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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111110018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-10
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Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Nr. 3l2. los. Jahrgang. worauf sich etwa 5000 Eingeborene auf dem allen Friedhof versammelten, um mit Gewalt die Arbeit der Geometer zu Verbindern. Ter Gemeinderat hatte zwar am Abend beschlossen, die Immatrikulation zu verschieben, aber die Beaniten batten davon keine Kenntnis erhallen. Der Scheich Gl Medina begab sich, auf die erste Nachricht, das; man die Geometer überfallen nnd schlimm zuaerichter habe, mit mehreren Poli zisten nach dem Friedhof, um den Beschlich der Verwaltung zu verkünden: er kam aber nicht zum Lor e, wurde von den aufgeregten Arabern mit Stöcken gehauen und als Geisel zurückbe- ballen. Gin stärkeres Polizeiaufgebot rückte berau, dem es gelang, den Scheich wieder zu befreien; dabei wurden aber der Kommissär Gspianr, zwei Inspektoren und mehrere Schiitz- keulc schwer durch Steinwürfe verletzt, ein fran zösischer und ein algerischer Polizist gar ge lötet. Wutentbrannt rückte die Menge gegen die Stadt vor, zertrümmerte eine Trambahn und einen von Hnmnicun-Lif kommenden Eisen- bahuzug. G-ue Tetnon Guaven stellte sich den Aufrührern eutgeaen: ihr Leutnant wurde so fort durch einen Beinwurf nieder,i.streckt. Las Kommando des Unteroffiziers, tu die Luft zu feuern, wurde nicht befolgt; die Aothv'eu knall- ten unter dem Eteinregen sofort ein halbes Tugend Araber nieder, pflanzien das Basonett auf nnd säuberten d.e Strassen bi zum Friedhof. Ambnlanzwagen rollten heran: .nutscher nnd Pfleger von eurem der Gefährte tuerocn von der Menge getötet. Auch zwei Greise, die einen Wagen der "'teUte? Soenrc de? Paubreö führen, werden niederqeschlag.n. Bald ist die ganze Garnison auf dein Fuß; Kavallerie verfolgt die Ruhestörer, wo sie sich an-usammeln vc suchen. Der Staatsan': all, der Untersuchungsrichter und mehrere Journalisten werden nur mit Mich«, von einer Abteilung Jä ger aus einer wahnsinnig schreienden Schar von Muselmännern herausgehaucn. Noch ein zwei tes Mal must die Truppe feuern, um Herr der Situation zu werden. Endlich schein! die Ruhe wiederhergestellt. Aber die Angst der europäi schen Kolonie in Tunis wird nur noch größer, als m,<n hört, dass an den verschiedensten Stellen der Stadt die Italiener er dolcht oder mit Revolvern niederge- snallt werden! Auch mehrere Franzosen, darunter ein B ief.räger und ein Angestellter der Compagnie Bouc Gneima, die man für Italie ner hielt, wurden erstochen. Wievielc italienische Untertanen gestern in Tunis die Tripolis-Erobe rung mir ihrem Leben bezahlen muhten, steht noch nicht fest; die Regierung scheint die Nach richten sehr znrückgehalteu zu haben. Nach dem „Matin", dem „Creclsior" und oer „Hnmanits" wurden zehn bis vierzehn Europäer getötet, fünf zig verwundet; auf dec Seite der Araber wird von 15 Toren geiprochcn. Jedenfalls erlagen gestern im franzchischcn Spital vier von 29 verwundeten im italienischen Spital ebenfalls vier von 9 Verwundeten. Im Saluki-Kranken haus wurden fünf Araber cingeliefert und im Militärspital wurden 10 Todesfälle