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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111114024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-14
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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vmtte. Rationale Eh« ist keine Parteifraa«. Die Sicherung uni««, grossen internationalen Handels ist auch keine Parteitag«. D«r Weltfriede wird viel mehr gesichert, wenn all« Nationen sich in ge rechter Werl« darüber klar find, welches die Be dingungen für solchen Frieden sein müssen, und weil ich die Ueberzeugung habe. Las, die Völker anfanaen, sich einander besser zu verstehen und di« aeaenseitigen Gesichtspunkte besser zu würdigen, und van sie bereitwilliger geworden sind, ruhiger und leidenschaftsloser ihre Differenzen zu erörtern — deshalb bin ich sicher, dass sich zwischen heute und dem nächsten Jahre nichts ereignen wird, was dem Schatzkanzler an dieser Stelle (das Bankett im Mansion House) es schwierig machen wird, Ihren Toast, mein Lortznaqor, auf den wachsenden Wohl stand unsere« Staatssäckel» zu erwidern." Wenn man die vorstehende Rode ohne Vor eingenommenheit liest, so wird man sich der lieber- zeugnng nicht verschliessen können, das; der Reichs kanzler mit seinem Urteil darüber durchaus im Rechte war. Gewiss kann man Lloyd George nicht von dem Vorwurf freisprechen, dass er einen sehr unzeitgemässen Augenblick für seins Aeutzerungen gewählt und deren Wirkung nicht richtig abgeschätzt hat. Das deutsche Volk ist durch verschiedene Vorgänge in England und insbesondere durch die Prcßhetze dortiger Jingo blätter mit Recht empfindlich und reizbar geworden, und darum hätte Lloyd George, der seiner ganzen Vergangenheit nach zu den ..Friedensidealisten" ge hört. sich sagen müssen, dass sein« Worte, selbst in so äusserst vorsichtiger Form, wie er sie wählte, in Deutschland ein sehr unfreundliches Echo wecken müssten, eben weil sie in einem für uns io kritischen Augenblick gesprochen worden waren. Dass man aber unserer Regierung einen Vorwurf daraus macht, dass sie diese Rede nicht zum Anlass einer „energischen" diplomatischen Intervention in England gemacht hat, ist ungerecht. Der türkilch-itslienilche Krieg. kaum war die Nachricht verbreitet, datz Italien seine Flotte von Tripolis abberusen hatte, um den Schauplatz des Kriegs zu erweitern, und demgemäss an das Geschwader der Befehl ergangen war, nach dem Aegäischen Meer zu segeln, so kommt auch schon die Meldung von einer Eegenorder. Keine Flottenaktion im Aegäischen Meer. Rom, 14. November. Der „Frkf. Ztg." wird mit geteilt, das; das italienische Geschwader den Befehl erhalten habe, aus dem Aegäischen ins Mittelländische Meer zurückzukehren. Wenn dieser Befehl tatsächlich ergangen ist, jo bedeutet er, das; die italienische Regierung den Plan, den Krieg auf eine andere Besitzung als Tripolis auszudehnen, vorläufig auf gegeben hat. Der Gedanke liegt nahe, datz dre Vor stellungen anderer Mächte dieser Gegenorder zugrunde liegen werden. Immerhin kann man dieses Schwanken in der italienischen Kriegführung nicht recht verstehen. Eine Macht, die zum Acutzersteu geschritten ist, mutz doch nach einem tlaren, festen Plane handeln. Den Krieg wieder an die nordafrikanijche Küste, vor und um Tripolis, zu verlegen, heitzt doch in den alten Fehler zurückfallen. Denn was wollen denn die kleinen Gefechte und Scharmützel bedeuten, die sich beide Heere dort mit wechselndem Erfolg liefern. Und diese Heinen Erfolge kommen doch in der Hauptsache den Türken zu gute. Die Italiener, die anfangs mit einem schnellen Handstreiche sich Tripo lis bemächtigt halten, halten die Stadt noch, aber sie haben sich infolge der drängenden