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Dienstag, den 8. September 1S31 ^itr christliche Politik und Kultur s SlelchaNSUell«, DruU«. Verlag- »rrmiaia Mr <!er!a«imdDri«k»rri.,zlUa!e vresdeir, VrrS!>e-i»7l.1 PoUrrttrak« 17. NemriUSWIZ. vaM-r-kla llo Drr-den 71>, »a>,sso»!o Sradtbon' Dr--Ke> *Ir 1171- RrdakNon d»r «SchNI*«» Wo»*,«!»»»» Dc«»l>°n.iUlttadi l. PoUerUrahe >7. N«rnri,' Ml! -ml- »1012. Nummer 208 — 30. Jahrgang M M en»c!>u omas w«»u.mU Mustr. SlraUrbrUaae».Helma« mid Bnzelg'iipreil«! Dir Igrlpattene ptttlzeU« »Ü 4, gamUlrck ^,n'n»d dcr NinI>erbei!(ilie.^sir nniieNeinrnvenic-^owie t>en SM DM anzeinen n.TIeliengkiuche 20 Die p»«treName,«ile. SS mn» rriiteiia.icn .Ci. 4'emw.BinNV .Unlcrlnilinnq nnd »>is,en- IM IM MI MW b-eU I.«. ,1ür NnjeMrn anb-rhalb des Berbrellungdgebiele» viniiiiidc Hand'ran' .«Irr,Nii!>er SinInkde.V .Dn» »nie IM M lM ^D Wi^^^ 4« 4. d-k pcMi-UamezeU-I.N» BN-sgrd. NU Z. Im gall» ',Nn,^ MeinNliider Peoia-t»-««» -er i'-iN enlichi. VelieNneid. ^M ^M W W ^D W ^D ^M^ höherer Kewnit eillichi lede «erpflichiung aul vieterung sowi, Imjllnnmmcr IN 4. Lommdend- IN §onnin»nnmmer 2U 4. MI ^D M ^D ör^llung v. «nzeigeii. ttulirügeil u. Letztuag d. sqad«n,rl,d, HoupNchrNNeNer Dr. w. DeSezyk, M M M W «elchLIIiicher Leili gr«»z BltügU», LlttLtN» tJolfsseitung 12. VSlkerbundslagung Die Eröffnung Genf, 7. September. Schon sang« vor dem auf ^11 Uhr angesetzten Beginn der Eröffnungssitzung der 12. Völkerbundsversammlung l>errschte in den Wandelgängen des Versammlungsgebäudes das an sol chen Tagen übliche lebhafte Treiben Auf der Strohe hat sich eine starke, durch umfangreiche Ordnungsmasznahmen zurück gehaltene Menge angrsammelt, die, da die Tribüne nur über eine ganz beschränkte Anzahl von Publikumsplätzen verfügt, wenigstens die Auffahrt der Delegierten erleben will. Pünktlich um 1411 Uhr eröffnete der amtierende Rats präsident, der spanisch« Außenminister Lerroux, vor vollbe- sehtem Haus die Versammlung. Zunächst wurde aus Grund einer Vorschlagsliste die Zusammensetzung des Ausschusses zur Prüfung der Vollmachten bekanntgegeben. Dieser Ausschuh trat bereits mährend der sich anschliehenden Eröffnungsrede des vorläufigen Präsidenten zusammen. Dr. Curtius hat im Lause des SonnabenvnachmMags eine Reihe von vertraulichen Besprechungen gesührt, die zuerst beim lbeneralfetretär des Völkerbundes mit dem Präsidenten des Aales, Lerroux, Uber das im Rat in der Moutagsitzung «tnzuschlagende Versahren bezüglich der Behandlung des Zoll- unionsplaneo begannen uno >ooann lm Hotel Metropole in Unterredungen mit Lord Robert Ereil und Francois- Poncet sortgesetzt wurden. In der Besprechung mit dem neuen französischen Berliner Botschafter ist, wie verlautet, von neuem der bevorstehende Berliner Besuch Lavals und Briands zur Sprache gekommen. Die Vorbereitungen siir diesen Besuch werden in der nächsten Woche mit dem am Dienstag ein- treffenden Staatssekretär von Bülow und in gemeinsamen Besprechungen mit Briand und Flandin weiter fortgesetzt. Aus französischer Seite wird offensichtlich versucht, den Ein druck zu erwecken, daß während des Berliner Besuches ein grohcs, die gesamten deutsch-französischen Beziehungen be rührendes Programm zur Sprache kommen wird. Demgegen über besteht in gut unterrichteten Kreisen der Eindruck, dah die Aufrollung des grundsätzlichen Problems der deutsch-französischLn Verständigung zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt noch als ver früht erscheinen müsse, vor allem, da die letzten Ereignisse — die durch Frankreich erzwungene Zurückziehung des deutsch österreichischen Zollunionsplanes und die nach wie vor gestellten bekannten politischen Bedingungen siir eine deutsch-französische Verständigung — die Einleitung grundsätzlicher deutsch französischer Vcrstiindiguugsverhandluugen zunächst als aus sichtslos erscheinen lassen. Dagegen scheint die Absicht zu be stehen, ivährend des Berliner Besuchs der französischen Minister eine Reihe von praktischen Einzelsrageu zur Sprach, M bringen. Der Danziger Bericht „Nach wie vor kein friedlicher Zustand" Genf, 7. September. Der Wortlaut des Berichtes, den der Oberkommissar des Völkerbundes in Danzig, Graf Gravi na, auf Wunsch des Bölkerbundorateo für heute erstattet, ist gestern al>end bekannt geworden. Das umfangreick)« Dokument besteht aus einem ein- leltenden Schreiben an den Generalsekretär des Völkerbundes und mehreren Anlagen. In seinem einleitenden Schreiben führt der Oberkommissar U. a. aus, er habe, Ende Mai nach Danzig zurückgekchrt, bald feststellen können, dah eine gewisse Beruhigung der Gemüter elngetreten war, die durch die bedauernmertcn Danzig-polni schen Vorfälle im April überreizt geivesen seien. Leider sei cs nicht möglich gewesen, diese befriedigende Feststellung auch hin sichtlich der allgemeinen Lage in Danzig zu mackzen, die durch die Parteikämpfe noch unruhig sei. Der Oberkommissar er wähnt die dem Bericht als Anlage beigcgebenen gesetzgeberi schen Mahnahmen der Danziger Negierung, die die Aufrecht erhaltung der ösfentlicl)«» Ordnung in der Freien Stadt sicher stellen sollen. Lelder hätten die Beziehungen zwischen dem Danziger Senatspräsidenten und'dem Vertreter der Republik Polen noch keine befrie digende Klärung erfahren. Aber es könne der Hoffnung Ausdruck gegeben wer den. dah diese Beziehungen in einer ruhigeren Atmosphäre bei derseits in einem versöhnlicheren Geiste geprüft werden könn ten. Der Oberkommissar lenkt schließlich dle Ausmerksamkeii des Völkerbundsrats auf die Finanzen und die Wirtschaft der Freien Stadt, die derart seien, dah sie in nächster Zeit zu ernsten Be sorgnissen Anlah geben könne». Insbesondere beleuchtet er die Frag« der Arbeits losigkeit, die sich beim Herannahen des Winters von einer sehr ernsten Sette zeige. Sie sei derart, dah sie «Ine recht ge fährliche Bedrohung der öffentlichen Ordnung darstelle und die Danzig-polnisclum Beziehungen auf seden Fall störe. Dec Oiier- kommissar bezeichnet es als sehr wünschenswert, dah man vor dem Winter zu einem Einvernehmen auf der Im Januar 1930 In Warschau festgelegten Grundlage komme, wonach die pol nische Regierung sich bereit erklärt hatte, in Anbetracht der be sonders schmierigen Lag» der Freien Stadt vorläufig den Zu strom polnischer Arbeiter nach Danzig, wo st« für den Danziger Arbeltsmarkt «in« sehr grohe Belastung bedeuten, zu beschrän ken. Die tatsLchlichen Verhaltnisse in Polen erfahren eine besonders interessante Beleuchtung durch einen dem Bericht als Anlage beigegebenen Bericht der Regierung der Freien Stadt Danzig, über die Entwicklung der Danzig polnischen Beziehungen seit Ende Mai 1931. Di« Danziger Re gierung führt darin u. a. aus: Es darf gesagt werden, dah sei tens Danzigs alles geschehen ist, was dem. vom Berichterstatter des Rates im Mai 1931 ausgesprochenen Wunsche, den Frieden in Danzig aufrechtzuerhalten und gute Beziehungen zu Polen zu sickzern, entspricht. Wenn trotz allem in der Zusammenarbeit zwischen Danzig und Polen seit der letzten Ratstagung eine bleiigkelt noch nicht eingetreten ist, so_li«gt das daran, dah polnischerseits bedauerlicherweise weder das genügende Ver ständnis noch das genügende Entgegenkommen bewiesen wor den ist, das für eine «rfolgreick-e Zusammenarbeit zwischen bei den Staaten Voraussetzung ist. Eine ganz besonders schwere Belastung erfährt nach wie vor das Verhältnis zwischen Danzig und Polen durch die Schädigungen, welche die Freie Stadt Dan zig auf