verzeichnet und l7 Soldaten gepflegt. Ter Zuavenlentnant Pinclli befindet sich in sehr ernstem Zustand. Aus Bizerla und Hannnam-Lif wurden Trupveu- verstärlungen erbelen, da man alle Wohnhäuser der Italiener scharf überwachen will. Zehn Ara ber wurden verhaf.et und wegen A tente.ts gegen die Landcssicberheir unter Anklage gestellt. V Aus Tunis wird gemeldet: 8t. Tunis, 9. November. (Tel.) Die Unruhen breiten sich in das innereLand au». Nus Toulon werden Hilsstruppen erwartet. In Tunis ist der Belagerung» zu st and proklamiert worden. Am Mittrvochnachmtttag sind keine neuen Un ruhen vorgckommen, und man hofft, daß die mühsam Vrotz-Ksmerun. Zu unserem jüngsten K o 1 o n i a lz u w a ch ». Bon Dr. Paul Rohrbach. tNachdruck verboten.) Das deutsch-französisch« Abkommen über Marokko und den Kongo vergrößert unsere Kolonie Kamerun rund um ein« Viertel- milUon Quadratkilometer. Der bisherige Umfang war nach der letzten deutsch-französischen Erenzregu- lierung rund üOvOuO Quadratkilometer; der Zuwachs beträgt aho etwa die hälft« der früheren Große. Da mit wird Kamerun fast ebenso groß wie Sudwest- asrlka, das etwa 830 000 Quadratkilometer umfasst, doch bleibt es di« drittgrößte deutsche Kolonie. Ost afrika ist über 900 000 Quadratkilometer groh, das Deutsche Reich 540000. Uebcr die Zahl der ringe- borencn Bevölkerung in dem von Frankreich abge- tretenen Gebiet ist Sicheres nicht bekannt. Zn den jenigen Gebieten, die südlich und südöstlich an die alte Kamerungrcnzc «lohen, ist sie jedenfalls sehr gering; weiter nach Norden liegen die Verhältnisse günstiger; und derjenige Strich, der bisher als Französisch Adamaua bezeichnet wurde, ist für afri kanische Verhältnisse sogar dicht bewohnt. Durch die franMifchenAbtretungen wird der kleine spanische Be sitz am Rio Muni, der Bayern an Größe nicht ganz aleichkommt, zu einer rings von deutscl-em Gebiet um schlossenen Enklave. Daraufhin und durch »er.chie- den« von halbamtlicher Stelle bereits ersoigte An- -«utungen erscheint es gloublich, das; di« Abtretung dieses, auch als Eapnisch-Guinea bekannten Strichs, sowie der beiden spanisären Inseln im Guninea Golf, Fernando Po und Anno Bom, bevorsteht. Anno Vom ist ein ganz kleines Eiland ohne wirtjch .sllichen Wert; Fernando Po dagegen, das etwa 2000 Quadrat kilometer umfasst, ist schon heute unter spanischer Herr schaft wichtig und könnte, bei seiner großen Frucht barkeit und günstigen Lagt, durch verstärkte Kapitols zufuhr unv verbesserte Verwaltung, zu einer tropischen Plantagenkolonic ersten Ranges entwickelt werden. Das unmittelbar benachbarte, kaum halb so große, portugiesische Sae Thom« ist eins der wichtigsten Kakaoproduktionsländer der Welt. Zwischen Rio Mun, und Fernando Po besteht insoiern ein wirt schaftlicher Zusammenhang, als di« Arbeiter, die auf den Pflanzungen der Insel beschäftigt werden, sich innerhalb des ipanischen Festlandgebietes rekrutieren. Kamerun und das französische Kongogebiet haben bi» jetzt «in« zum T«il unbestimmte Grenze gehabt. Vor einigen Jahren wurde auf der Oftseitc Kamerun, «in« Regulierung vorgenommen, durch die da, äusserste Ende des sogenannten Entenschnabel» an Frankreich siel, wogegen die Franzosen Ableitungen am Mittellauf des Sanaa machten. Die