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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.10.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111012020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911101202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911101202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-12
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Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Nr. 283. los. Jahrgang. d« tn der llmgeaend garnisonterenden Regimenter der zur SV. Division gehörenden 30. Brigade der 77er und 61er empfohlen haben. Die Teuerung vor de» österreichische» Abgeordneteuhau». Wien. 12. Oktober. (Gig. Drahtmeldung.) Die Debatte über die Teuerungsanträge wurde gestern fortgesetzt. Der deutfchnationale Abgeordnete Waber polemisierte gegen die gestrige Rede des Minister - Präsidenten, der sich auf einen kapitali« stistyen Standpunkt gestellt habe. Er, der Redner, müsse bedauern, daß gerade in einer so kritischen Zeit Freiherr v. Gautzsch als Ministerpräsi. vent in Oesterreich fungiere. (Zustimmung.) Der Redner warf der Regierung unaufrichtiges Vorgehen und Schwäche gegenüber Ungarn in der Fleischfrage vor und erklärte, der Minister präsident möge nicht warten, bis die revolutionäre Stimmung auch das Bürgertum erfasst habe. — Die Deutschstem he itlichcn Freimann, Denk und Zenker be gründeten die Anträge gegen die Lebensmittelteue rung und die Wohnungsnot. — Terschabek (Christlichioziatl erklärte, die Regierung möge endlich dem bedrängten Volke die ersehnte Hilfe dringen, sonst würden die Christlichsozialen nicht länger eine Stütz« der Regierung bilden, die die eingeborene christliche Bevölkerung von asiatischen Aus ländern ausbeuten, ja geradezu verhungern lasse. (Beifall bei den Christlichsozialcn.) verfafsungsfragen in der holländischen Kammer. Haag, 12. Oktober. (Eig. Drahtmeldung.) Im Namen der katholisckgm Rechten erklärte gestern Stolens in der zweiten Kammer, seine Freunde würden sich dem Anträge, an die Königin eine Adresse über das allgemeine Stimmrecht zn senden, nicht widersetzen. — Der Führer der Sozia listen, Troelstra, der einen solchen Antrag ein brachte, beantragte die Dringlichkeit für die Revision der Verfassung, durch die die Einführung des allgemeinen Stimmrechts möglich würde. Er erklärte, die Sozialisten würden ihre Obstruktion beenden, wenn die Beratung seines Antrages vor der des Budgets für Indien erfolgen würde. Die Kammer nahm diese Bedingung an. Wiedererscheinen der republikanischen Zeitungen in Spanien. Madrid, 12. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die Verleger der republikanischen Zeitungen, die als Zeichen des Protestes gegen die Politik der Regie rung ihr Erscheinen eingestellt hatten, haben sich gestern in den Bureauräumen der Zeitung „El Pars" versammelt, um die gegenwärtige Lage einer Prü fung zu unterziehen. Sie gelangten dabei zu der Ansicht, daß es unmöglich ist, das Erscheinen der republikanischen Zeitungen auf die Dauer e in z u st e l l c n. Die Blätter werden also je nach Bedarf wieder ausgegebcn werden. Die Zeitungen, die liente morgen nicht erschienen, so auch die Blätter „El Ejpaüa libre", „El Espalla nueva" und „El Radical" veröffentlichen heute wieder ihre Abendausgaben. Blutige Kämpfe in Spanisch-Guinea. Madrid, 12. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Ein ziemlich heftiger Kampf hat in Rio Muni, dem an Süd-Kamerun angrenzenden spanischen Guinea, stattgefunden. Eine Abteilung der Kolonialtruppen war am 12. September von Bata aufgebrochen, um die Bewohner von Ekamfo zu bestrafen, die sich ge weigert hatten, sich zu unterwerfen. Die Kolonne stand unter dem Beiehl des Hauptmanns Carranza und ging nach der Gegend von Abenela ab. Im Laufe des Marsches wurde die Vorhut bei der Durch querung eines Waldes angegriffen, konnte sich jedoch so lange halten, bis die Hauptabteilung zu Hilfe kam und dle Angreifer in die Flucht trieb. Darauf bemächtigten sichdieTruppen des, Dorfes Abenela, dessen Einwohner flüchteten, und steckten cs in Brand. Es bestand aus etwa 100 Hütten. Am 14. September befand sich die Kolonne wieder auf dem Rückmarsch, wobei sie noch ein zweites Dors in Flammen ausgehen lieh. Am 15. kehrte sie nach Bata zurück, wo unter Befehl des Obersten Pantolä eine Besatzung von KO Mann der eingeborenen Truppen zurückgelassen worden war. Leipziger Aus Lelpsts unü Umgegenü. Leipzig, 12. Oktober. Wetterbericht der Kgl. Sächs. Landes»etterwarte zu Dresden. Dora», sag« für den 13. Oktober 1911. ENwstwind, aufheiternd, nachts kühl, tagsüber wärmer, trocken. Pöhlberg: Berg nebelfrci, Nebel rings umher, glänzender Sonnenuntergang, Himmelsfärbung orange. Fichtelberg: Berg nebelfrei, Nebel in den Tälern, starker, langanhaltender Tau, glänzender Sonnenuntergang, Morgenrot. * 'wichtig für Steuerzahler. Da die Ein- k o m m c n sl e n e r l i st e n nach dem Stande des 12. Oktober ansgesüllt werden müssen, emp fiehlt es sich für Inhaber von Wertpapieren, sich den heutigen Kurszettel aufzuheben. * Auszeichnungen. Vom König!. Ministerium des Innern ist den seit 1. Oktober 1876 ung 7. September 1875 ununterbrochen in der Eisen-, Blech- und Träger- Großhandlung von C. F. Wcithas Nachf. in Leipzig, Nonnenmllhlgasse 12, beschäftigtes Markthelfern Friedrich Wilhelm Winkler in Leipzig und Friedrich Moritz Kurth in Leipzig-Anger-Crotten dorf, sowie dem seit 24. Februar 1874 ununterbrochen in der Mechanikenfabrik und dem Dampfsägewerk von H. F. Flemming in Leutzsch, Franz-Flemming-Straße Nr. 4, beschäftigten Earnierermeister Ernst Robert Flemming in Leipzig-Lindenau fe das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen wor den. — Weiter hat die Kgl. Kreishauptmannschaft Leipzig den seit 21. Februar 1883 und 10. Mai 1886 bei der Firma C. F. Weithas Nachf. beschäftigten Markthelscrn Gottlob August Grubitzsch in Leip zig und Carl Albin Schröder in Leipzig-Anger- Crottendors je eins Belobigungsurkunde ausgestellt. Die Auszeichnungen wurden den Iubilaren heute in Gegenwart ihrer Arbeitgeber durch Oberbürgermeister Dr. Dittrich an Natsstelle ausgehändiqt. ' Innungsausfchuh. Die Ausweiskarten für die Wahlen der Gewerbegerichtsbeisitzer müssen bis zum Freitagabend s-L 7 Uhr auf dem Wahlamt abgegeben werden. Unterlassung der Kartenabgabe hat den W a h l r e ch t s o e r l u st zur Folge. * Die Einstellung Einjährig-Freiwilliger erfolgt in Sachsen am 1. April 1912 bei folgenden Truppenteilen: In Dresden beim 1. (Leib-) Grenadier-Regiment Nr. 100, 2. Grenadier-Regi- ment Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen". Schützen- (Füs.