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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111111010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-11
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Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Hütten schon länast voller Empörung di« Schal« de» Zorne» ausgegossen über unser eigenes Haupt." Das Blatt berichtet dann in alercher Nummer über die Lauptverjammluiig d«, Deutlch-schroeizerihchen Sprachverein» „der in der Bekämpfung der auf Ver nichtung unserer Eigenart und unseres Staats hin» zielenden Tätigkeit der Dante-Aligbieri-Gesellscyaft und der Alliance Fruncaise seine Hauptaufgabe er blickt" und empfiehlt, dem Sprachverein beizutreten. Oerttlchrs Reich. Leipzig, 11. November. * -anfabuud und Mittelstandskongreß. In der Bezirksgrupp« „Ost" in der Ortsgruppe Leipzig des Hansabundes sprach nm Mi.twoch abend Sekretär Emil Berg über den Mittelstandskongreß des Hansa- bundes. Redner entrollt« «in ausführliches Bild über die Verhandlungen auf dem Kongreß, der be wiesen Hai, daß e> drm Hansabund ernst sei mit der Vertretung der Interessen des Mittelstandes. Bon der Versammlung wurde dies al^eirig anerkannt und u. a. der Entrüstung darüber Ausdruck gegeben, daß unter dem Namen eines gewißen ..Sckmtzverbcind für Handel und Gewerbe" Herr Fritsche, Leipzig, in einer Versammlung am 7. November versucht habe, den Hansavund zu verdächtigen. Sekretär Berg stellte fest, daß dieser Herr entweder keine Ahnung vom Hansabund und seiner Stellung, ahme zum Mittel stand habe oder aber, daß er wissentlich gegen den Hansabund falsche Amchuldigünoen erhoben habe. * Aus dem 14. Sächsischen Neichvtagsrrahttceise. Neichstagsabg. Herr v. Lievert spraw am 0. No vember in einer sebr gut besuchten Versammlung in Borna zu seinen Mählern, über „Das Deutsche Reich, Marokko und die Sozialdemo kratie". Iustizrat Dr. Kirsten begrüßte die Ver sammlung, die daraus dem anderthalvsiündigen Dor- trag des Herrn v. Lieberto aufmerksam folgte und dem Redner durch rauschenden Beifall dankte. In den Schlußworten appellierte Herr Dr. Kirsten an dis Wähler, Herrn v. Lieüert in dem bevorstehenden Wahlkampfe Treue zu wahren und ihm zum Siege zu verhelfen. * Der Spionageprozrsj gegen den englischen Rechts- anroalt Srrwart befindet sich noch im Stadium der Voruntersuchung. Ter erste Strafsenat des Reichsgerichts hat stch noch nicht mit dieser Ange legenheit beschäftigt und insbesondere noch keinen Eröffnungbeschlug gefaßt. Di« Anberaumung eine» Termin» zur Hauptnerhandlung vor dem vereinigten 2. und 3. Strafsenate ist also vorläufig noch nicht zu erwarten. * Der Kaiser bcgab stch mit der Kaiserin und Prinzessin Viktoria Luise rm Sonderzug am Freitag um 1,1.) Uhr von Wildpark nach Kiel. * 'Weitere Ausgestaltung der Oedlandkulriviennng durch Gefangene. Wie niitgeteilr wird, hat die Oed- landtultiviLrung durch Gc'augene eine beträchtliche Ausgestaltung in lenter Zett rcsahren. In der Rhein. Provinz ist bekanntlich die Kultivierung von 43 000 Hektar Oedländer^ien durch Gefangene in Angriff ge- uommcn worden. Tic Eesamtaufweudungcu dafür sind mit OVO 000 veranschlagt. Tis Arbeitskräfte werden hier von der Provinzialnr'oeitsanstalt Brau weiler gestellt. Irht nimmt auch Schleswig-Holstein Veranlassung, im Sinne der Thronrede Landeskultur arbeiten Lurch (befangene ausführen zu lassen. Es bandelt sich um die Kultivierung von Haßmoor. Die Iusti»Verwaltung bsl »ich bereit erklärt, zu derarti gen Arbeiten in der Provinz