eigentüm liche Einschnürung de« deutschen Besitzes, durch die der Teil nördlich vom Benue fast ganz von dem Ihrigen Körper der Ksloni« abgetr«nnt wurd«, dll«b Leipziger Tageblatt. wiederhergestellt« Ruhe weiter anhSlt. Zedenfall» sind alle Vorsichtsmaßregeln getroffen worden, um da» Leben der Europäer zu schützen. Den Eingebore- nen ist untersagt worden, di« Europäerviertsl zu be treten. Weniger beruhigend« Nachrichten kommen aus dem Innern de» Lande», besonder» au, Sfax, wo die Italienerfeindliche Bewegung sogar noch im Wachsen begriffen ist. Tunis, 9. November. („Agence Havas".) Di« Nacht ist ruhig verlaufen. Heute morgen sind in Barda vier französische Seeleute von Eingeborenen überfallen worden, wobei ein Seemann getötet und die übrigen drei durch Flintenschüsse ver wundet wurden. In Susa und Sfar soll sich «in« ge wisse Unruhe bemerkbar machen. Der Krieg um Tripolis. Die italienisch« Regierung bemüht sich weiter, zu den Berichten über die Grausamkeiten der Italiener Dementis zu veröffentlichen. Jedoch müssen dies« gegenüber ausführlichen Schilderungen von Män nern. deren Ruf als Publizisten anerkannt ist, wir kungslos verlnrllen. Inzwischen hat di« franzö sisch« Regierung als erste von den fremden Regierungen, denen d'e Annexion von Tripolis und der Cyrenaika bekaniitgegebcn wurde, die Besitz ergreifung anerkannt. Rußland ist bald darauf diesem Bcii-yiel gefolgt. Deutschland, England und Oesterreich haben sich damit begnügt, die Proklamie rung vorläufig zur Kenntnis zu nehmen. Ein türkischer Erfolg bei Tripolis. Ein Konstantinopeler Blatt meldet über einen neuen Erfolg der Türken bei Tripolis folgendes; Am Dienstag fand bei Eukel Djuma, fünf Kilometer südöstlich von Tripolis, ein Kampf statt, l»ei dem die Türken Sieger blieben und die Italiener große Verluste hatten. Die Italiener machten einen Gegenangriff, wurden aber zurückgcschlagen. Die Türken besetzten vier artesische Brunnen, di« von den Italienern außer halb Tripolis gebohrt worden waren. Der Mutessarif und einige Beamte aus Benghasi sind in Konstantinopel angekommen. Die Lage in Tripolis. 'M Rom. 0. November. (Eig. Drahtmeld.) „Agenzia Stefani" meldet aus Tripolis vom 8. d. M.: Gestern abend traf der amerikanische Kleiner „Ehester" hier ein, um den amerikanischen Konsul an Bord zu nehmen, wegen der Gerüchte in der türkischen Presse >'«r bevor st ehenden Ein nahme von u t polis. Um diesen Gerüchten nicht neue Nahrung zu geben, lehnte der Konsul es ab, jetzt abzureisen, und versicherte seiner Regierung, in Tripolis sei alles ruhig und es besiehe keine Gefahr für die Europäer. General Caneva dankte dem Konsul für seinen Entschluß. Der Kreuzer „Ehester" ging am selben Abend weiter. — Gestern abend und heute nachmittag fanden kleine Schar- mützel statt, wobei der Feind das Gelände, das überall Gelegenheit zu Ueberfällen aus dem Hinter halt bietet. ausnützte, um die Aufklärungs- a r b e i t der Italiener zu stören. Das 93. Infanterie regiment, das besonders stark engagiert war, hatte 2 Tote und 26 Verwundete. Die Araber wurden an verschiedenen Punkten von der italienischen Artillerie wirksam beschossen, worauf sie sich zerstreuten. Italienische Kundschafter berichten, daß im türkischen Lager außer der