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vrasckan un<! Umgebung ttonzeniration der Wirtschastsveriretungen - Dresden, 31. August. Die sich ständig steigernden Schwierigkeiten der wirtschaft lichen Lage haben, wie wir hören, Anlab zu einer engeren Fühlungnahme der Berufoverbände von Handel, Handiverk, In dustrie und Landwirtschaft im Bezirke der Industrie- und Han. delskammer Dresden gegeben. Aus Einladung der Kammer hat kürzlich eine vertrauensvolle Aussprache Über die derzei- tige Lage zwischen den amtlichen Berufovertretungen und den führenden freien wirtschaftlichen Verbänden statlgesui^den, bei der allseitig betont wurde wie dringlich gerade setzt und für di« Zukunst eine enge Fühlungnahme ist. Dementsprechend Ist «ine Fortsetzung dieser Aussprachen, die einen freimütigen Gedankenaustausch über die Beurteilung der Verhältnisse dar stellen, ins Auge gefaßt; jedoch soll selbstverständlich von -er Schaffung irgendeiner neuen Organisation abgesehen werden. Zur Stillegung des Wohnungsbaues fN.) Vertreter des Sächsischen Geiverbekammertages, des Landesausschusses des Sächsischen Handwerks und des Bezirks- wirtschastsverbandes für das Baugeiverbe sprachen am Sonn- abend bei Ministerpräsident Schleck und dem Innen-, Arbeits und Wohlsahrtsminister Richter vor, um ihre Bedenken gegen die Lahmlegung des Baues und des Baunebengewerbes darzu legen. Die Vertreter der Regierung wiesen darauf hin, daß die Mittel für de„ Wohnungsbau Infolge der Ausfälle bei der Miet zinssteuer erheblich gekürzt seien und auch mit Rücksicht hieraus die vom Arbeit«- und Wohlsahrtsmlnisterünn herausgegebene Verordnung erforderlich gemacht habe. Entschieden werde von der Regierung dem entgegengewirkt, daß Gemeinden, die für den Wohnungsbau bestimmten Mittel zu anderen Zwecken verioende». Zu dem Wunsche der Abordnung, datz jedenfalls di« begonnenen Bauten zu Ende geführt werden müssen, wurde von den Minister» erklärt, daß hierzu noch keine endgültige Stellung genommen werden könne. Zunächst müsse die lieber- sicht über den gegenwärtigen Stand -er Bauten und über die für die Fortführung benötigten Mittel abgewartet werden. Das Bestreben der Negierung sei jedenfalls nach wie vor darauf gerichtet, der Wirtschaft zu Helsen, um die Arbeitslosigkeit nicht rveiter ansteigen zu lassen. O Das Dresdner Bauhanbwerk, der Bauslosshandel und die Baustosferzcugung veranstalten am morgigen Dienstag eine große Protestversammlung gegen die Baustillegungsverordnung des sächsischen Arbeitsministeriums. r Iugendkraftler! Achtung! Dienstag, 1. September 1931, »verden von 9 Uhr an auf der Ilgenkampsbahn in Dresden die Prüfungen für das Reichsjugend- sowie für das Deutsche Turn- und Sportabzeichen von Kampfrichtern der DIK. abgenommen. Ordnungsgemäß ausgestellte Urkundenhefte sind von den Be werbern mitzubringen. : Die Vereinigten Vaterländischen Verbände veranstalteten am gestrigen Sonntag auf dem Theaterplatz In Dresden eine Sedan- und Tannenberg-Gedenkfeier. Der Feier selbst ging ein Marsch der Verbände vom Wilhelmplatz in Neu stadt zum Theaterplatz voraus. : Die Neustädter Festwoche sand am Sonntag mit einer Morgenfeier im Albert-Theater ihren Höl>epunkt. Noch am heutigen Montag und am Dienstag steht die Neustadt Im Zei chen dieser Festwoche, die schon rein äußerlich den Hauptstraßen des Stadtteils ein besonderes Gepräge gibt. : Die Lage bel der Dresdner Stratzenbahn. Infolge der in den letzten Tagen von kommunistischer Seile betriebenen Streik hetze, hat sich die Straßenbahndirektion. veranlaßt gesehen, die einzelnen Straßenbahnhöfe polizeilich siä)«rn zu lassen. Im Übrigen verkehrte die Straßenbahn auch am