-) Regiment „Prinz Georg" Nr. 108 und 12. Infanterie-Regiment Nr. 177. I. und II. Ba. taillon. — In Chemnitz beim 5. Infanterie-Regi ment „Kronprinz" Nr. 104. — In Leipzig beim 7. Infanterie-Regiment „König Georg" Nr. 106 und 8. Infanterie-Regiment „Prinz Johann Georg" Nr. 107 (nur eine beschränkte Anzahl, unter beson derer Berücksichtiguna der Söhne Leipziger Bürger). — In Plaue n Leim 10. Infanterie-Regiment Nr. 134. —i. Genauere Bezeichnung der Bestimmungs stationen in den Frachtbriefen. Sobald der stärker« Güterverkehr auf den „Eisenbahnen cinsetzt. häufen fick die Fälle, bei denen auf den Frachtbriefen und auf den Frachtstücken seitens der Versender die amt- lichen oder Nebenbezeichnungen der Bestimmungs stationen der Sendungen fehlen oder letztere undeut lich und ungenau angegeben sind. Die Folge davon ist, daß Güter, die z. B. für Eilsleben (Bezirk Magde. bürg) bestimmt sind, nach Eisleben bei Halle a. S. oder umgekehrt und Güter nach der Station Franken berg ohne die Nebenbezeichnung (Hessen) nach FrankenLerg (Sachsen), Güter nach Singen (Baden) nach Singen (Thüringen) und anderen Stationen ve rschleppt und dadurch empfindliche Ver zögerungen in der Ablieferung verursacht werden. Gibt e? doch im Eisenbahnverkehr viele gleichlautende oder ähnlich klingende Stationsnamen: die Station „ Neustadt" gibt es nicht weniger als 37 mal. Die Eisenbahnverwaltungen haben deshalb ihre Giiterab'ertigung angewiesen, bei der Annahme von Sendungen nach Stationen mit gleichen und ähn lichen Namen streng darauf zu achten, daß in den Tageblatt. Frachtbriefen und auf den Frachtstücken die genaue und tarifmäßige Bestimmungsstation angegeben isi. Bei Unstimmigkeiten aber werden die Frachtbriefe den Aufliesernden zur Richtigstellung zurückgegeden. u. Die Notlage der Reichs- und Staatsarbeiter. Die Etsenbahnhandwerker und -arbeiter Leipzigs nähmen in einer in den „Drei Lilien" abgehaltenen Versammlung des Verbandes Deutscher Eisenbahn handwerker und -arbeiter, Sitz Berlin, den Bericht über die von der Verbandsleitung mH dem Kartell Deutscher Reichs- und Staatsarbeiter-Derbände unternommenen Schritte zur Erlangung von Teu- rungLgulagen entgegen. Nach einem Ueberblick über die Ursachen der gegenwärtigen Teuerung wurde fest gestellt, daß hiervon in erster Linie und in denkbar schwerster Weis« die im Arbeiterverhältnis stehenden Bediensteten der Betriebe des Reiches und der Ein zelstaaten betroffen würden, deren Entlohnung, teils um di« Reichs- und Staatsfinanzen zu schonen, teils aus Rücksicht auf die Verhältnisse der Privatindustric vor allein aber der Landwirtschaft, niedriger be messen seien als bei der Privatarbeiterschaft. Wohl keiner von ihnen sei in der Lage, selbst in normalen Zeiten Ersparnisse zu mack-en, die ihn über die Schwierigkeiten einer so außerordentlichen Situation wie der jetzigen hinweghelfen oder ihm wenigstens ihre Ueberwindung erleichtern könnten. Unter diesen Umständen müsse in den Familien der Reichs- und Staatsarbeiter, die schon jetzt unter äußersten Ein schränkungen, ja zum Teil unter Entbehrungen ihren Hau-chaltetat einigermaßen im Gleichgewicht erhalten könnten, bei der geringsten Verschärfung der Teu rung Not und Sorge einkehren, wenn nicht mit größter Beschlsulnigung Gegenmaßrsgeln getroffen