Angriffe ihrer Feinde veranlatzt gesehen, die Arena ihrer Kämpfe bedeutend einzuschränten. Der Verteidigungsgürtel nach Süden, an dem sich die drei Forts befinden, wird immer enger, und vielleicht dürften bald wieder die Türken hier die Herren der Situation sein. Dazu kommt für die Italiener noch ein anderer gefährlicher Feind, das ist die Krankheit, die Cholera. Darüber schreibt uns ein höherer Sanitätsoffizier: „Es lätzt sich, trotz der scharfen Handhabung der Zensur seitens der Italiener, die Tatsache nicht mehr verheimlichen, datz die Cholera als ungebetener Gast rn Tripolis aufgetreten ist, und zwar an scheinend bei beiden Parteien. Ueber Umiang und Verbreitung sind zurzeit noch kerne genauen Nach richten eingegangen. Für ihre Bekämpfung und Einschränkung liegen die Verhältnisse jedenfalls sehr ungünstig. Der Raum, auf den die Italiener jetzt zufammengcdrängt scheinen, ist sehr beschränkt. Täglich treffen neue Truppen ein, so datz grotze Menschenmengen auf engstem Raume vereinigt sind, was die gegenseitige Ansteckung naturgemäß erleichtert. Das Klima ist ungünstig. Zu der grohen Hitze tritt jetzt die Regenperiodc und die immer schlechter und schwieriger werdende Wasserversorgung Ein weiteres bedenkliches Moment ist. datz der Italiener, namentlich der aus den südlichen Provinzen, von Haus aus wenig reinlich und, wie die Erfahrung früherer Epide- mien in Italien gelehrt hat, allen hygienischen Vor- beugungsmatzrcgeln abgeneigt ist. Diele Hunderte unbeerdigte Toten liegen umher. Alles die» ver einigt sich und gibt einen nur zu guten Nährboden für die wettere Vorbereitung der «euch« ad. Vor- kehrungen für die Isolierung der Kranken fehlen. Der Gefechtsstand der Truppen wird dadurch un- günstig beeinflußt. Die damit verringerte moralisch« und physische Widerstandskraft kann unter Umständen unheilvoll bestimmend für die ganze Art der Krieg- führung wirken. Ein »euer Kampf bei Tripolis. Eine für die Italiener erfreulich« Nachricht meldet der Telegraph: Pari», 14. November. In Konstantinopel ver lautet, datz es den Italienern durch ein Umgehung». Manöver gelungen sei, den türkischen Trupp«» von Tripolis «ine empfindliche Schlappe beizubringen. Di« Nachricht kommt über Konstantinopel: wenn sie trotzdem ein für die Italiener günstiges Resultat meldet, wird man schon an die Wahrheit glauben dürfen. Uebrigens spricht dafür auch die Stellung der Italiener, die in einem Halbkreis di« Türken umschloffen. Weite« Kämpfe. Konstantinopel, 14. November. Nach amtlichen Nachrichten dauern die Kämpfe vor Tripolis in d:n Positionen von Henni und Nedschab fort. Di« mäch tigsten italienischen Panzer unterstützen di« Ope rationen. Die Italiener versuchten von Schatclarab her di« türkischen Linien zu überflügeln, wurden aber von den arabischen Freiwilligen des Dschebel Garb unter Verlust von 100 Toten und 300 Mausergewehren zurttckgeworfen. Ein Aeroplau heruntergeschossen. Konstantinopel, 14. November. Nach einem weiteren Telegramm ist am 5. d. M. ein italienischer Aeroplan, der über Kirkkarisch sichtbar wurde, von der türkischen Artillerie heruntergeschoffen worden. Vie Revolution in Lhins. Unzweifelhaft hat die Revolution in China in den letzten Wochen bedeutende Fortschritte gemacht und ist namentlrch im Süden Les Reichs, aber auch in den mittleren und östlichen Provinzen derartig stark, datz sie die unbedingte Herrschaft besitzt. Selbst in der Provinz TschUi mit der Hauptstadt Peking nimmt st« täglich zu, so datz ein Teil des Hofes bereits nach Mukden geflohen ist. Dazu kommt, datz die kaiserlichen Truppen immer mehr von dem an- gestammten Herrscherhause abfallen und sich den Re volutionären anschlietzen, so deren Reihen wesentlich verstärkend. Auch