Sonntag normal. Zu irgendwelchen Zwischenfällen ist es nicht gekommen. Trinkt „flüssiges Obst"! Ein reiches Obstjahr ist uns beschert. Ueberall im deutschen Land« beugen sich die Aeste unter der kostbaren Last und auch der Winzer erwartet eine gute Ernte. Früher galt Obst als Luxus. Heute wissen wir, daß es eine köstliche Nahrung bedeu tet. Der berühmte Physiologe Bunge sagt: „Was für das Auto das Benzin ist. Ist für den menschlichen Körper der Frucht zucker." Obst steht uns aber zu einem niedrigen Preise nur sehr kurze Zeit zur Verfügung. Außerdem gibt es eine Zeit, in der nur noch ivenig Obst und Gemüse vorhanden ist. Es gilt daher, Jubelfeier in Annaverg so Jahre Katholischer Männervereln Annaberg i. E. Mehrere frühere Pfarrer waren erschie nen, um mit -em Verein zu feiern: die hochivürdigen Herren Dom-ekon und Prälat Hartmann aus Bautzen, Pfarrer Groh mann aus Seitendorf, und wer nicht persönlich kommen konnte, hatte -och ivenigstens seine Freude am Feste zu erkennen gegeben. Der Verein war offiziell am Tische des Herrn in -er Frühe erschienen. In mustergültiger Weise war alles durch den derzeitigen Borsitzenden -es Vereins, Herrn Härich fen., vor bereitet worden Die Kirche, -ie mit ihrem schönen Turm und In ihrem noch schöneren Innern einen ganz prächtigen Eindruck macht, war reich geschmückt, als -er Festgottesdienst begann. Herr Pfarrer Schulz bestieg als Festredner die Kanzel. Drei Engel hätte der erste Geistliche der Gemeinde, Pfarrer Hoff mann, in seiner ersten Predigt am 82. Sonntag nach Pfingsten 1841 herbelgerufen: Den Engel des Glaubens, des Der- trauens und -en -er Liebe. Was damals in dieser ersten Predigt über die Zustände in der Gemeinde gesagt worden sei, sei geradezu trostlos, kummervoll gewesen. Es sei «Ine Zeit voll revolutionärer Gedanken und Bestrebungen gewesen, voll freigeistiger Ideen, auf -le eine Zeit schwerer politischer und kriegerischer Auseinandersetzungen und eine Zeit schwerer Un terdrückung der katholischen Kirche Im sogenannten Kultur kampf folgte. Die Gründung des katholischen Männer vereins 1881 durch Pfarrer Salm sei eine Tat -es Glaubens, des optimistischen Bertrauens und der Liebe zu Gott und zur Gemeinde gewesen. Der Mätmervereln solle wie -a« Haupt der Familie, auch das Rückgrat der Gemeinde sein. Schwere Er ziehungsarbeit sei geleistet worden, um das zu erreichen. Zweck des Vereins sei Führung zum Glauben, Hilfe in der Seelsorge, Erziehung zum Bekenntnisse -er Religion durch Pslege der Zn. fammengehörlgkelt und durch gemeinsame Ucbung -er Religion. Erstrebt werde nicht Aufspeichern von Geld, Feiern von viele» Festen —, sondern vielmehr -le Durchsührung -er katholischen Prinzipien im privaten und öffentlichen Leben. Mann fein, heiße Held, heiße Kämpfer sein! Der Prediger schloß mit dem Apfiell: Sei ein Mann! Sei ein Held des Glaubens! Es ist ein Glaube der göttlichen Autorität! Sei ein Hel- im Gehör- ch«n! Sei ein Held des Vertrauens, ein Held -er christliche» Lieb«, bringe Opfer für Gott, für die Kirche, für die Familie, für die Gemeinde, für den Verein! Nach dieser alle aufs tiefste bewegenden Predigt sang der Kirchenchor unter Leitung des Musiklehrers Hartung, die Loretomesse von Goller und das Vaterunser; ein Baß-Solo, vor, getrogen von Herrn Thümer, und fügte nach dem Tcdeum den Lobgesang von Welker hinzu. Man darf wohl sagen, daß -er Klrchcnchor mit größtem Fleiße gearbeitet Hot. und doß er seine Aufgabe überraschend gut gelöst hat. Es ist nicht leicht, sich unter andersgläubiger Leitung an solche Aufgaben zu machen! Am Abend brachte ein Festkommers im Saale des Linden- garten die weltliche Feier. lieber sie «oll morgen