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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111111010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-11
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Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Ur. dl3. lvs. Ishrsang. werden zu vertrauensvolleren freundlicheren Auf lassungen gelangen. Te.n würden wir uns bereit willig ansa'lieben. ißenn anderseits da» jetzt schon unaeheure Programm anderer Mächte für die Rüstungen zur See durch neue Erwetteruirgen an- schwellen sollt«, so würde die» der Gegenstand äussersten Bedauern» für uns sein, aoer ich lun verpflichtet, für die englische Regierung zu er klären, daß von allen Nationen und Staaten der Welt Groschrirannien am besten imstande sein werde, die Anspannung zu ertragen, und der letzte Staat, ditr dem Ruse der Pflicht nicht folgen würde. Der Krieg um Tripolis. Die „Agenzia Tiefani" meldet aus Tripolis unter dem 10. November 2 Uhr morgens: Gestern kam es zu wiederholten Angriffen durch kleine arabische A b t e i l u n g e n , die sich gegen die italienische Ostfront richteten. Da An zeichen vorhanden waren, daß sich stärkere Abteilun gen gegen den italienisch'.!', linken Angel zum An griff sammelten, ging das 8. Infanterieregiment zum Angriff vor und nahm eine von etwa ütio Aradern besegle Stellung. A'r sich b>e Bataillone von dort wieder zurückzogen, wurden sie auf dem Marsche von neuem vom Heinde angegriffen. Die Ba taillone gingen ihrerseits noch einmal vor. Mit dem Einbruch der Dunkelheit zog sich der F e i n d z u r ü ck. Dav 'l. Vcrsaglieri-Regiment unternahm aus seiner Stellung einen Verstoss, um die Plänkler des Feindes '.urültMrei'oen Aus dem äußersten rechten Flügel ging ein Bataillon aus die Oase Zawur vor, fand aber keinen Widerstand. Eine Abteilung von der Stärke von einem Bataillon, einer Eskadron und einer Abteilung Artillerie ging bis jenseits der O a s e A i n Z a r a vor und trieb entgegentommende feindliche Kavalier i «zurück. Die italieni schen Schiffe überwachen die Küste in der Richtung auf die tunesische Grenze. Sie beschossen einige von Bewaffneten begleitete Karawanen und zerstörten die Kaserne bei Rombeh. — Um die Stadt vor der E h o l e r a zu schützen, hat man in den Gärten außer halb der Stadt ungefähr zweitausend Eingeborene untergcbracht und sie gewaschen und neu gekleidet. Man verwendet große Sorgfalt auf die Ueberwachung des Trinlwassers und bat einen Plan entworfen, die Wasserleitungen von Bu Miliana zu verbessern. — Aus Benghasi wird durch Funkspruch gemeldet, daß sich dort sowie bei Terna und Tobruk nicht» Neues ereignet hat. Die Befestigung Myihilene». Rom, 10. November. (Eig. Drahtmeld.) Die Italiener, die damit beschäftigt sind, Myihilene zu befestigen, sind mit dem Ausbau der Befestigungen schon sehr weit vorgeschritten, so das; ihre Position jetzt stark genug ist. Die Bevölkerung, die anfangs geflüchtet war, fängt jetzt au, langsam zurückzu kehren. In Chios haben die Italiener zu ihrer Verstärkung 10 000 Mann gelandet, außerdem sind hier zahlreiche Kanonen und Munition eingetrossen. stl Rom, 10. November. lEia. Drahtmeld.) In der heutigen Versammlung des Pressesyndikats ge langten zunächst die Gesuche elf fremder Korrespon denten zur Verlesung. Ihr Austritt als Mit glieder des Syndikats