Gerichtsgesangenc ab- ,ugeven und ste dvno'lenschaften oder Privaten zu angemessenen Tagelvh'ffätzen zur Verfügung zu stellen.' Auch hier handelt so sich um recht beträchtliche Strecken von Oediändcreien, die der Bewirtschaftung »schlossen werden fallen. In erster Reihe werden die Oedländereien als Viehweiden dienen. Ob hier auch Ansiedelungen von Kleinbauern im Renten, gulsvcrfahren vorgenannten werden, wird von der 'Gestaltung des Bodens nach den Kulturarbeiten ab hängig sein. Auch die Festsetzung der Preise wird danach geregelt werden müssen. * Militärische Bauten aus dem Tempelhoser Felde. Die „Neue politisch: Eorrespondcnz" schreibt: In neuerer Zeit ist vielfach von militärischen Bauten auk dem Tempelhoser Felde die Rede gewesen. Nach gnsercr Kenntnis handelt es sich bisher lediglich um einen Neubau für die Ober-Militarprü- f u n g e ! o m m i s s i o n, die seist in einem alten Hause in der Lindcnstrasze 4 untergebracht ist. * Kriegstagebücher aus dem südwestosrikanischeu Kriege. Wie im Anschluß an die Nachricht von Sammlung der Kriegstagebücher aus dem Jahre 1870 mitgeteilt wird, sind vom Generalstab bereits die Jeldzuasbriese und Kriegstagebücher aus demsüdwestafrikanischenKriege und von der oft asiatischen Expedition ge sammelt worden. Den Inhabern der Briefe ist die Geheimhaltung innerhalb von .30 Jahren zugesichert worden. Diese Brief« und Tagebücher werden geordnet und es wird ein Verzeichnis der einzelnen St'icke fertiggestellt, damit leicht übersehen werben kann, wo sich das Material für eine spätere Forschung besinoet. Der Gedanke wurde zuerst in Dänemark von Professor Larsen verwirklicht, der die Kricgstagcoücher dcs Jahres mit großem Erfolge sammelte und darvbcr ein Werk veroi,eutlichte. Im übrigen sind die Negierungen beauftragt, vis zum 1. Dezemberd. I. einen kurzen Sonder bericht jeder Abteilung zu liefern, ob Beamte sich im Besitz von Briefen, Aufzeichnungen oder Tage büchern befinden, die die Ereignisse der letzten drei gronen Kriege behandeln. Die Auszaikbnimgrn können >st Urschrift oder in beglanbtigter Abschrift eilige- liefert werden. * Die oftasrikanisch« Zenirelbahu nähert sich mit ihrer Gleisspitze außerordentlich rasch dem vorläufigen Endpunkt Tabora. Rach den leisten telegraphischen an amtlicher Stelle eine et rosse neu Meldungen dürfte die Gleisspiße augenllicklicki nur noch etwa 70 Kilo meter vom Ziele entfernt sein. * Reichstagswahlvorbereitunaen. Graf Posa- dowsky hat die Kandidatur für den Neicbetags- Wahlkreis Biel« ield-Wieden drück endgültig angenommen. — Das Zentrum unterstützte in Pforzheim die Neichstagsto.ndidatur des rcchts- nationaltiberalen Fabrikanten W ittum , ohne eine Gegenleistung zu fordern, bloß nm die Sozialdemo kratie zu schlagen. r- Als deutscher Kandidat wurde für den Nrichstagswaklkiei» Kolmar-Tzarni- kau - Filehnr Gutsvesitzer Nttt, r - Stieglitz auf- gestellt. — Für den Wahlkreis Krotoschin- Koschmin kandidiert Iustizrat H a m p« l-Kroto- schtn als alleiniger deutscher Kandidat. — Der liberal« Wahlkreisausschüsz für D i l l i n g e n hat al« Kandidaten H:rrn Bey schlag, Buchhändler in München und Sekretär des Nationalvereins für da« liberale Deutschland, ausgestellt. — Im schwäbischen Wahlkreis Immenstadt werden die Liberalen wieder den bishcrigen Vertreter Landiagsabgeord- izctcn Dr. Thoma. München aufftellen. — An Stelle des bisherigen sozialdrmokratffchen Abaeord- neten Faber wird in Frankfurt a. O. der fetzig« Retch«taa»abgeordnet« Eichhorn kandidieren. d«r bisher Pforzheim »««trat. — Di« Sozialdemokrat«,, stellen in Straßburg and Mühlhausen di« beiden Neich«tag«abgeordneten Voebl« ynd Emm«l wieder aus. — Da» Zentrum beabsichtigt im Wahlkreis« Schlettstädt den N«ich»tagsao- aeordneten Will aufzusteuen: dieser vertritt augen blicklich den Wahlkret» Strahvurg-Land. Neichtaas- abgeoroneter Dr. Donderfcheer beabsichtigt, sich vom politischen Leben vollständig zurückzuziehen. — Der Zentrumsführer Hauß, der augenblicklich den Wahlkreis Geb weiter vertritt, wird tm Wahl kreise Hagenau.Weißenburg ausgestellt werden. — In Metz beabsichtigt der Lothringer Block, wieder den Neichstagsabgeordneten Dr. Gregoire aufzustellen: sein Gegenkandidat ist d-r Sozialdemokrat Dr. Georg Weil. — Im Wahlkreise Reichenbach-Neurode stellte das Zentrum den Amtsgerichtsrat M a i ß - Reichenbach an Stelle dcs auf das Mandat verzichtenden bisherigen Vertreters Dr. Fleischer auf. * Eine drahtlose Arrbindung zwischen dem Kongo »ad Deutsch Ostafrika. Eine drahtlos« Verbindung grössten Stile» zwischen dem Kongo und Deutsch- Ostasrika ist, wie der Korrespondenz „Heer und Po litik" von kolonialer Seit« mitgeteilt wird, aeplant. Es ist beabsichtig», den Kongofiuß entlang bis zum Katanga aus einer Strecke von 30o0 Kilometern eine drahtlos« Verbindung herzustelleu, die auch mit den französischen Kongobesitzungen und den deutschen Ko- louialbesitzungen Verbindung erhalten wird. Zu diesem Zweck werden an den geeigneten Stellen Tele- funkenftalionen, die in den deutschen Kolonien ge bräuchlich sind, zur Uebernahm« der deutschen draht- losen Telegramme errichtet werden. Fernerhin sollen auch die französischen Telesunkenaxparate zur Verwen dung gelangen an den Stellen, wo oi« drahtlosen Telegramme von französischer Seite cinlaufen. Durch die Erichtung der Stationen Ud-jidji und Tabora in Deustch-Osiafrika sowie der Station Brazzaville im französischen Kongo wird durch ganz Afrika eine Kette drahtloser Stationen gehen, die eine schnell« Verbin dung und Ncrchrichrenübermittelung durch den ganzen Erdteil von Daressalam aus ermöglichen. * Neu« Soldatenhandschube. Zurzeit gibt es für die Mannschaften der deutschen Armee drei Sorten von Handschuhen, Fausthandschuhe aus Tuch mit angenähtem Daumen für die Mannschaften der Fuß truppen, Fingerhandschuhe aus Tuch für die Bc- dienungsrnannfchasten der Fcldartillerie und gestrickte Fingerhandschuhe für alle berittenen Mannschaften. Die Fausthandschuhe beeinträchtigen die schnelle und sichere Handhabung des Gewehrs, die Finaethand- schuhe aber, und besonder» die gestrickten, schützen nicht genügend gegen Kälte. Es sind daher jetzt neue Versuchehandschuhe an die Truppen ausaegeben worden, die in sich die Vorzüge der Faust- und Finger- Handschuhe vereinigen, ohne ihre Nachteile aufzu weisen, und die gleichzeitig die fdesonders getragenen) Pulswärmer entbehrlich machen sollen. Diese Ver- suchsbandschuhe für Fußmannschaften sind länger als die visherigcn, umschließen das Handgelenk besser und wärmen dadurch mehr. Sie sind mit einer Knopf- oder Hakcnzcugvorrichtung zum Zusammen ziehen der Handschuhöffnungen versehen. Der Zeige finger ist besonders ausgearbeitet, während die« bei dem bisherigen Fausthandschuh nur bei dem Daumen der Fall war. Im rechten Handschuh befindet sich ein Schlitz zum Durchstecken des Zeigefingers, wodurch der schnelle und sichere Gebrauch des Gewehrs erreicht wird. Der Versuchshandschuh für Berittene entjvricht im Schnitt tm allgemeinen dem bisherigen Tucyhandschuh für die Bedienungsmannschaften der