Cholera auch die Blattern herrschen. Neu« italienisch« Beschönigungen. Die ttali nisch « Botschaft in Berlin er klärt bezüglich der fortgesetzt umlaufenden falschen Nachrichten über die Unterdrückung der Revolte der im Rücken der italienischen Linien befindlichen Araber: Bei den erschossenen Arabern handelt es sich nicht um diejenigen, die mit den Türken zusammen vor den italienischen Truppen kämpften, sondern um solche Araber, die, nachdem sie sich unterworfen, dabei überrascht wurden, wie sie aus dir italieni- scheu Truppen in der Oäse von Tripolis zwischen den italienischen Linien und der Stadl Schüsse ab gaben. Diese Unterdrückung wurde nicht von ein zelnen Soldaten, sondern von Abteilungen (Kom panien oder kleineren Abteilungen) unter dem Be fehl von Offizieren vollzogen. Man erschoß auf der Stelle Personen, die mit der Waffe in der Hand angetroffen wurden. Diejenigen, die verdäch tig waren, an dem Aufruhr teilgenommen zu haben, wurden von dem Kriegsgericht abge- urteilt, solche, bei denen das belastende Be weismaterial hinreichre, erschoßen, die übrigen, ebenso die Frauen und Kinder in großer Anzahl nach italienischen Deportationsinseln ge- ichasft. Wenn Frauen, und Kindcrleichname in der Oase gefunden wurden, so handelt es sich um Personen, die den Kugeln zum Opfer gefallen sind, die während der Angriffe oder Kämpfe aüirrten, zu denen die oben erwähnte Unter- drückung den Anlaß gab. Solche bedauerliche Vor kommnisse sind di« unvermeidliche Folg« jedes Krieges. Die Truvpen haben selbst bei Unter drückungsmaßregeln großen Edelmut bewiesen. ülZeiter teilt die italienisch« Botschaft in Berlin mit: Aus einem Berich: des Generals Caneva an die Regierung geht hervor: Auf dem Schlachtfeld vom 6. und 7. November wurden an toten und ver wundeten Italienern Schändungen und Grausamkeiten verübt. Lin Toter wurde ent hauptet und barbarisch verstümmelt aufgcfunden. Ferner feuerten die Araber auf Ambulanzen unv V c r w u n d e l c n, t r a n s p o r t e. Da auch türkische Reguläre an den Kämpfen teilgcnommen haben, sind auch sie für dreie Ausbruche der Barbarei verantwortlich. Der türkische Kommandant ließ im Lager von Ain Zara der Spionage verdächtige Araber ohne Urteil hängen. Ls ergebe sich demnach, daß die Türken und die von ihnen geführ ten Araber die Artikel 1, 2, 4, 21, 24 und 30 der letz ten Konvention verletzt hätten. Keine neue italienische Neservisteneinberufung. Rom, 9. November. (Eig Draytmeldung.) Di« „Agenzia Sbefani" erklärt die Meldung eines Blat tes, die Reservisten d«r Jahrgänge 1887 und 1886 seien zu den Waffen berufen worben, als gänzlich unbegründet. Die Revolution in Lisina. Der Fall von Nanking ist für die Lage in China kennzeichnender Ivie irgend ein anderer Umstand. Dieser Depesche, die wir bereits gestern morgen veröffentlichten, folgt nun noch die Nach richt, daß auch Hongkong zu oen Revolutio nären üoergegangen ist: Hongkong, 9. Nov. (Neuterburcau.) Die Stadt Kanton hat ihre Unabhängigkeit erklärt. Mittags wurde die Drachen flagge unter Abfeuern einer Salve nieder geholt. Die Rebellen haben nunmehr die ganze Linie des Jangtse von S changhai bis Jt- schang in ihren Händen. In dec Gegend von T s ch e n g p i n g f u erwartet man eine Schlacht. Aus Ko u