wurde angenommen. Die Ver sammlung beschloß alsdann, die Debatte über den Vorschlag der Auflösung des Syndikats aufzu schieb en und ernannte einen Ausschuß, o-r vi» ,iur Abänderung der Statuten vor« -ererten soll, um in Zukunft unerfreuliche Zwischen fälle zwischen beiden Abteilungen des Syndikats zu vermeiden. Der Aufruhr von Tunis. Paris, 10. November. (Eig. Drahtmeld.) Die tunesischen Nachrichten lauten beun ruhigender, als aus den amtlichen Veröffent lichungen hervorgeht. Ti« aufrührerische Bewegung unter den Eingeborenen, die allerdings in erster Reihe immer noch gegen di« Italiener ge- richtet ist, gewinnt an Ausdehnung und verbreitet sich auch über das Innere des Landes. In der Hauptstadt wird voraussichtlich der Belage- Lelml-er rungszustand erklärt werden müssen. Die V«' satzung, die dadurch sehr geschwächt ist, daß ein großer Teil der Truppen in Marokko verwendet worden ist, erweist sich als unzulänglich, und di, Militärbehörde hat dringend ansehnlich« Ver stärkungen aus Frankreich verlangt, die ohne Zweifel in den nächsten Tagen nach Rordafrtka geschickt wer den. Die bewaffnet ergriffenen Einge borenen werden im verkürzten Verfahren von den Gerichten zu strengen Strafen verurteilt. Alle Poli zisten werden mit Gewehren und Revolvern bewaffnet. Berittene Stretfwachen durchziehen nicht nur das arabische Viertel von Tunis, sondern auch die Umgebung der Stadt. Oie Revolution in Lisins. Der Nachricht, die wir in unserer gestrigen Abend- nummer veröffentlichten, wonach sich die laikerl.che Familie noch rn Peking aufhält, widerspricht fol- gende Meldung: Flucht der kaiserlichen Familie au« Peking. ?. 0. New York, 10. November. Wie der „New Port Herald" aus Peking meldet, ist die kaiser liche Familie gestern früh aus der chinesischen Hauptstadt geflohen. Das Ziel ihrer Flucht ist noch unbekannt. Di« Flucht des Hofes wird zwar offiziell dementiert, doch wird in gut unter richteten diplomatischen Kreisen behauptet, daß der junge Kaiser tatsächlich Peking verlassen hat. General Chang Chao Ting, der Komman dant der achten Division, der mit dem Schutz der kaiserlichen Famtli« betraut war, hat um seine Entlassung gebeten, da er sich nicht mehr aus sein« Offiziere und Mannschaften verlassen kann. Der General war dazu ausersehen, gemeinsam mit Puanschtkai die Aktion gegen die Rebellen zu leiten. Yuanschikai wird für heute in der chinesischen Hauptstadt erwartet, wo er weitere Maßnahmen gegen die Revolutionäre treffen wird. Neu« Erfolge der Rebellen. Die kaiserlichen Trupp, ninTschang-sung sind gestern zu den Rebellen üoerge- gangen. Der Viezkönia der Mandschurei soll, nach dem Bericht de» französischen Konsul» in Mukden, die Stadt verlassen haben, ohne daß man von seiner Flucht das geringste bcmertt hätte. Wohin sich der Vizekönig begeben hat, ist noch unbekannt. In Fu- kien haben die Revolutionäre den Negierungspalasr gestürmt und vollständig demoliert. Die Kämpfe zwischen ihnen und den Negierungstruppen dauern fort. Dle Schlacht ist bisher unentschieden. Die Chinesen st adt steht in Brand, die Be sitzungen der Ausländer sind nicht gefähr det, da sic von revolutionären Truppen beschützt werden. Japan sendet »oav Manu nach China? London, 10. November. (Eig. Drahtmeld.) Man meldet aus Tokio, daß zwei Transportschiffe mit 3000 Mann an Bord gestern früh ihr, Ausreise