Feldartillcrie. Neben dem Tuchhandschuh wird noch ein neuer gestrickter Handschuh versucht. Jeder zu dem Versuch bestimmte Mann erhält ein Paar Tuch- und ein Paar gestrickte Handschuhe. Besonder» soll bei den Versuchen festgestellt werden, ob für einen Winterfeldzug die Ausrüstung de« Soldaten mit einem Maar Handschuhe genügt, oder ob zum besseret! Schutz gestrickte und Tuchhandschuhe übereinander getragen werden müssen, wie es die Japaner im ostasiatischen Feldzüge getan haben. Suslsnü. Sestrrrrich-Ungsrn. * Oesterreichisches Abgeordnetenhaus. Bei der Fortietzung der Beratung oes Budgets wies der Sild.lawe Susterficz vorauf hin, daß der Krieg, der sich heute gegen Tripolis richte, morgen gegen Albanien oder ein den Oesterreichern noch näher stehendes Land gerichtet sein könne. Der beste Schutz der Monarchie sei die dynastische staatstreue Geiinnung der Sildslawen. Daß wir in einer sehr ernsten Zeit leben, beweii« die Rede des deutschen Reichskanzler». Es sei unerhört, daß dem deutschen Reichskanzler Vorwürfe gemacht würden, der durch seine kluge Politik den Frieden erholten habe. Die Süvslawen behielten sich eine Politik der freien Hand gegen die Regierung vor. Nach weiterer Debatte wurde das Budget dem Ausschuß überwiesen. Kurland. - Finnlands Knebelung. Am Freitag begann in der Duma die Besprechung der Vortagen über den Beitrag Finnlands zu den Militär-Aus gaben des Reiches und die Gleichberechtigung der Rutten mit den Finnen in Finnland. Die Minister sind vollzählig erschienen, auch der General- gouverneur von Finnland. General Senn, ist zur Stelle. NachdemderKommissionsresereniAnsranow seinen Bericht erstattet hatte, bestieg Ministerpräsident Kokowzow die Tribüne. Er schlug in seiner Rede nationalistische Töne an, die den Beisall der Rechten und des oktobristischen Zentrums fanden. Kokowzew erllärte di« Gerüchte von einer Kurs- änderung der Regierung für unbegründet. Es fei begreiflich, daß die Ermordung Stolypins in Finnland Hoffnungen erweckte, die russische Gesell schaft habe aber »erst hen müssen, daß auf Fraaen von grundlegender Bedeutung ein Personenwechsel auf dem leitenden Posten keinen Einfluß ausüoen kann: das russische Interesse müsse in den Gesetzen vollste und gerechte Würdigung erhalten. * Die Reichvduma begann in Gegenwart des Ministerpräsidenten die Beratung der Vorlage be treffend Einverleibung zweier Kirch spiele des Wtborger Gouvernement« in das Petersburger Gouvernement. Tüvkri. * Di« kretische Frage. Da» Koifftautinopeler Preßbureau teilt mit: Der tüikische Botschafter in London lenkt« di« Aufmerklamkeit des Aus wärtigen Amte, auf Zeitung,nachrichten, wonach d«r Deputiert« von Kreta Kunduros dt« Ab schaffung der gegenwärtigen R«aierung von Kreta und die Verwaltung der Insel namens der griechischen Regierung beantiagt haben soll. Der englisch« Unterstaai»se»retär antwortete, die Gerücht« seien falsch. Die griechische Negierung habe die formell« Zusicherung gegeben, keinen Versuch einer Vereinigung Kreta» mit Griechenland zu be günstigen. Der Unterstaatssekrrtur fügte hinzu, ohne Zustimmung der Echutzmächte könnten die Kreter nichts unternehmen. — Dem „Tanin" zu folge haben die SHuffNiächte erklärt, daß sie rm Falle «ine» Annerion»versuche» Kreta wieder besetzen würden. findlichkcitSacfühl gegenüber jeder Kränkung, oem deutschen Namen angetan wird, müssen von jedem Inhaber de« AeichrkanzleramteA langen. (Lebhafter Beisall rechtö.) Reichskanzler v. Vethmann-Hoklw«-: Der veulllher Reichstag. (202. Sitzung.) Berti», io. Noo«m-«r. tTelegr.) Am