wirtschaftlickzem Gebiete durch Mahnahmen der polni schen Regierung erleidet. Es ist leider in dieser Beziehung seit der Ratstagung im Mal keinerlei Erleichterung und Verbesse rung zu spüren gewesen. Bei der Danziger Bevölkerung wird der Eindruck erweckt, dah die polnische Regierung es absichtlich auf eine Schädigung von Danzigs Handel und Industrie und damit Im Zusammenhang auf eine Zermürbung des Widerstan des der Danziger Bevölkerung gegen polnische Wünsch« ange legt hat. Die Danziger Regierung stellt mit Bedauern fest, dah nach wie vor in keiner Weise ein Zustand bestehe, der den auf friedlickzes Zusammenleben der Staaten gerichteten Bestrebun gen des Völkerbundes entspreche. Eine grundlegende Besserung werde erst dann zu erreick>en sein, >venn die polnisckze Negierung dauernd ihr Bestreben zeige, es zu unterlassen, was die Danzig polnischen Beziehungen stören könnte. Von polnischer Seite ist keine zusammenfassende Darstel lung über die Danzig-polnischen Beziehungen eingegangen. Da gegen geht ein dem Bericht als letzte Anlage beigegebenes Schreiben des polnischen diplomatisckzen Vertreters in Danzig auf die Frage der Entlastung des Arbeitsmarktes ein. Der Danziger Senat, wird darin gesagt, sei ständig bestrebt, ver schiedene Opfer Polens und seiner Bevölkerung zu verlangen, ivährend er kategorisch ablehne, auch nur die besclieidensten polnischen Wünsche zu erfüllen. Der Vertreter Polens teilt gleichzeitig mit, dah er sich an den polnisckzen Minister für Arbeit und soziale Fürsorge gewendet und ihn gebeten habe, vorläufige Mahnahmen verwaltungsmähiger Art zu ergreifen, um den eventuellen Zustrom polnischer Arbeiter auf das Gebiet der Freien Stadt Danzig zu beschränken. 45°/« des Well-Goldbeslaiides in Amerika Washington, 8. September. Da, Bundesreserveamt teilt mit, dah es nunmehr sü« ti,VS8 Millionen Dollar «old fetrva 21,28 MIlliarde»RM.) oder 15 v. H. de» Weltbestandes halte.. Von diesem Betrag« werden etwa 2 Milliarden Dollar fetwa 8,8 Milliarden RM.) als „ge- flüchtet«» «old" bezeichnet. Für 790 Millionen Dollar «old kommen au» einem einzige», ullerdings ungenannten Land, viel' leicht Deutschland. Da» Bundrsreserveamt weist in seiner Er klärung daraus hin, dah dies« Voldankäusung nicht di« Schuld Amerika» sei, sonder« die Furcht dtt Auslünder vor ihrer eigene« Währung. Di« Washingtoner Behörden beschitftigen sich zur Zett mit dem «oldproblem. Zum Kaager Gutachten (Von unserer Berliner Schrtstleitung.) iv. n. Noch nie ist einer Entscheidung des höchsten Weltgerichtshoses im Haag mit gröberer Spannung ent» gegengesehen worden als dem Gutachten, das der Völkerbundsrat im Mai über die Rechtsgültigkeit des deutsch-österreichischen Zollunionsprotokolls eingeholt batte. Zum ersten Male stand im Haag eine Frage zur Debatte» welche der Souveränität eines Staates in seiner Gesamt heit galt und von deren Entscheidung viel, nicht allein für die Autorität dieses obersten Gerichtshofes, sondern auch für die künftige Geltung und Interpretation der über Mitteleuropa verhängten Nachkricgsverträge abhing. Die Entscheidung ist gegen das Zollprotokoll ausgefallen, aber mit der winzigen Mehrheit von nur einer Stimme und nur dadurch, dah sich die Mehrheit von acht Richtern wenigstens formal auf die gleiche Feststellung ge einigt hat. Die Schluszsolgerungen von sieben Mitgliedern des Richterkollegiums sind einer achten, der k u b a n i f ch e n Stimme zuliebe modifizert worden, und unter diesen sieben Richtern weicht wiederum einer, der Italiener Anzi lotti, in seiner Begründung völlig von den übrigen ab. In ihrem Wesensinhalt stehen demnach sieben Mehrheits stimmen „Pro" einer Minderheit von sechs Nein-Stimmen gegenüber. Der Prozeß ist ehrenvoll verloren