würden. In dieser Erkenntnis habe die Verbands leitung eine Bittschrift an den Ersenbahnminister von Breitenbach um Gewährung einer Teuerungs zulage und die Kartelleitung an den Reichskanzler das Ersuchen gerichtet, die zuständigen Herren Mi nister. Staatssekretäre und die sonst in Betracht kom menden Stellen anzuweisen, ihr« Bediensteten durch Gewährung einer angemessenen allgemeinen Lohn aufbesserung über die schwere Zeit hinwegzuhelfen. Zur Unterstützung dieser Eingaben werden im ganzen Reiche Verbands- und Kartellverscrmmlungen der Ortsvereine abgehalten. * Auf dem Schulweg überfahren. Heute morgen kurz von 8 Uhr wurde inderGundorferStraße in Lindenau, als er sich auf dem Wege zur Schule be fand, der 11jährige Knabe August Arthur Pohl, der bei seinen Eltern in der Klopstockstraße Nr. 7, III., wohnt, von einem Geschäftsautomobil des Fleischermeisters Nietzschmann überfahren. Er wurde mit sehr schweren Verletzungen in das Diakonissen- Haus übergeführt. Ob dem Chauffeur ein Ver schulden trifft, muß erst die Untersuchung ergeben. * Der Verein für sächsische Volkskunde begeht seine c-fünfzehnte Hauptversammlung in Pirna. Sonnabend, den 21. Oktober, findet abends im Saale der „Tanne" ein großer volkskundlicher Abend statt. Ein reiches Programm gibt musikalische und dialektische Vorträge, Volks- und Kinderlieder und die Aufführung einer dramatischen Dorfepisode. Herr Direktor Dr. Kuhfahl-Dresden wird einen Vortrag mit Lichtbildern über die Sächsische Schweiz halten. Sonntag, den 22. Oktober, vormittags 11V, Uhr ist die Hauptversammlung im Festsaale des Realgymnasiums, wo Hofrat Professor Seysfert über das Thema: „Der Verein für Sächsische Volks kunde und seine praktischen Aufgaben" sprechen wird. Ein gemeinsames Mittagessen im „Adler" wird die Tagung beschließen. HerrPrivatusGeorg Ketzscher- Pirna wird anläßlich der Hauptversammlung seine bemerkenswerte Sammlung, die sich auf Pirna und Umgegend bezieht, im Gesangszimmer des Neal- aymnasius öffentlich ausstellen. Das städtische Museum in der Schulstrahe ist Sonntags früh unent zeitlich geöffnet. k. Zur Ermittelung von Eisenbahnfrevlern. Bis her wurden von den Eiscnbahndirektionen Beloh nungen für die Ermittelung der Url^ber von Eisen- bahnsreveln von 50 bis 100 ausgesetzt. In einem - neueren Erlasse des preußischen Eisenbahnministers wird darauf hingewiesen, daß solche Beträge für die Erreichung des beabsichtigten Zweckes zu gering i seien. Der Minister hat daher die Belohnungen er- i Donnerstag, 12. Dklober 1911. heblich erhöht und über ihre Zuerkennung folgende» bestimmt: Für die Ermittelung und Anzeige der Ur heber von Freveln, durch welche die Sicherheit des Bahnbetrieben gefärdet wird, ist eine Belohnung von nicht unter 300 in schweren Fällen von min destens 500 auszusetzen. Wird durch den Frevel ein Unfall herbeigeführt, so sind die Eisenbahn direktionen ermächtigt, die Belohnung auf 1900 zu bemessen. Wenn es im Einzelfalle zweckmäßig er- scheint, über diesen Betrag hinauszngehcn, so ist die Genehmigung Les Ministers telegraphisch einzuholen. Tätigkeit der Feuerwehr. An der Ecke Zwei, naundorfer- und Martinstraße in Leipzig-Anger stürzte Mittwoch nachmittag das Pferd eines Fuhr werkes, und war trotz aller Anstrengung nicht wieder aufzubringen. Man rief schließlich die