berichtet werden. Am Montag ivar ein feierliches Reguiem von Ede», Hofer früh 9 Uhr vorgesehen. Es galt den Toten des Vereins. auf eine neuzeitliche Weise das Obst in einen flüssigen Zustand umzuwandeln und dauernd haltbar zu machen, so, datz all das Wertvolle des frischen Obstes uns für unsere Ernährung auch für dl« obstarme Zeit erhalten bleibt. Tatsächlich enthält Sütz- most — wie wir das haltbar gemachte „flüssige Obst" nennen — alle wertvollen Bestandteile des frischen Obstes. In Lehrgängen und Obstoerwertungskursen hat die Sächsische Landeshauptstelle seit Jahren auf die Bedeutung der gärungslosen Früchteverwer- tung für die menschlich)« Ernährung und für die deutsch)« Volks wirtschaft hingemiesen und durch ihre sachkundigen Kursusleiter und -leiterinnen Kleingärtner, Siedler und Hausfrauen mit den verschiedenen Verfahren einer neuzeitlichen Früchteverwer- tung bekannt gemacht. Auch in diesem Jahre veranstaltet die Landcshauptstelle überall da, wo solche verlangt werden, Obst verwertungskurse. In Dresden findet ein solcher Obstverwertungs- kursus am Freitag. 11. September, 19 Uhr Im Logenk>eiin, Schandauer Straße 14, statt. Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollen namentlich mit Verfahre» bekannt gemacht werden, die in jedem Hause ohne besondere Anschaffung von Apparaten und ohne Verwendung von Chemikalien möglich sind. Anmeldungen nimmt entgegen: Sächsische Landcshauptstelle gegen den Alko- holismus, Dresden-A. 1, Waiscnhausstraße 29, 2. Fernsprecher 17558. Friede in der Landwirtfchastskammer Nach ihrem diesjährigen Erfolg bei den Wahlen zur Säch sischen Landwirtschastskammer hatten die Nationalsozialisten be kanntlich gedroht, sie wollten das Gehalt des langjährigen Di rektors der Kammer, -es Hosrats Dr. Schöne, nicht bewil ligen, offenbar weil er ihnen ablehnend gcgeniibersteht. Hosrat Schöne, seit Jahrzehnten -den Rechts^rteien angehörend, legte schon vor dem Zusammentritt der neuen Kammer sein Amt nieder, aber das Präsidium der Kammer genehmigte den Rück tritt zunächst nicht, sondern gewährte Dr. Schöne nur einen Urlaub. Auch das Wirtschaftaministerium nahm zugunsten Dr. Schönes Slellung unter Hinweis darauf, daß er durchaus arbeitsfähig sei und es eine Geldverschwendung bedeuten würde, ivenn ma» ihn pensioniere» würde. Da -er Staat be kanntlich der Landwirtschaftskammer gewisse Zuschüsse gewährt, hatte das Wirtsäraftsministerium ein Recht zu solchem Einspruch. Wie die Sächsisch-Böhmische Korrespondenz von unterrichteter Seite erfährt, ist jetzt der Streit beigelegt worden. Hofrat Dr. Schöne hat sein Niicktrittsoesuch zurückgezogen und ist bereits wieder In der Kammer tätig. Umgekehrt hat die Kammer den Strafantrag gegen -en nationalsozialistischen Vizepräsiden ten Körner, der im Wahlkampf die Kammer als einen „Sau toll" bezeichnet hatte, zurückgezogen, naä)dem Körner ent- prcchcnde Erklärungen abgegeben hatte. Damit ist -er Friede n der Landwirtsclxrftskammer wieder hergestellt und trotz ihren» großen Wahlersolg haben die Nationalsozialisten nichts erreicht. Gegen ven Waffenmißbrauch Zur Ausführung des Reichsgesetzes gegen Wasfenmißbranch hat das sächsische Ministerium des Innern folgendes bestimmt: Zum Führen von Hieb- und Stoßwaffen sind ermächtigt Per sonen, die nach 8 34 des Jagdgesetzes einer Jagdkarte nicht be. dürfen, in gleichem Umfang wie die Inhaber von Iagdsclieincn, Mitglieder der Militärvcreine, soweit sie zum Führen von Waf fen berechtigt sind, und Mitglieder der Schützengesellschaiien, ebenfalls nur, soweit sie zum Führen von Massen berechtigt sind. Im übrigen erteile» die Ermächtigung, Hieb- oder Stoß waffen zu führen, die staatlichen Polizeiämter bzw. dv Anils- hauptmannschasten und die Stadträte der bezirkssreien Städte. Oie Anbauflächen in Sachsen Nach den vorläufigen Ergebnissen der Anbauflächen erhebung von Ende Mai waren in Sachse n zu dieser Zeit 159 573 Hektar mit Roggen, 197 349 Hektar mit Weizen, 15 710 Hektar mit Winter- und 29 671 mit Sommergerste, 159 696 Hektar mit Hafer, 1594 Hektar mit Mais, 1814 Hektar mit Menggetreide, 227 Hektar mit Erbsen, 364 Hektar mit Acker bohnen, 1919 mit Wicken, 441 Hektar mit Lupinen. 