angerreten haben. Man will wissen, daß dies« Mannschaften, für China bestimmt sind. Tschang läßt di« Dynastie im Stich. London, 10. November. (Eig. Drahtmeldung.) General Tschangschaotseng, der vor kurzem für die Verhandlungen mit den Iangtssreoolutio- nären mit laiserlichen Vollmachten versehen wurde, weigert sich, diesen Auftrag zu vollziehen. Sein Au», tritt aus dem Heer ist «in schwerer Schlag für di« katserliche Cache und bringt eine unerwartet« Verwick lung für Li« Regierung. Man rechnet« darauf, daß Tschang nach Peking kommen und mit Puan- schikai zusammen di« Rettung der Dynastie ver- suchen würde. Oeffentlich wollen seine eigenen Unter. Tageblatt. - gebenen von Zugeständnissen an die Mandschus nicht» wissen. Mit seinen Lantschautruppen sollte Tschang vorgestern schon in Tientsin sein. Das sustrslilcke llrbeiterparaüies. In ganz Australien herrscht seit Jahren der sür Arbeiter ideale Zustand, daß die Nachfrage nach Händen viel größer ist als das Anaebot. In Neu- sudwales und Südaustralien ist darüber letzthin durch besondere „Königliche Kommissionen", in den andern Kolonien durch die Arbeitgeberverbände Genaueres ermittelt worden. Allein in Sydney wurden zur Zeit der Erhebungen 3217 Handwerker dringend gesucht, ohne daß sich welche meldeten. Es gibt keine Stadt, wo die Zahl der offenen Stellen nicht viel größer wäre als die Zahl der Beschäftigung Suchenden, trotz dem den sowieso viel zu diinnn bevölkerten ländlichen Gegenden fast all: brauchbaren Arbeitsträfte ent zogen werden. Einen Wettbewerb um Arbeiten gibt e» nicht mehr, sondern nur noch einen Wettbewerb um Arbeiter. Die Arbeitgeber suchen sich diese gegenseitig abspenstig zu machen. Bekanntlich hat die Arbeiterpartei des Common wealth seit den letzten allgemeinen Wahlen in beiden Häusern des Vvndesparlaments die ausschlaggebende Mehrheit: längst Hot es sich aber aezeigt, daß sie dieser formellen Herrschaft gar nicht bedarf, um die Politik des Landes zu bestimmen. Deren Grundziig« sind nach Sombart diese: Fortschreitende Verstaatlichung der Trans portmittel und Industrien. Die Eisenbahnen sind schon verstaatlicht, dle Bergwerke sollen drnnkommen. Ferner hak man bereits die Lebensversicherungen in „Staatsbetrieb" genommen und ist im Begriff, nnt der Fenerversicheruna das gleiche zu tun. Wo die , Pri.mtindustrie" noch besteht, ist den Unternehmern das Vergnügen an ihr gründlich verekelt. Es besteht der achtstündige Maximalarbeitstag, neben andern strengen Arbeitsbestimmungen, und für zahlreiche Industrien gelten Mindestckhne. Wo diese nicht vom Gesetze sestgelegt sind, ist der „freie Arbeitsvertrag" doch aus andere Weise aus der Welt geschafft durch die Einführung der obligatorischen (staatlichen!) Sckiiedsgerichte. Besondere Kommissionen setzen die Arbeitsoedingungen feit, auch soweit sie dir Löhn« betreffen. Das „Recht auf Arbeit" ist anerkannt. Alle Personen über 05 Jahre mit einem Einkommen von weniger als 1000 Schilling werden vom Staate versorgt. Die Agrarpolitik ist stark von den Ideen der Bodenreformer beherrscht. Nun erwäge man, daß Australien, obgleicb es Europa an Größe sehr wenig nechsteht, nur 1 Mil lionen Einwohner zählt: Sollte man da nicht an nehmen, au« allen Enden der Welt müßten Prole tarier massenweise in dieses Arbeiterparadies hinein strömen? Und doch ist dem nicht so. Im