Bundesratstisch«: Reichskanzler o. B«th- mann Hollweg. Dr. Delbrück, o. Itrpitz, Treptow, o. Kiderl« n-W achter, Dr. Li»co, Wermuth, Wahnschafj«, Wackerzapp. Frhr. o. Gebsattel, v. csalza u. Lichrenau und viele andere. Das Haus und die Tribünen sind sehr gut besetzt. Der Pran.sent Eraf Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 1,1ö Uhr. Dre Besprechung de» Marokko-Abkommen» wird fortgesetzt. Abg. Lkr Wirmer lFortschr. Bulfsp.): Wir find selbstoc.rjlänoitch gern dazu bereit, für die Welt machtstellung Deutschlands einzutreten. Für uns gilt immer noch das Wort: Unser Herz liegt da, wo unser« Fahne liegt. Mit Säbelgerajset ist aber den deutschen Interessen nicht gedient. Eine solche Sprache ist im Deutschen Reiche nicht am Platze. Der Kriegsrus des Herrn o. Heydebrand war nicht am Platze. Sind Sie (nach rechts) etwa bereit, jetzt jur die Erbschaftssteuer ein zutreten? (Zuruf rechts: Nein!) Ich habe nichts anderes erwartet. Solange die Verhandlungen im Gange waren, haben wir und unsere Presse Zurück haltung geübt. Jetzt aber ist es unsere patriotisch« Pflicht, zu jagen, was wir aus dem Herzen haben. D^.r Marolkohanöel hat uns manche unerfreuliche Er scheinung und Erfahrung gebracht. Ich sage, ein Hauptfehler war die Entsendung von Kriegsschiffen nach Agadir, die in chauvinisti schen Kreisen eine wilde Agitation entfaltete. Wenn der Frieden gewahrt wurde, so ist daran anzu erkennen, daß er (roiz der Demonstrationen erhalten geblieben ist. (Sehr richtig! links.) Auch uns wäre ein Teil von Marokko lieber gewesen als oas Kongo gebiet, aber leider tonnen nicht all« Wünsche in Er füllung gehen. Anderseits hätte die Unabhängigkeit des schcrcsischen Reiches gewahrt werden müßen. Tas Marottoabkommeir hat seine Vorteile, aber auch seine Schwachen. Der gegenwärtige Leiter dcs Ko lonialamts Gouvernur Dr. Sols beurteilt die Ab- rundung Kameruns recht günstig. Er preist es in der Denkschrift, daß wir an Stelle des «inen Entenschna bels oben zwei unten bekommen. (Schallenb« Heiter keit.) Anders kritisiert der früher« Gouverneur von Kamerun, Herr v. Puttkamer, den Zuwachs. Er sieht dann nur ein« Mehrbelastung unser«. Kamerun staats und bezweifelt den Wert der neugewonnenen Bevölkerung. Bedenklich ist die Bewilligung einer Etappenstratze durch Kamerun an Frankreich. Hier aus kann sehr viel Verwirrung entstehen und die UHache zu Konflikten gegeben werden. Die Haupt, fache ist: Was wird uns diese Neuerwerbung kosten? Eine Verstärkung der Schutztruppe wird unbedingt notroendig sein. Herr v. Lindequist wußte zur rechten Zeit zu gehen. Ich wünschte, wir hätten mehr Mi nister, die zur rechten Zeit zu gehen wüßten. (Kroße Heiterkeit rm ganzen Hause.) Bedauerlich ist auch für uns. daß der Chef der Negierung kein Wort der Anerkennung für ihn Kat. Wir find Herrn v. Linde- qutst dankbar für die Führung seines Amte» und für die warmherzige Verteidigung, die er seinem Amts vorgänger Dernburg gegenüber ungerechten Angrif fen hier hat zuteil werden lassen. Wir wünschen, daß di« Retchsämter nicht Nachgeordnete Behörden de» Reichskanzler» sind, sondern mit eigener Ver- antworkung ausgestattet, selbständige Reichsämter werden. Ich kann sagen, daß die Haltung der eng lischen Staatsmänner auch in unseren Reihen Ver- stimmung hervorgerufen hat. Die deutsch« Nation lehnt es ab, daß die englischen Forderungen identisch seien mit den unserigen. Anderseits bin ich verpflich- tet, ebenso bestimmt Einspruch zu erbeben dagegen, daß hier in diesem Hause