s u l a r b e r i ch l e n, die in Peking ein laufen, geht weiter hervor, daß die Regierung noch die wenigen übrigbleibenden Städte im Süden des Jangtse verliert, die bisher treu waren. Tie Regierung machte nach oer „Boss. Z g." den L orsch ag, h n er Trnztei die Bahniinie nach Tientsin zu durch,chneioen, um die Nebelten am Vordringen.zu verhindern. Ter britische Gesandte legte dagegen Verwahrung ein, da England infolge eines alten Vertrages ge zwungen sei, die Bahn in Betrieb zu fetzen, wenn der Betrieb unterbrochen wurde. Nach halbamtlichen Meldungen gehen zwei Züge kaiserlich er Toldatennach Hankau ab, wo immer noch einzelne kleine Gefechte stattsin- aber bestehen, da Frankreich sich nicht entschließen konnte, seinen Anteil an Aöamaua aufzugeben. Mit diesen! Namen wird das alt« Fulahreich von Pola bezeichnet, der größt« und mächtigste unter den Lehns- staaten des sogenannten Fulah-Kaisertum« von So- koto, das seine Blüte in der ersten Hälft« des 19. Jahr hundert» erreichte. Als zu Beginn der achtziger Jahre da» Wettrennen der europäischen Nationen in Aequatorial-Afrika begann, erreichten wir zwar den Tschadsee und den Unterlauf de» Schari, aber die Franzosen waren gleichseitig von Osten her bis an Len Fuß des Mandara-Gebirge» und bi» in das Zufluß- gebiet des oberen Benue vorgedrungen. Bei der Grenzfestsetznng mußten auf beiden Zeiten die Ver träge, di« mit den eingeborenen Häuptlingen deut- jcher- wie französijcherseits abgeschlossen waren, re spektiert werden, und so erklärt sich oer bis zu dem jetzt abgeschlossenen Marokko-Vertrag« so wunderlich aus.seh«nde Verlauf der Grenze. Als eine kleine Gegenleistung tritt Deutschland das Stück de» Enten schnabels, das zwischen dem Schari und seinem großen linksseitigen Zufluß Logone liegt, an Frankreich ab. Diese Konzession von unserer Seite Hal «in gewisses Gewicht, da die aufgegebene Landschaft fruchtbar uns relativ menschenreich ist; doch kann sich der Gesamt wert dieses Verlustes mit dem der von Frankreich hergegebenen Gebiete nicht entfernt vergleichen. Adamaua, das jetzt bis auf den kleinen englischen Anteil von Bola ganz deutsch ist, bildet ein be oncers wertvolles Stück sei Länder zwischen dem Tschadsee und dem Gols von Guinea, oa es auf weite Ent fernungen hin fast das einzig« Gebiet nn tropischen Westasrika ist, wo die Tsetsefliege nicht vorkommt und wo infolgedessen Rindoiewsucht in großem Maßstab« betrieben werden kann. Gegen die Küste bin lagern sich weite, von der Tsetse verseuch!« Striche vor, so daß ein« Diekaussuhr aus dem Hinterlande erst mög lich sein wird, wenn das jetzt im Bau begriffen« Kameruner Eisendahnsystem weit genug ins Innere vorgedrung«n ist. Das südlich an unsere früher« Grenz« sich an legend«, bisher französisch« Gebiet ist zwar sumpfig unv schwach bevölkert, aber es ist noch einigermaßen reich an Kautschuk liesernden Pflanzen. Ein Teil des Kautschuks, der gegenwärtig über die deutschen Häfen an der Batanga-Küste in Südkamerun ausge führt wird, stammt schon jetzt aus dem französischen Territorium. Ob allerdings di« Kautschukbeständ« noch lang« reichen werden. ist eine Frage, di« von interessierter Seite verschieden beantwortet wird. Raubau bleibt die gegenwärtig« Gewinnungsmethod« auf