Gegenteil, die verhältnismäßig wenigen Einwanderer, die kvmmen, gehen großenteils wieder fort. Im Jahre 1908 trafen 72 208 Einwanderer ein. aber 5,9 658 schifften sich bald wieder ein, um gastlichere Gestade aufzusuchen. Das kommt daher, daß die Gewerkver ein« eifersüchtig übe: ibr Lohnmonovol wachen, durch enorme Aufnahmegebühren den Einwanderern die Mitgliedschaft fast unmöglich machen und mit Erfolg ihren ganzen politiscken Einfluß aufbteten, um die Beschäftigung von Nicktmitaliedcrn durch Arbeitgeber zu verhindern. Gesetzlich ist sestgelegt, daß niemand einwandern darf, der vo: der Ausreise einen Kon trakt mit einem australischen Arbeitgeber einging. Auf alle möglich« Weis« ist eben dafür a«sorgt. daß die australischen Arbeitsmärkle nicht mit Lohndrückern überschwemmt werd«« können. Das möchte noch hin. gehen, wenn man die Vorsicht nicht so weit triebe, daß es den Arbeitgebern überhanot nicht mehr möglich ist, einwandernde tüchtige Kräfte anzustellen. Die Gcwerkvereine haben einen Numerus clausus. Be schäftigt jemand einen eingewanderten, noch so tüch tigen Handarbeiter, der noch nicht Mitglied Ft, so wird der betreffende Arbeitgeber gezwungen, ihn wieder zu entlasten: sucht der Entlastens dann di« Mitgliedschaft nach, so muß er hören, daß die Liste geschlossen sei. Und wie man die Konkurrenz der Einwanderer fürchtet, so fürchtet man die Konkurrenz der eigenen Nachkommenschaft. „Die ersten Kolo nisten", sagt der englische Reisende John Foster Fraser in seinem Buch über „Australien", „hatten Familien von 10 bl« 12 Kindern, der moderne Schillerkeier in Ser Klberrhalle. Nach schönem Brauch« pflegt der Leipziger Schillerverein den Geburtstag unsere» größten deut schen Dramatik«» alljährlich durch «ine stet» außer gewöhnlich« Feier zu begehen. Diesmal gab er den Leipzigern erwünschte Gelegenheit, den künftigen, vom Nate der Stadt berufenen und beamteten Leiter ihrer drei städtischen Theater von Angesicht zu sehen und sein künstlerische» Programm zu hören. In dem weiten Nund der Aldertball«, di« vor kaum einem Jahr der Napoleon des Rogisbluffs Reinhardt mit seinen stvnetisch bejubelten Oedipus-Triumphe er füllte, stand gestern abend vor einem aufmerksamen Auditorium verr Geheimrat Max Martersteig am bekränzten Bortragspult, und den geräumigen Zirkusbau erfüllten die schwerwiegenden Wort« seiner kluaen, Philosophie zu nennenden Festrede über di« ethisch« Aufgabe der Schaubühne. Ueöerrascht blickten all« auf die feiwgeschnitte» nen Züge dieses ausdrucksvollen, durchgeistigten Ge« lohrtenkopfes, Len uns Max Klinger zur letzten Kunstausstellung so prachtvoll Lurchmodelliert be scherte. Zum ersten Male sah die große Welt von Leipzig ihren Intendanten in der Oesfentlichkeit, den einzelne Thearerfreund« schon hier und da in der Direktionsloge neben Robert Volkners ausge prägtem Künstlerkopf bemerkt hatten. Und di« einen Theaterdirektor zu finden erwartet hatten, fühlten den forschenden, grübelnden Blick eines stillen Gelehrten auf sich gerichtet und erkannten über den ersten Worten der Rede in dem kommenden Hüter u,rd Pfleger unserer Böhne eine Persönlichkeit von gediegener Bildung und reifem, klar abwägendem Urteil, einen von dem wahren Willen nach mög licher Vollkommenheit, nach innerer Freiheit stre benden Künstler. Aus seiner tiefschürfenden, edlen Schillerrede