3889 Hektar mit Mischsrucht, 1725 Hektar mit Gemenge aus Hülsenfriickten und kleinere Flächen mit sonstigen Getreidearten und Hülsen- srüchten bebaut. Ferner waren 5256 Hektar mit Früh- und 191755 Hektar mit Spätkartoffeln, 6969 Hektar mit Zucker rüben. 36 862 Hektar mit Runkelrüben, 1415 Hektar mit Kohl rüben, 799 Hektar mit Mohrrüben und 3542 Hektar mit sonsti gen Hackfrüchten bebaut. Endlich waren noch 1989 Hektar mit Weißkohl und 3239 mit allen anderen Gartengewächsen zusam men angebaut. Dazu kommen noch kleinere Anbauflächen mit Flachs, Raps und Rübsen und anderen Hnndelsgewöchsen, 115 919 Hektar mit Klee, 19 973 Hektar mit sonstigen Futter pflanzen usw. Insgesamt belief sich das Ackerland in Sachsen auf 769143 Hektar, das Wiesenland auf 178 881 Hektar, die Viehweiden auf 21 989 Hektar, die Obstanlagen auf 1339 Hektar, die Weinberge auf 164 Hektar und Gartenland auf 45 313 Hektar. Die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche umfaßte also 1996 929 Hektar. Forstungen und Holzungen beanspruchten 375 523 Hektar, Oed- und Unland erfreulicherweise nur 15 07S Hektar. s. Herabsetzung der amtlichen Reisekosten. Das sächsisch« Aesamtministerium 1>at, wie uns aus Dresden gemeldet wirk die in der Reisckostenordnung von 1921 festgelegten Sätze bei Reisen nach besonders teuren Orten um 29, nach andern Orlen um 19 Prozent herabgesetzt. Für Dienstreisen bis zu 6 Stunden wivd kein Tagegeld mehr gezahlt; -le andern Zahlungen iverden sämtlich ermäßigt. Rolande wird geliebt Roman von Pierre USrmtte Autorisiert« Übertragung aus dem Französischen von Thea Kara. ^Nachdruck verboten.) Sophrtght bh Karl KSHler L To. Berltn-Zehlendorf s6O. Fortsetzung.) „Herr Maude, ich bitte Eie, ich flehe Sie an, Sie haben alles gesagt, was Sie sagen konnten. Sie haben Gründe vorgebracht, vielleicht mißbraucht heilige Begrün dungen, an die ich nie gedacht hatte. Ich bitte Tie, so kehr ich kann, quälen Sie mich nicht länger! Lassen Sie mir Zeit zum Nachdenken!" „Nachdenken! Dieses Wort schließt schon eine Hoffnung für mich ein! O Rolande, ich danke Ihnen für dieses Wort. Ich werde es mit mir nehmen, im Grund meines Herzens verbergen. Ja, auch aufrichtigen Dank dem Herzen Jesu! Denn dieses Wort würden Sie mir in der Oper nicht gesagt haben..." Ueberglücklich ließ er das junge Mädchen nach einem warmen Mndedruck, in den er alles hineinzulegen suchte, was er fühlte, gehen. In das Hotel zurückgekehrt, hatte Tante Cäcilie wieder den Eindruck, daß etwas vorgefallen ist: „Du bist fo traurig, meine Rolande, vergiß das dumme Abenteuer von heute morgen." „O, das ist schon weit — sehr weit von meinen Ge danken entfernt? „Also, was hast du?" „Ich muß erst mit mir selbst ins reine kommen." „Mit dir selbst ins reine kommen? Ueber was?" „Bitte, frage mich nicht." „Auf jeden Fall werde ich morgen früh in die Herz. . Jesu-Kirche hinaufsteigen, ich werde zur heiligen Kom- munion gehen, und ich werde Gott bitten, mich zu letten. Ich werde ihn bitten, uns ein Zeichen zu schicken, dir und mir. Er kann es uns nicht verweigern, uns zu helfen. damit wir uns zurechtsinden aus dem schrecklichen Kreuz« «eg, auf