jeden Fall. In den beteiligten Kreisen in Ham. bürg und Bremen, di« den Kautschuk-Export aus Süd kamerun zum größeren Teil bewerkstelligen, herrscht aber große Befriedigung darüber, daß eine bedeu- tend« Vergrößerung des Ausbeutungsgebietes er zielt ist. Am meisten umstritten ist der wert des Lnschlrls. ses, den Deutschland durch den Vertrag an da» Kongo, decken erreicht hat. Bisher bestand die einzige Ver bindung mit diesem durch den Französßch-Kongo durchftrömenden Sangafluß, dessen Mittellauf bei Ngoko die Südosteck« von Kamerun berührt. Jetzt ist ein Teil des linken und das ganze recht« Ufer des Sanga, bi, zur Mündung desselben in den Kongo, deutsch geworden, und kongoaufwärts grenzt das deutsche Gebiet auf einer kurzen Streck«, mindestens sechs und lsiichstens nvölf Kilometer, wie es tn dem Vertrage heißt, direkt an die größt« natürlich« Ver kehrsader Jnnerafrikas. Ein zweiter zuygcnförmiger Slreif«n, der sich von der neuen Kamerungrenz« vis an den Ubangi, etwas unterhalb des großen Knies erstreckt, wo dieser Strom aus der westlichen in die südliche Richtung übergehl, wird gleichfalls ans dem französischen Besitz hcrausgefchnitten und zu Deutsch land geschlagen. Da» bisherige Französisch-Kongo wird aui diese Wei!« in drei Stücke zertrennt: das Gabun-Gebiet zwischen der Küste und dem Kongo; ein kleines Territorium auf dem rechten Ubangi-User, das nach allen Seiten gegen d«n übrig«» französhchen Besitz isoliert ist; endlich das bisherig« Territorium des Schari und oberen Ubangi. Ls darf von vorn herein als wahrscheinlich betrachtet werden, daß diese zusammenhangslose, zwilchen Deutsch-Kamerun und dem belgischen Kongo eingeklemmte Enklave zu irgendwelchen zukünsilgen Kompensationen bestimmt ist, denn einen reellen Wert für Frankreich besitzt sie nicht. Diese ganze Region, einschließlich der non Deutschland gewonnenen Anichlusytreijen an Len Kongo und Ubangi, ist an und für sich minderwertig, unfruchtbar, schlecht bevölkert und produktenarm. Di« Bedeutung des Erwerbs sür Deutschland besteht aus schließlich darin, daß wir an einer Stelle r.-: Kongo herangekommen sind. Die weiter nördlich zum Ubangi hinübergeschlagene schmal« deutsche Lano- brückc scheint nur den Zweck zu haben, das französi che Zwischenstück zu isolieren uiid seinen späteren Anfall an Deutschland vorzubereiten. Ein Grund, sich h.er zu übereilen oder besondere Opfer zu bringen, besteht aber nicht. Die wichtigst« Frage ist jetzt natürlich die, in welcher Weise die wirtschaftliche Nutzbarmachung des neuen Erwerbs für Deutschland erfolgen soll. Auch in dieser Beziehung muß davor gewarnt werden, allzu rasch detaillierte Pläne aufzustellen. Der Zun^m» im Norden, längs der alten Grenz« von Kunde drs Lame, Ler« und Binder, ist an unmittelbarem Nutzungswert das Beste, was wir bekommen Haden. Er ist genau unter denselben Gesichtspunkten zu be handeln, wie Deutsch-Adamaua, d. h. seine Aufichlie- ßung ist abhängig von der Fortführung der Nord kamerunbahn. Diese hat vorläufig erst das Manen- guba-Gebirge, zirka 160 Kilometer von der Küste, er- reicht und steht ietzt vor der schwierigen Ausaaoe, den steilen, fast tau'end Mekrr betragenden Anstieg zum Hochland« von Nordweftkainirun zu überwinden. An /reUsy, l0. Noormdrr