aber nahmen alle ohne Ausnahme da» ermunternde Bewußtsein mit, daß dieser von unserem Rate auscrwählte Mann auch der Berufene sein wird, der Not der Theaters in unserer Zeit wirksam zu begegnen, das an Interesselosigkeit der Mena« krankende, von Wert zu Unwert schwankende mißach tet« Schauspiel ru beleben und zu veredeln, di« Leip zigs alten Ruf bewahrende Oper in ihren hohen Bah nen zu erhalten und dem nicht zu entbehrenden, aber mit Vernunft zu steuernden Operettenunwesen auch ohne Einbuße für das Stadtsäckel einen Damm wider die überhandnehmende Geschmacklosigkeit aufzurichten. Die (in der heut« erscheinenden Vunmusgabe de» Insel Verlags) dem feinsinnigen Kunstschriftslellcr und Redakteur von „Kunst und Künstler", Karl Scheffler, gewidmete Schillerrede Martersteig» geht von dem einer Friedrich Schiller» Seel« aanz erfül lenden Begriff« der Freiheit «u» und stellt jene» SchMer vor UV» -io, der UVH di« Dege wie» in di« Kulturmöglichkeiten unsere» Volke», der -um Regenerator des deutschen Geiste» ward. Al» sein persönliche» Bekenntnis Schiller, mehr aber noch ein Nachprüien derAufgabe, die ihm in unserer Stadt vertraut wurde, charak- tertsierte Geheimrat Marterftei- sein« Red« von der ethischen, der fittllchenden Ausgabe de» Theater». Man muß Schiller immer und überall al» Ganze» nehmen. Er gab dem Begriff der Kultur «ine größer« Tiefe. Durch die Pfleg« d«r Kunst wird Kultur g— weat, aber dazu muß «in Will« zur Kunst vorhanden sein. Der Kultur selbst find keine festen Grenzen ge steckt. Unbegrenzt sind die Entwicklung-Möglich keiten des Gedankens der Freiheit, d. h. der wahren Sittlichkeit, unser«, Ethos. In den Briefen über die ästhetisch« Erziehung des Menschen spricht Schiller es aus: Di« Kunst ist eine Tochter der Freiheit, und von der Notwendigkeit de» Geiste», nicht von der Not durft der Materie will sie ihre Vorschrift empfangen." Unser Ziel ist, da, Werk der Not in ein Werk der freien Wahl umzuschaffen und dle physische Notwen, digkeit zu einer moralischen zu erheben. Unsere Zeit fleht mißverständlich Lre» „Moralische" al» das Kunstfeindliche an sich an. Daraus folgt di« manntgstrche Verwilderung der Kunst auch im Theater, folgt aber auch die „bornierte Anwendung moralischer Forderungen leiten, unserer offiziell be stellten Kunstwächter . Den in uns verknöcherten Begriff des Moralischen müssen wir wieder ent schlacken als den unserer höchsten Freiheit und Würde, al» die Gemüts- und Geistesberettschaft, di« unser Streben zufammenfließen läßt mit dem göttlichen Wesenskern unserer Existenz. Nicht Leidenschaften ausrotten, veredeln soll sie di« Kunst und uns durch den Willen läutern, hinaufführen zur wahren, sitt lichen Freiheit. „Das sollten sich insbesondere auch unsere Herren Zensoren zu Gemüt« führen, die, zum Skandal Europa», in den Kulturen der Kunst ver bietend hcrumstampfen, weil sie immer noch unfähig sind, im Kunstwerk Zweck und Mittel zu unterschei den." Anderseits fällt die Art d«s Zuschauers hier bedeutsam für di« Schaubühne in» Gewicht. Ein mündiges Publikum fordert da» Theater, fordert ernsthaft« Menschen, soll es ernsthaft an der Kultur Mitarbeiten. Schwer ist die Aufgabe de» ernst- meinenden Theaterleiters; er darf nicht den Dor- mund setnes Publikums spielen, nicht seinen rein technischen oder künstlerischen Geschmack entscheiden lassen, darf