in finanzieller Hinsicht sind die Aufständischen gut gestellt; an Geld scheint es ihnen nicht zu fehlen, ein Zeichen, datz sie mit ihrem Vor gehen von den kapitalkräftigen Kreisen des Landes unterstützt werden. Bemerkenswert ist die Rücksicht und Schönung, mit der unter diesen schwierigen Ver hältnissen Sicherheit und Eigentum der Fremden von beiden Seiten behandelt werden: man will auf jeden Fall einen Konflikt mit den Mächten, ein Eingreifen derselben verhindern. Yuanschikai in Peking. Inzwischen hat, wie schon gestern gemeldet, Yuan schikai in Peking seinen Einzug gehalten: Er kam, wie telegraphisch berichtet wird. Sonntag nachmittag an, begleitet von einer 2000 Mann starken Eskorte, und bezog sofort den „Tempel der grotzen Männer", in dem auch der verstorbene „Bismarck China s", Li-Hung-Tschang, sein Quartier aufgeschlagen hatte, als er nach dem Boxeraufstand die Verhand lungen mit den Mächten führte. Eine enorme Men- schenmenge war zusammengeströmt, um den Diktator zu sehen. Puanschikai wurde ohne Kundgebun gen empfangen, aber die Ordnung wurde nirgends gestört. „Daily Telegraph" erfährt, datz Puanschikai einen Brief an den Führer der Aufständischen, General Li, richtete. Nachdem Li ihn gelesen hatte, soll er lachend gesagt haben, er werde ant worten, wenn er mit seinem Heere in Peking ein marschiert sei. Weiter wird gemeldet: Bedrohlich« Lage in Nanking. — In Erwartung einer Seeschlacht. Peking, 13. November. sEig. Drahtmeld.) Wie aus Nanking gemeldet wird, scheint in den nächsten stunden «rn Entscheidungskampf aus dem Flusse bevorzustehen. 13 Kriegsschiffe, grösstenteils Flutzkanonenboote und Torpeoo- bootszerstörer, sind vor der Stadt angekommen, ohne ein« Flagge zu hissen. Man glaubt jedoch, datz sie sich den Revolutionären anschlietzen und morgen die Flagge der Republik hissen werden. Da auch zwei kaiserlick)« Kreuzer und drei Kanonenboote vor Nanking liegen, glaubt man, datz es zum Kampf zwischen den beiden Geschwa dern kommen wird. In Voraussicht diese« Gefechtes haben sich der englisch« und der d e u r s che A ü m l r a l an Land begeben und die strategisch« Position einer eingehen, den Untersuchung unterworfen. Sie haben den Kon suln der fremden Mäckr« empfohlen, mit ikrem ge- samten Personal sich aus der Stadt zu entkernen, La die Marinestrettkräfte der euro- päiscyen Mächte nicht in d«r Lage seien, sie bei einem eventuellen Kampf erfolgreich zu beschützen. Nochmalige Abdankungs-Ausforderung a» den Regenten. Peking, 14. November. lEig. Drahtmeldung.) General Wu-Tung-Pan hat gestern an den Regenten ein längeres Telegramm gerichtet, in dem dieser ihn auffordert, abzudanken, um weiteres unnötiges Blutvergießen hierdurch zu Ver bindern. In diesem Falle würde ihm kür sein Leben garantiert, und alle Anhänger der Republik würden ihm die ihm zukommende Achtung erweisen. Blutbad unter den Mandschus. Loudon, 14. November. lEig. Drahtmeld.) Wie aus Schanghai berichtet wird, herrscht unter den Revolutionären in Ching-Kung über die Massaker in Nanking grotze Erregung. Alle gefangenen Mandschus wurden auf der Stelle getötet. Die Lage ist äußerst beunruhigend. politische Nachrichten. Kaiser und Kanzler. Berlin, 14. November. Der Reichskanzerhat sich gestern nachmittag zum Vortrag bei dem Kaiser nach Potsdam begeben. Das Marolkoabkommcn kommt in d«r B«dg«tkommiffion des Reichstags efft am heutigen Dienstag zur Beratung. Die Kommis, sion hofft, ihre Beratungen in zwei oder drei Sitzun gen zu erledigen, so Latz die fünf Anträge, die staats, rechtliche Fragen behandeln und zuin Marokkoabkom- men gestellt worden sind, schon zu Beginn der näch sten Woche beraten werden können. — Im Laufe die ser Woche soll das Schiffahrtsabgabengesetz