Feuerwehr herbei, die dann auch das Tier wieder auf die Beine brachte. — Durch zu starkes Anheizen des Ofens geriet in einem Restaurant in der Wurzner Straße die Holzverkleidung der Wand in Brand; cs gelang aber dem Besitzer, ein« weitere Gefahr ohne die Hilfe der Feuerwehr adzuwenden. * Zu dem kürzlich gemeldcten Handtäschchenraub in einem Grundstück der Asterstraße wird noch be merkt, daß der Räuber verhaftet worden ist. Es ist ein 18 Jahre alter Kellner aus Gohlis, auf dessen Konto noch andere Diebstähle kommen. Den Inhalt des Handtäschchens, 28 ^t, hatte der leichtsinnige Bursche an einem Abend vertan. * Folgen eines ehelichen Zwistes. Ein 45jähriger Kaufmann aus Halle a. S., der am Mittwoch in Plagwitz in Haft genommen wurde, weil er seine Ehefrau mit Erschießen bedroht hatte, machte in der Haftzelle einen Selbstmordversuch, indem er sich mit einer Ahle in die Brust stach. Er wurde ins Kranken haus gebracht. * Festgenommener Einbrecher. In der Sonntags nacht wurde in das Kontor einer Fabrik in der Glafeystraße in L.-Stötteritz eingebrochen und daraus gestohlen: ein Geldbetrag, ein Rechnungsbuch der ü-par- und Darlehnsbank in Stötteritz, eine Herren- Remontoiruhr und zwei Zinsbogen der 3prozentigen Sächsischen Rente von Papieren zu je 1000 aus den Jahren 1876 und 1878, Lit. 6. 094675 mit Talon und 024876, laufend bis zum 31. Dezember 1916 und 31. Dezember 1920. Der Einbrecher wurde in der Person eines 18 Jahre alten Arbeitsburschen aus Sellerhausen ermittelt und verhaftet. Der Burscke ist wegen krimineller Straftaten schon bestraft. Uhr. Rechnunasbuch und Zinsscyeine will er in der Nähe Les Völkcrscblachtdenkmals von sich geworfen haben. Der Finder Lieser Gegenstände tut gut, wenn er sich umgehend bei der Kriminalpolizei meldet. * Vermißt wird seit 8. Oktober aus ihrer elter lichen Wohnung in der Lothringer Straße in L.-Gohlis die Aufwärterin Luise Emma Fe ucker, geboren am 17. April 1892 in Göttingen. Die Ver mißte hat in letzter Zeit Spuren von Schwermut ge zeigt, und es wird vermutet, daß sie sich ein Leid an getan hat. Sie ist etwa 1,50 Meter groß, schlank, dunkelblond, hat graue Augen und war bekleidet mit weißer Bluse, schwarzem Rock, schwarzem Herbstjackett, schwarzer Haarschleife und schwarzen Schnürstiefeln. Die linke Hand der Vermißten ist gelähmt und das linke Bein ist etwas kürzer, wodurch ein schleppender Gang hervorgerufen wird. * Auf der Flucht. Der Markthelfcr Edwin Rudolf West, geboren am 23. August 1892 in Oelenitz. war in einem Buttergeschäft in L.-Gohlis in Stellung, unterschlug dort 483 und ist damit ge- flüchtet. * Rabeneltern. In einer hiesigen Tageszeitung befand sich am 27. September eine Annonce, wonach ein kleiner Knabe in gute Pflege zu geben war. Hierauf gab eine in der Simildenstraße in L.-Conne- mitz wohnhafte Frau eine Offerte ein. Darauf er schienen ein Mann und eine Frau bei ihr, die einen etwa 5 Monate alten Knaben in Pflege gaben und 5 anzahltcn. Unter dem Vorgeben, sie wollten noch Geld und Kleidungsstücke des Kleinen holen, entfernten sich beide, sind aber bisher nicht wieder gekommen. Das Kind soll „Paul" heißen und hat ein ,Z." gezeichnetes Hemdchen an. Dar angebliche Ehepaar hat ferner der Frau einen heliotropfarbigen Kinderwagen mit grünen Vorhängen übergeben. Die unbekannte Frauensperson