich erlaubt? — O, es konnte nicht sein, es war unmöglich! Und außer sich, unempfindlich gegen äußere Ein wirkungen, flüchtete sie in den entlegensten Garten winkel, wo sie die nächsten Stunden in einem an Verzweiflung grenzenden Gemütszustand zubrachtc. Gegen Abend, als es in ihrem Kopf wieder ein wenig klarer geworden war, suchte sie die Vor steherin auf. „Fräulein, darf Herr Iuharcz wirklich meine Sachen verkaufen, wenn ich es nicht haben will?" erkundigte sic sich. „Gewiß; allerdings nur dann, wenn die Ver- mägensverhältnisse, wie es bei dir der Fall ist. eine solche Maßregel rechtfertigen. Deiner Einwilligung bedarf es nicht, du bist minderjährig. — Was soll dir auch Schmuck, ein Ladenmädchen darf doch keine Juwelen tragen?" ..Wenn ich aber nicht Ladnerin werden will?" Fräulein Schuster hob die Schultern. „Das hättest anstatt, die mit einem Versicherungskreis von rund 2 Millionen Personen rechne, zu denen mehr als 10 000 neue Versicherte jährlich hinzukämcn, keine Schwächung ihrer finanziellen Position bedeuten. Der Verband fordert daher, daß in der zweiten Lesung der Kommission wenigstens die ursprüng liche Fassung des I 381 wiederhergestellt werde. Ferner empfahl der Verband, da cs nicht einzuschcn sei, warum sich nicht die Angestellten auch nach Inkrafttreten des Gesetzes eine sich ihren speziellen Versichcrungsbedürfnissen anpassende Fürsorge sollten schaffen können, eine Bestimmung dahingehend, daß Lebensversicherungsverträge auch in Zukunft als Er satz für die reichsgesetzliche Angcstelltenversicherung zugelassen würden. Endlich trat der Verband dafür ein, den 8 383 derart abzuändern, daß auch die Ar beitgeber in bezug auf ihre Bcitragshälfte von der Vcrsicherungspflicht bei der Reichsversicherungsanstalt vollständig befreit werden, wenn die Angestellten eine hinreichende Lebensversicherung abgeschlossen haben. Ser türkilch-llslienilche Krieg. So müssen wir nun den Krieg benennen, nachdem der Schauplatz desselben sich durch das Eingreifen der Flotte bedeutend erweitert hat. Denn was bis jetzt als Annahme nur gelten konnte, daß die italie nische Flotte, wenigstens zu einem großen Teil, von Tripolis fortgescgelt und sich mit andere,, Schiffen verstärkt nach dem Aegäischen Meere begeben hat, kann jetzt nach weiteren Meldungen als Tatsache an gesehen werden. Italienische Flottenaktion im Aegäischen Meer. 6. Nom, 13. November. (Eig. Drahtmeld.) In hiesigen gut unterrichteten diplomatischen Kreisen verlautet mit Bestimmtheit, daß an die vor Tripolis liegende italienische Flotte heute eine Geheimorder abgcgangen ist. Man vermutet, daß dieser Befehl mit einer Aktion der italienischen Flotte im Aegäischen Meer zusammenhängt, die schon morgen beginnen soll. Blockade der syrischen Küste. I'. L. Konstantinopel, 13. 'November. (Eig. Draht meldung.) Der „Zkdam" erfährt, daß die italienische Flotte die Blockade der syrischen Küste vorgenom men hat. Die Großmächte und das Borgehen der Italiener im Aegäischen Meere. * Wien, 13. November. (Eig. Drahtmeld.) Eine hiesige Korrespondenz erhält von „besonderer diplomatischer Seite" folgende Information aus Konstantinopel: Tie Durchführung der geplanten Aktion der italienischen Flotte im Aegäischen Meere wird keine besondere Intervention einer Großmacht in Rom im Gefolge haben. Ein solcher Einzelschritt einer Großmacht ist nicht geplant und würde der Situation auch gar nicht entsprechen. Ein früherer Gedanken austausch der Kabinette hat bekanntlich das Ergeb nis gebracht, daß alle Großmächte in einem geeig neten Moment einen gemeinschaftlichen Schritt in Angelegenheit des Tripoliskonfliktes zu unter nehmen gewillt sind. Offizielle Erklärun- gen der j ü n g st e n Zeit Haden in diesem Sinne gelautet. Inzwischen hat diese Haltung der Mächte du eher bedenken müssen; ich habe dich rechtzeitig ermahnt." „Ich — ich will Zeichnerin werden!" und Szarolta tat einen tiefen Atemzug. „Du, die du wegen gänzlicher Tatenlosigkeit vom Zeichenunterricht ausgeschlossen wurdest? Das ist ein wahnsinniger Gedanke!" rief die Dame entrüstet. „Und ich kann doch zeichnen!" rief das junge Mädchen, mit dem Fuß aufstampfend. „Szarolta! — Ich will nicht hoffen, daß du mich zwingst, dir in den letzten Tagen noch eine Strafe zu diktieren. — Es ist ein schweres Unglück, daß Herr Csallovary es versäumte, für dich durch ein Testa ment zu sorgen — seinen Reden nach mußte ich glauben, es wäre alles in bester Ordnung —, du aber mußt dich als Christin ohne Murren darein ergeben und darfst nicht vergessen, daß du jetzt verhältnis mäßig sehr arm und freundlos bist. — Vom Zeichnen will ich nichts mehr hören; ich würde sogar davor warnen, wie cs meine Pflicht ist, wenn ich sehe, daß du dich ins Unglück stürzen willst." Szarolta zog sich zurück und irrte bis zur Schlafenszeit durch die matt erhellten Gänge des alten Klosters. „Freundlos und arm!" gellte es ihr ständig in die Ohren. Was Armsein heißt, hatte sie noch immer nicht vollständig erfaßt, weil sie es bisher nicht an sich selbst erfahren hatte. Jetzt be griff sie aber wenigstens, daß es mehr bedeutet, als nicht alles kaufen und tun können, was man wünscht. Es bedeutete: auch das Gegenteil von dem tun müssen, was man gern tun möchte. Laden mädel mußte sie werden, eines jener armen Geschöpfe, die sie bei der Besorgung ihrer Einkäufe so oft be dauert hatte, trotzdem sie so gern —..ach, so gern Zeichnerin geworden wäre und das Gefühl hatte, in diesem Berufe Gutes leisten zu können! Was half es aber, wenn niemand ihr beistand? Und wer sollte das tun? Sie war ja freundlos! „Arm und freundlos!" wiederholte sie sich fort während Fräulein Schusters Worte. Und als sie endlich hinter den weißen Vor hängen ihres Bettes lag und die Mädchen alle schlie fen. preßten sich ihre Finger in bitterer Seelenqual ineinander, und in halblautem Stöhnen rang es sich über ihre Lippen: „Onkel, hilf doch du mir! Der liebe Gott tut gewiß, was du für mich erbittest! Onkel! Onkel!" Darüber schlief sie dann ein, ermüdet von dem vielen Denken. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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