und das Hilfskaffengesetz im Plenum zur Beratung gestellt werden. Der Notenwechsel zwischen der deutschen und der englischen Regierung in Sachen der Cartwrrght-Affär« wird der Budget, kommission des Reichstags vorgelegt werden. Es handelt sich bei diesem Notenwechsel bekanntlich um die Anfrag« der deutschen Regierung über das be kannt« Interview in der „Neuen Freien Presse". Aufhebung der Ausfuhrtarife. Berlin, 14. November. Die Aufhebung der Aus fuhrtarife dürfte der Landcseisenbahnrat gegen Ende des Monats beschließen. Für die preußischen Häfen sollen die Exporttarife in Kraft bleiben. Endgültiges Resultat der Volkszählung. Nach den endgültigen Ergebnissen der Volkszäh lung vom 1. Dezember 1910 betrug die Gesamt. bevölkerungD«utschlands 64 925933 Köpfe, die Bevölkerung des Königreichs Sachsen 4806661 Köpfe. Pfarrer Traub. Das Verfahren gegen PfarrerTraubsoll vom Breslauer Konsistorium auch auf eine angeblich« Be leidigung des Münsterschen Konsistoriums ausge dehnt worden sein, derentwegen Traub im Jahre 1910 vom Landgericht Bonn rechtskräftig freigespro chen wurde. Studienreise nach Samoa. Wie mitget«ilt wird, wird im Auftrage des Reichskolonialamts Dr. mcd. Glantz vom Tropen- Hygienc-Institut in Hamburg nach Samoa eine Stu dienreise antreten. Die Ausreise erfolgt am 5. De zember. Enorme Erhöhung der Biersteuer in Oesterreich. In Brauereikreisen Pilsens wird eine neuerliche Erhöhung des Bierpreises, und zwar um 5 Kronen pro Hektoliter, befürchtet. Die Regierung wird dem Abgeordnetenhause morgen Mittwoch eine Gesetzes vorlage unterbreiten, derzufolge die Biersteuer von 3,40 Kronen auf 8 Kronen pro Hektoliter erhöht wird. Zum Pulverskandal in Frankreich. Pari», 14. November. Auf Antrag des Seeprä fekten von Lorient wurden sämtliche alten Vorräte des Pulvers L, die sich im Pulver magazin von Lorient befinden, mittels eines Trans- porrdampfers auf offener See versenkt. Die Handelsverträge Rußlands mit Deutschland und Oesterreich. Petersburg, 14. November. Aus Anlaß der auf heute angesetzten Versammlung Les Ausschusses der russischen Exportkammer zur Prüfung der Handels verträge mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn er Gerichtslaal. ter Sulsmmendruch üer Nleüer- üemlchen Sank. (Fortsetzung.) g. Dortmund, 14. November Der als Zeuge vernommene Fabrikbesitzer Over beck aus Barmen macht folgende, den Darstellungen Ohms widersprechende Angaben de» zur Veihandlung stehenden Falles. 1908 sei er dem Koniortium bei. getreten, datz die Erhöhung des Aktienkapitals der Niederdeutschen Lank um 3 Millionen Mark rn die Wege leiten sollte. Er wurde auch Mitglied des Auslichtsrates und übernahm 100 000 Altien, die in vier Raten zu je 25 000 .H eingezahll werden sollten. Die erste Rate wurde sofort Mitte 1908 in bar gezahlt, die zweite Rate war 1909 bei der Ber liner Handelsgesellschaft, die die Aktien übernommen hatte, fällig. Der Zeuge trat deshalb am 17. De zember an die Nieverdeursche Bank heran mit dem Ersuchen, für seine Rechnung 25 000 ./z zu zahlen. Er hat am 18. Dezember an die Niederdeutichc Bank in Dortmund Wertpapiere, Kuxe im No minalwerte von 25 000 die in Wirklichkeit aber erheblich mehr wert waren, eingezahlt. Die dritte Rate hat er einige Zeit später durch die Reichsbank der Niederdeutschen Bank überweisen lasten. Unter Berücksichtigung all dieser Zahlungen und unter Gutschrift serner Dividende war sein Konto bis auf einen kleinen Rest von etwa 0000 ^6 ausgeglichen und er verlangte deshalb von der Niederdeutschen Bank die Herausgabe der sehr wert vollen Paprere. Zunächst erhielt er überhaupt keine Antwort, dann bekam er die Mitteilung, datz seine Vermutung, datz sein Konto ausgeglichen sei, falsch wäre. Vielmehr sei