war etwa 30 Jahre alt. von mittlerer voller Figur, bat gesundfarbiges Gesicht und dunkelblondes Haar. Ihr Begleiter war unge- Vss Sönigsümf. Bon Norbert Jacques. Am Hafen von Cattaro geht das graue und unpraktische Automobil ab. Es tlettcrt mit leich ter Mül)« zwischen üppigen Gärten mit Feigen, Oleander, Granaten, Octbäumcn, Lorbeer die Straße hinan. Die letzten Häuser bleiben zu rück. Das allerletzte ist ein befestigter Militär posten. Die Serpentinen beginnen. Der Boden wird rauh und steinig. Ebereschen, zwcrghafte Steineichen, handgroße bleiche Malven, vor allem Wacholder, kriechen mühselig durcheinander im Geröll. Unten beginnen Wasser und Berge zu versinken. Die Straße ist in Felsen gehauen. In unaufhörlichen Windungen besiegt sie den Berg. Zäh und geduldig, wie das Volk der Gegend. Immer mehr Land entfaltet sich unter unfern Fenstern. Die Straße wird steiler und steiler, Wegbiegungeu sitzen wie auf ansgebanteu Schüs seln über der Tieft nnd haben etwa sechs Meter im Durchmesser. Und unter uns rauher Abgrund Das Auto steigt. Sein Schall fährt hart pochend an die Felsen. Wie ein donnerndes Lied springt der Motor siegreich die Höhen hinan, durch lau terste Einsamkeit. Ilm einen Kilometer zu steigen, braucht es eine Straße, die sich zwanzig Kilometer windet. Aber dann sind wir oben. Unbewehrt jagt der Abgrund hinunter. Das Wunder der Welt dehnt sich unter nn>, unfern Augen besiegt, wollüstig allumfaßt von Licbt, Luft und Sonne; «aus den flachen, weiten nnd verzogenen Wassern, die dunkel und versunken sind, wo die Berge sic beschatten, und die von einem funkelnden Chryso- prasgrüu erstrahlen, wo sie das weite Adriatisctzc Meer sind, erheben >^'ch mit plumpen S.clnvi-,:- gnnaen, in nugehcnc^icver Majsiakeit sie Stöcke der Berge, fernhin in riesenhaften Figuren auf die Erde gelagert, nnd tragen die Sonne auf ihrer fürchterlichen Nacktheit. Bon ihren Höhen laufen hier und dort die zahllosen Zickzacklinien schma ler Straßen wie anfgefaltete Bänder hinunter. Die meisten dieser Grate sind eisern bewehrt mit Panzergürtelwerken und man sicht nicht, wo diese Befestigungen versenkt sind. Das wäre auch gleichgültiger in dieser Zeit, wo das Automobil über den Paß des Uftrgcbirges fährt, tausend Meter über den blanken weiten Schüsseln der Buchten drunten? Ach, alles von Menschenhand ist so klein dort. Und alles ist widerstandslos und geivaltsam in landschaftliche Riesenl-aftigkcit aufgelöst. Aber das Auto donnert weiter und auf ein mal ist das ungeheure Bus dieser tiefen, weiten Erde im nahen gkauen nnd wüsten Karst ver sunken. Wie ein Sarkophag steigt der Gipfel LcS Lovccu noch siebenhundert Meter über diese steinerne Einöde kleiner Hügel. Mer dann be ruhigt sich die Landschaft zu einem weiten Kessel mit Mais-, Kartoffel- und Getreidekulturen, die jedesmal von wahren Ringmauern ein geschlossen sind. Das Dorf Njcgus liegt mitten drin. Hier ist Grenz-Zollstation. Und die Heimat vom König dieses Landes. Das Zollhaus ist angefüllt von neugierigen Bauern in blauen, weiten Kniehosen und roten engen Jacken. Aber da erscheint ein großer, schlanker Mann. Er ist sonnverbrannt blond. Er hat dieselbe Kleidung wie alle, und wie alle eine große Pistole im Gürtel. Aber er kommt wie ein alter Held, mit einem gemessenen Stolz, männlich herrlich, scheucht