lSN. den. Die Bahn nach Hankau Ist übrigens hinter Paotingfu unterbrochen. — In Nvrdchina gewinnen die Rebellen allmählich die Ober hand. Tie dritte Tschangschun-Divts- sion in Langtschau hat beschlossen, auf Pe king zu marschieren. Sie ist nach der „Tailh Mail" 6000 Mann stark und steht unter dem Befehl des Generals Tschangschaotsen. Von Niut schwang wird gemeldet, daß Mulden sich demnächst für dre Revolu tionäre erklären wird. Die Provinzial versammlung wollte den Abfall der Tschili-Provinz erklären. In Schang hai wollen die Revolutionäre ihre Propaganda auch in die sre inden Siedelungen tragen und versuchen, von den Konsuln die amt'iche An erkennung zu erhalten. 2)uanschikais Verhand lungen mit den Rebellen von Hankau scheinen auf einem toten Punkt angckommen zu sein. Eeneral Li lehnt alle Unterhandlungen mit Puanschikai ab. Tie Revolutionäre, welche enorme Summen ausgebracht und auch verwendet haben, um ihre Sache zu fördern, befinden sich nach den harten erbitterten Kämpfen der letzten Zeit in einer Geldknappheit, die ihnen gefährlich zu wer den droht. Sie versuchen deshalb einen Truck auf die reichen Einwohner auszuüben, um sie zur Hergabe von Geldmitteln zu bewegen. Immerhin fließen täglich, wenn auch kleinere. Betrage ein, die von der Bevölkerung freiwillig aufgebracht werden, um sie der Sache der Auf rührer dienstbar zu machen. Ter Führer der Revolutionäre, General Li, hat aus Hankau telegraphiert, daß er die Verhandlungen, die Vuanschikai eingeleitet hat, wieder abgebrochen habe, da keinerlei Basis bestünde, auf Grund der man mit der Negierung verhandeln könnte. Ti'e Revolutionäre hätten es auch nicht nötig < zu verhandeln. Sie würden von Sieg zu Sieg schreiten, bis sie das beabsichtigte Ziel voll erreicht haben. SMt unü Ml.emHskt. Bom Leipziger Stadttheater. Wie bereits ge meldet, gelangt zur Feier des 100. Todestages Hein rich von Kleists (21. November) des Dichteis Schau spiel „Die Hermannschlacht" im Neuen Tbealer neu einstudiert zur Ausführung. Das Werk ist seit einer Reihe von Jahren in Leipzig nicht mehr ge spielt worden. * Das Theater in der Universität. Professor Max Dessoir in Berlin, den man fast stets bei den Nemhardlschen Premieren als Gast seyen kann, hat sich eine hüvjche Revanche sür diese freundlichen Ein ladungen ausgedacht. Er ladet durch einen Anschlag am Schwarzen Brett — nicht etwa an dem der Universität, loudern an dem des Deut chen Theaters — die Mitglieder der Reinhardt-Bühnen zum un entgeltlichen Beiuch seiner Universitäts- vortesung „Ueber dramatische Kunst" e«n. Da oer Rektor dreier Tage eine schärfere Kontrolle an den Türen der Horchte angeordnet hat, fügt Professor Dessoir hinzu: „Sollte eine Kontrolle staltfinden, oder lonst Schwierigkeiten entstehen, so bitte ich nur die Visittarte in mein Sprechzimmer zu senden, ich werde dann das Nötige veranlaßen." * Kunstchronlk. Als Nachfolger von Professor Dr. Heinrich Wölfflin, dem berühmten Kunst historiker dec Berl'ner Universität, hat jetzt Prokeßor Dr. Adolf Goldschmidt, der Vertreter der Kunst geschichte an der Halleschen Alma mater, die Berufung erhallen. Voraussichtlich wird Professor Goldschmidt dem Ruse folgen. * Kunstauttion. Am Dienstag, den 14. No- vember 1011, wird die