auch nickt ringende, werdende Talente ihrer etwaigen Schlacken wegen austchließen. „Ein Theater ist etwas anderes al» ein Museum, in dem nur reis« Muster künstlerischer Epochen zur Schau gestellt werden. Es soll immer unmittelbare» Leben sein, was von der Schaubühne au»«ht. Und wenn sie so allem dient, was, dieser Leoensfüll« mächtig, «wtß frffch, Hank seiner vom Geist her Knaff geprägten und darum unvergänglichen Form, an» reichen Zeiten uns zum Erd« ward, mit der Verpflich tung, diese Schätze durch da» Medium der Bühnen kunst immer neu aufleuchten zu lasten, so soll sie in gleichem Maße ihrer Zeil, ihrer Gegenwart der Spie, gel de» künstlerisch «rhooenen Lebens sein." Rücksicht auf die Unmündigen tm Theater mag Haus und Familie, die Schule nehmen. Aber auch di« Reifen find ihrer Selbsterziehungspflicht zur Kunst rm Theater nicht enthoben, das sie in einen Kampf um die ideale Freiheit htneinzisHt. Keine Müden und Abgeavdeitelen, sondern künstlerische, kunstempfängliche Menschen verlangt das Theater, Kulturbedürftige und Kulturbereite. Und die Kul- turfrage des Theaters ist auch in unserer rein wirt schaftlichen Zeit nicht in Frag« gestellt, denn di« Gegenwart schafft von Tag zu Tag mehr solche Emp fängliche, Bedürftige. Freilich nicht alle erstreben darin das gleich« Ziel des Genusses, was wiederum di« Bietseitigkeit de» Theater, und der Künstler rechtfertigt, die zu allen Zeiten vielseitig gewesen find. „Wa, unser« Schaubühne dennoch am meisten zu fürchten hätte, wäre ein moralisierender Purismus." Indes immer rege ist das Streben der Kunst zur Kul tur hin, das Sichentfalten, Werden. Darum ist alles Soll und Muß in der Kunst vom Uebvl. Jeder ihrer Zustände kann nur Stuf« sein. Ueber sie soll di« Menschheit schreiten, emporschreiten. Diese vortreffliche, programmatische Rede des Ge heimrats Martersteig bot sich den Schiller Feiernden in einem machtvoll tönenden, feingestimmtrn Rah men von orchestralen Vorträgen des verstärkten Win- derstein-Orchesters und Gesängen der Dresdner Hof opernsängerin Fräulein Magdalene Serbe, am Blüth« ner begleitet von Herrn Max Wünsche. Der laute Beifall galt den Genannten wie dem veranstaltenden Schiller-Verein, besten umsichtige Leitung eine wohl gelungene Feier in den Annalen verzeichnen kann. r. s. Theater uuü Musik. Leipzig, LI. November. Rr»e» Lheater. (Zum ersten Male: „TaS heYH Eisen". Musikalisches Lustspiel in einem Aufzug von MaxSSolff. — Reu einstudiert: „T i e .Abreise". Musikalisches Lustspiel in einem Akt von Eugen d'Albert.'' „Anno SalutiS 1551. Zar, Am 16. Tag Noucmbris" beendete .Hans Sacks sein „Faßnacht Spil mit 3 Person: TaS heyß Eifere", «je Idee diese- Stückes schien Max Doljf für «in musikalische- Lustspiel passend. Und s» schuf er fick denn selbst auf Grund der Uibertra-ung hp» starl Humter hat Kibrepo. d<H fich sehr pug. Sonnadenü. N. November lSll. Australier begnügt fich damit, 1 oder 2 zu haben Diese Tatsache ist besorgen »»erregend, wenn inan an die Zukunft d«« dünnbevölkerten Lande» denkt." Di« australisch« Arbeiterschaft hat ihre eigene» Bequemlichkeiten vermehrt, sich aber um neue Ver antwortlichkeiten herumqedrückt, oder, wo st, solche aus sich nahm, sich von ihnen überwältigen lasten. Da» Trachten des australischen Arbeiter» ist aus ein sorglose» Dasein gerichtet, da» kein« Verpflichtungen