tm Hinblick auf England mit Kriegsdrohungen geantwortet wird, wie es gestern geschehen ist. Die gegenwätrige Situation aus die Politik des Fürsten Bülow zurückzufübren, wäre ungerecht. Einheitlichkeit und Stetigkeit fehl ten unserer Politik seit Jahren. Der Kur» ist gar zu sehr geändert worden. Durch Depeschen und rm- pulsive Eingebungen sind viele Schäden hervor gerufen worden. Ich bedauere, daß der Erbe des Thrones hier tm §ause seinen Beifall zu erkennen gegeben hat, al, di« Politik dr» Auswärtigen Amts kritisiert wurde. (Lebhafter Beifall links, Lachen rechts und Zurufe.) Ich muß sagen, ich bedauere, daß ein« solche Manifestation möglich gewesen ist in einem Augenblick, wo über ein Friedenswerk ver handelt wurde, wo der Vertreter unserer auswärti gen Politik sagte: Gotr sei Dank, daß die Reibungen beseitigt sind. Durch eine derartige Manifestation ist alles wieder in Frage gestellt, wie die heutigen Kund gebungen in der französischen Presse, z. B. tm „Eclair", zeigen. (Sehr gut link».) Wir können schon jetzt verlangen, dcm di« Genehmigung de, Reichstage» zu derartigen Verträgen notwendcg ist. Unser Antrag geht dahin. — Di« Regierung soll über den Parteien stehen. Da, ist Herrn von Bedb- mann glänzend aelungen. (Große v«^«rkett.) Wir müssen daran festhalten, Lag nicht ein bureaukrati- sche» oder persönliche, Regiment da» Glück der Na tion verbürgt, sondern das ernsthaft«, redlich« Ar beiten aller Volksschichten auf dem Boden der Ver fassung für Fortschritt und Freiheit. (Ilonische Zu rufe: Hurra! auf der Rechten. Beifall links.) Abg. Lchultz-Broinberg «Rcichspartei): Meine Partei ist der Ansicht, daß derartige Verträge der Genehmigung des Reichstage« nicht bedürfen. Liner Verfassungsänderung könnten wir nicht da» Wort reden, zumal nicht in dem Augenblicke, wo wir e» mit einem „sterbenden Reichstag" zu tun haben. Wir können nicht bestreiten, daß die Regierung bei den Vertragöverhcrndlunaen eine Zähigkeit an den Tag gelegt hat, die wir früher leider ost vermissen muß ten. Bedenken erregt es, tvenn wir daran denken, welche kosten an Geld und Gut da» neuerworben« Land verursacht hat und noch verursackzen wird. Bon einer eigentlichen Kompensation kann kein« Rede sein. Gegenüber den englischen Kundgebungen hat die Regierung sich eine schwere Unterlasiung»- sünde zuschulden kommen lassen. Dir Kränkungen unseres Volkes sind in der Oefsentlichkeit erfolgt, in aller Ocsfenilichkeit mußten sie zurückgewiesen wer den. Mit Freuden haben wir gehört, daß Vorstel lungen erhocen worden sind. Hoffentlich tst das mit Ersoig gesch heu. Unausrottbar ist der Glaube, daß wir vor England zurückgewichen sind. (Lebhaftes Sehr richtig!'» Ein national hochgespanntes Lmp- die wir ver- Reichskanzler v. Vethma«»-Holl»<-: Ter Ab geordnete Wcemer hat bei Herrn von Ltndequist die UebcrzeugungStreue gerühmt, mir selber aber einen Borwurf daraus gemacht, daß ick nur meiner Uebcrze'gungstreue folgen wollte. Ich kann diese IlnierscheUnna nicht akzeptieren und keine Miß achtung deo Reichstags darin sehen, wenn ich nur meiner Uel'srzeilguttg folge. Ter Reichskanzler dankt sodann dem Barreduer für die ruhige Art seiner Kritik und fährt dann fort: Venn et»Wc au» Ihrer Mitte aufgestanden wäre, der mir einen anderen Weg gezeigt hätte, al» wir ihn ge gangen find, so würde ich es mit Freude begrübt haben. (Heiterkeit. Zurufe: Vafsermann.) Auf diesen Herrn habe ich jedoch bisher vergeblich gewartet. Ter Abg. Busscrmann hat gestern davon gesprochen, daß Trtvoli» eine Folge von Agadir