dem wir uns befinden." „Schrecklich, in der Tat! Und der arme Roger! Er hat doch heute abend wieder alles getan, was er konnte." „O, allerdings." „Ich habe euch absichtlich ein wenig allein gelassen. War es unrecht?" „Vielleicht —." Rolands schlief schlecht in dieser Nacht. Das von ihr geforderte Opfer lag wie eine schwere Last auf ihr. In ihrer Schlaflosigkeit drehte sie die Frage hin und her: Ist es eine Schickung Gottes — oder nicht? Ist es eine List, um sie aus ihrer Bahn zu werfen und lo mit einem Schlag zwei Leben zu vernichten? Eine Ver suchung? Oder ist es ein Ruf, um diese Seele dem Glauben wieder zuzuführen? Rolande hatte zuerst den Gedanken gehabt, den Herrn Abb» aus der alten Krabbe aufzusuchen, um ihn in dieser Gewisjenssache um Rat zu fragen. Aber sie hätte den Seelenzustand Roger Maudes verraten müssen. Selbst wenn sie keinen Namen genannt chäite, würde ihn der AbbL so fort erraten haben. Wenn sie morgen mit einem der Kapliine der Herz- Jesu-Kirche sprechen würde? Ein Priester ist immer der beste Berater in den schweren Stunden des Lebens. Er hat die Standesanade, er steht über den Dingen, er hat Erfahrung, er ist unparteiisch. Einen besseren Ratgeber konnte sie nicht finden. Gott würde ih? helfen, er würde sie zu dem Priester führen, der am besten ihren Fall be urteilen konnte. In der Tat, am nächsten Morgen, einem dieser schönen Oktobermorgen, die uns durch ihre Melancholie fo beein- flussen, stiegen die beiden Frauen wieder die Levic-Straße hinauf. Sie sahen nun im vollen Tageslicht das unge heuer« Paris vor sich liegen. Immer arbeitend, immer rauchend, immer fiebernd voll Leben. Sie traten in die Basilika ein, und nach einem inbrünstigen Gebet suchten sie einen Altar auf, an dem ein« heilige Mess« gelesen wurde. Rolande verließ ihre Tante und bat um eine kleine Unterredung mit dem diensttuenden Kaplan. Wer mag es sein? Sie weiß es nicht. Aber dieser Priester wird einige Augenblicke lang ihr Leben, ihre Zu kunft, ihr Herz in feinen Händen halten. Eine schwere Ver antwortung tragen die Priester, deren Last, wie der hei lige Augustinus sagt, in gewissen Stunden die Schultern eines Engels beugen würde! Die Frage, die Rolande sorg fältig ausgeschrieben hat, ist folgende: „Wird ein junges Mädchen, das von jeher einen jun gen Mann, einen gläubigen Katholiken geliebt hat, mit dem es beinah verlobt ist, zur größeren Vollkommenheit gelangen,wenn eseinwlligt, einen anderen jungen Mann zu heiraten, der Ungläubig ist, den es nicht liebt und den es niemals lieben wird, weder ihn noch feine ganze Umgebung, aber den es durch diese Heirat eines Tages vielleicht dem Glauben wieder zuführen könnte?" Als Rolande das Büro des Kaplans verließ, strahlte sie über das ganze Gesicht. Die Antwort war ihr klar und ohne Zögern erteilt worden: Erstens habe sie keinerlei Verpflichtung, einen Un- gläubigen zu heiraten, dessen Bekehrung, weil sie nur durch menschliche Liebe vollbracht werden solle, sehr zweifel haft sei. Zweitens, die Ehe soll aus Liebe oder wenigstens au» gegenseitiger Zuneigung geschlossen werden. Anderenfatt» würde diese Ehe eine Lüge sein. Eine Lüge, die unmög lich ein ganzes Leben hindurch durchgeführt werden könne. Die größten Gefahren für die Einigkeit und da« Glück die ser Ehe würden heraufbeschworen werden. Endlich käme das junge Mädchen nicht allein in Frag». In Noirmoutier lebe ein junger Mann, der liebe und ge liebt werde, der alle Eigenschaften besitze, die da» jung» Mädchen und die Kirche wünschen könnten. Es wäre doch sehr ungerecht, wenn man einen gläubigen jungen Mann für die sehr unsichere Bekehrung «in« Ungläubig«» ops«rH woll«. «ortsetzun, fotzq.