kennt, außer denen gegen dir eigene Person, und lein« Auigaben, außer denen der eigenen Existenz- erleichterung. Wie alle Monopol«, so wirkt natur gemäß auch da, Lohnmonop. l der australischen Ar beiter hemmend auf da» Wtnschaft»led«n ein. Wäh. renü Argentinien und Kanada mit Riesenschritten vorwärtsschreiten, kommt Australien nicht recht vom Fleck. Bezeichnend ist ein Vergleich zwischen dem ailstralischen und dem argentinischen Eisenbahnwesen. Die argentinischen Bahnen eilen den Bedürfnissen weit voraue, die australischen hinken ihnen nach. Die australischen Frach'-n sind ungewöhnlich hoch, die argentinischen niedrig. Die argentinischen DahiEn breiten sich von Buenos Aires au, struhlrnsörmig über da» ganz« Land aus, bei dem australischen Bohnnetz fehlen einheitliche Cestcklspunkte. Von allen Provnnstaaten sind in Australien nur Viktoria und Neuiüdwnle» durch mehrere Bahnlinien mitein ander verbunden. Neusüowales weigert sich aber, seine südwestlichen Linien mit den Linien Viktorias zu verbinden, damit der Handel nicht von Sydney abgezogen und nach Melbourne hingelenkt merde. Das Nordterritorium und Westaustralien sind voll- ständiq isoliert, so dafi die ganze Nord- und Westküste dem chinesischen Menschenschmuggel preisgegeben ist. Unter solchen Umständen ist es kein Wund-- wenn «ngliches Kapital lieber in Argentinien ol, in Australien Beschäftigung sucht und der privat, Unter- nchmungsgeist in Argentinien Wunder wirkt, wäh rend die Ergebnisse de» vielgepriesenen australischen Staatssozialismus, der die Verluste, die di« Zurück- drängung des Kapitalismus durch di« Politik zur Folge hatte, mehr wie weitmachen sollte, geradezu kläglich genannt« werden dürfen. ,0. L. Der Ausbau üec Tarpeüollotte lm Winter 1SH/12. Im Winterhalbjahr 1911/18 wird auck> unsere Torpedoslotte, wie der Korrespondenz „Heer und Politik" cm- Martnekrrisen geschrieben wird, einen beträchtltcl)en Ausbau erfahren. ES handelt sich um insgesamt 12 neue Torpedoboote, die rvährend der Wintermonate in Arbeit tein werden. Nach dem di« beiden Torp^dobootSslottillen in einem Ge» jamtumfange von 12 Torpedobooten, nämlich die tzlortitlrn „V. 186" bi- „ISl" und „6. lL2" bi? „197", die auf der Gcrmaniawerst und dem Stet tiner Vulkan hergestetlt wurden, fertiggestcllt sind und bereits glänzende Probefahrten abgelegt haben, bleiben jetzt nur noch die obengenannten 1L Tor pedoboote übrig. Tiefe beiden in der Arbeit be» sindlichcu Torpedobootsflottillen haben die Vezcrch- nung „V. 1" biS „6" und „0. 7" bis „12" trhaiten. Interessant ist die Mitteilung, daß die sertiggcsteit- ten Torpedoboote, die mit Turbinen ausgerüstet lind, dir höchste Geschwindigkeit erreicht haben, die irmalS bisher von deutschen Schiffen erlangt mor den ist. ES ist anzunehmen, daß dre neuen Torpedo boote, die im kommenden Winterhalbjahre dec Fer tigstellung entgegengebracht werden, an Schnellcgkeit hinter Liefen Torpedobooten nicht nachsleheu meroeu. Ter ÄcsamrauLbau an deutschei Kriegi-sahrzeug-n im Winterhalbjahr 191l/12 beträgt demgemäß rund 30 Neubauten, und zwar sind darunter, vrie wir ichon mitteilten, autzec den 12 Torpedobooten u Treadlwughtpanzer, 3 Linienschiff-kreuzer und 6 kleine Kreuzer. Der nächste Stapcllauf findet schon in einigen Tagen statt und belrsist den kleinen itteuzer „Er>atz Cormoran". Tie Werften, die