sein Konto noch mit 75 LOO belastet. Er habe das für ein Mißverständnis gehalten und sei sofort nach Dortmund gefahren, um mit Ohm zu sprechen. Ohm war aber krank, oder ließ sich krank melden und Schmitt war verreist. Infolge dessen verhandelte er mit Benner. Er bekam aber die Paniere nicht heraus, und gleich darauf erfolgte der Zusammenbruch, so Latz er sein Depot verloren hatte. — Vors.: Ist die Rede davon gewesen, als Sie persönliche Papiere zur Bank brachten, dag die Niederdeutsche Bank Veriügungsberechttgung über die Papiere haben sollte? — Zeuge: Davon ist nie gesprochen worden. — Vors.: Konnte der Angeklagte glauben, datz Sie einverstanden damit- sein würben, wenn Ihre Wertpapiere an die Berliner Handels gesellschaft weitergegeben werden würden? — Zeuge: Ich hatte sehr viel Vertrauen zu Ohm. Wenn Ohm mich gebeten hätte, und mir gesagt haben würde, datz mein Depot in Berlin — natürlich unter voller Sicherheit für mich — läge, dann würde ich vielleicht auch damit ein verstanden gewesen sein. Wir haben jedoch nicht darüber gesprochen. — Vors.: Sie Haden Ihre Aktien verkauft/ — Zeuge: Gewitz habe ich das getan. Dazu hatte ich das Rechtz nachdem ich meine Ver pflichtungen aus dem Konsortialverträge erfüllt batte. — Vors.: Sie waren Aufsichtsratsmitglied. Ist Ihnen nicht bei irgendeiner Gelegenheit mit- geteilr worden, datz Ihre Papiere in Berltn seien? — Zeuge: Nein, das habe ich erst beim Unter- suchungsrichter erfahren. — Vors.: Wußte der An« geklagte, datz Sie Ihre Aktien verkauften? — Zeuge: Aber natürlich. Ich habe mit Ohm ausdrück lich darüber gesprochen und er hat es mir bestätigt. Die nächsten Anklagepunkte betreffen die widerrecht, liche Weitergabe von Aktien der Vereinigten Deutschen Nickelwalzwerke, die der Niederdeutschen Bant zum Verkauf übergeben worden waren und unterschlagen sein sollen. Unter Berufung auf zahl reiche Kommentare zum Depotgesetz sucht der An- geklagte Ohm die Weitergabe dieser Attien zu recht- fertlgen. Dieser Fall tlart sich zugunsten der An geklagten auf. Ebenfalls zugunsten der Angeklagten klärt sich im Laufe der Beweisaufnahme ein weiterer Anklagepunkt auf, der dahin geht, datz die Nieder deutsche Bank Wertpapiere in Höhe von 200 -/c, die ein Angestellter der Franksurter Gummiwerke (Tochtergesellschaft) als Kaution hinterlegt hatte und die von der Lank nach Berlin weitergegeben worden waren. Die Verhandlungen werden sodann auf Dienstag vertagt. vT Dresden, 14. November. Absichtlich unterlassene Anzeige. Das Lairdgericht verurteilte den in Döbritz bei Meißen wohnenden Gutsbesitzer Louis Alfred Gürn«, der es absichtlich unterlassen hatte zur Anzeige zu bringen, datz in seinem Rindviehoestand die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen sei, zu zwei Wochen Gefängnis. ---- Paderborn, 14. November. (Priv.-Tel.) Schwere Ausschreitungen. Das Schwurgericht ver urteilte drei Arbeiter zu je acht Jahren Zucht- klärt das Handelsministertun», die russische Export kammer sei eine PrioateinrichtunH, und die von ihr unternommene Arbeit steh« in kernerlei Zusammen hang mit der im Ministerium vor sich gehenden Aus- arbeitung derselben Frag«. Reilebrieke aus Lüüsmeriks. Von Dr. Grotewold. »Nachdruck vrrdotc« ) V. Im Chaco. Unter dem Namen Chaco saßt man jene un geheuren Waldgebiete zusammen, die Len Norden der argentinischen Provinz Santa Fe, ferner das Chaco-Gouvernement, Formosa und den Westen Paraguays erfüllen und noch darüber hinausgehen. Bei der großen Längenerstreckung des Lhacos ist sein Charakter natürlich nicht überall gleich — der Süden weist eine etwas andere Flora und Fauna aus als der Norden: die an den großen Flüssen liegenden Strecken unterscheiden sich ferner nicht unwesentlich