worden, und juristisch geiehen erschiene es unangebracht, den deutschen und österreichischen Rechtssachverständigen den Vorwurf mangelnder Voraussicht in einer so schwierigen Frage zu machen. So gewichtige Stimmen wie die ameri kanische, japanische, englische, holländische und sogar bel gische haben sich für die deutsch-österreichische Auffassung ausgesprochen, während sich unter denen, die gegen die Rechtsgültigkeit der Zollunion Stellung nahmen, nicht weniger als drei Angehörige einer Nation befanden, welche in diesem Streit Partei war. Vergegenwärtigen wir uns kurz die Vorgeschichte dieser Entscheidung: Am 19. März dieses Jahres wurde das deutsch-österreichische Zollprotokoll bekanntgemacht, gegen das man in Paris und Prag zugleich mit schärfstem poli tischen Geschütz ausfuhr. Die englische Regierung vermit telte und schlug die Prüfung der rechtlichen Seite dieses Schrittes vor, um die es sich nach ihrer Auffassung bei der internationalen Behandlung der Frage allein han deln könne. Trotz der französisch-tschechischen Versuche, die Frage zu politisieren, beschloß der Völkerbundsrat im Mat, ein Haager Rechtsgutachten einzuholen, während gleich zeitig Curtius und Schober die wirtschaftlichen Hintergründe und weiteren Zielsetzungen des Zollprotokolls im Europa-Komitee zur Sprache brachten. Nach Ein holung der Gutachten der verschiedenen beteiligten Staaten hielt der Haager Gerichtshof vom 20. Juli bis zum ö. August öffentliche Sitzungen ab, in welchen die Pro fessoren Bruns, Kaufmann und Sperl für Deutschland und Oesterreich, Paul-Boncour und Basdeoant für Frankreich, Kremar und Plesinger-Vosinow für die Tschechoslowakei sowie endlich Pilotti und Scialoja für Italien plädierten. Hierbei ereignete sich jene Entgleisung Scialojas, der mit dem Hinweis auf die drohende Kriegsgefahr das Richter kollegium unter politischen Druck zu setzen suchte. In zwischen wurden von Frankreich aus die Versuche fortge setzt, die beiden Regierungen zu einem vorzeitigen Verzicht auf den Zollunionsgedanken, unter stärkstem politischen und finanziellen Druck, zu bewegen, Versuche, die als ein Eingriff in die schwebenden Haager Verhandlungen zu- rückgewiesen wurden. Am vergangenen Montag lancierte zum ersten Male die offiziöse Havas-Agentur die Nachricht in die Öffentlichkeit, daß oer Gerichtshof mit 8 gegen 7 Stimmen die Unvereinbarkeit des Zollplanes mit dem Pro tokoll von 1922 festgestcllt habe. Am Freitag erfolgte dann im Europa-Ausschuß noch vor der offiziellen Be kanntgabe des Haager Ergebnisses, die verklausulierte deutsch-österreichische Verzichterklärung, der am Montag im Völkerbundsrat der Schlußakt der Entgegennahme des Haager Berichtes durch den Rat folgen soll. Die politischen Hintergründe für den Zusammenbruch der Zollunionsinitiative sotten uns hier nicht beschäftigen. Es erscheint vielmehr wesentlich, in diesem Augenblick da» juristische Werk der Haager Rechtssachvcrständigen zu interpretieren und festzustellen, worin die Wesensunter, schiede der beiden Rechtsauffassungen liegen. Bei einer Durchsicht des Mehrheitsgutachtens muß es aussallen wie leicht sich die Verneiner des Zollunionsplanes ihre Arbeit gemacht haben. Die Deutung, welche hier dem Begriff der staatlichen Unabhängigkeit gegeben wird, läßt sich nur hal ten, wenn man sie einseitig als die Pflicht Oesterreichs zur Innehaltung der von den Vätern des Vertrages von St. Germain gewiesenen Wege interpretieren will. Unter Ausgabe der Unabhängigkeit sei, so heißt es hier, jede frei willige Handlung des österreichischen Staates zu verstehen, der zufolge er feine Unabhängigkeit verliert oder seinen souveränen Willen demjenigen eines anderen Staates nnterordnst. Demaeaenüber weist die Minderheit darauf