sei. Wenn aber wirklich ein Zusammenhang zw.sä>en dem TrtpoliS- keldzug und Marokko bestehen soll, so hängt TripoltS doch sicher nicht mit Agadir, sondern mit dem Zua nach Fez zusammen. Ich habe mich gewundert, daß der Führer der nationallioeralen Partei im Wider spruch mit den Tatsachen sich diese Ausfaffung zu eigen gemacht hat, die man in der deutschjeindtick-en Presse deS Auslandes zu sinken gewohnt ist. Herr Bassermann hat sovanu gesagt, daß wir ein vor einigen Jahren gestelltes Angebot des Ministers Rouvier u. a. mit Rücksicht aus England nicht hätten annehmen dürfen. Fürdieverganaen- oeit scheint ihm also die Nachgiebig keit gegen Englan d gerechtfertigt, au» der er der gegenwärtige» Negierung einen so schweren Vor Wurf macht. Tte Souveränität des Sultans war längst eine Fiktion und längst ausgegebcn, bevor wir unser Abkommen geschlossen haben. Wir sind nicht aus Marokko yinausgeoangen, weil wir nie darin gewesen sind. Herr Basscrinanll sagt, wir hätten tein Schiff nach Agadir schicken müssen, sondern Maßnahmen an unserer Westküste treffen müssen? Wie>o? Truppen distoriercn, das wäre eine Mobilmachung geweien, und das bedeutet in einem gespannten Moment den Krieg. Tas wäre keine Einlaonng für Frankreich zu Verhandlungen gewesen. Herr von Heydebrand hat gemeint, wenn wir uns vollständig sreie Hand erhalten hätten für unsere zukünftige Stellung, so hätte das mehr bedeutet als wir jetzt erlangt haben. Wir sollten also aowarten und nichts tun. Tas wäre eine Politik der Lchwckche gewesen. Es gibt Momente, wo man sofort handeln muß und auch eventuell eine riskierte Handlung unternehmen muß. Ernster sind die Ausjührungen des Herrn von Heytzebcanü über England. Bezüglich deS Interviews in der „Neuen Freren Preffe" führt der Neicl-skanzler anS: Ich habe sofort von der englischen Negierung Aufliüruug verlangt. Darauf Hal England geanuvorlei, der englische Botschafter in Lien habe weder den bekannten Artikel in der „Neuen Freien Presse" inspiriert noch die ihm zu geschriebenen Aeußerungen getan. Lmilit ist die Sache für die Negierung erledigt und auch für den Reichstag. (Widerspruch! Ja, aucd jür den Reichstag, denn auch dieser ist erne verantwortliche Stelle! Hieraus wendet fick» der NenchSkairzler gegen die gestrige Behauptuno de» Herrn von H«l-debrand, daß er über die Ned« eine» engliststen Staats manne», die ein« Temlltiaung de« Deutschen Reiche» bedeutet habe, leicht als aber eine Tischrede htiuveggegangen sei. Wenn Herr von Heydebrand damit Hal sagen wollen, daß ich eine Verletzung der Ehre des Neia>eS in einem beschönigenden Ausdruck habe kaschieren wollen, so muß ich cs Herrn von Heydebrauü ganz allein überlassen, nste er diese Schmähung, ^nil erhobener Stimme), diese Schmähung mit dem Re spekt vor der Regierung, von dem er gestern ge sprochen hat, und mit seinem nationalen Gewissen vereinbaren will. Wenn ick tm Bewußtsein meiner Verantwortung über die Rede sremoer Staatsmänner spreche, so soll dies zu einer Klärung unserer internationalen Stellung führen. Leidenschaft liche und alles Maß übersteigende Worte, wie die de» Herrn von Heydebrand, mögen Parteiintereffen dienen, da» Deutsch« Reich schädigen sw. (Lebhali«» Vraool) Ich würde es bedauern, wenn sich in diesem hohen Haus« die Sitte eindrugern sollte, über unser« auswärtigen Beziehungen in die- sem Ton zu sprechen. Der Starke braucht fet» Schwert nicht immer t« Mund zu fithrea. (Bravo! und Heiterkeit.) Wir durchlebe» jetzt Tag«, di« von einer leidenschaftlichen Stimmung durch- flutet