ar» dem Gesamtausbau uujerrr Flotte i:n Winter beteiligt sind, sind folgende: Tie Germania-Werst in Garden, die Howaldts--Werst »n Ki-l, dir Weser- Gerit Blohm L Voß, die Schtchau-Werit in Tanzig, di« Marine-Werft in Wilhelm-Haven, die Stettiner Werst Vulkan, die Hamburger Werst Vulran, die StaatZ-Werft in iiiel, so daß alle großen Krieg?» jchijfwerstcn Pollaus beschäftigt sind. «NN besonders in den ersten beide» Auftritten sasi wört lich an daS Vorbild unlehnt, das aber doch euch manche- in mehr oder »veniger abgeändcrter Gestalt bringt und durch einig« neue Srellen bercicl-ert erscheint. Aber gerade durch diese Zusätze, die in beine: Weise zur besseren CharakterFierung dyr Personen beitragen, ja mitunter Wrderjprüche yerbrr» führen, die sich mit dem eben Vorangegang-uen durchaus nicht vereinbaren lassen, hat da- Libretto an Wert verloren, wie es auch dadurch weit hinter dem Original zuruckbieidt, al» «S Dina« zur Sprache bringt und breit ausfühct, die von «ach» nur an gedeutet werden. So hätte vor allem ote Stuhl- jzene nicht «ingefügt werden sollen. Tenn eS bleibt doch vollkommen unoerständlich, wie die Frau der Gevatterin in dem Augenblick, al- sie sich setzen will, zweimal den Stuhl wegzieht, obwohl sie ihr sür den eben erteilten -urea Kat zu groizem Tanke verpflichtet ist. Wäre demnach für einzeln« Fälle eine »vcniger freie Bearbeitung enoüuscm grwcsen, jo erschien «S anderseits bei einiaen Stellen wieder geraten, deren wörtliche Wiedergabe fallen zu lasten, die infolge der sicb im Hochdeutschen nölig machcrr- den kleinen Abänderungen mitunter weuiger ver ständlich ist al» der Orrginaltext. So lautet z. B. die Stelle: „Wenn'- an mir leyt, sag sch Tir zu Helffen, cS sey wormit e- Wöll" im Textbuch: „Wenn'» an mir liegt, fo sag' ich Tir zu meine womit eS woll'l" Musikalisch ist „Heyß Eisen", daS vor zwei Jahren in Frankfurt seine Uraufführung erlebte, rine reckt wohlgelungene, beachtenswerte Arbeit ciucs Talents, das allerdings gar sehr im Vanne Richard Wagners steht und hier von dessen „Meistersingern" zienilick stark beeinslußt erscheint. Fast möchte man meinen, baß j>cr Komponist absichtlich diese Re miniszenzen ausgenommen habe, wert cr vielleicht glaubte, daß in der Musik zu einem Werk voü Hans Sachs, der ja als bedeutendster Meistersinger verehrt ward, auck Anklänge aus den „Meister singern" Vorkommen müßten. Mehr denn eine Steile der flüssig gearbeiteten Partitur läßt deutlich er kennen, daß der junge Autor über ebenso schöne .Anlagen wie über ein großes ltönncn verfügt, tech nisch mit allem wohlvertraut ist, dre Themen gut zu kontrapunktiercn versteht und die einzelnen, präg- n«nt gehaltenen Motive, ganz wie die» bei Wagner geschieht, überall da wieder austreten läßt, wo Erinnerungen an bereit» Borangegangenes wach gerufen oder diese ''n Gefühle zum Ausdruck ge bracht werden sol.d. Charakteristisch erfundene Themen kennzeichnen die drei vortomineiideil Per sonen, wie auck immer wieder dasselbe Motiv cr- klingt, wenn das glühende Eisen gebracht oder von ihm nur geredet wird. In harmonischer Beziehung steht Wolff durchaus aui modernem Boden, schließt fick auch in bezug auf reichere und «dwechjluna-- vollere rhythmische Gestaltung, »sie sie sich schon. -uberltch Ul -en; sq Häufigen« mitunter sehr
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