die Bauern mit drei Handbcwegungen hinaus und grüßt uns feierlich nnd sparsam. Dann verlangt er Papiere. Die Mitreisenden legten OfsizierSpatence oder Reisepässe in Hülle nnd Fülle vor. Ich aber batte vergessen, daß Montenegro mißtrauisch seine Grenzen beobachtet, weil cs sich kriegsbereit fühlt, und meine Papiere in meinen: großen Gepäck in Eattaro gelassen. An einem Nebenlisch ordneten zwei Männer tausend Silberstücke. Ob sie und das Geld angestellt sind für die Tage, an denen das Automobil von Eattaro heranfkomint? Ich sah zu, wie sich meine Mitreisenden mit allen Einzelheiten in Register cintrugen, währenddessen der stolze Mann — er war ein Fiucmzbcamlcr — die Papiere musterte. Ich machte nur Sorgen nnd fürchtete, nicht eingelassen zu werden. Da kam ich dran und seltsamerweise fiel nur in dem selben Angenblick, da ich meinen Namen hinsetzen wollte, die „Lustige Witwe" ein und daraus bekam ich den Einfall, diesem Beamten die Pbanrasic zn beschäftigen, indem ich als Herkunftsort (übri gens der Wahrheit gemäß) einen Namen setzte, der für diesen Halbgebildeten der fernen Schwar zen Berge den Klang von Wunder, Märchen nnd Sehnsucht tragen mußte: ich wollte seine Phan tasie beschäftigen, indem ich, nm seine Aufmerk samkeit von mir abzntenken, sozusagen eine Asso ziation in ihr herzuftellen versuchte zwischen diesem Karstdorf Njcgus und der glänzendsten Stadt der Welt, nnd ich schrieb: ans Paris. Er verfolgte meine Hand. Er sah ans, fast betroffen, und sagte leise und schmeichelnd, mehr für sich: ans Paris! Dann gab er mir die Hand. Und ich war in Monte negro zugelassen. Als daS Automobil Wieder abfuhr, kam er noch langsam und stolz an den Schlag, reichte mir nochmals die Hand, und um zu zeigen, daß ihm Paris vertraut war, sagte er: ä rovoii-! Da? war rührend; er war vielleicht der schönste Mann, den ich in der ganzen Welt jemals gesehen habe. Er war voll männlicher Herrlichftit. Das Auto flog durch die Ebene, wieder in engen Windungen dürre Höhen hinan. Ein Bauerndorf lag unter uns und man konnte Stein haufen oder HauS kaum voneinander unterschei den. DaS Geburtshaus des Königs war auch an diesem Weg. Es sah nicht königlich aus. Rundum lagen die kleinen gemanerten, runden Steintcnnen, in denen das Getreide unter den Hufen der Pferde sein Korn abgab. Dann kam auch der Augenblick, wo wir die höchste Erhebung besiegten, gegen 1300 Meter, und nun hni! jagt die Straße mit hundert wahnsinnigen Windun gen, verzerrten Krümmungen, gefährlichen Ver schlingungen hinab. Das Auto wirft. Tie Straße ist schlecht; ihr Rand gebröckelt, ihre Abgründe fürchterlich nnd fürchterlicher noch das Land schaftsbild: der Karst als ein wahnsinnig tief ins Land hineinwogendes Meer von steinernen Hügeln und Bergen. Gran und kalt, so weit man siebt. So weit inan sieht, die uralte runzelige, riesenhafte Elefantenhaut über Höhen nnd Täler gebreitet. Fern steigen die harten Berge auf einmal an. Jeder Meter unserer Fahrt wird scheinbar ein Lpicl mit Tod und Leben. Motor und Bremse knattern erregt. Abcc alles ist doch in seiner wilden ungeheuerlichen Eintönigkeit von einer furchtbaren und katastrophalen Eigenart. Nur einige Male, wie ein fernes zartblaues Auge, erscheint, weit hinter die östlichen Berge versunken, das Meer von Skutari. So fuhren wir lange