sind, wie wir e» wohl niemals tu Deutschland erlebt haben. Der Drunoron ist der Wtlle Deutsch- lands, sein« Kräst« und alles, was es vermag, in der LVelt durchgusetzen. Aber es find auch noch andere Kräfte dabei tätig gewesen. Wenn der Abaeoranete Schultz erklärt hat, mein« Haltung gegenüber Eng land hält« da» Signal «geben zu dem Unwillen, zo erkläre ich: Ich habeoer Ehr« meines Vol kes, der Ehreder N atton in unserm Ver hältnis zu England nicht» nachgegeben. Es sind Kräfte dabei tm Sotel aewefen, die mit den bevorstehenden Wahlen mehr al, mit MaroKo und mit dem Kongo in Zusammenhang stehen. (Hört! Hört!) Da» muß einmal offen ausgesprochen wer den. Um Partetzweck« willen und um utopistiscber Eroberungen willen die nationalen Leidenschaften vis zur Siedehitze zu bringen da» heißt den Patriotis mus kompromittieren. (Leohaftes Bravo! und Hände klatschen.) Aba. Lattman« (Wirtsch. vgg ) (unter andauern der lebhafter Unruhe tm ganzen Hause): Da» «lende Parteigezänk ist. während gestern sachlich« Bedenken, wenn auch in scharfer Form vorgebracht wurden, von dem Redner der Fortschrittlich«» Boltspartei heut« tn dir Debatte hineingetragen worden. Insbelonder« waren sein« Aeußerungen üder den Kr » nprinz« n verwerflich. Der Kronprinz hat sich jeder lauten Aeußerung enthalten, sonst wäre gegen ihn wie gegen jeden Störer auf der Tribüne oorgegangen worben. Wohl dürfen wir aber erwarten, daß der Kaifeilohn sich erlauben darf, sein« Zustimmung zu einer natio nalen Frag« zu zeigen. Herrn Meiner aber kam es darauf an, nach außen hin ein falsches Bild zu gehen. Die Regierung hat es nicht verstanden, den nationalen Schwung, der in den letzten Monaten im ruoue enc- standen ist, ZU organisieren und auszunutzen. Jetzt haben wir dl« Bescherung mit dem Abkommen. War auch di« Stimmung in unsrer Preff« «gen das Aus land nicht g«rad« irhr rosig, so ist doch nirgends eine Schmähung de» franzöfischen Namen» zu finden ge wesen. War«» di« Worte de« Herrn von Heydebrand auch scharf, so entsprachen sie doch den Ansichten, wie sie in Tausenden, ja in Millionen deutsch«! Herzen oestchen. (Brausendes Bravo rechts.) Wir sind dazu berufen, die Stimmungen und Ansichten unsere» Volke» zum Ausdruck zu bringen, und werden uns daran nicht hindern lassen. Das Ausland mag mer ken, daß wir die alt« Zeit überwunden Haden wollen, wo man uns etwas Derartige» sagen konnte. Für unser Volk tst die Sache noch nicht abgetan. Gegen über all den Kriegshetzcrcten Englands sollen wir kein« scharfen Worte finden dürfen. Wir haben ge radezu ein« Lammsgeduld an den Tag gelegt. Daß «in« Kolonie abgegeben werden kann, ohne daß das Volk dazu etwa« zu sagen hätte, verstehen wir nicht. Die Stellung der Börje bei den ersten Kri«gsau»sicht«n sollt« uns zu erkennen geben daß nicht das inter national« Geldwesen, sondern di« Opf«rwilligk«tt d«» Volk,» unser« Macht stützt. (Beifall.) Abg. «ruh» (D. Refpt.): Die Marykkoafför« hat das erfreulich« Ergebnis ««zeitigt, daß die Notwen digkeit erkannt wurde, daß wir für die D«reitschast von Heer und Flotte zu sorgen haben. Die nötigen Mittel dafür zu bewilligen, sind wir bereit. Adg. Dr. Rickli» (Elf ): Wir wollen die Politik der Regierung in dieser Frag« nicht bekämpfen. Ge wiß ist Marokko «in fruchtbare», kostbares Land, Frankreich wird aber noch groß« Opfer zu bringen haben. Anzuerkennen ist aus alle Fäll«, daß d«r Kongo ohne Schwertstreich unser geworden tst. Adg. «röber (Ztt.): Ich muß »ich darüber «mn-
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