von anderen, die höher liegen und deshalb trockener sind. Auch fehlen ausgedehnte Sumpsstrecken ebenso wenig wie Grasflächen. Im großen und ganzen aber stellt das Chacogebiet eine nahezu völlige Ebene dar, die mit undurchdringlichen Wäldern erfüllt ist, in Lenen jeder Schritt Weaes mit Haumesser oder Axt erkämpft werden mutz. Die in vielen geographi schen Lehrbüchern anzutreffend« Notiz, daß der Chaco „lichter Buschwald" sei, ist daher durchaus un zutreffend. Lianen und Dornbüsche machen vielmehr den Chaco genau so schwer passierbar wie echten Tropenwald, dem er daher auch äußerlich insoweit ähnlich siebt, als auch in ihm Palmen, Lianen und andere Pflanzen, die uns als tropische bekannt sind, Vorkommen. Anderseits dagegen erreichen seine Bäume nicht die Höhe und den enormen Umfang der echt tropischen llrwaldriesen. Auch fehlt ihm noch die ungeheure Produktionskraft der Tropenregtonen, zumal es im Chaco im Winter recht kalt werden, ja, nacht» sogar frieren kann. Der wirtschaftlich weit aus wichtigste Daum de» Thacowaldes. der vor Jahren die erste Veranlassung war, daß man begann, die Axt an ihn zu legen, ist nun der rote Quebracho- I byum, so genannt wegen des dunkelroten Kernholzes I seiner Stämme, da» einrrsett» außerordenlltch hart I und fäulnisbeständig. anderseits sehr reich an Gerb stoff ist, so datz es für technische Zwecke, namentlich »ür Eisenbahnschwellen, äußerst brauchbar ist. Seine wichtigste Verwendung aber ist die zur Fabrikation von Gerbextrakt, die eine lebhafte Industrie sowohl an Ort und Stelle, als auch in Europa hat ins Leben treten lasten. Tatsächlich hat der Quebracho-Extrakt die Eichenlohe in der Gerberei ja nahezu gänzlich ver drängt, da mit ihm weit billiger und schneller ge- arbeitet wird, als nach dem alten Verfahren. Der Quebracho-Industrie galt denn auch mein Besuch im Chaco in erster Linie. Ermöglicht wurde er mir durch die gastfreundliche Aufnahme bei einer der größten Gesellschaften der Quebracho-Industrie, die enorme Waldflächen ausbeutet und mehrere modern eingerichtete Extraktfabriken im Chaco betreibt. Wie ich in einem früheren Artikel schon erwähnte, ist wenigstens der Süden des Thacos erschlossen durch eine von einer französischen Gesellschaft erbaute Schmalspurbahn, die die am Parana liegenden Hafen städte Santa Fe und Resistencia Barranqueras mit einander verbindet und durch Stichbahnen immer neue, seitlich gelegene Thacogebiete zu erschließen trachtet. Wie kühn diese und andere argentinische Er- fchlietzungsbahnen vorgeqangen sind, als sie die Schienen in die Walddickichte des Thacos oder in die öden Ebenen des Südens vorstreckten, mag man schon an der Tatsache erkennen, daß eine grotze Zahl von Stationen gar keinen Namen hat erhalten können. Man nennt sie daher einfach mit'der Kilometerzahl. So führte z. B. die Station, wo die von mir be nutzte Zweigbahn ihren Anfang nimmt, Len Namen „Km. 340". während meine Zielstation auf der be treffenden Zweigbahn ebenfalls einen Kilometer namen, und zwar 50, führte. Von dort gelangte ich mittels einer Prioatanschlußbahn von einigen Kilo metern Länge zu der neuoegründeten Niederlassung mit Quedrachoertraktsabrik, die ich besuchen wollte. Der Betrieb auf diesen Erschließungsbahnen ist na türlich für Len Paffaqieroerkehr wenig eingerichtet, namentlich ganz «norm langsam. Aber das ist unter solchen Umständen ja auch nur selbstverständlich, wenn auch für den Reisenden nicht gerade angenehm. Wir gebrauchten zur Ueberwindung der ca. 400 Kilometer langen Strecke trotz prompter An schlüsse nicht weniger als 18 Stunden! Abends um 10 Uhr hatte ich Santa F« verlassen — am anoeren Nachmittag um 4 Uhr war ich an Ort und Stelle. Ich hatte noch Zeit, mich in der