Gemäldesammlung des Stadt rats Kasper Lachmann-Berlin in Rudolph Lepkes Kunst-Auktionshaus, Berlin, Kochstr., öffentlich ver- sieigelt. Die Sammlung enihält 112 Gemälde erster Meister unierer Zeit und einen kleinen, 12 Nummern umfassenden Anc.ang von Bildern des 17. unv 18. Jahrhunderts. In der ersten Abteilung sind namenl- der Ausfindigmachung einer aeeigneten Trasse wird gearbeitet. Durch den Erwerb von Franzöfisch-Ada- maua dürste es jetzt entschied«» sein, daß di« Fortfüh rung der Bahn auf dem Hochlande in der Richtung auf Ngaundere und das bisher französisch« Territo rium erfolgt. Der Gedanke, die Bahn direkt nord wärts bis an den Tschads«« zu verlängern, ist phan tastisch, obwohl lang« Zeit viel Propaganda dafür ge. macht worden ist. Der Tschadsee ist nichts als «ine große Pfütze zusammengelausenen Regenwassers ohne den gerinAten verkehrswirkschaitlichen Wert. Er ist an den meisten Stellen seiner, je nach der Jahreszeit um fünfzig und mehr Kilometer vor- und zurück weichenden Uferlinicn überhaupt kaum nahbar, von unaeheuren Schilfwäldern und in weiterem Um kreise von einer absolut sterilen Dornsteppe umgeben. Erst in der Breit« von Dikoa, der Hauptstadt des einstigen Dornureiches, und unterhalb Küssen, auf der deutschen Seit« an der Mündung des Logone in den Schari gelegen, bekommt das Land größeren Wen. Es hätte daher nichts im Wege gestanden, den Fran zosen das ganze deutsche Tichadleeufer zu geben und dafür das Einsprengsel am Uoangi zu akzeptieren. Sobald die Nordbahn die Zentralgcbiete von Ada- maua erreicht hat, wird dieses ganze Land einen großen Aufschwung nehmen, sowohl wegen seines Viehreichtums, als auch wegen der höheren Kultur und guten Bevölkerung, di« diese schon seit langem mohammedanischen Gegenden besitzen. Der KiMgoanschluß muß in der Hauptsache nach den Aussichten beurteilt werden, die er uns für die Zukunft gewährt. Zwar ist es auf jeden Fall mög lich, eine Bahn etwa den Sanga entlang, nach Iaunde in Südkamerun zu führen, das in kurzem von der Kameruner Mittellandbahn von Duala aus, einem der besten Häfen Westafrikas, erreicht werden wird. Dadurch erhielte Deutschland einen von der belgischen Konaobahn unabhängigen Zugang zum Stromgebiet. Der Landtransport würde auf dies« Weife aber länger werden als die belgische Linie, und es käme daher auf sehr billig« Fracht an. Diese ganze Frage hat aber nur sekundäre Bedeutung demgegenüber, daß die französisch-deutschen Abmachungen für Deutschland «ine viel umfassender«, politi'chr Anwart'chaft für den nicht unwahrscheinlichen Fall eröffnen, daß im Kongobecken Veränderungen vor sich gehen. Es ist wenig wahrscheinlich, daß di« Belgier imstande find, aus «igener Kraft das ganze kolossale Gebiet zu halten und zu entwickeln. Bisher besaß Frankreich da, alleinige Vorkaufsrecht auf den ganzen belgischen Kongo. Man darf annehmen, daß Deutschland, im Zusammenhang mit dem jetzigen Vertrage, eine be stimmte Aussicht erhält, an diesem Recht zu partizi pieren. Der schmale Strich neuen deutschen Gebietes am rechten Kongoufer bedeutet für jedermann, der die zu einer näheren Erörterung noch nicht reife Situation zu deuten versteht, «inen Hinweis auf da« Kommende.
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