mit wehen Nerven und doch gebannt, und auf einmal erschien unser Ziel. Die Straße flog nm einen Berg herum, eine Ebene mit Kulturen unk Bauerndörfern dehnte sich aus uud fernab in ihr lag Lettin je, klein und fast lieblich anzuscben in der gebirgigen Wüste seiner Karstheimat. Schon aus Vieser Ent fernung erkannte man seine breite Straße. Tic Stadt König Nikitas! Wer mag noch spotten, wenn er durch diese breite Hauptstraße gegangen ist, wenn er am HanS deS Kvnigs vorbeischritt, wenn er erlebt hat. wie diese Sied lung dem väterlichen tyrannischen Willen eine? Mannes in Liebe ergeben ist ? Cettinie ist ja kaum eine Stadt. 4000 Men schen wohnen hier, von denen ein großer Teil zum Militär gehört. Es besteht aus einer breiten Straße uud einigen Nebengassen, einem Markt platz und dem Platz, um den die Häuser des Kö nigs und seiner Familie liegen. Die meisten Häuser sind schmucklose, arme einstöckige Dorf Häuser nnd die königlichen Gebäude sind kaum mehr. Nur die Gesandtschaften haben zum Teil merkwürdig anspruchsvolle Villen gebaut, die grotesk zwischen den armseligen Häusern empor ragen nnd fast die Note: Amerikanismus in dieses verschlagene alte Dorf bringen. Aber der Wille, daß dieser Ort eine Königsstadt, die Haupt stadt eines Landes sein soll, der trotz seiner Klein heit nicht beiseite liegen gelassen werden will, ist überall sozusagen symbolisch ausgedrückt. Eine lange Kette großer elektrischer Lampen hängt durch alle Straßen und Gassen und brennt bis in die tiefe Nacht. Auch das Leber: hat ein bißchen das Müßige des Lebens einer Großstadt. Ich hatte eS mir heiter ausgedacht, den jüngsten König inmitten seines Dorfes Cettinje mit Würde und Pathos funktionieren-Zu leben. Das könute drollig« Komplikationen ergeben, dacht« vH bei mir. Ich ging auch, kaum daß ich angerommen war, vom Grand Hotel aus, wo man gut aufgehoben ist, auf die Such«. Aber wie ich zu dem Hause kam, in dem der König wohnt, stand ein kleines Automobil vor dem Ein gang, nnd unter dem Balkon sprach der König mit einem Offizier. Dann kam er hervor. Der Platz war voll von seinen Gardesoldaten, die sich von den anderen Montenegrinern nur durch ein Schild an der Mütze unk ein Seitengewehr unterscheiden. Sie standen zwanglos bernmgeschart und/chauten nur alle hinüber zum König. Der trug die lan desüblich« Gewanoung; Knieho.se und einen llaß- türlisenvlaucn Guns (Manrel) in weilen Fasten, den das kurze, mit Golk schwer bestickte Dolama fest über Brust und Rücken anschmiegtc. Der König trug diese Kleider wie ein mittelalterlicher Kriegsherr unter dein einengcnken Panzer das weite Festgewand. Er ging fchwer nnd bewußt, halb ein König und halb ein großer Herrenbaueri; das Gewand schlug in Falten um die niedrigen Stiefel. Er hatte einen Rücken wie ein Berg und sein Gesicht war von einer gewaltsamen Kraft der Züge. Er ging um das Automobil herum und setzte sich neben den Chauffeur. Dann fuhr er durch seine Residenz, und die Leute scknru- ten ihm nach, zärtlich und stolz. König Nikita dicktet und macht Politik. Und man sieht ihm an, was er ist: ein Halbbarbar von kräftigstem Bauernblut, der die Instinkte seiner Rasse aufs schroffste entwickelt in sich trägt. Es ist etlvaS von der harten Wucht seiner heimatlichen Berge
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