Fabrik herumführen und den verhältnismäßig einfachen, sinnreich ein gerichteten Betrieb kennen zu lernen. Die gefällten Bäume werden im Walde ihrer Rinde und des weißen Splintholzes beraubt, dann wird je nach Qualität und Ler Marktlage verfügt, ob das Holz zu Bauzwecken zersägt oder an Ort und Stelle zu Extrakt verarbeitet oder zur Extraktfabrikation exportiert werden soll. In der Fabrik werden die eisenharten Stämme zunächst zerraspelt, dann die Späne mit Wasser ausgclaugt und der Extrakt schließlich zu einem dicken Brei eingedampft, der, in Säcke gefüllt und abgekühlt, stcinhart wird, so daß er ohne Schwierigkeiten versandt werden kann. Die verbleibenden Späne dienen als Kesselfeuerung. Am nächsten Tage wurde ein Ritt in den Wald unternommen. Es hatte in der Nacht gefroren, aber im Schein der Sonne wurde es doch recht warm, zu mal im Walde, wo der kühle Wind durch das Unter bolz ferngehalten wurde. Der Bestand an Quebracho- oäumen war in den der Fabrik naheliegenden Waldesteilen natürlich schon stark abgeholzt, immer hin standen auch hier noch viele der schönen, schlanken Bäume mit ihrem lichten Geäst und ihrer silbergrauen Rinde. Man hat schon geklagt über den Raubbau, der mit dem Quebracho getrieben wird, indem man verlangte, daß wieder aufgesorstet werden sollte. Das ist aus dem Grunde aber praktisch unmöglich, weil der Quebrachobaum so unglaublich langsam wächst, daß ein schlagsähiger Baum bereits mehrere Jahr hunderte alt ist. Ich selbst habe Stämme gesehen, von denen wissenschaftlich fcstgestellt war, daß sie fünf bis siebentausend Jahre alt sein mußten! Ls tut dem Naturfreund selbstverständlich in der Seele weh, solche ehrwürdigen Riesen unter der Axt fallen zu sehen als Opfer des niemals satten Kapitalismus, ab«r tröstlich ist es immerhin, Laß doch auch viele junge Bäume vorhanden sind, die man stehen läßt, weil sie noch kein genügend starkes Kernholz haben, und daß ferner der Chacowald so ungeheuer groß ist, datz man bislang höchstens von einer Anzapfung seiner Bestände reden kann. Der Ritt an dem schönen, sonnigen Morgen durch Len größtenteils aus immergrünen Bäumen ge- bildeten Wald war für mich außerordentlich an regend. Fast jeder Schritt brachte mir Neues und Interessantes. Hier war es ein abenteuerlich ge formter Kaktus, dort ein sonderbares Vogelnest oder eine sonstige Merkwürdigkeit, die mich anzog. Einer der Angestellten der Fabrik, der die Arbeit im Walde zu beaufsichtigen hatte, erfreute mich bei Ler Ge legenheit mit dem Geschenk eines wohlerhaltenon Tapirschädels, der in der Geaend gefunden war. Auch kreuzten wir eine Spur, die von meinem Begleiter für die eines Jaguars erklärt wurde, aber nicht weiter zu verfolgen war Am Nachmittag hatte ich Gelegenheit, einem Pferderennen von Gauchos beizuwohnen, wie sie hier das nationale Vergnügen bilden. Es rennen dabei immer nur zwei Pferd«, deren Besitzer miteinander gewettet haben, über eine sehr kurze Strecke. Dabei setzen di« Reiter wiederholt an. kehren aber wieder zum Start zurück, bis sie schließlich auf ein Zeichen, das sie sich geben, die Bahn entlang jagen, wobei sie ihre Pf«rde außer mit der Peitsche durch ein eigentümliches Geschrei antreiben. Die Hauptperson bei dem ganzen Rennen schien mir aber der Gendarm zu sein, der nicht nur die Ordnung aufrechterhielt, sondern auch den Preisrichter zu machen schien. Den Beschluß des interessanten Tages bildete ein Diner im Hause des liebenswürdigen Direktors der Fabrik. Am anderen Morgen früh kft/r Uhr saß ich wieder im ..Zügle", Las mich mit etlichem Um steigen abends um 7 Uhr nach Barranqueras brachte, von wo ich mit einer Dampfbarkassc nach Corrientc» übersetzte.
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